Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Fr 11. Okt 2019, 20:04
Alethos hat geschrieben : Und da finde ich, ist es schon berechtigt, wenn Friederike danach fragt, auf was sich denn die absolute Metapher (von Gott) überhaupt beziehe.
Ich meine ja immer noch, dass wir aneinander vorbei reden. Aber vielleicht irre ich mich. Also nehmen wir ein Beispiel: "Der Herr ist mein Hirte..." Hier haben wir eine Metapher für Gott. Und worauf "bezieht" sie sich? Na auf Gott?!
Versteht ihr jetzt, warum ich eure Frage nicht verstehe?
Anderes Beispiel, anderer Begriff: Melvilles vergleicht die Welt mit einer Fregatte, »die ihren Hafen für immer verlassen hat und mit versiegelter Order einem allen an Bord unbekannten Ziel zusteuert.« (HB)
Die Metapher von der Fregatte "bezieht sich" auf die Welt.
Wobei ich auch mit der Formulierung "bezieht sich" so meine Probleme habe. Die Metapher ist ja kein Name für etwas oder einfach nur ein Begriff, der sich einfach etwas bezieht. (Daher rührt vielleicht ja auch die Idee, zu sagen die Metapher sei ein Bild ohne Bedeutung, aber mit Inhalt.)
In beiden Fällen versucht die Metapher uns das Unschauliche anschaulich zu machen. Ich dachte, darauf hätten wir uns (pi mal Daumen) weiter oben geeinigt?
Darauf haben wir uns geeinigt und ich denke, es besteht weiterhin Konsens. Die Schwierigkeit ist nicht, denke ich, dass wir keinen Konsens hätten, sondern, wie ich glaube, dass wir 'Metaphern' und 'absolute Metaphern' durcheinander bringen.
Ich verstehe, worauf du hinaus willst: "Der Herr ist mein Hirte" bezieht sich auf 'Gott' (nehmen wir einmal das Verb 'sich beziehen auf' an - obwohl er tatsächlich irreführend sein kann). Die metaphorische Verwendung von 'Hirte' zeigt sich uns klar: Es ist kein Hirte gemeint 'auf der grünen Wiese mit weiss-braunen Schafen'. Nicht als eigentlicher Begriff, nicht als empirischer Begriff wird hier 'Hirte' verwendet, sondern er wird verwendet in Bezug auf etwas anderes - er wird pragmatisch verwendet, also in der Weise, dass er etwas anderes explizieren soll. Das ist das, was Metaphern immer leisten: Sie explizieren 'etwas' dadurch, dass sie die reflexive Form dieses Etwas und die reflexive Form des metaphorisch verwendeten Begriffs miteinander verknüpfen und so das eine durch das andere denkbar werden lassen.
Aber eine
absolute Metapher kann gar nicht mehr zurückgeholt werden in die Empirie, sie war gar nie empirischer Gegenstand, sondern immer schon Idee. D.h. der Begriff 'Gott' als Bezugspunkt eines metaphorisch verwendeten, empirischen Begriffs, kann selbst kein empirischer Begriff oder Verstandesbegriff sein, sondern ist ein rein eidetischer Begriff - ein rein Versinnbildlichtes.
Anders gesagt, 'Gott' lässt sich gar nicht als nur metaphorisch erfassen, also als etwas apriori Übertragenes, d.h. als 'Hirte', als 'Vater', als 'Universum' etc., jeweils in der Form über diese Begriffe nachzudenken.
Wir hatten ja (über den Umweg bei Kant) gesehen, dass sich die Gegenstände nicht ähnlich sind, als was sie sind, sondern nur Ähnlichkeit haben in der Form, über sie nachzudenken. So wie ich es verstehe, treffen sich die in Analogie verbundenden Gegenstände nicht auf einer empirischen Ebene, sondern in einer inhaltlichen (dies ist bei allen Metaphern der Fall). Das würde aber im Fall der absoluten Metapher bedeuten, dass es nicht 'hier' einen 'Gegenstand mit Bedeutung' gibt und 'dort' eine 'Metapher mit Inhalt, jedoch ohne Bedeutung', sondern es gäbe nur noch die Einheit zweier Begriffe in der Relation der absoluten 'metaphorischen' Bezogenheit aufeinander. Das ist wohl bei den einfachen Metaphern so, dass sich zwei empirische Begriffe resp. zwei Verstandesbegriffe durch einander metaphorisch erklären, weil sie von 'hier' nach 'dort' (oder von 'dort' nach 'da') eine Übersetzungsleistung erbringen. Aber bei
absoluten Metaphern zeigt sich einer der Begriffe als reiner Vernunftsbegriff, also in der 'Bezogenheit auf einen anderen Begriff in der Situation der Übertragung'. Der 'Hirte' ist in dieser Situation kein empirischer Begriff (mehr), denn er zeigt sich in dieser funktionalen Einheit nur noch in der Funktion als Übertragungsmittel in der "Form der Reflexion" über Gott, also in der Art und Weise, über ihn nachzudenken, und 'Gott' ist uns gar nicht anders gegeben als in dieser reflexiven Form. Es scheint also nur so, als fehle dem 'Hirten' sein
Analogon, weil letzteres nur in der Art und Weise gegeben ist, in der der 'Hirte' uns in reflexiver Form gegeben ist. Wo es die 'Handmühle' und den 'Staat' beide als empirische oder Verstandesbegriffe gibt, so gibt es den Begriff 'Gott' nur in der Form, in der wir ihn durch etwas anderes
überhaupt denken
können. Darum sagen wir ja in präpositionaler Rede: 'Gott
ist mein Hirte!', aber wir sagen nicht: 'Der despotische Staat ist eine Handmühle'.
Wenn Gott und Hirte hier über die absolute Metapher gleichgesetzt sind, dann sind uns beide Begriffe, sowohl 'Hirte' als auch 'Gott', nur noch als
eidetische Begriffe gegeben. Es gibt dann
in dieser Situation der Übertragung diesen 'Hirten' nicht mehr als 'empirischen Menschen auf der Wiese mit Schafen', sondern nur in der 'Idee, durch den auch der 'Vater aller Menschen', der im Vaterunser vorkommt, gedacht wird.
Wo die einfache Metapher einen Begriff relativ zu einem anderen denkbar werden lässt, letzterer aber auch durch andere (empirische) Begriffe beschrieben werden könnte, muss man sich zwei Begriffe 'in der Relation einer absoluten Metapher' als Einheit denken, als 'Eines in der Idee', als eben etwas Absolutes.
Ich kann mich natürlich auch irren (und ich habe sicher unverständlich geschrieben), aber ich denke, dass wir diese zwei Metapher-Arten (einfache und absolute) unterscheiden müssen, weil wir sonst tatsächlich Gefahr laufen, aneinander vorbei zu reden.