Ich wurde vorgestern von ARTvanced aus Kassel interviewt. ARTvanced e.V. ist ein unabhängiger Kasseler Verein, das Jahresprogramm umfasst Veranstaltungen für kunstinteressierte Gruppen in allen Kasseler Museen und Ausstellungshäusern sowie Atelier- und Galeriebesuche. Da Atelierbesuche im Moment schwierig sind, bieten sie stattdessen gelegentlich online Ersatz an.
Hier der Text:
Ich wurde 1960 in Marburg geboren, lebe und arbeite in Kassel.
Zu meinen Arbeiten: Gegenstand meiner Zeichnungen ist der Mensch. Bilder und Gedanken, die mir zufliegen, sind ihr Ausgangspunkt. In der Regel gehen die Blätter ihre eigenen Wege. Was geschieht, folgt, wenn es gelingt, der Eigenlogik des Bildes. Irgendetwas ist da draußen, was aufs Papier drängt. Sie sind fertig, wenn sie etwas zeigen und erzählen, was sich nicht nacherzählen lässt, die Idee der Schönheit ist ihr heimliches Gravitationszentrum.
Frage: Liebe …, wo arbeitest du am liebsten?
Ich zeichne fast ausschließlich. Dazu nutze ich handliche DIN A4 Blöcke, die nicht viel Platz wegnehmen. Am häufigsten sitze ich damit vor meinem Schreibtisch. Seit einiger Zeit gehe ich aber auch raus. Einer der schönsten Orte (zumindest im Winter) dafür ist das Gewächshaus in Wilhelmshöhe. Insbesondere, wenn ich dort mit netten Kolleg:innen gemeinsam zeichne.
Und wann?
Mein "Dayjob" limitiert das etwas. Ich zeichne viel, das konzentriert sich aber oft auf das Wochenende. Ob Morgens, Mittags oder Abends ist mir dabei egal. Wenn ich die nötige Zeit habe, zeichne ich fast täglich.
Was brauchst du, um arbeiten zu können?
Block, Stift und wenn möglich Ruhe.
Was beflügelt dich?
Menschen, die meine Zeichnungen anschauen und schön/gelungen finden.
Was inspiriert dich?
Diese Frage kann ich schwer in wenigen Worten beantworten. Ich hab mal versucht (auch für mich selbst) darauf eine etwas ausführlichere Antwort zu finden. Dabei ist die folgende Liste herausgekommen. Wie vollständig sie ist, weiß ich nicht.
Philosophie/Poesie
Ich lese oft philosophische Bücher, die mich anregen. Manchmal lese ich Gedichte, auch das bleibt nicht folgenlos.
Die Kunstgeschichte
Kunst ist eine historische Angelegenheit. Was ich mache, wäre ohne diesen Hintergrund nicht denkbar.
Zusammenarbeiten mit Kolleg:innen
Zurzeit gehe ich regelmäßig mit einigen Kolleg:innen "nach der Natur" zeichnen. Im vergangenen Jahr hat mich die gemeinsame Ausstellung mit Kathrin Brömse im Hugenottenhaus sehr inspiriert, einige Zeichnungen sind speziell für dieses "Doppelzimmer" entstanden.
Fotos
… die ich im Internet finde oder in Büchern. Fotos, die mich anschauen oder ansprechen. Die sammle ich und manchmal wird etwas daraus.
Ausstellungen
Ein Beispiel dafür sind die Ausstellungen Fridericianum - ich mache fast zu jeder davon die eine oder andere Zeichnung, manchmal sogar ganze Serien.
Träumereien
Fast täglich setze ich mich auf mein Holzbänkchen und mache für 20 Minuten die Augen zu. Manchmal entstehen daraus Zeichnungen.
Krähen
Sie sind fast immer zu sehen und zu hören. Eine Parallelwelt, die mich sehr inspiriert.
Das Leben
Das Virus und das zunehmende Alter haben mich daran "erinnert", dass mein Leben ein Ende hat, das schlägt sich auch in meinen Zeichnungen nieder.
Einladungen
Das kommt zwar nicht oft vor, aber im vergangenen Jahr wurde ich mehrmals eingeladen, etwas zu bestimmten Themen beizutragen. Dabei ist z.b. eine Serie zum Thema Suizid entstanden. Und eine andere Serie zu einer Installation von MiKi Lazar, Herwig Thol und Sebastian Schulze von Hanxleden in der Ausstellung "Licht" am Weinberg in Kassel.
Aktuelle Themen
z. B. der hundertste Geburtstag von Beuys im vergangenen Jahr oder die Diskussion um die Anfänge der documenta.
Eigene ältere Zeichnungen
Eigene Zeichnungen, die ich umformuliere, weiterspinne, negiere.
Die Zeichnung, die ich gerade mache ...
In einer gewissen Hinsicht inspirieren sich die Zeichnungen selbst: ist erst einmal ein Anfang gesetzt, geht es von da aus weiter. Dabei spielen Glück und Zufall eine wichtige Rolle.
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