NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑ Sa 27. Aug 2022, 13:18
Lucian Wing hat geschrieben : ↑ Sa 27. Aug 2022, 12:49
Alles, was nicht weiß und älter ist, kommt mit einem identitären Merkmal daher, das Anspruch erhebt, nicht verletzt werden zu dürfen.
Ja, das ist das was ich an der Sache auch sehr kritisch sehe. Es ist natürlich richtig auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen (siehe das Beispiel mit den Juden), aber wie weit kann das gehen?
Müssen wir wirklich JEDES Gefühl berücksichtigen?
Und was mich besonders stört ist, dass der demokratische Grundgedanke verloren geht.
Minderheiten bestimmen mit ihren Gefühlen wie ein ganzes Volk zu reden hat? Und das Volk soll da auch kein Mitspracherecht haben, weil nur die Gefühle der betroffenen Minderheiten entscheidend seien sollen?
Das finde ich bedenklich und fragwürdig. Und ja, ich gebe Dir da völlig recht, dass das inzwischen groteske Züge annimmt.
Dennoch: Die Forderung nach Rücksichtnahme ist nicht per se abzulehnen. Man muss das anhören und diskutieren.
Ich spreche mich auch nicht gegen Rücksichtnahme aus. Es gibt ja zwei Dinge, die das auch zu regeln versuchen: einmal das Recht mit seinen Gesetzen, und dann der normale menschliche Anstand. Beides sehe ich im Fall der Winnetou-Bücher nicht tangiert. Sondern da geht es eben um identitäre Ansprüche auf der Basis einer ganz bestimmten Moral. Und DIESE Moral lehne ich als Korrektiv von Kunst eben ab. Darum geht es.
So, aber damit bin ich fertig. Es sind zu wenig Stimmen hier, man dreht sich irgendwann im Kreise, und letztlich sind es immer diese moralaufgeladenen politischen Fragen, die ja nicht vernünftig oder auf der Basis von wahr und falsch geklärt werden, sondern mittels machtpolitischer Durchsetzung von Geltung. Jeder kennt die Position des anderen nun, und mehr können wir nicht klären. Man verbeißt sich nur sinnlos ineinander. Deshalb bin ich ja eigentlich ein Fan des Gedankens, Politik aus philosophischen Foren zu verbannen. Aber wahrscheinlich ist das nicht mehr möglich, weil sich die Politik der Moral eben schon so weit in alle Themenbereiche hineingedrängt hat, dass das unmöglich geworden ist. Aber ich mach jetzt Schluss für mich mit dem Thema. Ich hab alles gesagt, was aus meiner Sicht wichtig ist daran. Ich hab auch noch nie einen Befürworter der Todesstrafe davon überzeugt, dass die Todesstrafe "falsch" ist. Und sowenig werde ich hier jemanden überzeugen.
Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)