Des Menschen Auge hat´s nicht gehört,
Des Menschen Ohr hat´s nicht gesehen,
Des Menschen Hand kann´s nicht kosten
Seine Zunge nicht begreifen
Und sein Herz nicht erzählen,
Was mein Traum war.
Ich will Peter Squenz bitten,
Mir eine Ballade von diesem Traum zu schreiben:
Sie soll heißen: "Zettels Traum",
Weil Zettel drin verzettelt ist
Und ich will sie am letzten Ende
Des Stückes singen vor dem Herzog:
Vielleicht, um sie noch lieblicher zu machen,
Werde ich sie nach dem Tode singen.
(Zettel in Shakespeare´s
Sommernachtstraum)
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Di 5. Nov 2019, 18:55
Ehrlich gesagt bin ich immer noch ziemlich empört darüber. Ich glaube ich habe noch nie bei einem Lesensthread mitgemacht, bei dem Nachdenken als verzetteln gewertet wurde.
(Um den Thread über Begriffsrealismus damit nicht zu befrachten, plaziere ich meine Sicht darauf an dieser Stelle.)
Gäbe es eine Philosophie des Verzettelns, so ließe sie sich mühelos mit dem Namen Hans Blumenberg verbinden. Der im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrte Zettelkasten Blumenbergs übertrifft den berühmteren Zettelkasten Luhmanns an Umfang und Verschlagwortung. Einige wenige Karteikarten reichten Blumenberg, um daraus in seinen Vorlesungen eine ganze Welt entstehen zu lassen. Den umfangreichen Textkonvoluten, die er diktierte, gingen Notate auf solchen Karteikarten voraus. Zettel sind gleichsam die DNA dieser Philosophie, in denen die Baupläne zu den späteren Großstudien angelegt sind.
Aus den Blumenberg´schen Verzettelungen sind Texte von großer Dichte und Komplexität entstanden. Ein solcher Text, strukturiert und redigiert, liegt uns in den
Paradigmen zu einer Metaphorologie vor. In seiner Gelehrsamkeit hofft dieser Text auf nichts weniger als auf die Gelehrsamkeit seiner Leserinnen und Leser, hat aber mit deren chronischer Überforderung zu rechnen. Es ist kein Zufall, daß der herausgebende Verlag eine kommentierte Neuauflage als notwendig ansah, um Studierenden und interessierten Laien den Zugang zu diesem Schlüsseltext zu erleichtern.
Einen solchen Text in einem Internetforum zu lesen und zu besprechen, ist mit manchen Unwägbarkeiten verbunden. Anders als in einer Vorlesung, die ja - sofern man nicht abschaltet - mit dem Gesagten konfrontiert, ohne daß eine Einflußnahme der Hörenden möglich wäre, ist der Gedanke in seinem Gang hier von Ablenkungen aller Art umstellt. Zeigt nicht unsere kollektive Erfahrung in diversen Foren, daß "Projekte" schnell Begeisterung finden, solange sie sich im Planungsstadium befinden? Und zeigt sie nicht auch das meist Unbefriedigende des Verlaufs solcher "Projekte"? - Kaum angefangen, irrt die Debatte vom Gang der Untersuchung ab, sucht Nebenschauplätze - auch dort, wo keine sind - und verläuft im sprichwörtlichen Sande von Grundsätzlichem und Allgemeinem.
Um dem "Aspekte"-Thread dieses Schicksal zu ersparen, gibt es nun eine ganze Abteilung "Blumenberg", in der nicht weniger als neun Threads dem Interessierten zur Verfügung stehen, die Philosophie Blumenbergs zu kommentieren. Mit
einem dieser Threads ("Über einige Aspekte der Philosophie Hans Blumenbergs") verbinde ich als Threadstarter die Bitte um Konzentration auf das Textgeschehen in den
Paradigmen. Verfahrensfragen, Fragen zur Geschäftsordnung, Smalltalk und Sonstiges fängt ein weiterer Thread auf ("Allgemeiner Austausch und Smalltalk zu Blumenberg"). Jedermann kann darüberhinaus weitere Threads in der Abteilung "Blumenberg" anlegen.
Im "Aspekte"-Thread liegt uns nun eine Art Skizze vor, worum es Blumenberg in seinen
Paradigmen - ungefähr - geht. Nach meiner Erinnerung war das u.a. ein Anliegen von Friederike und Alethos: nachzuvollziehen, um was es Blumenberg geht. Private Umstände haben dazu geführt, daß beide an der Gestaltung des Threads nicht so teilhaben konnten wie sie es vielleicht gern getan hätten. Das ist nicht weiter tragisch; die Skizze bleibt ja erhalten. - Damit ist ein Bogen gespannt, keiner, der die
Paradigmen vollständig wiedergibt, jedoch immerhin einer, der ein paar "Aspekte" aufgreift.
Nachdenken ist kein Verzetteln und wird weder von mir noch von anderen so gewertet. Du hast ja im Vor- und Umfeld des "Aspekte"-Threads mehrere andere Threads angelegt, Jörn: Zur "Hermeneutik", "Ist das Weltall stumm?", "Das Verhältnis von Fantasie und Logos", "Kants Begriff Symbol/Metapher", "Descartes". Hier kannst Du doch die Vertiefungen, die Du wünscht, vornehmen. -
Inzwischen hast Du mehrfach Deinen Rückzug aus dem Blumenberg-Diskurs mitgeteilt. Der Text sei "quälend". - Einen Thread zu Gernot Böhme (
Leib. Die Natur, die wir selbst sind) hattest Du in Aussicht gestellt. Insbesondere der Aufsatz "Akustische Atmosphären" (S. 153) und "Das Bild und seine Atmosphäre: Über die Wirklichkeit von Bilderfahrungen" (S. 166) könnten eine Ergänzung zum Blumenberg-Diskurs sein.
Meine Bitte ist eine schlichte: Laßt uns im "Aspekte"-Thread so gut es geht textbezogen zu Blumenberg bleiben.
Vielleicht setzen sich die Administratoren des Forums ja bei Gelegenheit mal zusammen und machen sich Gedanken darüber, wie man sich den Umgang mit einem Thema wie "Blumenberg" künftig vorstellt. Wenn das hier nicht ins Konzept paßt, könnte man auch mal überlegen, ob nicht ein Blumenberg-Blog (o.ä.) eine Alternative/Ergänzung wäre ...