Hallo Alethos und Jörn:
Alethos hat geschrieben : ↑ So 18. Feb 2018, 16:51
Zu sagen, es gebe Hexen nicht, ist ja wahr. Es ist nämlich zum Beispiel für den Fall wahr, dass mit Hexen Wesen aus Fleisch und Blut gemeint sind. Das wird laut SFO nicht plötzlich unwahr.
Und so wie gilt, dass es Hexen (aus Fleisch und Blut) nicht gibt, gibt es die Welt laut SFO nicht. Aber auch hier gibt es nur einen bestimmten Sinn von Welt nicht, nämlich jener, der die Vorstellung umfasst, für jedes Seiende gelte ein ganzheitliches Seinsprinzip.
Zu behaupten, die SFO widerspreche durch die Erwähnung von Welt in der Theorie ihrer eigenen Hypothese, nämlich dass es die Welt nicht gebe, ist ein Fehlschluss, weil er die verschiedenen Wirklichkeitsbereiche, die die Aussagen je betreffen, nicht würdigt.
Der Gedanke ist zwar gut und nachvollziehbar, aber nicht (im Sinne Gabriels) zu Ende gedacht.
Dein Argument, so wie ich es verstehe, lautet: Kann ja sein, dass es Hexen in der physischen Welt/im Sinnfeld Physis nicht gibt, es gibt sie aber in der/dem fiktionalen.
Aber, wenn es sie im Sinnfeld Fiktionales gibt, bedeutet das noch lange nicht, dass es sie (die Hexen) in allen indefinit vielen Sinnfeldern auch gibt, sondern es gibt/sie existieren nur hier. Da der Begriff 'Welt' aber ein metaphysisches Ganzes meint, ist es auch egal, wenn jemand eine Theorie entwirft und hinschreibt, in der die Welt ein metaphysisches Ganzes ist, das mag dann in diesem Sinnfeld (nennen wir es Theorie von X) so sein, aber in den anderen indefinit vielen Sinnfeldern kommt diese Welt nicht vor. Und da Welt ja das Sinnfeld aller Sinnfelder sein soll, gibt es sie nicht, denn sie existiert nur in einem oder in ein paar Sinnfeldern. So wäre die Widerlegung meines Gedankens, oder?
Das Problem ist aber nun: Existieren heißt ja, laut Gabriel, nicht, in allen Sinnfeldern vorzukommen (vorkommen zu müssen), sondern in mindestens einem Sinnfeld vorzukommen, zu erscheinen. Ferner wurde immer wieder betont, es gäbe keinen ontologischen Vorrang irgendeines Sinnfeldes vor einem anderen und auch keine Existenz zweiter Klasse. Es gibt keine Hexen aus Fleisch und Blut, aber das wird (bei Gabriel und Euch) auch nicht behauptet oder benötigt, sondern es gibt fiktionale Hexen + keinen ontologischen Vorrang bspw. der physischen Welt vor der fiktionalen.
Das heißt aber, bezogen auf Welt nun Folgendes: Wenn jemand eine Theorie entwirft und hinschreibt, in der die Welt ein metaphysisches Ganzes ist, dann gibt es Welt als metaphysisches Ganzes. Wenn man nun sagt: "Ja, ja, jedoch nur im Sinnfeld der Theorie von X", aber nicht in allen, wird man Gabriels Voraussetzungen untreu. Denn existieren heißt eben gerade NICHT in allen Sinnfeldern erscheinen zu müssen, sondern in mindestens einem.
'Welt als metaphysisches Ganzes' muss demnach auch nicht in allen Sinnfeldern erscheinen, sondern in mindestens einem. Tut sie das aber, gibt es genau jene Welt, von der Gabriel behauptet, dass es sie nicht geben können und zwar exakt nach seinen eigenen Kriterien. Dass es sie nur einmal oder ein paar mal gibt, stört nicht, laut Gabriel, da es beim existieren nicht um überall existieren geht, sondern um irgendwo existieren und es keinen ontologischen Vorrange und keine Existenz zweiter Klasse gibt. Es gibt also die Welt als metaphysisches Ganzes.
Hier nun zu fordern 'die Welt als metaphysisches Ganzes' müsse aber überall erscheinen, hieße Gabriels Prämissen zurückzuweisen.
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Zudem, könnten wir eine Umkehrprobe machen.
Die Behauptung lautet, dass es die Welt nicht gibt und zwar Welt als metaphysisches Ganzes nicht gibt.
Nehmen wir nun mal ein Auto, die 7 und eine Hexe.
Wenn wir von etwas sagen, dass es das gibt, meinen wir ja damit, das ist irgendwo vorkommt.
Gehen wir von Gabriel aus, in Sinnfeldern. Wenn wir jetzt bei Gabriel bleiben, gibt es Sinnfelder aber die Welt als metaphysisches Ganzes nicht und man müsste sagen, es gibt Autos in einigen Sinnfeldern, aber nicht nicht der Welt. Das klingt schon komisch. Wenn wir das nun mit der 7 und den Hexen fortführen, wird das nicht besser. Zu sagen, es gibt Hexen aber in der Welt kommen sie nicht vor, rückt Welt ja erst in die Nähe dessen (metaphysisches Ganzes) was bestritten werden soll.
Denn 'Welt' in einem durchaus gebräuchlichen Sinne meint ja 'alles, was der Fall ist', nicht 'alles, was ein Ding ist'.
Man würde Welt also durchaus zusprechen auch Gedanken, Fiktionen, Zahlen, Logik, Spiritualität und Autos zu enthalten.
Zu sagen, es gebe etwas, es komme aber in der Welt nicht vor, klingt nicht nur komisch, sondern grenzt den übliichen Weltbegriff auch auf eine hart materialistische Position ein, die behauptet, dass es Gedanken gar nicht gibt. Aber wer behauptet das?
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Was Gabriel in und mit all dem sagt und womit er recht hat, ist, dass eine bestimmte Disziplin, z.B. die Physik nicht alle anderen Bereich erklären kann. Physikern können uns (in ihrer Funktion als Physiker) nichts über Kunst, Liebe und Neurosen erklären, weil dies in ihrer Sprache gar nicht vorkommt.
Erklärungen der Biologen mag es geben, die erscheinen uns häufig richtig, aber reduzierend, in dem Sinne, dass es z.B. über Liebe mehr zu sagen gäbe, als die Biologen sagen können.
Aber Erklärungen sind und bleiben Erkenntnistheorie, nicht Ontologie.
Was Physikalismus alles ist, dazu hat Herr K. immer wieder etwas verlinkt:
https://plato.stanford.edu/entries/phys ... dNonRedPhy
Würde ich dann tatsächlich irgendwann mal lesen, wenn "Ich weiß überhaupt nicht was holistischer Physikalismus sein soll" mehr sein soll, als die Aussage, auch garantiert keine Lust zu haben, sich damit zu beschäftigen. Mit DeepL ist das heute gut lesbar, mein Englisch ist auch nur allenfalls 'brauchbar' zu nennen, ich muss mich sehr konzentrieren und Feinheiten entgehen mir dabei.
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Wichtig ist vor allem der erste Abschnitt, weil ich da Gabriel nicht von außen kritisiert habe, sondern streng bei seinen Voraussetzungen geblieben bin und wenn ich da etwas falsch verstanden habe, bitte gerne korrigieren, aber auch drauf eingehen und zeigen, wo der Fehler liegt.