NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑ Do 19. Aug 2021, 00:24
Das ist das siegessichere Geschrei derer die das von Anfang an für eine schlechte Idee hielten.
Ich vermute mal, Du hast dabei auch das im Sinn, was Gregor Gysi gestern abend in der ARD sagte. - Ich zitiere mal zwei Stimmen, die nun nicht zur Linken gehören und die ebenfalls zu hören waren:
"... das zweite ist, daß offensichtlich die Werte, die wir meinten, daß sie diesem Land guttun, dort nicht gegriffen haben. Und insofern wird uns vor Augen geführt, daß die westlichen Werte nicht überall auf der Welt die Attraktivität und die Vermittelbarkeit haben, von denen wir dachten, es sei so." (Theo Koll)
"Einmischung in andere Staaten, sie umerziehen zu wollen zu Werten, die uns wichtig sind, hat eigentlich noch nie geklappt. Deutschland ist das einzige Beispiel, das auch immer wieder genannt wurde - 'wenn ihr nicht vom Nationalsozialismus mit fremder Hilfe gedrängt worden wärt, was wär' dann geworden' - , aber danach hat es nie wieder geklappt. Das sollte eine Lehre sein." (Markus Feldenkirchen)
Maischberger - Die Woche
Theo Koll und Markus Feldenkirchen machen kein "Geschrei"; das sind seriöse Journalisten, die man mit dem Ich-war-von-Anfang-an-dagegen-Gysi nicht in einen Topf werfen kann. - Es ist nicht so, daß es keine anderen, gegenteiligen Auffassungen dazu gäbe, aber das was Koll und Feldenkirchen hier sagen, ist ein Grundzug bei vielen Beobachtern. Viele heißt nicht alle. Auch das stimmt. -
"In den letzten 20 Jahren ist eine neue Generation in Afghanistan herangewachsen." (NaWennDuMeinst) - Es sind u.a. die Angehörigen dieser Generation, die in Kabul, Kandahar, Kundus und anderen Städten Afghanistans aufgewachsen sind, die der Westen nun verraten hat. 80 % der afghanischen Bevölkerung leben auf dem Land. Knapp 60 % sind Analphabeten. Afghanistan ist eine Stammesgesellschaft. 42 % der Bevölkerung Afghanistans sind Paschtunen. Zu ihnen zählt auch das Volk der Kuchi, ein Nomadenstamm. Man schätzt die Zahl der verschiedenen Völker und Stämme Afghanistans auf ca. 200. Die Paschtunen sind sunnitische Muslime mit sehr strengem orthodoxen Islam und eigenem Ehrenkodex; untergliedert sind sie wiederum in einzelne Clans. -In den ländlichen Gebieten Afghanistans herrschen die Taliban schon lange. - In den großen Städten war bis zum Abzug der westlichen Truppen die Situation eine andere. Hier konnte die Generation junger Menschen heranwachsen, auf die Du jetzt Deine Hoffnungen setzt. Bei denen regt sich natürlich Widerstand gegen das nun drohende Emirat der Taliban. Ob der "Samen" noch aufgeht, bleibt abzuwarten. Es regt sich erster Widerstand. Nur kann der Westen jetzt nicht mehr eingreifen.
Von einer "Epochenwende" in der Außenpolitik war gestern auch die Rede. - Man muß es so geschichtsphilosophisch nicht nennen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß eine künftige Bundesregierung - welcher Couleur auch immer - sich noch einmal anschicken wird, einen solchen Auslandseinsatz über 20 Jahre auf ihre Agenda zu setzen. Wohin auch? Nach Saudi-Arabien? Jemen? Libyen? - Ich denke eher, das Afghanistan-Debakel wird sich auf Jahre hinaus in das kollektive Gedächtnis deutscher Außenpolitik einschreiben.