Appell an die Möglichkeit

Argumente gehören zum Kernbestand der Philosophie. Die Argumentationstheorie ist derjenige Bereich Philosophie, der sich mit der Form und dem Gebrauch von Argumenten befasst.
Michael7Nigl
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Di 23. Jan 2024, 22:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 23. Jan 2024, 07:56
Es ist logisch nicht ausgeschlossen, also möglich, dass die gute Fee (also eine "echte" Zauber-Fee, so wie im Märchen) mir 1000 Euro ins Portemonnaie gesteckt hat. Ist das ein guter Grund, regelmäßig nachzuschauen, ob das Geld schon da ist? Natürlich nicht. Meiner Meinung nach ist das ein "Verwandter" des Fehlschlusses mit dem Appell an die Möglichkeit/Appeal to Possibility:

X is possible.
Therefore, X is true.

X is possible.
Therefore, X is probably true.
Philosophisch interessant ist für mich ein anderer Schluss. Wenn man fragt: Ist X sicher wahr? Dann genügt es zu zeigen, dass Nicht-X möglich ist, um die Aussage, X ist sicher wahr, zu widerlegen.
Not-X is possible.
Therefore, X is not certainly true.
Für den Alltag (z.B. wie viel Geld ist in meinem Beutel) genügt natürlich eine Sicherheit von weniger als 100%. Man kann getrost davon ausgehen, dass weder eine Fee etwas dazugelegt noch ein Teufel etwas daraus gestohlen hat. Man kann auch darüber streiten, ob Feen und Teufel überhaupt möglich sind. Dabei wäre zu unterscheiden zwischen einer bloß logischen oder realen Möglichkeit. Selbst bei letzterer wäre das aber bestimmt kein hinreichender Grund für einen gesunden Menschen, im Portemonnaie nachzuschauen.

Was Philosophen andererseits immer schon beschäftigt hat, ist die Frage nach der Wahrheit. Gibt es etwas, dessen wir uns absolut sicher sein können - das also mit absoluter Gewissheit wahr ist? Für Descartes war dies die Suche nach dem fundamentum inconcussum, einem unerschütterlichen Fundament, auf dem er seine Philosophie aufbauen könne: " Ich meinte deshalb, dass im Leben einmal Alles bis auf den Grund umgestoßen und von den ersten Fundamenten ab neu begonnen werden müsste, wenn ich irgend etwas Festes und Bleibendes in den Wissenschaften aufstellen wollte. [...] und ich kann auf Großes hoffen, wenn ich nur Etwas, wäre es auch noch so klein, fände, was gewiss und unerschütterlich wäre."

Für das, was wir heute Wissenschaften nennen, geht es nicht um eine solche Gewissheit, sondern um eine bestmögliche Beschreibung für die jeweils zu untersuchenden Phänomene. Dort werden Hypothesen aufgestellt, deren Güte sich darin zeigt, widerlegbar zu sein jedoch durch die Erfahrung/Experimente nicht widerlegt zu werden.

Die meisten Menschen interessieren sich vermutlich mehr für ihren Alltag als für irgendwelche philosophischen Überlegungen, und daran ist überhaupt nichts auszusetzen. Für jemanden, der mit hartnäckigen philosophischen Fragen kämpft und nach einer Wahrheit strebt, kann das Problem der absoluten Gewissheit allerdings von Bedeutung sein.




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Jörn Budesheim
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Michael7Nigl hat geschrieben :
Di 23. Jan 2024, 22:14
Wenn man fragt: Ist X sicher wahr? Dann genügt es zu zeigen, dass Nicht-X möglich ist, um die Aussage, X ist sicher wahr, zu widerlegen
Nehmen wir ein Beispiel:

Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche.
Es ist möglich, dass die Brieftasche auf dem Tisch liegt.
> Es ist nicht sicher, dass sich die Brieftasche in meiner rechten Hosentasche befindet.

Ich würde sagen, ein offensichtlich absurder Schluss :-)

Wenn die Geldbörse nicht irgendwo anders sein könnte als in meiner rechten Hosentasche, wäre sie ein nutzloser Gegenstand, ich könnte sie nicht aus der Hosentasche nehmen und damit zum Beispiel bezahlen :-) Dass sie sich in meiner rechten Hosentasche befindet, ist sicher jenseits vernünftigen Zweifels.




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Jörn Budesheim
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Michael7Nigl hat geschrieben :
Di 23. Jan 2024, 22:14
Was Philosophen andererseits immer schon beschäftigt hat, ist die Frage nach der Wahrheit. Gibt es etwas, dessen wir uns absolut sicher sein können - das also mit absoluter Gewissheit wahr ist? Für Descartes war dies die Suche nach dem fundamentum inconcussum, einem unerschütterlichen Fundament, auf dem er seine Philosophie aufbauen könne: ...
Das sind verschiedene Dinge, die man meiner Meinung nach auseinander halten kann. Die Frage, was Wahrheit ist, und die Frage, was wir mit absoluter Sicherheit wissen können, sind zwei verschiedene Fragen. Eine dritte ist die Suche nach dem Fundament. Dazu einige lose, unsystematische Aussagen:

Ich favorisiere einen ontologischen Wahrheitsbegriff, vieles war schon wahr, lange bevor es uns gab. Viele Wahrheiten sind "da draußen". Wahrheit ist nicht nur Aussagenwahrheit. Wahrheiten sind abstrakte Entitäten, dass das und das der Fall ist.

Die beiden Ausdrücke "Wahrheit" und "absolute Wahrheit" sind Synonyme, weil Wahrheit nicht relativ ist. Wenn mit "absolut" jedoch nur "sicher" gemeint ist: Unsicher kann nur "Fürwahrhalten" sein. Wahrheit kann nicht unsicher sein, denn wahr ist, was der Fall ist.

Ein genereller Skeptizismus ist abwegig: Es gibt unendlich viel, was wir wissen, was also (absolut) wahr ist, zum Beispiel: Hamburg liegt nördlich von Kassel. In Afrika leben Menschen. Den Mond gab es, bevor es mich gab. Im Schachspiel setzt nach 1. f2-f3 e7-e5 und 2. g2-g4 Dd8-h4 matt.

Die Suche nach einem Fundament der Wahrheit halte ich für verfehlt. Warum sollte es ein "Fundament der Wahrheit" geben, auf dem alles ruht? Die Wirklichkeit hat kein Fundament und die Wahrheit auch nicht.
...




Michael7Nigl
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 09:52
Michael7Nigl hat geschrieben :
Di 23. Jan 2024, 22:14
Wenn man fragt: Ist X sicher wahr? Dann genügt es zu zeigen, dass Nicht-X möglich ist, um die Aussage, X ist sicher wahr, zu widerlegen
Nehmen wir ein Beispiel:

Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche.
Es ist möglich, dass die Brieftasche auf dem Tisch liegt.
> Es ist nicht sicher, dass sich die Brieftasche in meiner rechten Hosentasche befindet.

Ich würde sagen, ein offensichtlich absurder Schluss :-)

Wenn die Geldbörse nicht irgendwo anders sein könnte als in meiner rechten Hosentasche, wäre sie ein nutzloser Gegenstand, ich könnte sie nicht aus der Hosentasche nehmen und damit zum Beispiel bezahlen :-) Dass sie sich in meiner rechten Hosentasche befindet, ist sicher jenseits vernünftigen Zweifels.
Natürlich ist nicht die Möglichkeit eines Vermögens gemeint, also ob Deine Brieftasche grundsätzlich auf einem Tisch liegen kann!

Wenn die Geldbörse in Deiner rechten Hosentasche ist, dann ist es offensichtlich nicht möglich, dass sie auf dem Tisch liegt. Es sei denn, Deine Brieftasche kann an zwei Orten gleichzeitig sein.




Michael7Nigl
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 10:44
Michael7Nigl hat geschrieben :
Di 23. Jan 2024, 22:14
Was Philosophen andererseits immer schon beschäftigt hat, ist die Frage nach der Wahrheit. Gibt es etwas, dessen wir uns absolut sicher sein können - das also mit absoluter Gewissheit wahr ist? Für Descartes war dies die Suche nach dem fundamentum inconcussum, einem unerschütterlichen Fundament, auf dem er seine Philosophie aufbauen könne: ...
Das sind verschiedene Dinge, die man meiner Meinung nach auseinander halten kann. Die Frage, was Wahrheit ist, und die Frage, was wir mit absoluter Sicherheit wissen können, sind zwei verschiedene Fragen. Eine dritte ist die Suche nach dem Fundament. Dazu einige lose, unsystematische Aussagen:

Ich favorisiere einen ontologischen Wahrheitsbegriff, vieles war schon wahr, lange bevor es uns gab. Viele Wahrheiten sind "da draußen". Wahrheit ist nicht nur Aussagenwahrheit. Wahrheiten sind abstrakte Entitäten, dass das und das der Fall ist.

Die beiden Ausdrücke "Wahrheit" und "absolute Wahrheit" sind Synonyme, weil Wahrheit nicht relativ ist. Wenn mit "absolut" jedoch nur "sicher" gemeint ist: Unsicher kann nur "Fürwahrhalten" sein. Wahrheit kann nicht unsicher sein, denn wahr ist, was der Fall ist.

Ein genereller Skeptizismus ist abwegig: Es gibt unendlich viel, was wir wissen, was also (absolut) wahr ist, zum Beispiel: Hamburg liegt nördlich von Kassel. In Afrika leben Menschen. Den Mond gab es, bevor es mich gab. Im Schachspiel setzt nach 1. f2-f3 e7-e5 und 2. g2-g4 Dd8-h4 matt.

Die Suche nach einem Fundament der Wahrheit halte ich für verfehlt. Warum sollte es ein "Fundament der Wahrheit" geben, auf dem alles ruht? Die Wirklichkeit hat kein Fundament und die Wahrheit auch nicht.
...
Wäre es Deiner Meinung nach möglich, dass die Welt, in der Du lebst, das Produkt eines Supercomputers ist, welcher Dein Gehirn mit allen Reizen füttert?




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Jörn Budesheim
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Michael7Nigl hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 12:11
Wenn die Geldbörse in Deiner rechten Hosentasche ist, dann ist es offensichtlich nicht möglich, dass sie auf dem Tisch liegt.
Doch. Sonst könnte ich nicht planen, sie aus der Hosentasche zu nehmen und auf den Tisch zu legen. Nur weil es möglich ist, dass sie an verschiedenen Orten sein kann, ist sie, was sie ist, das ist Teil ihres Wesens. Bei dem Ausdruck "Möglichkeit" geht es nicht um das, was von Moment zu Moment wirklich ist, sondern eben um das, was möglich ist. Was möglich ist, ergibt sich aus den Anordnungsregeln des Bereichs, in dem der fragliche Gegenstand existiert. Dem Geldbeutel ist es nicht möglich, seinen Platz in der Reihe der ganzen Zahlen einzunehmen, er kann auch nicht als er selbst, Teil eines gezeichneten Comics werden, aber es ist möglich, dass er andere Raumzeitstellen einnimmt.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 12:40
Michael7Nigl hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 12:11
Wenn die Geldbörse in Deiner rechten Hosentasche ist, dann ist es offensichtlich nicht möglich, dass sie auf dem Tisch liegt.
Doch. Sonst könnte ich nicht planen, sie aus der Hosentasche zu nehmen und auf den Tisch zu legen. Nur weil es möglich ist, dass sie an verschiedenen Orten sein kann, ist sie, was sie ist, das ist Teil ihres Wesens. Bei dem Ausdruck "Möglichkeit" geht es nicht um das, was von Moment zu Moment wirklich ist, sondern eben um das, was möglich ist. Was möglich ist, ergibt sich aus den Anordnungsregeln des Bereichs, in dem der fragliche Gegenstand existiert. Dem Geldbeutel ist es nicht möglich, seinen Platz in der Reihe der ganzen Zahlen einzunehmen, er kann auch nicht als er selbst, Teil eines gezeichneten Comics werden, aber es ist möglich, dass er andere Raumzeitstellen einnimmt.
Schade, dass Du meinen Beitrag ignoriert hast. Für das Schlussschema passt nicht die Möglichkeit im Sinne eines Vermögens.

Das ist so, als würde ich erklären, dass man auf einer Bank sitzen kann, während Du darauf bestehst, man könne auf einer Bank Geld verwalten lassen, aber nicht darauf sitzen.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jan 2024, 13:25

Dass ein Geldbeutel ein Vermögen hat, darauf kann ich mir keinen Reim machen. Lebewesen haben Vermögen (=Fähigkeiten), Dinge nicht. Ich denke, so kommen wir nicht weiter. Vielleicht erläuterst du mal, was du unter Möglichkeit verstehst, also zum Beispiel im Unterschied zu Notwendigkeit, Kontingenz und Wirklichkeit und was sind für dich "Vermögen"?




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Quk
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Mi 24. Jan 2024, 14:19

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 09:52
Michael7Nigl hat geschrieben :
Di 23. Jan 2024, 22:14
Wenn man fragt: Ist X sicher wahr? Dann genügt es zu zeigen, dass Nicht-X möglich ist, um die Aussage, X ist sicher wahr, zu widerlegen
Nehmen wir ein Beispiel:

Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche.
Es ist möglich, dass die Brieftasche auf dem Tisch liegt.
> Es ist nicht sicher, dass sich die Brieftasche in meiner rechten Hosentasche befindet.

Ich würde sagen, ein offensichtlich absurder Schluss :-)
Ja, absurd. Aber die Grammatik in Deinem Beispiel verwirrt den Leser, finde ich.

Ich vermute, Du meinst da eine allgemeine Möglichkeit, keine spezielle, situationelle Möglichkeit. Deshalb würde ich das strikterweise so schreiben:

Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche.
Es ist möglich, dass Brieftaschen auf Tischen liegen.*
> Es ist nicht sicher, dass sich die Brieftasche in meiner rechten Hosentasche befindet.


Das entkräftet ein bisschen den Widerspruch zwischen gleichzeitigem "in Hosentasche sein" und "auf Tisch sein". In Deinem originalen Beispiel ist es meines Erachtens unmöglich, dass diese eine Brieftasche zugleich in der Hosentasche und auf dem Tisch ist, es sei denn, die Hose liegt auf dem Tisch :-)

Das soll jetzt kein Einwand gegen Deine Argumentation sein, sondern nur ein grammatischer Feinschliff, um Missverständnisse zu vermeiden.


* Oder speziell, situationell:
Es ist möglich, die Brieftasche auf den Tisch zu legen.
Ich habe die Möglichkeit, die Brieftasche auf den Tisch zu legen.
Ich habe die Option, die Brieftasche auf den Tisch zu legen.




Timberlake
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Mi 24. Jan 2024, 14:30

Quk hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 14:19

Ich vermute, Du meinst da eine allgemeine Möglichkeit, keine spezielle, situationelle Möglichkeit. Deshalb würde ich das strikterweise so schreiben:

Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche.
Es ist möglich, dass Brieftaschen auf Tischen liegen.*
> Es ist nicht sicher, dass sich die Brieftasche in meiner rechten Hosentasche befindet.


Das entkräftet ein bisschen den Widerspruch zwischen gleichzeitigem "in Hosentasche sein" und "auf Tisch sein".
Wenn die Brieftasche ein Elementarteilchen wäre und sich natürlich wie die Hosentasche und der Tisch in dessen quantenheoretischen Räumen befände , sehe die Sache allerdings völlig anders aus. Vor dem Hintergrund, dass die Brieftasche , wie auch die Hosentasche und der Tisch aus Elementarteilchen bestehen , eine "Unmöglichkeit" ;)
Insofern dieser Appell an die Möglichkeit zunächsteinmal nur jenseits dessen, in den makroskopischen Räumen , "möglich" ist.

Wie dem auch sei , wenn es hier hieß ..

"Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche.
Es ist möglich, dass die Brieftasche auf dem Tisch liegt."

.. dann habe ich mich mit "Ich habe meine Brieftasche in der rechten Hosentasche" räumlich und zeitlich festgelegt , Die Möglichkeit , dass die Brieftasche auf dem Tisch liegt ist damit räumlich und zeitlich definitiv ausgeschlossen. Nur dann , wenn sich diese Brieftasche beispielsweise zuvor in der Einkaufstasche befunden hätte ,bestände die Möglichkeit , dass sie sich später ...entweder! .. in der rechten Hosentasche .. oder! ..auf dem Tisch befinden könnte. Ein "Appell an die Möglichkeit" beinhaltet als solches immer eine "Entweder-Oder-Frage". So einfach ist das.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jan 2024, 15:16

Der Faden ist lustig :-) Alle verstehen unter dem Begriff "Möglichkeit" was anderes. Sollten wir auf jeden Fall vertiefen!




Timberlake
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Mi 24. Jan 2024, 16:00

... ich würde sogar sagen , in Anbetracht der nahezu , wenn nicht gar unendlichen Möglichkeiten , in der sich ein Gegenstand rein theoretisch befinden könnte , sich dieser Begriff "Möglichkeit" genau genommen selbst in Frage stellt. Wäre es z.b. möglich , dass sich eine Brieftasche heute in der selben rechten Hosentasche befindet , wenn das von Georg Elser am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller verübte Attentat auf Hitler gelungen wäre. Viel hat ja nun wahrlich nicht gefehlt. Gebe es denn dann dieses Forum? Gebe es denn uns überhaupt? Um an dieser Stelle mal das lapidare "Hätte, hätte, Fahrradkette!" von einer völlig anderen Ebene aus zu betrachten. Wie übrigens auch aus der Perspektive des Schmetterlingseffekt. Bei dem sich bekanntlich kleinste Änderungen , wie eben der Flügeschlag eines Schmetterlings , langfristig auf ein System wie dem Wetter aus wirken. Warum dann nicht auch das Stecken einer Brieftasche , in die rechten Hosentasche , auf ein System wie der Politik und sei es nur dadurch ,dass in der Politik , wie bei den Hosentaschen , zwischen links und rechts unterschieden wird und ich hier im Forum , auf diese Weise , zwischen beidem ein Kontext hergestellt habe. Ein Kontext, der durch die Tatsache , dass die meisten Rechtshänder sind, nochmal ganz andere Möglichkeiten der Interpretation und damit Auswirkungen auf das politische System eröffnen ;)




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jan 2024, 16:40

Möglichkeiten sind je nach Bereich limitiert. Im Schach kann der weiße Läufer zwar auf g2 stehen, aber nicht auf g7. Möglich sind eben nur die weißen Felder. Dass er zu Beginn der Partie auf f1 steht, ist notwendig. Und wie er in einer faktischen Partie platziert ist, ist je wirklich. Dass er z.B. auf g2 steht, ist möglich, aber nicht notwendig, also kontingent, es könnte auch anders sein.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jan 2024, 17:44

Quk hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 14:19
Es ist möglich, die Brieftasche auf den Tisch zu legen.
Ich habe die Möglichkeit, die Brieftasche auf den Tisch zu legen.
Ich habe die Option, die Brieftasche auf den Tisch zu legen.
Ich denke mittlerweile, dass es günstiger wäre, das Subjekt ganz aus dem Spiel zu lassen, das macht es nur unnötig kompliziert und verwirrt. Dann verschwindet vielleicht auch die Verwechslung (ich halte es für eine) der Möglichkeiten mit den Optionen, hoffe ich. Ich für meinen Teil finde nämlich nicht, dass diese Begriffe synonym sind.

Die Brieftasche ist in der Hose. Das ist kontingent, denn sie könnte auch woanders sein. Es ist also möglich, dass sie woanders ist, denn es ist nicht notwendig, dass sie sich in der Hose befindet. Wo sie sich jeweils befindet, ist wirklich. Dass sie sich irgendwo befindet, ist notwendig.

Das wäre ein Vorschlag von mir.




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Stefanie
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Mi 24. Jan 2024, 18:26

Etwas ist nur dann eine Möglichkeit, wenn es erlaubt ist oder nicht gegen Regeln oder Konventionen verstößt?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jan 2024, 18:41

Ich würde sagen, es hängt von der Ordnung des Bereichs ab, in dem sich etwas befindet. Für raum-zeitliche Objekte ist anderes möglich als für das Schachspiel oder die natürlichen Zahlen.




Timberlake
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Mi 24. Jan 2024, 18:48

Stefanie hat geschrieben :
Mi 24. Jan 2024, 18:26
Etwas ist nur dann eine Möglichkeit, wenn es erlaubt ist oder nicht gegen Regeln oder Konventionen verstößt?


.. ganz meiner Meinung, So ist es im Schach nur der Dame erlaubt , die gleichen Züge zu spielen , wie der Läufer und der Turm. Springen , wie dem Springer , ist ihr hingegen nicht erlaubt. Wobei .. warum eigentlich nicht? Gleichwohl , bei all dem Regeln oder Konventionen im Schach , die Möglichkeiten des Spielverlaufs nahezu unendlich sind. Wie übrigens im Vergleich dazu auch die Spielverläufe in der Politik oder der Wirtschaft .....
taz.de hat geschrieben :
Preussischer-Militaertheoretiker

Clausewitz gilt neben dem Chinesen Sunzi aus dem 6. Jhd. v. Chr. als der bedeutendste Theoretiker dessen, was Krieg ist. Doch Clausewitz hat keine Strategien darüber verfasst, wie man Territorien erobert. Es geht vielmehr um das Wesen dessen, was Armeen und Staaten einander antun, wenn sie Krieg führen.

Was passiert, wenn zivile Regeln fallen? Wenn Hass das Handeln beherrscht? Wenn Dauerregen alle Ordnung auflöst? „Vom Kriege“ ist eine Art philosophische Betrachtung des Krieges, kein Handbuch für den Sieg. Darin heißt es etwa: „Der Krieg ist mehr für den Verteidiger als für den Eroberer da, denn der Einbruch hat erst die Verteidigung herbeigeführt und mit ihr erst den Krieg. Der Eroberer ist immer friedliebend (…), er zöge ganz gern ruhig in unseren Staat ein.“

Viele von Clausewitz’ Beobachtungen seien zeitlos, sagt Zube. Längst holen sich auch Manager Rat ein. Es gehe um Zufall und Wahrscheinlichkeiten, um Unübersichtlichkeit, um den Zusammenbruch aller Planung, wenn Konflikte eskalieren und darum, unter Druck und ohne ausreichende Informationen Entscheidungen zu treffen.

Verwaltungen, Planungsstäbe und Konzernvorstände seien 2022 bei Clausewitz fündig geworden. Clausewitz nannte es „Seelenstärke“: Das, was in Bedrängnis vonnöten sei. Heute könnte man das Entschlusskraft nennen, oder Geistesgegenwart. Clausewitz war somit auch ein Analytiker menschlichen Verhaltens.
.. wenn es darin .. "um Zufall und Wahrscheinlichkeiten, um Unübersichtlichkeit, um den Zusammenbruch aller Planung geht" .. und Konflikte eskalieren , wird auch schon mal gerne , um die Möglichkeiten zu erweitern, gegen Regeln oder Konventionen verstoßen. Da dann darf sich, im übertragenem Sinn, die Dame u. U. auch mal die Züge eines Springers erlauben.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jan 2024, 19:24

Wie viel Uhr ist es eigentlich?
Ich bin ganz ihrer Meinung!




Timberlake
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Mi 24. Jan 2024, 20:08

.. um eine der hier bestehenden Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, ich denke mal es ist für mich mal wieder die (uhr-) Zeit , eine kleine Auszeit zu nehmen ..

.. und Tschüss




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Stefanie
Beiträge: 7317
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Mi 24. Jan 2024, 20:30

Hmm.
Bevor ich ein Beispiel bringe.
Eine Möglichkeit ist was denkbares und machbares. Den Läufer auf ein falsches Feld zu ziehen ist doch denkbar und praktisch machbar. Zwar ein Regelverstoß, aber denk und machbar.

Eine Option ist die Wahlmöglichkeit, wenn es z.B. mehrere Möglichkeiten gibt, etwas so oder so zu machen.
Was ist für Dich Option? Jörn ist gemeint.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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