Der Antirassismus Knigge

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Stefanie
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Fr 14. Feb 2020, 23:20

Ein interessanter, langer, Zeitungsartikel, jeden Satz könnte man hier raus zitieren.

https://www.zeit.de/zeit-wissen/2020/01 ... gge-update

Der Antirassismus-Knigge
1788 erschien Adolph Freiherr Knigges Werk "Über den Umgang mit Menschen". Ein Update.

Rassistische Metaphern wie "Schwarzfahren" und "Schwarzsehen", "schwarzmalen" und "schwarze Schafe" bleiben unhinterfragt. Auf diese Weise werden rassistische Vorstellungen genährt und bestätigt, weitergeführt und fließen als subtile Gewalt ins eigene Leben ein.

Nehmen Sie Menschen als Individuen wahr, und definieren Sie Menschen nicht über Diskriminierung: "Die Person, die an der Bushaltestelle rassistisch-genderistisch angepöbelt wurde ..." statt "Die Kopftuchträgerin/Ausländerin/Schwarze Frau, die an der Bushaltestelle angepöbelt wurde ...".

Strukturelle Diskriminierung führt vielschichtig dazu, dass Diskriminierte weniger positiv bewertet werden. Sie müssen sich ständig mit der Abwehr von Gewalt beschäftigen. Daher werden sie vielleicht gemäß den Normen, die privilegierte Lebensweisen normalisieren, als weniger kompetent wahrgenommen. Die in öffentlichen Stellenanzeigen aufgerufene Floskel, dass Behinderte bei gleicher Qualifikation bevorzugt einzustellen seien, macht die Unmöglichkeit gleicher Qualifikation für strukturell Diskriminierte unsichtbar.

Wichtig ist: Welche Begriffe Diskriminierte für sich verwenden, ist eine autonome Entscheidung und keine Einladung an Privilegierte, genauso zu handeln. Es kann auch sein, dass immer wieder neue Eigenbezeichnungen gewählt werden. Es gibt keine einfache Liste mit ewig gültigen Wörtern, die nicht mehr benutzt werden dürfen. Dafür sind Diskriminierungen viel zu flexibel und bedürfen einer ständigen Achtsamkeit auf das, was sprachlich jeweils als rassistisch verwendet wird. Wörter mit einer langen rassistischen Geschichte nicht mehr zu verwenden kann ein Anfang sein.
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Stefanie
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Sa 15. Feb 2020, 08:36

...Die Negerküsse oder wie hier Mohrenköpfe...
Rassismus-Debatte Kölner Konditorei verkauft schwarzes Gebäck mit Knochen im Haar

https://www.ksta.de/koeln/rassismus-deb ... r-36242224

https://mobile.twitter.com/ebonyplusiro ... 80/photo/1



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Jörn Budesheim
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Sa 15. Feb 2020, 09:16

"Ich kenne aber eine Schwarze Person, die benutzt auch für sich selbst das N-Wort und findet es gar nicht schlimm, das N-Wort zu lesen – dann kann ich es ja auch benutzen!" Es gibt Menschen, die sich selbst mit Begriffen bezeichnen, die häufig als rassistisch diskutiert werden. Dies heißt aber nicht, dass Sie als privilegierte Person dies auch tun können. Diskriminierende Begriffe können reclaimt oder umgedeutet worden sein von Personen, die so diskriminiert werden. Dies findet sich häufig in Musik und Kunst.
Stimmt, Begriffe können umgedeutet werden. Mittlerweile sind z.b. die Begriffe schwul und lesbisch nicht mehr generell pejorativ gemeint. Das war vor wenigen Jahrzehnten noch anders. Mir fällt es allerdings immer noch schwer, "schwul" oder "lesbisch" zu sagen. "Homosexuell" finde ich allerdings kein schönes Wort und wirklich wertfrei ist es wohl auch nicht immer:

"LGBT (auch GLBT, LGBTI) ist eine aus dem englischen Sprachraum kommende Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender, also Lesbisch, Schwul, Bisexuell und Transgender. Sie ist eine Anpassung der seit Mitte der 1980er Jahre verwendeten Abkürzung LGB als Ersatz für die zum Teil negativ konnotierte Beschreibung homosexuell ..." (Wiki)

"Diskriminierungskritisch zu sprechen ist ein lebenslanger Lern- und Aufmerksamkeitsprozess" - das ist fraglos richtig und einfach ist es ganz sicher auch nicht! Vieles ist ja lebenslang eingespielt, so dass es einem kaum auffällt. Gestern haben meine Frau und ich über den Begriff "Schwarzfahren" gesprochen. Ich hätte den nicht auf der Liste der diskriminierenden Begriffe gehabt. Aber es kann gut sein, dass da tatsächlich was dran ist.




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Alethos
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Sa 15. Feb 2020, 14:37

Dann hat die Schweiz mit ihrem vielen gehorteten Schwarzgeld was gemacht: ethnische Symbolpolitik?

Man muss schon aufpassen, dass man es nicht übertreibt: Das Schwarz in Schwarzfahren oder Schwarzgeld das hat mit der Dunkelheit im Verborgenen zu tun, nicht mit einer Hautfarbe. Hoffe ich zumindest, dass die Sensibilitäten nicht allzu komische Blüten treiben, denn sonst droht vielleicht schon bald eine Antidiskrimnierungs-Intiative der Linken, die auch das Rechte zu sein beansprucht. Und sie hat recht: Warum sollte das Linke nicht auf Gleichberechtigung beharren dürfen und verlangen, dass man sage: "Ich rechte dich", anstatt zu sagen: "Ich linke dich."



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Jörn Budesheim
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Sa 15. Feb 2020, 15:01

Alethos hat geschrieben :
Sa 15. Feb 2020, 14:37
Das Schwarz in Schwarzfahren oder Schwarzgeld das hat mit der Dunkelheit im Verborgenen zu tun, nicht mit einer Hautfarbe.
Das kann auch gut sein. Genaueres weiß wahrscheinlich nur Google :)




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Jörn Budesheim
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Sa 15. Feb 2020, 15:05

Woher kommt "schwarzfahren"?

Der Begriff "schwarzfahren" hat nichts mit einer Farbe zu tun.

Auch dieser Ausdruck hat - wie viele andere - ihren Ursprung im Jiddischen. Aus dieser Sprache stammt das Wort "Shvarts". Es bedeutet arm. Schwarzfahrer sind daher eigentlich "Armfahrer".

https://www.schule-und-familie.de/wisse ... ahren.html
Das Wort "schwarzen" kommt in diesem Fall aus dem Rotwelschen, einer Gaunersprache seit dem 18. Jahrhundert. Dort bedeutet es "etwas verbotenes tun" - weitere zusammenhängende Begriffe sind auch "etwas schmutziges tun" aber auch "etwas verborgenes bzw. im Dunkel der Nacht tun".

Schwarzfahren ist etwas illegales, genau wie Schwarzarbeit.

https://www.schule-und-familie.de/wisse ... ahren.html




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Jörn Budesheim
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Sa 15. Feb 2020, 15:11

Alethos hat geschrieben :
Sa 15. Feb 2020, 14:37
Man muss schon aufpassen, dass man es nicht übertreibt: Das Schwarz in Schwarzfahren oder Schwarzgeld das hat mit der Dunkelheit im Verborgenen zu tun, nicht mit einer Hautfarbe.
Wenn ich die Wahl habe zwischen über- und untertreiben, dann wähle ich übertreiben. Es tut mir schließlich nicht weh, statt schwarz fahren illegal fahren zu sagen, wenn ich den genaueren Hintergrund nicht kenne.




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Alethos
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Sa 15. Feb 2020, 16:11

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 15. Feb 2020, 15:11
Alethos hat geschrieben :
Sa 15. Feb 2020, 14:37
Man muss schon aufpassen, dass man es nicht übertreibt: Das Schwarz in Schwarzfahren oder Schwarzgeld das hat mit der Dunkelheit im Verborgenen zu tun, nicht mit einer Hautfarbe.
Wenn ich die Wahl habe zwischen über- und untertreiben, dann wähle ich übertreiben. Es tut mir schließlich nicht weh, statt schwarz fahren illegal fahren zu sagen, wenn ich den genaueren Hintergrund nicht kenne.
Dagegen kann man wohl nichts haben. Dann dürfte man konsequenter Weise auch nicht mehr den "schwarzen Peter" im gleichnamigen Spiel verteilen.



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Sa 15. Feb 2020, 16:19

Mir ist klar, dass das Polemik ist, aber man darf doch auch die Grenzen aufzeigen, ab wann eine bestimmte Rücksichtnahme ins Absurde geht.



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Jörn Budesheim
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Sa 15. Feb 2020, 17:09

Wenn ich mir so die Welt anschaue, dann habe ich keineswegs das Gefühl, dass wir irgendwie Gefahr laufen, zu rücksichtsvoll zu werden. Mir scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein!




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Stefanie
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Sa 15. Feb 2020, 20:45

Der Punkt mit dem Schwarzfahren ist in den Kommentaren zu dem Artikel mit am meisten diskutiert worden. Es gibt noch das Schwarzgeld, das Schwarzbuch. Ich war und bin irritiert, als ich dieses Beispiel gelesen hatte. In den genannten Fällen ist "schwarz" negativ besetzt. Vielleicht hat es deshalb einen diskriminierend Charakter, weil das negative auf Menschen übertragen wird? Man sagt aber auch ein Unternehmen schreibt schwarze Zahlen, das ist was positives. Die Wortherkunft bezieht sich auch nicht auf die Hautfarbe. Das Beispiel mit den Schwarzfahren überzeugt mich nicht so richtig.

In dem Artikel wird die Bezeichnung PoC genannt. People of color. Für den deutschsprachigen Raum habe ich in einem anderen Artikel Afrodeutsche gelesen.

Zu schwul und lesbisch, hetero. Richtig wäre es doch, wenn dies bei einer Vita einer Person nicht mehr erwähnt wird, oder nicht nachgefragt wird. Das sollte auch für die Hautfarbe gelten.
Als damals der Berliner OB Wowereit sein berühmtes Zitat sagte, verursachte das einen Riesenwirbel. Bei Ole von Beust war der Wirbel schon geringer, bei Westerwelle auch, und jetzt bei Jens Spahn war es bislang überhaupt kein Thema, zum Familienstand steht einfach verheiratet.

Bei dem Beispiel zur Frage "Woher kommst Du" habe ich auch gestutzt. Ich denke, es kommt wohl darauf an, wie gefragt. Wenn ich mich jemanden unterhalte, und merke deutsch ist nicht die erlernte Hauptsprache, kann man zum einem fragen, sind sie deutsch?, das wäre wohl rassistisch, aber wenn ich einfach wissen möchte, wo diese Person aufgewachsen ist, also herkommt ist das auch rassistisch?



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Stefanie
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Sa 15. Feb 2020, 20:48

Das Beispiel in dem Artikel mit "Möbel im Kolonialstil" ist auch ein Beispiel für eine negative kulturelle Aneignung, oder?



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Jörn Budesheim
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Sa 15. Feb 2020, 21:22

Identitäten (7/7)

Warum weiße Menschen so gerne gleich sind

„Aber wir sind doch alle gleich!“ So reagieren vor allem weiße Menschen oft, wenn die Sprache auf Rassismus kommt. Sobald weiße Menschen und ihre Privilegien in der Gesellschaft benannt werden, sagt Autorin Alice Hasters, scheint ihnen Gleichsein plötzlich wichtig und Hautfarbe egal zu sein.

Von Alice Hasters

https://www.deutschlandfunk.de/identita ... _id=466836




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Stefanie
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Sa 15. Feb 2020, 22:16

Das Beispiel mit den Haaren wird auch in dem Artikel der Zeit beschrieben. Machen das wirklich Menschen und fassen einfach so in die Haare von fremden Menschen, dachte ich beim ersten lesen und konnte das erst garnicht glauben.

Ich bin vielen weißen Menschen begegnet, die den Begriff „Schwarz“ nicht mögen. Sie möchten mich zum Beispiel lieber „farbig“ nennen. Doch der Begriff „farbig“ ist keine Selbst- sondern eine Fremdbezeichnung. Schwarz hingegen ist ein Begriff, eine Identität, die ich, so wie viele andere Schwarze, selbst gewählt habe. Deshalb schreibe ich ihn, anders als die Farbe, groß.
Ach, wieder was gelernt. Ich habe das mal genau andersrum gesagt bekommen.



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Jörn Budesheim
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Mo 17. Feb 2020, 05:56





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Stefanie
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Mo 17. Feb 2020, 19:15

Hatte ich auch gelesen. Es nicht das erste mal, dass Modeunternehmen und Versandhändler solche Zuschriften erhalten.
HM, Bon Prix, Kaufhof, daran kann ich mich erinnern.
Die Reaktion von Otto ist gut, ob es was nützt....



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Fr 21. Feb 2020, 19:15

Solche Artikel, Inhalte und Diskussionen erreichen wohl nur diejenigen, die sich sowieso schon darüber Gedanke machen, oder dafür offen sind?.
Wie müsste denn dieses Thema angegangen werden, damit es auch diejenigen anspricht, die sich damit nicht beschäftigen, oder nicht die Notwendigkeit sehen, sich damit zu beschäftigen? Wie es in der Schule behandelt wird, weiß ich leider nicht.
Es sind hier u.a. die Die Welt, Zeit, Deutschlandfunk und eine auflagenstarke Regionalzeitung zitiert worden, also ein begrenzter Ausschnitt der Medien. Fernsehsendungen dazu laufen nicht in der Primetime.



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Jörn Budesheim
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Fr 21. Feb 2020, 20:18

Es geht vielleicht um das Klima.

Diese Nazis gab es doch schon zu guten Teilen vor der AfD. aber jetzt kommen wir aus ihren Löchern, weil sie ihre Zeit für gekommen halten. Das Klima ist so, dass sie das glauben können. Menschen mit den Mörder von Hanau kann man rational sowieso nicht erreichen. Aber man kann versuchen, gemeinsam wieder ein Klima zu schaffen, das dazu führt, dass sie sich nicht aus ihren Löchern trauen.




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Stefanie
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Fr 21. Feb 2020, 21:10

Als ich nur zur Schule ging, wurde schon vom latenten Antisemitismus und latenter Ausländerfeindlichkeit gesprochen. Das waren die 80 ziger Jahre. Dann kam die Wiedervereinigung. 1993 war der Brandanschlag von Solingen, die Ausschreitungen in Rostock waren 1992. Damals gab es die AfD noch nicht. Es wurde schon damals darüber diskutiert, viel hat sich wohl nicht verändert. In den Köpfen meine ich. Dann der nsu Skandal. Ein jetziger Innenminister, dessen Ministerium auch noch "Heimat" enthält und der sich darüber freut, dass an seinem Geburtstag Menschen abgeschoben werden und den erst die öffentliche Diskussion dazu brachte, Herrn Maaßen vor die Tür zu setzen.
Deutschland hat zudem das Trauma der RAF. Schon in der Weimarer Republik war links grundsätzlich böse, und rechts nicht. Als grösste Partei wurde bislang durch das Bundesverfassungsgericht nur die KPD verboten. Es gab den Radikalenerlass hauptsächlich wegen linker Parteien, wie die DKP.
Es ist nicht nur die AfD, sie ist es aber, die es wieder salonfähig macht. Und sich dabei als erste der Parteien geschickt der sozialen Medien bediente. Die Gedanken waren und sind aber schon in den Köpfen.
Das jetzige Klima ist aber auch jahrelang, jahrzehntelang durch staatliche Institutionen begünstigt worden.

Ich war bislang immer gegen Verbote von Parteien wie NPD oder damals Die Republikaner, weil die Ansichten, die dazu führten, dass diese gewählt werden, dadurch nicht verschwinden.
Vielleicht muss ich das überdenken..



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ErikaRojas

Sa 23. Mai 2020, 16:46

Die Rassismus- und Antidiskriminierungsdebatte wirkt auf mich immer auch selbst diskrimierend. Es hat mich als Frau zum Beispiel wütend gemacht, wenn in meiner Gegenwart gönnerhaft von Frauenförderung gesprochen wurde. Ich war der Meinung, dass die ganze Förderung mir nur meine eigene Unterlegenheit vor Augen führen soll, da ich ja wohl als Frau nicht imstande bin, mich selbst durchzusetzen.

Da ich lange in Brasilien lebte und selbst mit einem Mestizen verheiratet war, weiß ich aus Erfahrung, dass die Betroffenen selbst die ganze Antirassismusdiskussion von weißen im Wohlstand lebenden Frauen für lächerlich, gönnerhaft und sentimental halten. Vor allem Männer empfinden diese bemutternde Betulichkeit als eine Verletzung ihrer Ehre, aber ich kenne keinen, der sich durch einen "Mohrenkopf" beleidigt gefühlt hätte.
Es entsteht der Eindruck, dass es gar nicht um diskriminierte Minderheiten geht, sondern diese nur als Mittel zum Zweck in einem Machtkampf benutzt werden, der innerhalb der privilegierten Schicht der weißen Gesellschaft stattfindet.

Meine Meinung ist, dass die Menschen, vor allem in Deutschland, nicht akzeptieren wollen, dass die Menschen NICHT alle gleich sind. Die Diskriminierung bedeutet dann, alle gleich machen zu wollen und allen Menschen den westlichen Wertekanon von Erfolg, Erziehung, Wohlstand und Glück überstülpen zu wollen. In vielen Kulturen, auch in afrikanischen und indianischen hat die Gemeinschaft, die Familie, der Clan einen viel höheren Stellenwert als der individuelle Erfolg. Individueller Erfolg als Wertmaßstab entwurzelt diese Menschen.

Antidiskriminierung wäre dann, jedes Volk, jede Kultur nach seiner eigenen Fasson, seinem eigenen Weltbild und seiner eigenen Vorstellung von Glück leben zu lassen. Dafür müssten sich jedoch Politik und Wirtschaft aus diesen Ländern zurückziehen und nicht versuchen, sie in die westliche, scheinbar allein seligmachende "Wertegemeinschaft" einzugliedern.

Andererseits ist es unehrlich, nicht eingestehen zu wollen, dass das erzwungene Zusammenleben von Menschen mit so unterschiedlichen Weltbildern und Überzeugungen kein Wert an sich, sondern höchst problematisch ist, vor allem für den ärmeren und eben nicht privigelierten Teil der Gesellschaft.

Erika Rojas




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