https://www.spektrum.de/kolumne/warkus- ... ma/1875442
Haben wir nur die Wahl zwischen:
- Unendlichem Regress,
- Zirkularität (Zirkelschluss)
- und dogmatischer Setzung?
Da hast Du Popper meines Erachtens missverstanden. Weder falsches noch richtiges können wir sicher wissen. Auch eine Falsifikation kann irren.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 10:29... oder wie Popper sagte, wir können empirisch allenfalls Falschheit sicher wissen (falsifizieren), aber nie (empirische) Wahrheit verifizieren.
Nein, da hast Du mE Popper mißverstanden. Der klassische Satz, der den Unterschied von Verifikation und Falsifikation erklären sollte, war der Satz "Alle Schwäne sind weiß", er sollte eine möglicherweise durchgängige empirische Erfahrung beschreiben. Aber diese Aussage ist nach Popper nicht verifizierbar, denn dazu müßte ich alle Schwäne der Welt, auch die, die in der Zukunft zur Welt kommen, kennen. Eine Kenntnis, die nie möglich ist. Falsifizieren kann man die Aussage leicht, wenn sie falsch ist, durch Aufweis eines schwarzen Schwans. Die Falsifikation stellt eine absolute Wahrheit her, wenn auch nur ex negativo, durch ein Gegenbeispiel. Daß nicht alle Schwäne weiß sind, ist empirisch zu beweisen. Aber selbst wenn wir keine schwarzen Schwäne kennen würden, die Ursprungsaussage ist nicht beweisbar, höchstens vermutbar. (Es sei denn, das Schwanfarbengen weiß wäre das einzige, das mit den allgemeinen Genen der Schwäne kompatibel ist - aber auch das ließe sich nicht empirisch feststellen, würde nur die Sicherheit der Aussage erhöhen).
Je nachdem, wie man Wahrheit faßt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 19:33Ist nicht der allererste Gedanke, dass das Trilemma ein Art von Selbstwiderspruch darstellt
… das mit dem … ABER! … fand ich nicht zuletzt deshalb zu spannend, weil es auf das Münchhausen-Trilemma hinausläuft. Kreativität als etwas zu verstehen, wo man sich am eigenen Schopf packend, weil … "in solchem impliziert" … , selbst aus dem Sumpf eines … "nicht vorliegenden Verstehen/Denken" … zieht. Etwas, was leider mit deiner Präzisierung zu nicht gemacht wurde.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑So 8. Dez 2024, 11:32Nein, im Gegenteil. Ich hätte präzisieren müssen: "dh das nicht in solchem impliziert ist." Denn sonst könnte man es explizieren. Die RT ist ein gutes Beispiel. Die neuere physikalische Erkenntnis ist verbaut für das klassische Weltbild. Aus letzterem kann man nicht auf die RT schließen. Man muß es verlassen, erst dann wird sie denkbar. Das ist ein extrem kreativer Schritt.Timberlake hat geschrieben : ↑So 8. Dez 2024, 01:01
Fehlt da nicht noch was "Kreativ ist ein verstehendes Denken, das sich nicht aus vorliegendem Verstehen/Denken ergibt .. ABER! ... in solchem impliziert ist.
Du hast völlig recht, diese Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ist mit unserem vormodernen, klassischen Verständnis nicht zu begreifen. Es gibt keinen Weg von jenem Verständnis zur modernen Sicht, man muß einen Paradigmenwechsel vornehmen, es ist ein Bruch im Verstehen, das Neue ist nicht implizit im Alten; das, was nicht das Alte fortsetzt, nennen wir kreativ, wenn es nicht willkürlich, zufällig, sondern (erklärungs-)notwendig ist.
Und ich habe hier sehr viel einfachere Beispiele gebracht, die schon kreativ zu nennen wären.
Diese Art des Umorganisierens des ganzen Systems ist einer Maschine nicht möglich, sie kann nur explizieren, was schon in ihr steckt. Daher ist sie nicht kreativ, obwohl sie viel besser rechnen kann als Menschen. Es ist, wie Jörn sagt: die Maschine versteht nicht, daher kann sie auch nicht ihr Verständnis ändern.
Aber nicht doch. Du weißt, ich bin ein Freund der Logik und ein Freund der Kunst. Das Schöne der Logik ist die Tatsache, daß ihre Wahrheit keiner Erfahrung bedarf, sondern in ihr selbst ruht. Wäre die Vernunft von etwas außerhalb ihrer selbst abhängig, wäre es keine reine Vernunft.Sie ist also nur von sich selbst abhängig, ist Selbstbegründung und Selbstzweck. Zur Autonomie sagt wiki:Timberlake hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 21:36Etwas, was leider mit deiner Präzisierung zu nicht gemacht wurde.
In diesem Detailbeispiel, in diesem Denkansatz, stimme ich Dir zu. Eine Allaussage wie die mit den Farb-Entdeckungen ist so trivial, dass jede Entdeckung wie gesichert erscheint. Aber jede Entdeckung eröffnet ja wieder weitere Unsicherheiten: Bei den Schwänen ist das zwar unwahrscheinlich, aber theoretisch könnte die neue Farb-Entdeckung eine Lichttäuschung sein, oder eine Färbung durch Blütenstaub oder sonst irgendeine unechte Farbe. Wendet man dies auf komplexere Allaussagen an, wie etwa "E=mc^2", dann ist da eine Falsifikation eventuell nicht mehr so gewiss wie im trivialen Schwanenbeispiel. Wenn hinterm Mars eine Fluktuation entdeckt wird, die "E=mc^2" widerlegt, so ist das auch nur eine empirische Entdeckung, die falsch sein könnte; die Messinstrumente könnten fehlerhaft sein und oder ein weiterer unentdeckter Effekt könnte das wieder mit "E=mc^2" in Einklang bringen. Also: Eine Falsifikation ist auch wiederum eine Allaussage, die falsch sein kann. Die Aussage "Es gibt auch schwarze Schwäne" will sagen, dass alle schwarzen Schwäne echte rabenschwarze Farbpigmente haben. Es kann sich jedoch herausstellen, dass ein schwarzer Schwan oder sogar alle schwarzen Schwäne nicht wirklich schwarz sind. Zu derartigen empirischen Entdeckungen gibt es also nie letzte Gewissheiten, egal, ob man sie "Falsifikationen" nennt oder nicht.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 20:00... nicht verifizierbar, denn dazu müßte ich alle Schwäne der Welt, auch die, die in der Zukunft zur Welt kommen, kennen. Eine Kenntnis, die nie möglich ist. Falsifizieren kann man die Aussage leicht, wenn sie falsch ist, durch Aufweis eines schwarzen Schwans. Die Falsifikation stellt eine absolute Wahrheit her, wenn auch nur ex negativo, durch ein Gegenbeispiel. Daß nicht alle Schwäne weiß sind, ist empirisch zu beweisen.
So weit ich mich erinnere, steht die Spezielle Relativitätstheorie nicht im Widerspruch zur Allgemeinen Relativitätstheorie. Sie sind beide im Einklang. Das ist auch nur wieder so eine Sache des "Namens". Eigentlich könnte man die Namen vertauschen; es änderte nicht den Inhalt. Oder: Kant hätte den Namen "Transzendentaler Idealismus" anders wählen können. Es sind nur Namen. Die sogenannte "Spezielle" Relativitätstheorie ist die mit der Zeitdehnung, und die andere Relativitätstheorie ist die mit der Gravitation. Sie ergänzen sich wechselseitig.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 20:00Ganz selten ist tatsächlich eine Reorganisation der Theoriebildung erforderlich, ich hatte schon das Beispiel der RT gebracht, aber selbst da kann man die falsche frühere Theorie als eine angemessene Annäherung begreifen.
Ja.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 20:00Die absolute Wahrheit der Logik/Mathematik steht für Popper nicht infrage, oder?
Das diente nur als logisches Beispiel, im Sinne der Schwanenfrage. Ob diese Beispiele wahrlich von wissenschaftlichem Interesse sind, finde ich jetzt eher irrelevant.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 20:00Dein Beispiel ist falsch gewählt: "Die Tomate ist rot (oder nichtblau)" ist überhaupt keine wissenschaftliche Aussage. Ob eine bestimmte Tomate rot ist oder nicht, dürfte kaum von wissenschaftlichem Interesse sein.
Beim Stichwort Prüfbarkeit schrieb ich "Falsifizierbarkeit", nicht "Falsifikation". In meinen Augen sind sowohl "Falsifizieren" als auch "Verifizieren" Akte der Prüfung. Die Frage müsste lauten: "Was ist prüfbar?"Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 20:00Wenn Falsifikation Prüfbarkeit bedeutet, was bedeutet dann Verifizierbarkeit?
Ich verwische den keinesfalls, ganz im Gegenteil.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 12. Dez 2024, 12:21Popper hat das Falsifikationsprinzip an die Stelle des Verifikationsprinzips gesetzt, also beide keineswegs als äquivalent behandelt, wenn Du diesen Unterschied verwischst, entwertest Du den Kritischen Realismus.
Ich denke ..Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 11. Dez 2024, 23:16
Wie die obigen Sätze besagen, gibt es keine reine Autonomie, "deren der Mensch als Vernunftwesen fähig ist" ist die Einschränkung. Das entzieht uns einen naiven Idealismus, wir sind Naturobjekte, keine reinen Vernunftwesen. Aber die Vernunft in uns läßt uns wie fragmentarisch auch immer die Welt verstehen, und sogar uns als Verstehende, und schließlich das Verstehen selbst. Das ist ein imprädikativer Sachverhalt. Das ist kein unendlicher Regress, und das ist keine willkürliche Setzung wie im Trilemma postuliert, aber es ist auch keine einfache Zirkularität, das dritte im Trilemma.
Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 12. Dez 2024, 12:21@ Quk
Über Popper müßte man sich einmal gesondert unterhalten. Hier geht es um das Trilemma, also die Frage, ob und gegebenenfalls wie das Fragen enden kann, auch ob es überhaupt ein Ende finden soll,