Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 12. Sep 2024, 18:14Das im Grunde erstaunliche Ist, daß physikalische Gesetze so einfach sind, also bspw die Bewegungsgleichung für ein gleichmäßig beschleunigtes Masseobjekt s(t) = 1/2 at² + v₀·t + s₀. Wenn wir diese Gleichung experimentell, unter den bestmöglichen Idealisierungen (also etwa Ausschaltung von Reibung) für zwei Werte t₁ und t₂ prüfen, werden wir, wenn wir genau genug messen, die Formel nicht bestätigt finden, die Messergebnisse weichen minimal von der Formel ab. Und hätten wir einen physikalischen Sachverhalt, der bei sehr großen Zahlen einen inneren Zusammenhang von 4/5 bestätigt, also dem Erstwert x ein Ergebniswert von (9x/4) zuordnet, würde, selbst wenn die Meßwerte exakt wären, ein winzig falscher Wert herauskommen. Das läge bei exakten Meßwerten dann an der Endlichkeit der Rechenmaschinen, die irgendwann runden müssen und diesen Fehler nicht mehr eliminieren können. In diesem doppelten Sinn wird experimentell 4+5 nicht exakt 9 sein. Ich denke aber, kein Mensch wird daraus schließen, daß 4+5=9 falsch ist, oder den Naturgesetzen keine einfachen Zahlen zugrunde liegen, also etwa die 2 im Exponenten der Bewegungsgleichung falsch ist, in Wahrheit minimal von 2 abweicht.Timberlake hat geschrieben : ↑Do 12. Sep 2024, 16:41
.. in der Praxis ! .. in irgendeinem Zwischenzustand befinden, dann kommt man wohl tsatsächlich nicht umhim, dass 4 + 5 im statistischen Mittel ungefähr 9,00000000000231 sein könnte .
Ich rede hier nicht von den systematischen Fehlern beim Übergang in die Mikro- und Makrowelt, die keine Fehler sind, sondern physikalisch notwendige Verzerrungen.
Wo ist der 'Ort' der Zahlen?
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Armstrong argumentiert, dass Zahlen in der konkreten Realität nur als Bestandteile konkreter, immanenter Quantitätsuniversalien vorkommen.
"We do need, though, to consider a little more closely what it is to say that a number or other mathematical entity ‘is instantiated’. Suppose that a certain particular at a certain time is exactly nine kilos in mass. Are we to say that there is a universal ‘nine’ instantiated by this particular? That does not seem right. All we seem to need is the universal being nine kilos in mass. The number 9 needs, as it were, to be fleshed out in a concrete existent. The pure mathematician has to abstract the number 9 in thought from the state of affairs. It cannot be instantiated on its own. That is a false abstraction."
———
"Wir müssen uns aber etwas genauer ansehen, was es bedeutet zu sagen, dass eine Zahl oder andere mathematische Entität 'instanziiert ist'. Nehmen wir an, dass ein bestimmtes Einzelding zu einer bestimmten Zeit eine Masse von genau neun Kilo hat. Sollen wir sagen, dass es eine Universalie 'Neun' gibt, die von diesem Einzelding instanziiert wird? Das scheint nicht richtig zu sein. Alles, was wir zu benötigen scheinen, ist die Universalie eine Masse von neun Kilo haben. Die Zahl 9 muss sozusagen in einer konkreten Entität ergänzt werden. Der reine Mathematiker muss die Zahl 9 gedanklich vom Sachverhalt abstrahieren. Sie kann nicht alleine instanziiert werden. Das ist eine falsche Abstraktion."
[© meine Übers.]
(Armstrong, D. M. Sketch for a Systematic Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2010. pp. 95-6)
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
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Was ist Armstrongs Argument? Dass Zahlen in irgendeiner Weise instanziiert werden können, bedeutet nicht, dass sie instanziiert sein müssen. Nehmen wir zum Beispiel drei rote Äpfel. Wenn alle Dinge der Welt nach und nach verschwinden würden, wäre die Eigenschaft „rot“ nicht mehr vorhanden, aber die mathematische Wahrheit „2 + 1 = 3“ bliebe weiterhin gültig. Mathematische Wahrheiten sind nicht von der Existenz physischer Objekte abhängig.
Die Idee der "Instanziierung" ist vermutlich der Informatik entlehnt, bei der man von einer "Speicherlosen" Typ-Festlegung übergeht, auf eine Zuordnung des Typs zu einem Speicherbereich.
Wichtig dabei ist aber, dass die "Instanziierung" keinerlei "eigenständiges Vorliegen" verändert/festlegt, sondern alleine den Umgang mit dem "Realweltausschnitt" betrifft.
D.h. "Instanziierung" ist kein Existenzbegriff, sondern ein Reaktionsbegriff - "Instanziierung" gehört zur virtuellen Umgebung.
Auch der "Typ", der bei der "Instanziierung" umgesetzt wird, ist keine Eigenständigkeit und gehört genauso zur virtuellen Umgebung.
D.h. mit den Wörtern "Typ" und "Instanziierung" bewegt man sich rein im Umgang des Menschen mit den jeweiligen Zusammenhängen.
"Typ" steht für bestimmte Zusammenhänge, die bei der menschlichen Reaktion aufgebaut werden.
"Instanziierung" steht für bestimmte Zusammenhänge, die bei der menschlichen Reaktion aufgebaut werden.
"Zahl" steht für bestimmte Zusammenhänge, die bei der menschlichen Reaktion aufgebaut werden.
Alles, was benötigt wird, ist nur die menschliche Reaktion, keine Zahlen-Existenz, auf die reagiert wird.
"Zahl" als eigenständiges Objekt zu betrachten, ist eine rein poetische Betrachtung (nichts weiter als "Formulierungsjonglieren") und niemand sollte sich hier wundern, dass er letztlich nicht über Poetikspielereien hinauskommt.
Ein Darüberhinausgehen (und es wird ja nachhaltig mit dem Ontologie-Sport versucht), muss kritisch gesehen werden und man erkennt es auch daran, dass meistens im ersten Schritt der Existenz-Begriff vergackeiert wird.
Stellt man am Ende dieses Treibens dann noch die Frage, wie das funktionieren können soll, bekommt man nur noch Testbild und Dauerpiepston.
Wichtig dabei ist aber, dass die "Instanziierung" keinerlei "eigenständiges Vorliegen" verändert/festlegt, sondern alleine den Umgang mit dem "Realweltausschnitt" betrifft.
D.h. "Instanziierung" ist kein Existenzbegriff, sondern ein Reaktionsbegriff - "Instanziierung" gehört zur virtuellen Umgebung.
Auch der "Typ", der bei der "Instanziierung" umgesetzt wird, ist keine Eigenständigkeit und gehört genauso zur virtuellen Umgebung.
D.h. mit den Wörtern "Typ" und "Instanziierung" bewegt man sich rein im Umgang des Menschen mit den jeweiligen Zusammenhängen.
"Typ" steht für bestimmte Zusammenhänge, die bei der menschlichen Reaktion aufgebaut werden.
"Instanziierung" steht für bestimmte Zusammenhänge, die bei der menschlichen Reaktion aufgebaut werden.
"Zahl" steht für bestimmte Zusammenhänge, die bei der menschlichen Reaktion aufgebaut werden.
Alles, was benötigt wird, ist nur die menschliche Reaktion, keine Zahlen-Existenz, auf die reagiert wird.
"Zahl" als eigenständiges Objekt zu betrachten, ist eine rein poetische Betrachtung (nichts weiter als "Formulierungsjonglieren") und niemand sollte sich hier wundern, dass er letztlich nicht über Poetikspielereien hinauskommt.
Ein Darüberhinausgehen (und es wird ja nachhaltig mit dem Ontologie-Sport versucht), muss kritisch gesehen werden und man erkennt es auch daran, dass meistens im ersten Schritt der Existenz-Begriff vergackeiert wird.
Stellt man am Ende dieses Treibens dann noch die Frage, wie das funktionieren können soll, bekommt man nur noch Testbild und Dauerpiepston.
Mein Arbeitsfeld ist die objektorientierte Programmierung, und da bedeutet instantiation (Instanziierung) das Erzeugen eines Objekts einer Klasse. Dieses Objekt erbt gewisse Eigenschaften und Funktionen einer Klasse und bekommt zudem noch weitere "persönliche" Eigenschaften. Es ist sozusagen eine Geburt. Man hat zum Beispiel die Klasse "Katze", und dann erzeugt man eine Katze namens "Garfield". "Garfield" ist ein Objekt der Klasse "Katze".
Nein, es ist nur das, was sich die Programmierer zur Vereinfachung erzählen.
Als Programmierer entwirfst du maximal eine Reaktion, in der es zur Reservierung eines Speicherausschnittes kommt, der in der weiteren Reaktion entsprechend den Zusammenhängen zum Typ "Katze" verwaltet wird.
Alles dreht sich um die Reaktion und die dortigen Zusammenhänge - nichts dreht sich um das "Erzeugen eines Objektes" (diese Formulierung ist nur poetisch, nichts anderes).
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"In" einem roten Apfel ist die Universalie "rot" instanziiert.
Das Konzept ähnelt dem von Type und Token. Platoniker würden ggf. sagen, die Universalie habe eine eigene Realität. Nominalisten hingegen leugnen das und sehen "rot" eher als sprachliche Kategorie. Andere würden sagen, die Universalie sei "immanent" realisiert. Bestimmt gibt es weitere Versionen/Auffassungen.
Das Konzept ähnelt dem von Type und Token. Platoniker würden ggf. sagen, die Universalie habe eine eigene Realität. Nominalisten hingegen leugnen das und sehen "rot" eher als sprachliche Kategorie. Andere würden sagen, die Universalie sei "immanent" realisiert. Bestimmt gibt es weitere Versionen/Auffassungen.
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.. wie auch daraus kein Mensch daraus schließen sollte (Konjunktiv) , daß 4+5=9 richtig bzw. um der hier erwähnten Fuzzylogik genüge zu tun wahr ist ...Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 12. Sep 2024, 18:14
Das im Grunde erstaunliche Ist, daß physikalische Gesetze so einfach sind, also bspw die Bewegungsgleichung für ein gleichmäßig beschleunigtes Masseobjekt s(t) = 1/2 at² + v₀·t + s₀. Wenn wir diese Gleichung experimentell, unter den bestmöglichen Idealisierungen (also etwa Ausschaltung von Reibung) für zwei Werte t₁ und t₂ prüfen, werden wir, wenn wir genau genug messen, die Formel nicht bestätigt finden, die Messergebnisse weichen minimal von der Formel ab. Und hätten wir einen physikalischen Sachverhalt, der bei sehr großen Zahlen einen inneren Zusammenhang von 4/5 bestätigt, also dem Erstwert x ein Ergebniswert von (9x/4) zuordnet, würde, selbst wenn die Meßwerte exakt wären, ein winzig falscher Wert herauskommen. Das läge bei exakten Meßwerten dann an der Endlichkeit der Rechenmaschinen, die irgendwann runden müssen und diesen Fehler nicht mehr eliminieren können. In diesem doppelten Sinn wird experimentell 4+5 nicht exakt 9 sein. Ich denke aber, kein Mensch wird daraus schließen, daß 4+5=9 falsch ist, oder den Naturgesetzen keine einfachen Zahlen zugrunde liegen, also etwa die 2 im Exponenten der Bewegungsgleichung falsch ist, in Wahrheit minimal von 2 abweicht.
computerweekly.com hat geschrieben :
Was ist Fuzzy Logic?
Fuzzy Logic ist ein Ansatz zur Datenverarbeitung, der auf Wahrheitsgraden basiert und nicht auf der üblichen booleschen Logik wahr oder falsch (1 oder 0), mit der moderne Computer arbeiten.
.. weil im letzten Beitrag erwähnt, so basiert die in einem roten Apfel instanzierte . Universalie "rot" übrigens auch auf solchen Wahrheitswerten , wie sie für die Fuzzy Logic üblich ist. Wenn wir beispielsweise 4 rote Äpfeln + 5 rote Äpfeln= 9 rote Äpfeln rechen , dann auf Basis der üblichen booleschen Logik .. wahr! .. für Äpfel , die rot sind oder .. falsch! .. für Äpfel , die nicht rot sind (1 rot oder 0 nicht rot) und ganz sicher nicht mit Wahrheitsgraden der Farbe rot.
Wahrheitsgrade , wie sie für Realdinge an realen Orten die Regel sind. Somit die Zahlen 4 , 5 oder 9 allein als Gedankending an einem Ort existieren , dass wir Gehirn bzw. objektorientierte Programmierung nennen . Um dazu auf die Fragen des Themenstarters und somit auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen.RoloTomasi hat geschrieben : ↑Sa 17. Aug 2024, 17:45Nur zwei kurze Fragen, Herr Endemann:
1. "Als Gedankendinge haben sie [Zahlen] einen Ort", schreiben Sie. Wo ist dieser 'Ort'?
2. "Repräsentieren sie [Zahlen] Realdinge, haben sie einen realen Ort": Wo ist dieser 'Ort'?
Bitte nur antworten, wenn es gerade passt...ich will mich nicht störend in die laufende Diskussion einmischen.
.. als jemand , dessen Arbeitsfeld die objektorientierte Programmierung ist , darfst du mir darin gerne zustimmen. Man hat zum Beispiel die Klasse "rote Äpfel ", und dann erzeugt man .. die Wahrheitswerte für die Farbe rot völlig vernachlässigend .. eine Sorte roter Äpfel namens "Red Delicious". "Red Delicious" " ist ein Objekt der Klasse "rote Äpfel ".Quk hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2024, 09:13Mein Arbeitsfeld ist die objektorientierte Programmierung, und da bedeutet instantiation (Instanziierung) das Erzeugen eines Objekts einer Klasse. Dieses Objekt erbt gewisse Eigenschaften und Funktionen einer Klasse und bekommt zudem noch weitere "persönliche" Eigenschaften. Es ist sozusagen eine Geburt. Man hat zum Beispiel die Klasse "Katze", und dann erzeugt man eine Katze namens "Garfield". "Garfield" ist ein Objekt der Klasse "Katze".
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Ich muß gestehen, ich verstehe das sogenannte Problem mit den Qualia nicht. Qualia bedeuten nichts anderes als daß Perzepte mit einer subjektiven Erlebnisqualität verbunden sind. Kann ich bewußt perzipieren ohne Erlebnisqualität? Nein. Ich kann nicht etwas sehen, ohne eine Farbe oder eine Graustufe zu sehen. Die biologische Funktion der bewußten Wahrnehmung ist die Möglichkeit der kognitiv verarbeiteten bewußten Reaktion. Biofunktional ist entscheidend, daß ich die Perzeption immer mit der gleichen Erlebnisqualität verbinde und dies kommunikativ benennen kann. Es kommt also nicht darauf an, worin meine subjektive Erlebnisqualität besteht, sondern nur daß sie immer konstant wohlbestimmt ist, dann kann ich sie kommunizieren und mit derjenigen aller anderen identifizieren. Unsere Reizaufnahme und unmittelbare Verarbeitung ist biologisch so vorgeprägt, daß wir in der Regel sie als objektiv gegeben ansehen können. Das ist das Ergebnis der evolutiv erworbenen Selbstorganisation. Selbstverständlich gibt es Abweichungen und individuelle Fehler in Perzeption und der Abbildung in Qualia, die rechtfertigen aber noch lange nicht, diese Konzeption infrage zu stellen.
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Was die Mustererkennung und -verarbeitung angeht, stimme ich Dir zu, da ist die Fuzzylogik hilfreich und angemessen. Das kann man aber nicht generell auf den kompletten Gegenstandsbereich der Physik ausdehnen. Das wäre der gleiche Fehler wie der von Quantenphysikern, die aus der Quantenunschärfe bzw der quantentheoretischen Unschärfe ein allgemeines Prinzip machen wollen. Die Unschärferelation ist ein Phänomen der extremen Kleinheit und in etwas analoger Form auch in extremer Großheit, aber sie ist kein Charakteristikum der normalen Größenordnung. Da wäre dann die Frage, ob es eine mathematische ToE, eine Universaltheorie gibt mit einem fließenden Übergang von formallogischen zu wahrscheinlichkeitstheoretischen Aussagen und umgekehrt. Ich will das nicht ausschließen, aber bisher hat noch niemand einen überzeugenden Vorschlag dazu gemacht.Timberlake hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2024, 12:02
.. wie auch daraus kein Mensch daraus schließen sollte (Konjunktiv) , daß 4+5=9 richtig bzw. um der hier erwähnten Fuzzylogik genüge zu tun wahr ist ...
Die Mathematik jedenfalls arbeitet nicht mit der Fuzzylogik. Daß, um in dem von mir genannten Beispiel zu bleiben, ein Physiker annehmen würde, die 2 im Exponenten des Bewegungsgesetzes sei in Wahrheit nur eine unscharfe 2, das Masseobjekt des Bewegungsexperiments sei ein unscharfes Element, alle in der Physik gebildeten Mengen seien unscharfe Mengen, weil aus Mustern gewonnen, deren experimentell bestimmbare Ränder arbiträr sind, und sie selbst daher nur unscharf vorliegen, und daher wäre der Exponent in der Bewegungsgleichung keine mathematische 2, sondern ein von der Bewertungsfunktion abhängiger Wert in einer großen Nähe zu 2, halte ich selbst bei einem Wissenschaftler, der aufgrund seines Tätigkeitsbereichs sich bewußt mit Fuzzylogik beschäftigt, für ziemlich ausgeschlossen. Niemand wird die mathematische 2 als Exponent bestreiten wollen, oder? Das heißt ja nicht, daß ideale Experimente durchführbar sind, mit denen die Exaktheit von 2 bewiesen werden kann.
Das neudeutsche Verb "instanziieren" ist eine Übersetzung des englischen Verbs "to instantiate". In der philosophischen Ontologie spricht man von der Instanziierung von Universalien durch Partikularien. (Ein Alternativbegriff ist "Exemplifizierung"). Ein particulare ist ein Einzelding/-wesen, wohingegen ein universale eine Art, Eigenschaft oder Beziehung ist, die zugleich von zwei oder mehr particularia instanziiert (exemplifiziert) werden kann.
Des Weiteren wird zwischen abstrakten, transzendenten Universalien (universalia ante res) und konkreten, immanenten Universalien (universalia in rebus) unterschieden. Letztere befinden sich innerhalb des Raumes dort, wo sich die sie instanziierenden Partikularien befinden, wohingegen dies bei Ersteren nicht der Fall ist. Immanente Universalien "inhärieren" in ihren Instanzen, während transzendente Universalien dies nicht tun.
Ein dritter Aspekt betrifft die Frage, ob Universalien existieren können, ohne von irgendwelchen Partikularien instanziiert zu werden. Ich kenne keinen Universalienrealisten, der an uninstanziierte immanente Universalien glaubt. Unter den Realisten bezüglich transzendenter Universalien gibt es einige, die sie für instanziierungsabhängig halten (z.B. Reinhardt Grossmann); aber die meisten unter ihnen halten sie für instanziierungsunabhängig.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2024, 07:36Was ist Armstrongs Argument? Dass Zahlen in irgendeiner Weise instanziiert werden können, bedeutet nicht, dass sie instanziiert sein müssen. Nehmen wir zum Beispiel drei rote Äpfel. Wenn alle Dinge der Welt nach und nach verschwinden würden, wäre die Eigenschaft „rot“ nicht mehr vorhanden, aber die mathematische Wahrheit „2 + 1 = 3“ bliebe weiterhin gültig. Mathematische Wahrheiten sind nicht von der Existenz physischer Objekte abhängig.
Diese Auffassung wird u.a. von Jonathan Lowe vertreten. Armstrong ist damit nicht einverstanden, weil er glaubt, dass Zahlen nicht als rein numerische Universalien instanziiert werden können, sondern nur eingefügt in Quantitäten wie Masse von 9kg."Viele betrachten (natürliche) Zahlen als abstrakte Objekte; aber man kann sie stattdessen auch als Attribute, als numerische Universalien betrachten: Einsheit, Zweiheit, Dreiheit, usw.
Beispiel: Die Erde und der Mond sind zwei Sachen, weil sie zusammen die Eigenschaft der Zweiheit (des Zweiseins) besitzen (exemplifizieren/instanziieren)."
Consul: https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... 300#p82300
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Du leitest hier mit "Ontologie" das vollständige Gegenteil zu meinem Beitrag ein.
Meine Aussage ist ja, dass man sich auf Basis von (Sprach-)Poetik eine Eigenständigkeit phantasiert, die nirgendwo vorhanden ist.
Zur Erinnerung:
"Körper: "Instanziierung" ist kein Existenzbegriff, sondern ein Reaktionsbegriff - "Instanziierung" gehört zur virtuellen Umgebung."
"Körper: Alles, was benötigt wird, ist nur die menschliche Reaktion, keine Zahlen-Existenz, auf die reagiert wird."
Ist dieses bisschen Latein alles, was die Dichter und Denker in tausenden von Jahren aufgestellt haben?
Die Begriffe sind lediglich ein poetisches Verdrehen auf Objekte.
Diese "Dinge" sind nicht mehr "Objekt", als das "Lange-Haare-Haben" und das "Dumm-In-Der-Gegend-Herum-Stehen".
Alles super dolle "Objekte", über deren Existenz mit viel Latein schwadroniert werden kann.
Und am Ende hat der Mensch ein Nervensystem, in dem es überall um Reaktion geht - ups.
Auch dieser "dritte Aspekt" ist lediglich poetischer Aktionismus, denn mit "Universalie" gesteht man ja von vornherein Objekt-Eigenständigkeit zu und ersetzt es nirgendwo mit einem Konzept, das den Menschen und sein Nervensystem einbindet.Consul hat geschrieben : ↑Fr 13. Sep 2024, 23:15Ein dritter Aspekt betrifft die Frage, ob Universalien existieren können, ohne von irgendwelchen Partikularien instanziiert zu werden. Ich kenne keinen Universalienrealisten, der an uninstanziierte immanente Universalien glaubt. Unter den Realisten bezüglich transzendenter Universalien gibt es einige, die sie für instanziierungsabhängig halten (z.B. Reinhardt Grossmann); aber die meisten unter ihnen halten sie für instanziierungsunabhängig.
Mensch, Nervensystem, Reaktion sind die Anteile der vorliegenden Situation.
Das ist sozusagen die Tatsachenbasis für die Beantwortung von "was sind Zahlen?".
Der Anspruch auf Ontologie (und jeder dabei verwendete Objektbegriff) schwebt vollständig in der Behauptungsluft, wenn keine Verbindung zum Nervensystem geliefert wird.
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Diesen Gedanken Armstrongs verstehe ich nicht.
Richtig ist vermutlich: Es gäbe keine arithmetische Mathematik, wenn es keine Urerfahrungen mit der realen Anzahligkeit gäbe. Ein Denken jenseits aller Erfahrung ist kaum vorstellbar. Diese Anzahligkeit ist selbstverständlich eine offensichtliche Eigenschaft von Objekten, die man nicht von den Objekten ablösen kann. Daß aber umgekehrt das Denken die Anzahligkeit von Materiellem abstrahieren kann, erscheint mir genau so selbstverständlich. Das mathematische Denken ist nicht unmittelbar real, aber als Denken so real wie alles Denken, auch das der realen Dinge.
Warum versucht man, den Dualismus von Sein und Denken des Seins zu verwischen, eskamotieren?
Langsam, dem Menschen stehen eigentlich nur Einzelreize "als Einwirkung auf ihn" zur Verfügung.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 14. Sep 2024, 10:02Diese Anzahligkeit ist selbstverständlich eine offensichtliche Eigenschaft von Objekten, die man nicht von den Objekten ablösen kann.
Die Reize verändern sich (insbesondere bei der Bewegung des Menschen), so dass eine Objekteinteilung plausibel ist.
Durch die Objekteinteilung wiederum ist es plausibel "Ähnlichkeiten" bzw. "Unterschiedlichkeiten" festzustellen.
Die Objekteinteilung selbst basiert auch auf "Ähnlichkeiten" und "Unterschiedlichkeiten".
Die Objekteinteilung und die Objektverwaltung sind sozusagen "aus einem Guss".
Der Aspekt "Anzahl" gehört in erster Linie zur Reaktion und inwieweit und wodurch dies im "Ursprung der Reize" verankert ist, kann der Mensch alleine aus sich selbst heraus nicht sagen.
Der "mathematische Abstraktionsschritt" bzw. das "mathematische Denken" findet alleine in der Reaktion statt.
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Die Cantorsche Menge besteht aus wohlunterschiedenen Elementen. {3,7,6,9,1,7,5} ist keine Menge, da 7 zweimal vorkommt. Dinge der Realwelt sind zusammengesetzte Dinge, solange wir nicht in den subatomaren Bereich gehen. Diese Dinge können ähnlich sein, sie sind, wenn wir sie in der Raumzeit lokalisieren, und das sind sie ja immer, einzigartig, wären dementsprechend mit einem Raumzeitindex zu versehen, also ein Objekt a ist ein a(x,y,z,t) und wir können für den Masseschwerpunkt die Bewegungsgleichung aufstellen. In diesem Sinn gibt es keine Dinganzahlen, erst wenn wir von der Konkretion aller Dinge abstrahieren und sehr ähnliche Dinge begrifflich identifizieren, kommen wir auf reale Anzahligkeit.. Aber genau das macht man, seit der Mensch denken kann. Man könnte von einem natürlichen Aristotelismus reden, Begriffe sind Gegenstandsklassen, und die weisen Anzahligkeit auf. Und die Ähnlichkeit von Dingen ist nicht immer, aber meistens selbst in Sachverhalten begründet. Die elliptischen Planetenbahnen gleichen sich nicht zufällig, sondern sind die gleichen Bewegungsmuster, beruhen auf dem gleichen Gesetzeszusammenhang, so kann man die Menge der Planeten in einem Sonnensystem bestimmen, das ist eine reale Anzahl.
Nach meiner Kenntnis wird solche reale Anzahligkeit im Prinzip nur von radikalen Empiristen geleugnet. Bist Du ein radikaler Empirist? Oder verstehe ich etwas falsch?
Nach meiner Kenntnis wird solche reale Anzahligkeit im Prinzip nur von radikalen Empiristen geleugnet. Bist Du ein radikaler Empirist? Oder verstehe ich etwas falsch?
Armstrong und Lowe haben das nicht versucht!Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 14. Sep 2024, 10:02Diesen Gedanken Armstrongs verstehe ich nicht.
Richtig ist vermutlich: Es gäbe keine arithmetische Mathematik, wenn es keine Urerfahrungen mit der realen Anzahligkeit gäbe. Ein Denken jenseits aller Erfahrung ist kaum vorstellbar. Diese Anzahligkeit ist selbstverständlich eine offensichtliche Eigenschaft von Objekten, die man nicht von den Objekten ablösen kann. Daß aber umgekehrt das Denken die Anzahligkeit von Materiellem abstrahieren kann, erscheint mir genau so selbstverständlich. Das mathematische Denken ist nicht unmittelbar real, aber als Denken so real wie alles Denken, auch das der realen Dinge.
Warum versucht man, den Dualismus von Sein und Denken des Seins zu verwischen, eskamotieren?
Jedes Kind macht "Urerfahrungen" mit konkreten Dingen und konkreten Mengen konkreter Dinge, die gezählt werden können; aber die ontologische Frage ist, ob es rein numerische Universalien gibt, die von Dingen "instanziiert" werden. Hat jeder einzelne Apfel die Eigenschaft der Einsheit? Hat jedes Paar von Birnen die Eigenschaft der Zweiheit? Haben drei Tomaten zusammen die Eigenschaft der Dreiheit?
Unter einer rein numerischen Eigenschaft wie Zweiheit/Zweisein wird hier wohlgemerkt kein bloßer, ontologisch nicht ernst zu nehmender "semantischer Schatten" von Zahlwörtern wie "zwei" verstanden, sondern eine nichtsprachliche und sprachunabhängige Entität im ontologisch ernsthaften Sinn.
Übrigens, genau genommen ist die Frage nach der Existenz rein numerischer Eigenschaften (Attribute) allgemeiner als die Frage nach der Existenz rein numerischer Universalien; denn als Eigenschaftsrealist muss man Eigenschaften (und Beziehungen) nicht als Universalien ("Allgemeinheiten") betrachten, weil man sie alternativ als Partikularien ("Einzelheiten") betrachten kann. In diesem Fall gäbe es keine universale Eigenschaft der Zweiheit oder des Zweiseins, die als ein und dieselbe Eigenschaft zugleich von allen Paaren von Dingen besessen wird; denn dann hätte jedes Paar von Dingen seine eigene, nichtuniversale Eigenschaft des Zweiseins, die es mit keinem anderen Paar von Dingen teilen kann.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
Meine betreffenden Erläuterungen gehören zum Bereich der Formal- oder Fundamentalontologie, bei der es sich naturgemäß um eine höchst abstrakte und generelle philosophische Disziplin handelt.
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding