Philipp Hübl: Wahrheit (3) / Wissen (4)

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Consul
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Mo 14. Apr 2025, 02:07

Timberlake hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 00:06
Um dazu auf den Vortrag von Wahrheit (3) / Wissen (4) von Philipp Hübl zurück zu kommen ....

Gibt es Wahrheit?
Aristoteles : wer denkt, es gäbe keine Wahrheit , ist wie eine "Pflanze"; John Searle "Mickymaus- Philosophie"

Überleitung

" .. ja, ich hatte schon gesagt, es gibt diese interessante Beobachtung, dass es in der Welt Wahrheitsfeinde gibt. Populisten habe ich schon genannt, vielleicht gehört in die Liste auch noch einige Querdenker, radikale Impfgegner und andere Feinde der Wissenschaft. .. die Wissenschaft ist der beste Weg die Wahrheit herauszufinden. Wenn Wissenschaft wissenschaftssystematische Wahrheitssuche ist, kann ich nicht beides haben. Entweder es gibt keine Wahrheit, dann gibt es auch nicht Wissenschaft im Sinne von, es gibt so etwas wie eine systematische Wahrheitssuche. " ... 40:36
Wenn Popper behauptet . " Unsere Wissenschaft ist kein Wissen: weder Wahrheit noch Wahrscheinlichkeit kann sie erreichen" , so würde ich vielleicht nicht meinen , dass er wie die Populisten, einige Querdenker und radikale Impfgegner ein Feind der Wissenschaft ist. Gleichwohl ich mich schon frage , ob er denn auch , unter Bezugnahme darauf, soweit gehen würde , eine systematische Wahrheitsuche in der Wissenschaft zu bestreiten. Ob er denn von daher möglicherweise als "Planze" einer "Mickymaus- Philosophie" aufgesessen ist.

Um ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen!
Eine systematische Wahrheitssuche in der Wissenschaft kann es meiner Meinung nach nur geben, wenn es auch eine Wahrheit von der Wissenschaft zu finden gibt.
Popper war keineswegs ein Wissenschaftsfeind. Sein Falsifikationskriterium benutzte er ja auch zur Unterscheidung von echter Wissenschaft und Schein-/Unwissenschaft; und er vertrat keine wissenschaftlich falsifizierten Theorien, oder?

Die Wahrheitssuche gehört für Popper zum Wesen der Wissenschaft; und er bestreitet nicht, dass es (objektive) Wahrheiten gibt, sondern lediglich, dass sie für uns erreichbar sind, d.h. dass eine sichere Erkenntnis der Wahrheit möglich ist. Die wissenschaftliche Suche nach (objektiver) Wahrheit ist für ihn keine Suche nach einem Phantom, sondern eine Suche nach etwas Realem, das wir nicht mit (objektiver) Gewissheit finden können.
"[N]icht der Besitz von Wissen, von unumstößlichen Wahrheiten macht den Wissenschaftler, sondern das rücksichtslose, unablässige Suchen nach Wahrheit."

(Popper, Karl. Logik der Forschung: Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft. Wien: Springer, 1935. S. 209)
"Die Wahrheit ist objektiv und absolut: Das ist die Idee, die Alfred Tarski gegen den Relativismus verteidigt hat. Aber wir können niemals ganz sicher sein, dass wir die Wahrheit, die wir suchen, gefunden haben. Wir dürfen die Wahrheit nicht mit der Sicherheit, mit ihrem sicheren Besitz verwechseln. Die absolute Wahrheit wird manchmal erreicht; die Sicherheit nie: Die Suche nach Sicherheit ist verfehlt; aber wir können unsere Theorien immer strenger überprüfen."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. VII)



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Timberlake
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Mo 14. Apr 2025, 03:49

Consul hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 02:07

Popper war keineswegs ein Wissenschaftsfeind. Sein Falsifikationskriterium benutzte er ja auch zur Unterscheidung von echter Wissenschaft und Schein-/Unwissenschaft; und er vertrat keine wissenschaftlich falsifizierten Theorien, oder?
Nun ja, wenn man wie Popper bestreitet, dass Wissenschaft Wahrheit erreichen könne, was mir übrigens schon so vorkommt, wie das Unerreichbare dessen, was Kant das "Ding an sich" nennt, kann man denn im Umkehrschluss dann dergleichen nicht auch für Unwahrheiten und demzufolge für wissenschaftlich falsifizierten Theorien postulieren? Also das man Unwahrheiten genauso wenig erreichen könne, wie Wahrheiten und demzufolge wissenschaftlich verifizierte Theorien.
"[N]icht der Besitz von Wissen, von unumstößlichen Wahrheiten macht den Wissenschaftler, sondern das rücksichtslose, unablässige Suchen nach Wahrheit."

(Popper, Karl. Logik der Forschung: Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft. Wien: Springer, 1935. S. 209)
"Die Wahrheit ist objektiv und absolut: Das ist die Idee, die Alfred Tarski gegen den Relativismus verteidigt hat. Aber wir können niemals ganz sicher sein, dass wir die Wahrheit, die wir suchen, gefunden haben. Wir dürfen die Wahrheit nicht mit der Sicherheit, mit ihrem sicheren Besitz verwechseln. Die absolute Wahrheit wird manchmal erreicht; die Sicherheit nie: Die Suche nach Sicherheit ist verfehlt; aber wir können unsere Theorien immer strenger überprüfen."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. VII)
Dazu nur mal zum Vergleich ...

[N]icht der Besitz von Wissen, von unumstößlichen Unwahrheiten macht den Wissenschaftler, sondern das rücksichtslose, unablässige Suchen nach Unwahrheit."

"Die Unwahrheit ist objektiv und absolut: Das ist die Idee, die Alfred Tarski gegen den Relativismus verteidigt hat. Aber wir können niemals ganz sicher sein, dass wir die Unwahrheit, die wir suchen, gefunden haben. Wir dürfen die Unwahrheit nicht mit der Sicherheit, mit ihrem sicheren Besitz verwechseln. Die absolute Unwahrheit wird manchmal erreicht; die Sicherheit nie: Die Suche nach Sicherheit ist verfehlt; aber wir können unsere Theorien immer strenger überprüfen."

Beispiel

Es ist absolut wahr , dass die Erde um die Sonne kreist, wie dessen Gegenteil zugleich absolut unwahr ist. Gleichwohl würde angeblich dessen Sicherheit nie erreichen werden. Weil die Suche nach Sicherheit verfehlt ist. Wenn es weiter heißt, dass wir unsere Theorien immer strenger überprüfen können, keine Frage im Hinblick der Theorie eines helio bzw, geozentrischen Weltbildes können wir das tatsächlich. In dem [N]icht der Besitz von Wissen, von unumstößlichen (Un-) wahrheiten den Wissenschaftler macht , sondern das rücksichtslose, unablässige Suchen nach (Un-) wahrheit, könnten die Wisssenschaftler das nicht nur bloß tun, sie müssten es, wenn sie denn als solches bezeichnet werden wollen.

Wo liegt mein Denkfehler, dass ich zu solch absurden Schlüssen komme?




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Consul
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Mo 14. Apr 2025, 06:41

Consul hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 02:07
Die Wahrheitssuche gehört für Popper zum Wesen der Wissenschaft; und er bestreitet nicht, dass es (objektive) Wahrheiten gibt, sondern lediglich, dass sie für uns erreichbar sind…
"Die Wahrheit ist objektiv und absolut: …Die absolute Wahrheit wird manchmal erreicht; die Sicherheit nie…."

(Popper, Karl R. Objektive Erkenntnis: Ein evolutionärer Entwurf. Hamburg: Hoffmann & Campe, 1993. S. VII)
Ich muss meine obige Aussage angesichts dieses Zitats berichtigen: Laut Popper ist die (absolute/objektive) Wahrheit im Gegensatz zur epistemischen Sicherheit "erreichbar". Wahrheit ist genau dann "erreicht", wenn mein subjektiver Glaube, dass p, objektiv wahr ist. Epistemische Sicherheit ist genau dann "erreicht", wenn ich die objektive Gewissheit habe, dass mein Glaube, dass p, objektiv wahr ist.

Im Gegensatz zur epistemisch-objektiven Gewissheit/Sicherheit ist psychisch-subjektive Gewissheit/Sicherheit als zweifelsfreie Überzeugung jederzeit leicht erreichbar.



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Quk
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Mo 14. Apr 2025, 07:35

Timberlake hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 03:49
... kann man denn im Umkehrschluss dann dergleichen nicht auch für Unwahrheiten und demzufolge für wissenschaftlich falsifizierten Theorien postulieren? Also das man Unwahrheiten genauso wenig erreichen könne, wie Wahrheiten und demzufolge wissenschaftlich verifizierte Theorien.
Eine Theorie, die falsche Voraussagen liefert, ist vermutlich falsch. Die Messung könnte fehlerhaft sein und die Theorie durchaus richtig. Je genauer und spezieller die Theorie ist, desto besser ist sie mittels Voraussagen prüfbar. Rein logisch betrachtet ist die Falsfikation, also die Ausschlussmethode, sicherer als die Verifikation, denn in einer scharfen Theorie ist das Einschließfeld viel kleiner als das Ausschließfeld. Die Theorie "etwas passiert" ist sehr unscharf und damit quasi nicht falsifizierbar, aber gut verifizierbar. Doch was will man mit so einer unscharfen Theorie?




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Quk
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Di 15. Apr 2025, 01:01

Noch ein ganz anderer Aspekt:

Poppers Falsifikationismus wendet sich nicht nur an den Wissenschaftsbetrieb im rein technischen und logischen Sinn.

Er wendet sich auch an unser Wohlbefinden, an unsere Probleme mit dem Ehrgefühl, der Furcht vor dem vermeintlichen Misserfolg und so weiter. Darüber hat Popper oft geschrieben und Beispiele erzählt.

Wenn eine Theorie falsifiziert wird, ist das trotzdem ein Gewinn. Jörn hatte das auch erkannt in seinem Kommentar "Wenn ich einen Irrtum feststelle ..." -- Eine kühne und genaue Theorie zu entwickeln, ist an sich schon eine große Leistung. Eine Idee für eine Theorie zu haben und diese in sich schlüssig und testbar zu formulieren und zu vollenden; diese Vollendung ist bereits ein großer Erfolg. Die Theorie-Arbeit ist ein essentieller Beitrag zum Wissenschaftsbetrieb. Deshalb gibt es keinen Grund, enttäuscht zu sein, wenn die Theorie irgendwann widerlegt wird. Im Gegenteil, es ist ein Grund zum Feiern. Denn der Zweck des ganzen ist die methodische Suche nach der Wahrheit, und jeder Ausschluss ist ein Schritt vorwärts, nicht rückwärts! Vergleichbar ist das vielleicht mit einem Inspektor, der einen Täter sucht und Verdächtige ausfindig machen will. Er stellt eine Theorie auf, in der Frau Meier die Tat begangen haben könnte. Die Theorie ist genial. Dann wird diese Theorie geprüft und widerlegt. Das ist ein Erfolg. Der Inspektor wird keinen Grund haben, die Widerlegung zu bejammern. Es ist doch schön, der Wahrheit ein Stück nähergekommen zu sein. Frau Meier ist unschuldig.

Kurz gesagt: Die Methode der Falsifikation ist eine, die wegkommt von einer stressigen, egoistischen Bestätigungs-Mentalität, hin zu einer entspannten Bescheidenheit der vielen kleinen Schritte.

(Das mit den kleinen Schritten erwähnt Popper auch im politikphilosophischen Bereich, in seiner Ablehnung blutiger Hauruck-Revolutionen, die nichts bewirken, weil sie keine kleinen Schritte zulassen. Kleine Schritte sind wichtig, denn jeder Schritt kann geprüft und gegebenenfalls korrigiert werden, ohne dass gleich das ganze Unterfangen versagt; jede Fehleraufdeckung ist lebenswichtig und somit ein Erfolg, kein Verlust. Eine dogmatisch entworfene Revolution hingegen, die über Nacht passiert, kann verheerend sein, wenn sie Fehler enthält. Sie ist nicht korrigierbar.)




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Jörn Budesheim
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Di 15. Apr 2025, 07:17

Aber das kann man alles doch auch ohne Falsifikationismus haben.




Timberlake
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Di 15. Apr 2025, 14:51

Consul hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 06:41
Laut Popper ist die (absolute/objektive) Wahrheit im Gegensatz zur epistemischen Sicherheit "erreichbar". Wahrheit ist genau dann "erreicht", wenn mein subjektiver Glaube, dass p, objektiv wahr ist. Epistemische Sicherheit ist genau dann "erreicht", wenn ich die objektive Gewissheit habe, dass mein Glaube, dass p, objektiv wahr ist.

Im Gegensatz zur epistemisch-objektiven Gewissheit/Sicherheit ist psychisch-subjektive Gewissheit/Sicherheit als zweifelsfreie Überzeugung jederzeit leicht erreichbar.
Mit Verlaub ...
Timberlake hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 03:49

Beispiel

Es ist absolut wahr , dass die Erde um die Sonne kreist, wie dessen Gegenteil zugleich absolut unwahr ist. Gleichwohl würde angeblich dessen Sicherheit nie erreichen werden. Weil die Suche nach Sicherheit verfehlt ist. Wenn es weiter heißt, dass wir unsere Theorien immer strenger überprüfen können, keine Frage im Hinblick der Theorie eines helio bzw, geozentrischen Weltbildes können wir das tatsächlich. In dem [N]icht der Besitz von Wissen, von unumstößlichen (Un-) wahrheiten den Wissenschaftler macht , sondern das rücksichtslose, unablässige Suchen nach (Un-) wahrheit, könnten die Wisssenschaftler das nicht nur bloß tun, sie müssten es, wenn sie denn als solches bezeichnet werden wollen.

Wo liegt mein Denkfehler, dass ich zu solch absurden Schlüssen komme?
.. um dazu auf die Absurdität dieses Beispiels zurück zu kommen. Popper will uns doch wohl damit nicht ernsthaft plausibel machen, dass die Theorie eines heliozentrischen Weltbildes nur deshalb (absolute/objektive) Wahr ist, weil sie in Form einer psychisch-subjektive Gewissheit/Sicherheit , als zweifelsfreie Überzeugung vorliegt. Im Gegensatz zur epistemisch-objektiven Gewissheit/Sicherheit. ...
Consul hat geschrieben :
Sa 12. Apr 2025, 23:26
Popper über den "Weg der Wissenschaft":
"Das alte Wissenschaftsideal, das absolut gesicherte Wissen, hat sich als ein Idol erwiesen. Die Forderung der wissenschaftlichen Objektivität führt dazu, daß jeder wissenschaftliche Satz vorläufig ist. Er kann sich wohl bewähren – aber jede Bewährung ist relativ, eine Beziehung, eine Relation zu anderen, gleichfalls vorläufig festgesetzten Sätzen. Nur in unseren subjektiven Überzeugungserlebnissen, in unserem Glauben können wir "absolut sicher" sein.

(Popper, Karl. Logik der Forschung: Zur Erkenntnistheorie der modernen Naturwissenschaft. Wien: Springer, 1935. S. 207-9)
Wohlgemerkt eine epistemisch-objektiven Gewissheit/Sicherheit, wonach sich das alte Wissenschaftsideal, eines absolut gesicherte Wissen, als ein Idol erwiesen hat. So das sich die Theorie eines heliozentrischen Weltbildes, gemäß unserer subjektiven Überzeugungserlebnissen und somit gemäß unseres Glaubens lediglich bewährt hätte. Absolut gesichert wüßten wir demnach nicht, ob die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde kreist.




Timberlake
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Di 15. Apr 2025, 16:39

Quk hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 07:35
Timberlake hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 03:49
... kann man denn im Umkehrschluss dann dergleichen nicht auch für Unwahrheiten und demzufolge für wissenschaftlich falsifizierten Theorien postulieren? Also das man Unwahrheiten genauso wenig erreichen könne, wie Wahrheiten und demzufolge wissenschaftlich verifizierte Theorien.
Eine Theorie, die falsche Voraussagen liefert, ist vermutlich falsch. Die Messung könnte fehlerhaft sein und die Theorie durchaus richtig. Je genauer und spezieller die Theorie ist, desto besser ist sie mittels Voraussagen prüfbar. Rein logisch betrachtet ist die Falsfikation, also die Ausschlussmethode, sicherer als die Verifikation, denn in einer scharfen Theorie ist das Einschließfeld viel kleiner als das Ausschließfeld. Die Theorie "etwas passiert" ist sehr unscharf und damit quasi nicht falsifizierbar, aber gut verifizierbar. Doch was will man mit so einer unscharfen Theorie?
... merkwürdig ..
Quk hat geschrieben :
So 23. Mär 2025, 21:24
Mann, Timberlake, komm doch einfach mal auf den Punkt. Was ist Deine Kernaussage? Lass doch diese langweiligen Umschweife weg.
Die Beiträge 89737 und 89737 in denen ich wunschgemäß ohne Umschweife auf den Punkt gekommen bin, haben dich offenbar nicht interessiert. Auch hätte ich jetzt nicht eine Reaktion auf diesen Text meines Beitrages erwartet, sondern weil meiner Meinung nach sehr viel interessanter , vielmehr auf die Absurditäten des dort vorgestellten Beispiels. Möglicherweise steckt ja weit mehr dahinter, als jene langweiligen Umschweife, dass du so gut wie gar nicht auf meine Beiträge eingehst.


Quk hat geschrieben :
Fr 11. Apr 2025, 18:28
Gerne sollst Du meine Beiträge kritisieren. Ich bitte sogar darum.

Nur: Bitte lies meine kleinen Beiträge vollständig (es sind keine Tapeten) und lies nicht nur die erste und letzte Zeile. Es fühlt sich einfach nicht gut an, wenn ich Deiner Kritik ausführlich mit Neuigkeiten antworte und Du meine Antwort dann ignorierst, indem Du nur auf die erste und letzte Zeile eingehst. Das ermüdet und ich verliere dann meine Motivation.
Wohlgemerkt im Gegensatz zu den Beiträgen von Jörn. Glücklicherweise ermüdet mich das nicht, geschweige denn davon, dass ich infolgedessen meine Motivation verliere, auf deine Beiträge zu antworte. Auch wenn sich dein Schweigen dazu für mich nicht gut anfühlt. Wie dem auch sei. Wenn du schon mal ausnahmsweise auf einer meiner Beiträge reagierst, so werde ich dir darauf natürlich darauf antworten.

Um ohne Umschweife auf den Punkt zu kommen, allerdings in den nun folgenden Beitrag.




Timberlake
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Di 15. Apr 2025, 16:39

Quk hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 07:35
Timberlake hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 03:49
... kann man denn im Umkehrschluss dann dergleichen nicht auch für Unwahrheiten und demzufolge für wissenschaftlich falsifizierten Theorien postulieren? Also das man Unwahrheiten genauso wenig erreichen könne, wie Wahrheiten und demzufolge wissenschaftlich verifizierte Theorien.
Eine Theorie, die falsche Voraussagen liefert, ist vermutlich falsch. Die Messung könnte fehlerhaft sein und die Theorie durchaus richtig. Je genauer und spezieller die Theorie ist, desto besser ist sie mittels Voraussagen prüfbar. Rein logisch betrachtet ist die Falsfikation, also die Ausschlussmethode, sicherer als die Verifikation, denn in einer scharfen Theorie ist das Einschließfeld viel kleiner als das Ausschließfeld. Die Theorie "etwas passiert" ist sehr unscharf und damit quasi nicht falsifizierbar, aber gut verifizierbar. Doch was will man mit so einer unscharfen Theorie?
Um einmal, so wie es, im Sinne von Hegels Dialektik, meine Art ist, das Ganze von der anderen Seite betrachten.

Die Theorie "etwas passiert nicht" und damit quasi nicht verifizierbar, aber gut falsifizierbar, würde ich allerdings auch als sehr unscharf bezeichnen.

Insofern ich rein logisch betrachtet, was die Sicherheit betrifft, keinen Unterschied zwischen Falsifikation und Verifikation sehe. Auch nicht im Hinblick der Größe des Einschließ- und Ausschließfeldes.




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Jörn Budesheim
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Di 15. Apr 2025, 18:12

Bild

In der Vorlesung wird zu Beginn des Abschnitts "Erkenntnistheorie" die Frage aufgeworfen, woher unser Wissen eigentlich kommt und wie es aufgebaut ist. Zwei grundlegende Positionen stehen sich dabei – so Hübl – im Großen und Ganzen gegenüber. Die eine geht davon aus, dass Wissen ein Fundament hat, die andere sieht es eher als ein holistisches Geflecht.

Innerhalb der ersten Richtung gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, worin dieses Fundament bestehen könnte – etwa in unerschütterlichen Gewissheiten, wie bei Descartes mit seinem „Ich denke, also bin ich“, oder in Sinneseindrücken, wie es der Empirismus betont.

Die andere große Richtung ist der sogenannte Kohärentismus. Ihm zufolge beruht Wissen nicht auf einem festen Fundament, sondern ist netzartig organisiert. Unsere Überzeugungen stützen sich gegenseitig – holistisch, wie man sagt.

An dieser Stelle beginnt dieser Part der Vorlesung: https://youtu.be/yxn2mbJSESI?t=1091




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Quk
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Di 15. Apr 2025, 19:06

Timberlake hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 14:51
Consul hat geschrieben :
Mo 14. Apr 2025, 06:41
Im Gegensatz zur epistemisch-objektiven Gewissheit/Sicherheit ist psychisch-subjektive Gewissheit/Sicherheit als zweifelsfreie Überzeugung jederzeit leicht erreichbar.
[...]

Popper will uns doch wohl damit nicht ernsthaft plausibel machen, dass die Theorie eines heliozentrischen Weltbildes nur deshalb (absolute/objektive) Wahr ist, weil sie in Form einer psychisch-subjektive Gewissheit/Sicherheit , als zweifelsfreie Überzeugung vorliegt.
Psychisch-subjektive Gewissheit gibt es bei Empfindungen an sich wie beispielsweise Hunger, Schmerz, grün, rot, süß etc. Die sind immer gewiss. Selbst wenn man die Hungerempfindung als "Einbildung" bezeichnet, ist da eine Hungerempfindung. Das heliozentrische Weltbild hingegen ist keine Empfindung an sich, sondern eine Theorie. Theorien bestehen nicht aus Empfindungen an sich, sondern aus Satzkonstruktionen.




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Jörn Budesheim
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Quk hat geschrieben : Psychisch-subjektive Gewissheit gibt es bei Empfindungen an sich wie beispielsweise Hunger, Schmerz, grün, rot, süß etc. Die sind immer gewiss. Selbst wenn man die Hungerempfindung als "Einbildung" bezeichnet, ist da eine Hungerempfindung. Das heliozentrische Weltbild hingegen ist keine Empfindung an sich, sondern eine Theorie. Theorien bestehen nicht aus Empfindungen an sich, sondern aus Satzkonstruktionen.
Was heißt irren? Grob gesat: Ich glaube, dass etwas der Fall ist – aber es ist nicht der Fall. „Der Fall sein“, also eine Tatsache, hat grundlegend betrachtet folgende Struktur: Fx, z. B. der Stein [x] ist grau [F].

(„Stein“ für sich allein genommen ist keine Tatsache, ebenso wenig „grau“.)

Wenn ich eine Süßempfindung habe, dann haben wir wiederum die Struktur Fx, z. B. „Das Bonbon [x] ist süß [F]“. Darin kann ich mich sehr wohl irren – etwa wenn das Bonbon gar nicht süß, sondern salzig oder bitter ist.

Ich mag zwar eine Süßempfindung haben, aber eine reine Süßempfindung, die sich auf nichts bezieht, gibt es gar nicht. Es schmeckt mir immer *etwas* süß. Wenn ich also die Süßempfindung habe, dann habe ich immer auch die fragliche prädikative Struktur Fx – dann ist es ja das Bonbon, das mir süß schmeckt, obwohl es womöglich ein salziges Bonbon ist.

Ich weiß nicht, ob es phänomenales Erleben ohne jegliche Intentionalität gibt, aber solche Fälle sind sicherlich nicht die Regel.

Kurz: Eine Süßempfindung hat immer eine prädikative Struktur – sie sagt immer: „Das da ist süß.“ Und genau deshalb kann man sich darin auch irren.




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Quk
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Di 15. Apr 2025, 20:02

Zugestimmt. Bis auf den Stein. Ich denke nicht, dass eine Empfindung an sich mit einem Stein vergleichbar ist. Der Stein hat unendlich viele zusammengesetzte Eigenschaften. Diese Zusammensetzung benötigt Raum und konstruktives Denken, und den Raum bezeichne ich im kantschen Sinn nicht als Empfindung, sondern als eine metaphysische Kategorie a priori, also als Bedingung der Möglichkeit der mentalen Zusammensetz-Arbeit. "Süß" hingegen braucht keinen Raum und keine Konstruktion; "süß" ist nur eine Qualität.

Edit: Hast Du Deinen Kommentar oben editiert?
Zuletzt geändert von Quk am Di 15. Apr 2025, 20:36, insgesamt 1-mal geändert.




Timberlake
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Di 15. Apr 2025, 20:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 19:51

Kurz: Eine Süßempfindung hat immer eine prädikative Struktur – sie sagt immer: „Das da ist süß.“ Und genau deshalb kann man sich darin auch irren.
Dazu nur mal zum Vergleich, um einmal das Wissen über Empfindungen und das Wissen über Theorien klar abzugrenzen …
  • Kurz: Die Theorie, dass die Erde um die Sonne kreist, hat immer eine prädikative Struktur – sie sagt immer: 'Das da ist die Erde, die um die Sonne kreist.'Und genau deshalb kann man sich darin auch irren.
Obgleich beides in dem gleichen Kontext formuliert, so wäre das eine plausibel und das andere Nonsens!

Quk hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 19:06
Psychisch-subjektive Gewissheit gibt es bei Empfindungen an sich wie beispielsweise Hunger, Schmerz, grün, rot, süß etc. Die sind immer gewiss. Selbst wenn man die Hungerempfindung als "Einbildung" bezeichnet, ist da eine Hungerempfindung. Das heliozentrische Weltbild hingegen ist keine Empfindung an sich, sondern eine Theorie. Theorien bestehen nicht aus Empfindungen an sich, sondern aus Satzkonstruktionen.
Und eben in diesem Sinne mache ich den Unterschied zwischen Psychisch-subjektive Gewissheit bei Empfindungen, wie beispielsweise Hunger, Schmerz, grün, rot, süß etc. und Psychisch-subjektive Gewissheit bei Theorien, wie beispielsweise dem heliozentrischen Weltbild, dem ohmschen Gesetz, der Quantum Superposition etc. fest.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 15. Apr 2025, 20:33, insgesamt 7-mal geändert.




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Timberlake, was möchtest du sagen?




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Di 15. Apr 2025, 20:24

Ganz einfach. Ich möchte damit sagen, wer bezüglich "Psychisch-subjektiver Gewissheiten" (Popper) Empfindungen mit Theorien vergleicht, vergleicht Äpfel mit Birnen.




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Di 15. Apr 2025, 20:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 19:51
Ich mag zwar eine Süßempfindung haben, aber eine reine Süßempfindung, die sich auf nichts bezieht, gibt es gar nicht.
Ich bin mir sicher, dass es die bezugslose Süße gibt, auch wenn ich diese Sicherheit jetzt mittels deutschem Satz und mit dem "Ich"-Wort etc. kommuniziere. Das ist abstrahierbar. Es gibt auch ein Leben ohne deutsche Sprache.




Timberlake
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Di 15. Apr 2025, 20:53

Quk hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 20:42
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 19:51
Ich mag zwar eine Süßempfindung haben, aber eine reine Süßempfindung, die sich auf nichts bezieht, gibt es gar nicht.
Ich bin mir sicher, dass es die bezugslose Süße gibt ...
Um dazu auf das Thema dieses Threads zurückzukommen …

Bild

Nach dieser Darstellung resultiert die Süße aus einer Sinneswahrnehmung. Eine bezugslose Süße jenseits dessen gibt es ganz sicher nicht. Wenn es dort heißt

"Unsere wahren Überzeugungen müssen auf die richtige Weise entstanden sein, um als Wissen zu zählen"

.. so würde ich übrigens das Erfahren der Süße , beispielweise von Wein , mittels eines Refraktometers, als falsche Weise bezeichnen wollen.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 15. Apr 2025, 21:07, insgesamt 2-mal geändert.




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Di 15. Apr 2025, 21:05

Timberlake hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 20:06
Und eben in diesem Sinne mache ich den Unterschied zwischen Psychisch-subjektive Gewissheit bei Empfindungen, wie beispielsweise Hunger, Schmerz, grün, rot, süß etc. und Psychisch-subjektive Gewissheit bei Theorien, wie beispielsweise dem heliozentrischen Weltbild, dem ohmschen Gesetz, der Quantum Superposition etc. fest.
Was meinst Du mit "psychisch-subjektive Gewissheit bei Theorien"?

Verständnisfrage: Bezeichnest Du "Gewissheit" als eine Empfindung an sich? Eine Gewissheits-Empfindung? Ich denke, ja, Gewissheit ist eine mentale Qualität, eine Empfindungsqualität. Sie ist kein maschinelles Ding und kein mathematisches Axiom oder dergleichen.

Nun gibt es unterschiedliche Menschen, die angesichts bestimmter Theorien unterschiedliche Gewissheits-Empfindung haben. Das liegt vermutlich daran, dass Empfindungen nicht objektiv sind, sondern subjektiv. Deshalb löst diese Vielfalt auch lebhafte Diskussionen aus.

(Ich wage sogar zu behaupten, dass Empfindungen weder objektiv noch subjektiv sind. Sie sind an sich. Sie brauchen nicht einmal ein Ich, weil das Ich ebenfalls "nur" eine Empfindung ist, eine Ich-Empfindung, auch bekannt unter dem Namen "Bewusstsein". Wenn sich eine Ich-Empfindung paart mit einer Süß-Empfindung, ensteht der rationale Eindruck, das Süß würde vom Ich aufgenommen. Das ist aber nur ein Konstrukt. Man könnte dieses Konstrukt auch umkehren: Das Ich wird vom Süß aufgenommen. Oder so: Süß und Ich liegen nebeneinander. Ich sehe keinen Grund zur Annahme, dass hier irgendein "Richtungspfeil" eingebaut werden müsste. Die Ich-Empfindung kann auch allein geschehen. Ebenso kann die Süß-Empfindung ohne zusätzliche Ich-Empfindung geschehen.)
Zuletzt geändert von Quk am Di 15. Apr 2025, 21:11, insgesamt 1-mal geändert.




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Di 15. Apr 2025, 21:07

Timberlake hat geschrieben :
Di 15. Apr 2025, 20:53
Nach dieser Darstellung resultiert die Süße aus einer Sinneswahrnehmung.
Das ist eine Hypothese. Was ist eine Sinneswahrnehmung?




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