kʊnst und kʊlˈtuːɐ̯

Architektur, Malerei, Graphik, Design ...
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NaWennDuMeinst
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Sa 29. Jul 2023, 15:06

Quk hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 14:37
Zurück zu der Frage der Verhältnismäßigkeit. Ist es gut, wenn Queere, die 10% der Bevölkerung ausmachen, zu 15% die Medien füllen? Ich verstehe den Hintergrund der Frage; ich würde es auch nicht mögen, wenn 90% aller Radioprogramme mit Bayrischer Blasmusik abgedeckt wären. Aber wenn es nur ein paar Prozent mehr oder weniger sind als real vorhanden, kann man das nicht tolerieren? Geht es wirklich nur um die exakte Verhältnismäßigkeit, oder steckt so etwas wie eine größere "Befürchtung" dahinter?
Das mit der bayerischen Blasmusik ist ein gutes Besipiel.
Ich finde die Abdeckung sollte den realen Verhältnissen entsprechen und es hat nichts mit den realen Verhältnissen zu tun, wenn es an jeder Ecke nur noch um Homosexualität geht.
Aber: Was wir gerade erleben hat ja auch einen besonderen Hintergrund. Man muss sich vorstellen wie befreiend das für diese Menschen sein muss, nach Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten der Taburisierung endlich frei durchatmen zu können.
Glaub mir Quk, ich habe sehr viel Verständnis dafür.
Aber ich glaube auch, wenn diese Phase der Befreiung irgendwann abgeschlossen ist wird sich das normalisieren. Irgendwann wird es einfach nicht mehr nötig sein diese Dinge ständig präsent zu haben, sie sozusagen überproportional häufig zu zeigen und auf sie hinzuweisen, weil dann hoffentlich das "Ungewöhnliche" auch zum "Gewöhnlichen" geworden sein wird.
Bis dahin kann ich persönlich gut damit leben, dass wir viel hören und sehen auch wenn das ein bißchen die realen Verhältnisse verzerrt.
Um diese Verzerrung geht es mir aber auch. Denn es entsteht ein bißchen der Eindruck ein ganzes Volk wäre eigentlich homosexuell und würde sich nur heterosexuell geben, weil ein Tabu sie darin hindert zu sein, wer sie wirklich sein wollen.
Das ist natürlich Quatsch. Es betrifft eine Minderheit im Land. Das ändert nichts daran, dass diese Minderheit Rechte hat, aber sie sind natürlich nicht die einzigen die Rechte haben.

Ich hatte neulich mal ein Gespräch, das ich sehr bezeichned fand. Dabei ging es (wieder einmal) um politisch korrekte Sprache und darum was die betroffenen Minderheiten fordern.
Konkret ging es um die Frage, ob man heutzutage noch "Blacklist" und "Whitelist" sagen darf. Der Hintergund ist, dass die Schwarze Comunity sich dagegen wehrt, dass die Farbe Schwarz in unserem Kulturkreis negativ besetzt ist (was so durchweg gar nicht stimmt, aber nehmen wir das mal so hin).
Und dabei war ich mit dem Satz konfrontiert: "Wie wir sprechen sollten die betroffenen Minderheiten bestimmen".
Und das sehe ich nicht so. Ich lehne das sogar ab. Sprache ist genauso wie ein Bild oder ein Film ein Kutlurgut, und es sind nicht Minderheiten die darüber bestimmen, sondern wir alle zusammen.
1% schwarze Bevölkerung bestimmt hier nicht ganz allein darüber wie der Rest zu sprechen hat.
Ganz davon abgesehen, dass Sprache sich in dem Sinne sowieso nicht zu 100% einhegen und kontrollieren lässt.
Und so wie auch in der Sprache spiegelt sich die gesamte Gesellschaft in der Kunst wieder und nicht nur ein Teil oder Minderheiten.
Wenn ein Teil nicht oder unterrepäsentiert ist, sollten wir dafür sorgen, dass sich das ändert. Aber der Sinn kann zum Beispiel nicht sein, dass wir Alles unverhältnismäßig zugunsten irgendwelcher Minderheiten umkippen.
Darum geht es. Die Verhältnisse wahren. Und das sehe ich aktuell sehr oft nicht.
Ich glaube aber fest daran, dass sich das einspielen wird, weil es wie gesagt zu einem gewissen Grad normal ist, dass sich "neue Kunde" erstmal rumsprechen muss und wie sollte das anders geschehen als dadurch dass sie "in aller Munde" ist!?



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Quk
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Sa 29. Jul 2023, 17:48

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 15:06
1% schwarze Bevölkerung bestimmt hier nicht ganz allein darüber wie der Rest zu sprechen hat.
So pauschal würde ich das nicht sagen. Vermutlich sind es eine Minderheit unter diesen 1%, die meinen, Sprecher zu sein für alle Schwarzen. Also eher 0,03% oder so. Ich weiß nicht, wie viel. Aber sicherlich sind auch diese 1% unter sich nicht durchgängig einer Meinung.

Ebenso würde ich nicht immer die Stimme des "Zentralrates der [bitte eintragen: Juden, Muslime, Katholiken] in Deutschland" als zentral-pauschale Stimme interpretieren, nur weil die sich selbst als "zentral" bezeichnen. Das gilt in meinen Augen für allerlei selbsternannte Vertretende jedweder Strömungen.

Nun denn, wenn ich Dich richtig verstehe, verlangst Du in denjenigen Fällen eine exakte Verhältnismäßigkeit, in denen eine Erosion Deiner bevorzugten Kultureigenschaften zu befürchten ist, wie beispielsweise die Erosion des Wortes "Schwarze Liste" oder vielleicht die Erosion von heterosexuellen Bildern. Gedankenexperiment: Was wäre, wenn es keine Schwarzen und keine Queeren gäbe, und wenn trotzdem das weiße, heterosexuelle Volk das Wort "Schwarze Liste" abschaffen wollte und mehr queere Bilder zur Unterhaltung verlangte? Wie würdest Du dann argumentieren, so jene Minderheit nicht mehr als Kritikgegenstand zur Verfügung stünde?

Kann es sein, dass das nur eine Geschmacksfrage ist? Ich denke, bei Geschmacksfragen ist jede rationale Argumentation, wie etwa die zur Verhältnismäßigkeit, sinnlos. Man kann ja auch einfach sagen: Das gefällt mir nicht. Punkt. Kann ein Mensch selber bestimmen, was ihm schmeckt? Bis zu einem gewissen Grad vielleicht.




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NaWennDuMeinst
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Sa 29. Jul 2023, 18:54

Quk hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 17:48
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 15:06
1% schwarze Bevölkerung bestimmt hier nicht ganz allein darüber wie der Rest zu sprechen hat.
So pauschal würde ich das nicht sagen. Vermutlich sind es eine Minderheit unter diesen 1%, die meinen, Sprecher zu sein für alle Schwarzen. Also eher 0,03% oder so. Ich weiß nicht, wie viel. Aber sicherlich sind auch diese 1% unter sich nicht durchgängig einer Meinung.

Ebenso würde ich nicht immer die Stimme des "Zentralrates der [bitte eintragen: Juden, Muslime, Katholiken] in Deutschland" als zentral-pauschale Stimme interpretieren, nur weil die sich selbst als "zentral" bezeichnen. Das gilt in meinen Augen für allerlei selbsternannte Vertretende jedweder Strömungen.

Nun denn, wenn ich Dich richtig verstehe, verlangst Du in denjenigen Fällen eine exakte Verhältnismäßigkeit
Eine ungefähre. Ich denke das sollte schon proportional zum Bevölkerungsanteil sein, ja.
, in denen eine Erosion Deiner bevorzugten Kultureigenschaften zu befürchten ist
Es geht nicht darum was ich bevorzuge. Wenn wir uns gemeinschaftlich und mehrheitlich entscheiden bestimmte kulturelle Aspekte aufzugeben, dann ist das so.
Nur muss das dann auch so sein und nicht etwa so, dass ein kleiner Bevölkerungsanteil sich auf einmal anschickt bestimmen zu wollen wie unsere Kulturlandschaft auszusehen hat.
, wie beispielsweise die Erosion des Wortes "Schwarze Liste" oder vielleicht die Erosion von heterosexuellen Bildern. Gedankenexperiment: Was wäre, wenn es keine Schwarzen und keine Queeren gäbe, und wenn trotzdem das weiße, heterosexuelle Volk das Wort "Schwarze Liste" abschaffen wollte und mehr queere Bilder zur Unterhaltung verlangte? Wie würdest Du dann argumentieren, so jene Minderheit nicht mehr als Kritikgegenstand zur Verfügung stünde?
Es geht um einen gemeinschaftlichen Prozess, nicht darum wer den ins Rollen bringt.
Kann es sein, dass das nur eine Geschmacksfrage ist? Ich denke, bei Geschmacksfragen ist jede rationale Argumentation, wie etwa die zur Verhältnismäßigkeit, sinnlos. Man kann ja auch einfach sagen: Das gefällt mir nicht. Punkt. Kann ein Mensch selber bestimmen, was ihm schmeckt? Bis zu einem gewissen Grad vielleicht.
Ich denke Du missverstehst mich hier ein bißchen. Es geht mir darum, dass Kulturgüter Allgemeingüter sind. Sie gehören Niemanden und deshalb bestimmt auch Niemand allein über sie.
Wenn wir uns gemeinschaftlich entschliessen Sprache zu ändern, dann ist das so. Es hat aber nichts mit "gemeinsam" zu tun, wenn 1% der Bevölkerung diktieren wollen wie die anderen 99% zu sprechen haben.
Das hat auch was mit dem demokratischen Gedanken zu tun. In unserer Demokratie entscheiden Mehrheiten und nicht Minderheiten.
Minderheiten können gerne Vorschläge machen. Aber ob die dann angenommen werden entscheiden wir zusammen. Das läuft nicht über die Köpfe der Mehrheit hinweg.
Und nein, Demokratie ist für mich keine Geschmacksfrage. Wer anderen etwas diktieren will soll nach Russland oder China ziehen.
So sehr die Forderungen auch berechtigt sind, es sind erstmal nur Forderungen und nichts weiter. Und ob diese Forderungen dann beim Volk Anklang finden wird demokratisch geregelt.



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Sa 29. Jul 2023, 20:09

Orban würde sich freuen über solch ein Demokratieverständnis.




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Quk
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Sa 29. Jul 2023, 21:42

Danke für Deine Erläuterung; ich denke, ich habe sie verstanden.

Was die Demokratie betrifft, so muss aber den Minderheiten ein bisschen mehr Mitbestimmungsrecht erlaubt werden als deren Prozentzahl angibt. Zur Demokratie gehört auch Minderheitenschutz. Das wiederum darf auch nicht übertrieben werden, das ist klar.




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NaWennDuMeinst
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Sa 29. Jul 2023, 22:33

Quk hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 21:42
Was die Demokratie betrifft, so muss aber den Minderheiten ein bisschen mehr Mitbestimmungsrecht erlaubt werden als deren Prozentzahl angibt.
Warum?
Zählen die Stimmen von Minderheiten bei der Wahl mehr als andere?
Ich denke nicht.

Einer der fünf Wahrechtsgrundsätze:
Gleich ist eine Wahl, weil jede Stimme gleich viel zählt, und jede Art von Gewichtung unzulässig ist. Oder wie es im Englischen auch treffend heißt: One man – one vote.

Wenn Minderheiten mit ihren Stimmen allein nicht durchkommen müssen sie eben Verbündete finden die sich für sie einsetzen und in ihrem Sinne wählen/abstimmen.
Und dieses Problem haben ja nicht nur Homosexuelle. Auch junge Menschen sind in diesem Land unterrepräsentiert. An der Stelle ist dann einfach Überzeugungsarbeit angesagt um ihren Interessen Geltung zu verschaffen.
Dass das Einige gerne umgehen würden ist mir klar, aber so läuft das nicht.
Zur Demokratie gehört auch Minderheitenschutz
Auch der Schutz von Minderheiten wird mehrheitlich beschlossen und dann in Gesetzen umgesetzt.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 29. Jul 2023, 23:02, insgesamt 6-mal geändert.



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NaWennDuMeinst
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Sa 29. Jul 2023, 22:40

1+1=3 hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 20:09
Orban würde sich freuen über solch ein Demokratieverständnis.
Wieso? Was hat das mit Orban zu tun, wenn ich sage, dass jede Stimme nur einmal und jede Stimme genau gleich zählt, hä?
Jetzt mal so gefrtagt: Was für ein merkwürdiges Demokratieverständnis hast Du denn? Eins bei dem die Stimmen derer die nicht deine Interessen vertreten weniger zählen?
Das hättest Du wohl gern.



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Stefanie
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Sa 29. Jul 2023, 23:01

Minderheiten sollen Überzeugungsarbeit leisten, um die gleichen Rechte zu erhalten, wie die Mehrheit, Überzeugnungsarbeit leisten nicht diskrimiert zu werden, oder dass man ihnen keine Gewalt antut?
Nöö. Sie haben die Rechte schon.
Minderheiten, irgendwie mag ich das Wort nicht, nach dem Verständnis der sog. Mehrheit bei uns sind ganz viele Menschen, queere etc. Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung, psychisch kranke Menschen, Menschen, deren Hautfarbe nicht als weiß gilt, Juden, Moslems, Hindus, also alle nicht christlichen Menschen, und alle, die ich jetzt vergessen habe.



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Quk
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Sa 29. Jul 2023, 23:07

Nawenndumeinst,

Abstimmung allein ist zu einfach. Minderheiten dürfen nicht von der Mehrheit diskriminiert werden.

Ich stelle Wiki-Links äußerst selten; vielleicht einmal in zehn Jahren. Aber der hier muss jetzt sein:

https://de.wikipedia.org/wiki/Minderheitenschutz




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NaWennDuMeinst
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Sa 29. Jul 2023, 23:13

Stefanie hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:01
Minderheiten sollen Überzeugungsarbeit leisten, um die gleichen Rechte zu erhalten, wie die Mehrheit, Überzeugnungsarbeit leisten nicht diskrimiert zu werden, oder dass man ihnen keine Gewalt antut?
Nöö. Sie haben die Rechte schon.
Quatsch. Es geht doch nicht um Menschenrechte. Die gelten für alle, sowohl Minderheiten als auch Mehrheiten. Das ist unstrittig
Es ging hier um Repräsentation. Warum sollten Minderheit mehr repräsentiert sein als sie es de facto sind?
Minderheiten, irgendwie mag ich das Wort nicht, nach dem Verständnis der sog. Mehrheit bei uns sind ganz viele Menschen, queere etc. Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderung, psychisch kranke Menschen, Menschen, deren Hautfarbe nicht als weiß gilt, Juden, Moslems, Hindus, also alle nicht christlichen Menschen, und alle, die ich jetzt vergessen habe.
Jo, und das sind Minderheiten. Ist nunmal so.
Und nun musst Du mir mal erklären, warum Minderheiten das Recht haben sollten in der Politik oder was weiß ich wo über die Köpfe der Mehrheit hinweg zu entscheiden.
Dann brauchen wir ja ga rnicht mehr wählen gehen und können auch die Sitzverteilungen nach Stimmen aufheben weil ja die Zahl der Stimmen gar keine Rolle mehr spielt.
Und dann können wir die Macht auch direkt an die AfD abgeben, denn die ist nämlich auch (noch) eine Minderheit.
Von wegen.
Natürlich gilt das Wahlrecht und die demokratischen Grundsätze für alle. Auch für Minderheiten.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 29. Jul 2023, 23:18, insgesamt 3-mal geändert.



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Sa 29. Jul 2023, 23:15

Quk hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:07
Nawenndumeinst,

Abstimmung allein ist zu einfach. Minderheiten dürfen nicht von der Mehrheit diskriminiert werden.
Moment, wer hat denn was von Diskrininierung gesagt?
Ich nicht.
Dass die Stimmen von Vertretern von Minderheiten bei der Wahl gleich zählen wie die aller anderen Bürger ist doch keine Diskriminierung sondern ein fundamentaler Gleichheitsgrundsatz.
Meine Stimme zählt genauso viel wie die eines Homesexuellen oder Roma oder Moslem oder was weiß ich wer.
Was ist denn jetzt mit Euch los?
Sind wir jetzt schon so weit, dass das Wahlrecht und die Wahlgrundsätze nicht mehr gelten?
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 29. Jul 2023, 23:24, insgesamt 1-mal geändert.



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Quk
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Sa 29. Jul 2023, 23:24

Ich denke, der Minderheitenschutz ist eine Ebene, die über der Ebene des Abstimm-Systems liegt. Die Mehrheit könnte zwar für ein Gesetz stimmen, das einer Minderheit starke seelisch-kulturelle Schmerzen zufügen würde, aber diese mehrheitliche Abstimmung kann ungültig sein, weil die Verfassung oder das Völkerrecht dieses Gesetz als verfassungswidrig abschmettern kann. Ich bin kein Jurist. Aber so ähnlich siehts aus, grob gesagt.




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Sa 29. Jul 2023, 23:29

Quk hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:24
Ich denke, der Minderheitenschutz ist eine Ebene, die über der Ebene des Abstimm-Systems liegt. Die Mehrheit könnte zwar für ein Gesetz stimmen, das einer Minderheit starke seelisch-kulturelle Schmerzen zufügen würde, aber diese mehrheitliche Abstimmung kann ungültig sein, weil die Verfassung oder das Völkerrecht dieses Gesetz als verfassungswidrig abschmettern kann. Ich bin kein Jurist. Aber so ähnlich siehts aus, grob gesagt.
Was Du meinst ist Folgendes: Es gibt Gesetze, die das was Du beschreibst verhindern. So wie es auch Gesetze gibt, die vorschreiben, dass jede Stimme gleich viel zählt (und nicht etwa die von Minderheiten mehr als andere).
Daraus dass es diese Gesetze gibt folgt aber nicht, dass Minderheiten einfach mir nichts dir nichts über den Willen der demokratischen Merheheit hinweg entscheiden können.
Denn auch Gesetze kommen ja auf demokratischen Wege (das ist durch Beschluss der Mehrheit) zustande.
Die Menschenrechte, die zum Beispiel verhindern, dass Minderheiten bestimmte Rechte entzogen werden, die alle anderen geniessen, sind ebenfalls in Übereinkunft entstanden.
Demokratische Mehrheitsbeschlüsse sind keine Diskriminierung. So funktioniert unsere Demokratie.
Und das ist genau richtig so.



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Quk
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Sa 29. Jul 2023, 23:38

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:29
Demokratische Mehrheitsbeschlüsse sind keine Diskrimiierung.
Demokratische Mehrheitsbeschlüsse können eine Diskriminierung verursachen. Deshalb sind Mehrheitsbeschlüsse nicht allmächtig. Nur diese Tatsache möchte ich betonen.

Ein Mehrheitsbeschluss kann bestimmen, dass im Rathausgarten Tulpen statt Rosen gepflanzt werden. Jede Stimme zählt ein Mal.
Ein Mehrheitsbeschluss kann nicht bestimmen, dass am Rathaus die Rollstuhlrampe abgebaut wird. Auch wenn jede Stimme ein Mal zählt.

Nur diese Tatsache möchte ich betonen. Dass das Abstimm-System nicht allmächtig ist. Auch wenn jede Stimme ein Mal zählt.




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Sa 29. Jul 2023, 23:56

Quk hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:38
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:29
Demokratische Mehrheitsbeschlüsse sind keine Diskrimiierung.
Demokratische Mehrheitsbeschlüsse können eine Diskriminierung verursachen. Deshalb sind Mehrheitsbeschlüsse nicht allmächtig. Nur diese Tatsache möchte ich betonen.

Ein Mehrheitsbeschluss kann bestimmen, dass im Rathausgarten Tulpen statt Rosen gepflanzt werden. Jede Stimme zählt ein Mal.
Ein Mehrheitsbeschluss kann nicht bestimmen, dass am Rathaus die Rollstuhlrampe abgebaut wird. Auch wenn jede Stimme ein Mal zählt.

Nur diese Tatsache möchte ich betonen. Dass das Abstimm-System nicht allmächtig ist. Auch wenn jede Stimme ein Mal zählt.
Das ist alles richtig. Ein Parlament kann keine Gsetze erlassen die gegen andere (höherrangige) Gesetze verstossen.
Also z.B. kann kein Gesetz erlassen werden, das laut Grundgestz eine verbotene Diskriminierung zur Folge hätte.
Das hat aber gar nichts mit Minderheiten zu tun, denn das gilt ja für alle Menschen egal ob sie einer Minderheit angehören oder nicht (auch Angehörige einer Mehrheit dürfen nicht diskrimiiniert werden, z.B. in unserer Gesellschaft Weiße aufgrund ihrer Hautfarbe oder Heterosexuelle aufgrund ihrer Sexualität).
Die Menschenrechte gelten für alle Menschen, deshalb heißen sie so. Und die Grundrechte gelten für alle Bürger.

Auch hat das nichts mit dem zu tun, worüber wir gesprochen haben.
Mir ging es ja um kutlurelle und gesellschaftliche Repräsentation und eventuelle Missverhältnisse.
Wieso sollen z.B. Gruppen, die 10% der Bevölkerung ausmachen zu 50% in unserer Kunst und Kultur vertreten sein oder den restlichen 90% ihren Sprachgebrauch vorschreiben?
Wernn das freiwillig geschieht oder Gründe vorliegen die von der Merheit eingesehen werden, finde ich das in Ordnung. Aber als Anordnung? Ich wüsste nicht wieso.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am So 30. Jul 2023, 00:21, insgesamt 1-mal geändert.



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Stefanie
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So 30. Jul 2023, 00:20

Die abgegebene Stimme eines jeden zählt gleich viel. Was gefordert wird ist, dass die so gewählten Vertreter*innen ihren Job machen, und die Rechte von Minderheiten umgesetzt werden.
Es wird der Mehrheit nichts weggenommen, andere bekommen was dazu. Die Anzahl der Anspruchsberechtigten wird ausgeweitet, nicht verkleinert. Der Wortschatz wird verändert und vor allem erweitert.

Demokratische Mehrheitsbeschlüssen können sehr wohl diskriminierend sein und/oder gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Ausführende Behörden können in der Anwendung eines Mehrheitsbeschlusses diskriminierend handeln. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht ohne Grund in den letzten Jahrzehnten so viel zu entscheiden gehabt.

Minderheiten haben das Recht, in der Gesellschaft präsent zu sein, genau wie alle anderen auch.
Sie haben das Recht, so angesprochen zu werden, wie es Ihrer jeweiligen Gruppe entspricht. Wie alle anderen auch. Es sind Sinti und Roma und nicht Zigeuner. Es sind Menschen mit einer psychischen Erkrankung und keine Geisteskranken. Sie sind divers und nicht weiblich oder männlich.
Das Gefühl, Minderheiten sind mehr überrepräsentiert, als die Mehrheit, trügt.
Es liegt daran, dass Minderheiten jetzt offen und laut einfordern, was ihnen zusteht. Neben der rechtlichen Gleichstellung auch die Anerkennung als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft. Leise und demütig sich zu verhalten hat ausgedient.



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Quk
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So 30. Jul 2023, 00:57

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 29. Jul 2023, 23:56
... kann kein Gesetz erlassen werden, das laut Grundgestz eine verbotene Diskriminierung zur Folge hätte.
Das hat aber gar nichts mit Minderheiten zu tun ...
Ich schrieb nicht von Minderheiten an sich. -- Richtig, mit Minderheiten an sich hat das nichts zu tun.

Ich schrieb nicht von Diskriminierung an sich. -- Richtig, Diskriminierung kann alle Gesellschaftsteile betreffen.

Sondern ich schrieb von Diskriminierung von Minderheiten. Von zwei Wörtern im Zusammenhang.




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NaWennDuMeinst
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So 30. Jul 2023, 01:06

Stefanie hat geschrieben :
So 30. Jul 2023, 00:20
Die abgegebene Stimme eines jeden zählt gleich viel. Was gefordert wird ist, dass die so gewählten Vertreter*innen ihren Job machen, und die Rechte von Minderheiten umgesetzt werden.
Es wird der Mehrheit nichts weggenommen
Das sehe ich anders. Wenn gefordert wird, dass Kulturgüter geändert werden dann ist das nicht "nichts".
Der Wortschatz wird verändert und vor allem erweitert.
Wem gehört denn der Wortschatz?
Doch wohl uns allen, oder? Also warum sollen Minderheiten allein darüber entscheiden wie wir alle zu sprechen haben?
Und dass bei der Verwendung zum Beispiel des Begriffes "Blacklist" eine rechtlich relevante Diskriminierung vorliegt, das müsste ja wohl erstmal gezeigt werden.
Fakt ist, das ist gar nicht der Fall. Im Prinzip gibt es da keine rechtliche Relevanz sondern nur eine gefühlte Relevanz für bestimmte Bevölkerungsgruppen.
Und es ist einfach nich einzusehen, dass 1% der Bevölkrung 99% der Bevölkerung ihr Gefühl aufdrücken.
Die Farbe "Schwarz" hat z.B. in einer Redewendung wie dem "schwarzen Tag" in unserem Kulturkreis gar nichts mit irgendwelchen Hautfarben zu tun.
Und die meisten Menschen leiten aus solchen Redewendung auch nicht ab, dass Menschen mit schwarzer Hautfarbe negativ zu betrachten sind.
Das ist einfach herbeifabulierter Quatsch.
Demokratische Mehrheitsbeschlüssen können sehr wohl diskriminierend sein und/oder gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Ausführende Behörden können in der Anwendung eines Mehrheitsbeschlusses diskriminierend handeln. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht ohne Grund in den letzten Jahrzehnten so viel zu entscheiden gehabt.
Niemand hat hier bestritten, dass das der Fall sein kann. Insofern verstehe ich nicht wieso Du das erwähnst.
Minderheiten haben das Recht, in der Gesellschaft präsent zu sein, genau wie alle anderen auch.
Auch das bestreitet Niemand. Aber es geht eben um das "alle anderen auch". Es ergibt einfach keinen Sinn, dass wir sämtliche Kulturgüter umtünschen, damit sich Minderheiten besser repräsentiert fühlen.
Unsere Kultur ist nicht schwarz. Sie ist merheitlich weiß. Genauso wie die Kulturen in Afrika schwarz sind und nicht weiß und übrigens gegen die weiße Dominanz auch hart gekämpft haben.
Dort hatte man sich ja die gleiche Frage gestellt, wieso eigentlich 5% der Weißen im Land das Leben von 95% der schwarzen Bevölkerung bestimmen.
Die Weißen in dem Land sollten dort ihrem Anteil in der Gesellschaft entsprechend repräsentiert sein und nicht überproportional das Leben der schwarzen Mehrheit bestimmen.
Es sei denn die Mehrheit will es so.
Sie haben das Recht, so angesprochen zu werden, wie es Ihrer jeweiligen Gruppe entspricht. Wie alle anderen auch. Es sind Sinti und Roma und nicht Zigeuner. Es sind Menschen mit einer psychischen Erkrankung und keine Geisteskranken. Sie sind divers und nicht weiblich oder männlich.
Das Gefühl, Minderheiten sind mehr überrepräsentiert, als die Mehrheit, trügt.
Es liegt daran, dass Minderheiten jetzt offen und laut einfordern, was ihnen zusteht. Neben der rechtlichen Gleichstellung auch die Anerkennung als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft. Leise und demütig sich zu verhalten hat ausgedient.
Alle anderen sind aber auch vollwertige Mitglieder der Geselslchaft, und wenn Forderungen Einfluß auf ihr Leben haben, haben sie das Recht mitzubestimmen und müssen die Forderungen nicht einfach schlucken.
Ansonsten wirst Du erleben, was "leise und demütig hat ausgedient" wirklich bedeutet. Weil dann nämlich "alternative Parteien" irgendwann als Sammelbecken die Stimmen Derer vortragen die das Gefühl haben hier wird alles nur noch über ihren Kopf hinweg entschieden ohne dass sie irgendein Mitspracherecht hätten.

Stefanie, ich sehe durchaus, dass viele der Forderungen die gestellt werden legitim sind. Was ich allerdings mehr als fragwürdig finde ist, wenn behauptet wird eine Mehrheit habe sich einer Minderheit einfach zu fügen.
Solange von der Mehrheit gegen keine Gesetze verstossen wird ist das überhaupt nicht einsehbar. Und ich sehe nicht, wie genau z.B. das Fehlen von schwarzen Meerjungfrauen in unserer Kunst gegen geltende Gesetze verstossen sollte, sodass man sich gezwungen sieht entsprechenden Forderungen nachzukommen.
Wenn ein Regisseur einen Film mit auschliesslich Weißen machen will, dann ist das vielleicht nicht besonders modern und bei bestimmten Bevölkerunggruppen auch nicht gern gesehen, aber eine rechtlich relevante Diskrimierung sehe ich da nicht.



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Quk hat geschrieben :
So 30. Jul 2023, 00:57
Sondern ich schrieb von Diskriminierung von Minderheiten. Von zwei Wörtern im Zusammenhang.
Aber was genau hat das jetzt damit zu tun, dass eine Merhheit sich einer Minderheit fügen muss, z.B. in Bezug darauf wie eine Sprache auszusehen hat die ja nicht auschliesslich von Minderheiten sondern von allen gesprochen wird?
Wieso entscheiden 1% der Bevölkerung darüber wie 99% zu sprechen haben?
Und wo ist da der Gesetzesverstoss oder die Diskriminierung, wenn diese 99% das verweigern oder zumindest fordern das mitbestimmen zu können?
Minderheitenschutz bedeutet doch nicht dass wir den Minderheiten in allem was sie fordern unhinterfragt recht geben müssen.



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So 30. Jul 2023, 02:05

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 30. Jul 2023, 01:08
Quk hat geschrieben :
So 30. Jul 2023, 00:57
Sondern ich schrieb von Diskriminierung von Minderheiten. Von zwei Wörtern im Zusammenhang.
Aber was genau hat das jetzt damit zu tun, dass eine Merhheit sich einer Minderheit fügen muss, z.B. in Bezug darauf wie eine Sprache auszusehen hat die ja nicht auschliesslich von Minderheiten sondern von allen gesprochen wird?
Wieso entscheiden 1% der Bevölkerung darüber wie 99% zu sprechen haben?
Und wo ist da der Gesetzesverstoss oder die Diskriminierung, wenn diese 99% das verweigern oder zumindest fordern das mitbestimmen zu können?
Minderheitenschutz bedeutet doch nicht dass wir den Minderheiten in allem was sie fordern unhinterfragt recht geben müssen.
Es "entscheiden 1% der Bevölkerung darüber wie 99% zu sprechen haben"? "Eine Merhheit muss sich einer Minderheit fügen"? Ein "Gesetzesverstoss oder die Diskriminierung, wenn diese 99% das verweigern oder zumindest fordern das mitbestimmen zu können"? "Minderheitenschutz bedeutet doch nicht dass wir den Minderheiten in allem was sie fordern unhinterfragt recht geben müssen." Sollte es wirklich so zugehen heutzutage? Und wer ist "wir", wer "sie". Die irgendwie privilegierte Mehrheit und die irgendwie nicht ganz so gleichrangig dastehen Minderheiten? Eigentlich wollte ich mich für den Orban-Satz entschuldigen, weil ich dachte, dass ich Deine Texte wohl doch zu oberflächlich überflogen hatte und sie mir noch einmal genau durchlesen, wenn ich die Zeit dazu finde. Aber jetzt warte ich zuerst nochmal ab, denn dermaßen die Kirche nicht im Dorf lassen zu können (und wohl auch nicht zu wollen), lässt meinen "Anfangsverdacht" wieder plausibler erscheinen. Es scheint - jetziger Stand - eine zumindest krude Auffassung von Demokratie, Gleichbehandlung, Mehrheit-Minderheit-Verhältnis usf. vorzuliegen.




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