Friederike hat geschrieben : ↑ Mo 6. Jul 2020, 12:14
Absolute Metaphern sind diejenigen Begriffe, die sich gegenüber dem "terminologischen Anspruch als resistent erweisen, nicht in Begrifflichkeit aufgelöst werden können". So Blumenberg, wiederholte Male hier zitiert.
Die Nicht-Rückführbarkeit ins begrifflich-logische bezieht sich, so denke ich, ausschließlich auf den Sonderfall der absoluten Metapher.
Alle nicht absoluten Metaphern, also der Normalfall einer Metapher, die "einfache" Metapher, wie ich sie nenne, sind von der Blumenberg'schen Definition (oben) nicht berührt. Einfache Metaphern, Metaphernkomplexe, Hintergrundmetaphorik, wie immer man es ausdrückt, können grundsätzlich durchaus durch andere Begriffe ersetzt werden oder in Begrifflichkeit aufgelöst werden.
Ich hoffe, ich hab's verstanden.
Ja, so verstehe ich es auch. Absolute Metaphern ("Grundbestände") können nicht in Begrifflichkeit aufgelöst werden, können nichts Eigentliche, in "Logizität" überführt werden. Die von Dir so genannten "einfachen" Metaphern ("Restbestände") sind durch Begrifflichkeit ersetzbar. - Dabei geht es grundsätzlich nicht darum, der Metapher das Wort zu reden. Die Metaphernlehre Blumenbergs ist keine Anleitung zum Metapherngebrauch, die
Paradigmen kein Florilegium besonders schöner Stellen.
Da wir hier fast nur die
Paradigmen im Blick haben, welche die
anthropologische Dimension der Metaphorologie nur andeuten, verengt sich naturgemäß auch unsere Diskussion auf einen "schmalen Spezialfall von Unbegrifflichkeit" (Blumenberg). Andere, weniger schmale Fälle von Unbegrifflichkeit sind beispielsweise der Mythos und die Anekdote. Diese recht "breiten" Fälle lassen die anthropologischen Intentionen Blumenbergs, die sich mit den großen Werken der 70er/80er Jahre immer mehr abzeichnen, sehr viel deutlicher erkennen. -
Was nun das Verhältnis von Begriff und Metapher angeht, so ist die Heimat des Begriffs die Logik, die der Metapher die Rhetorik. Grammatik, Logik und Rhetorik bilden das Trivium der sieben freien Künste. Wenn von Überführung in die "Logizität" u.ä. die Rede ist, dann ist genau dies gemeint, daß ja der Begriff zur Logik gehört, die Metapher zur Rhetorik. Was nicht gemeint ist: daß mit dem Auftritt der Metapher alle Logik zum Teufel geht und die Metapher damit jeden Unsinn und jeden Widersinn legitimiert. Ganz im Gegenteil.
Begriff/Logik
Metapher/Rhetorik
Näheres dazu bei Gottfried Gabriel:
Präzision und Prägnanz. Logische, rhetorische, ästhetische und literarische Erkenntnisformen , insbesondere das zweite Kapitel: "Logik der Begriffe und Rhetorik der Metaphern, ein Widerstreit?" (S. 36ff)
Darin heißt es (vielleicht hilft das bei der Frage nach Kemmerlings Grundbegriffen etwas weiter):
"Als Beispiel für den Erkenntniswert kategorialer Metaphern sei die chemische Metapher der 'Ungesättigtheit' angeführt. Sie dient dem Logiker (!) Gottlob Frege, der ansonsten mit Blick auf die Geltung des
tertium non datur für seine Forderung nach 'scharfer Begrenzung der Begriffe' bekannt ist, zur Erläuterung des kategorialen Begriffs der Funktion. Der Begriff der Funktion ist nach Frege logisch einfach, also definitorisch nicht auf andere Begriffe zurückführbar, so daß wir mit unseren Begriffen an ein Ende kommen. Zur Erläuterung müsse man daher - so Frege - auf 'bildliche Ausdrücke' zurückgreifen. Dabei geht es nicht um eine ergänzende Veranschaulichung bereits bestehender Begrifflichkeiten, sondern die Metapher tritt an die Stelle fehlender Begrifflichkeit. An ihrem Ur-Grunde, beim logisch Einfachen angelangt, kann also selbst eine so strenge Wissenschaft wie die Logik nicht auf rhetorische Elemente des Unbegrifflichen verzichten." (S. 44) -
Gottfried Gabriel hatte von 1995 bis 2009 den Lehrstuhl für Logik und Wissenschaftstheorie an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena inne.