Philipp Hübl: Wahrheit (3) / Wissen (4)

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Quk
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Di 8. Apr 2025, 04:02

Timberlake hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 00:08
Also ich höre da in der Dunkelheit ein Rinnsal plätschern.
So sei es denn ein Rinnsal.




Timberlake
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Di 8. Apr 2025, 04:45

Wenngleich ein Rinnsal allerdings erst als Fakt/Tatsache wahrgemacht werden muss, um als letztendlich als Wahrheit zu gelten …
  • (1) Fakten/Tatsachen als "Wahrmacher" von wahren Aussagen ("facta")
    Die Aussage "Rom ist die Hauptstadt von Italien" ist dann wahr , wenn es etwas in der Welt gibt, was diese Aussage wahr macht, nämlich die Tatsache , dass Rom die Hauptstadr von Italien ist.
    PhilippHübl ... Wahrheit(3) 6:15
Sollte es anstatt dessen vor Ort eine Quelle geben, wurde "So sei es denn ein Rinnsal" falsch gemacht. Somit ich ergänze ...
  • (1) Fakten/Tatsachen als "Falschmacher" von falschen Aussagen ("facta")
    Die Aussage "Rom ist die Hauptstadt von Italien" ist dann falsch , wenn es etwas in der Welt gibt, was diese Aussage falsch macht, nämlich die Tatsache , dass Rom nicht die Hauptstadt von Italien ist.




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Jörn Budesheim
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Di 8. Apr 2025, 08:09

Quk hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 19:46
Ich vermute, dass die Quelle dort irgendwo ist.
Und wenn die Vermutung zutrifft, dann handelt es sich dabei um eine Wahrheit. Denn eine Vermutung ist wahr, wenn es sich so verhält wie vermutet.
Quk hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 18:58
... Wenn ich in der Dunkelheit irgendwo eine Wasserquelle sprudeln höre, weiß ich zwar nicht exakt deren Koordinaten, aber ich kann mich für eine Richtung entscheiden, in die ich suchen gehe ...
Und wenn die Vermutung wahr ist und außerdem Gründe für die Vermutung vorliegen, dann handelt es sich um Wissen.




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Jörn Budesheim
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Consul hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 20:54
... Ein gängiges Argument lässt sich in ein einfaches Dilemma umformulieren: Entweder wir können die Wahrheit feststellen, oder wir können es nicht. Können wir die Wahrheit feststellen, brauchen wir kein Konzept der Wahrheitsähnlichkeit – es ist eine völlig nutzlose Ergänzung unseres intellektuellen Repertoires. Wenn wir aber die Wahrheit nicht feststellen können, können wir auch den Grad der Wahrheitsähnlichkeit unserer Theorien nicht bestimmen. Daher ist das Konzept für alle praktischen Zwecke nutzlos." [Google Translate]

Truthlikeness: https://plato.stanford.edu/entries/truthlikeness/
Gibt es eine Möglichkeit, dieses Dilemma aufzulösen?
Ich denke, ja. Wenn man dem Vorschlag von Hübl folgt, verschwindet das Dilemma, denn es basiert auf der Verwechslung von Wahrheit und Genauigkeit. Das findet man im Netz: "Der Mond umkreist die Erde in einem mittleren Abstand von nur rund 384.400 Kilometern". Diese Behauptung ist wahr, wenn es sich so verhält, wie sie es sagt und der Mond die Erde wirklich in einem mittleren Abstand von nur rund 384.400 Kilometern umkreist.

Nehmen wir ein Beispiel aus dem Alltag:
Tourist: "Können Sie mir sagen, wo es zum Kino geht?"
Ortskundiger: "Da vorne rechts, dann sehen sie es schon!"

Was wollten wir hier mit dem Begriff der "Wahrheitsähnlichkeit" anfangen?




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Jörn Budesheim
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Di 8. Apr 2025, 08:33

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 00:03
Ja, indem wir unterscheiden zwischen Ortsbestimmung und Richtungsbestimmung. Den genauen Ort wissen wir nie. Dennoch gibt es Richtungsweiser. Das ist nicht paradox.
Wie wird das (tatsächliche oder angebliche) Paradox damit aufgelöst? Die fraglichen Begriffe Wahrheit/Wahrheitsähnlichkeit kommen in der Auflösung nicht vor, deswegen sehe ich nicht, worauf du hinaus willst. Kritisierst du den Vorschlag von Hübl oder stimmst du ihm zu?




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 08:52

Ich vermute, ich sage das gleiche wie Hübl, nur mit anderen Worten.




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 08:53

Quk hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 19:46
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 19:23
Denn in deinem Beispiel kennst du ja bereits eine Wahrheit über die Quelle, nämlich, dass sie sich irgendwo in dem Bereich dort hinten befindet.
"Wahrheit" nenne ich das nicht. Es ist eine Vermutung. Ich vermute, dass die Quelle dort irgendwo ist.

Meine Empirie zeigt mir die Suchrichtung. In diese Richtung werden Voraussagen gemacht. Wenn sie zutreffen, sind sie richtungsweisend hin zur Quelle.

Der Kompass zeigt, wo der magnetische Nordpol ist. Er zeigt nicht dessen Koordinaten, aber er zeigt die ungefähre Richtung. Ich weiß weder die Wahrheit über die Koordinaten noch die Wahrheit über die exakte Richtung. Denn die magnetischen Feldlinien der Erde verlaufen schlangenartig verwurstelt. Ich kann nur Vermutungen anstellen. Trotz allem kann ich dem Nordpol näherkommen, anhand immer genaueren zutreffenden Voraussagen. Ich will damit sagen, dass Ortsbestimmung und Richtungsbestimmung nicht verwechselt werden sollten.

Der Satz "wir wissen nicht, wo X ist" unterstellt, dass beim Erkenntnisgewinnen allein die Ortsbestimmung zähle und nicht die Richtungsbestimmung.




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Jörn Budesheim
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Di 8. Apr 2025, 09:20

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 08:53
Ich weiß weder die Wahrheit über die Koordinaten noch die Wahrheit über die exakte Richtung. Denn die magnetischen Feldlinien der Erde verlaufen schlangenartig verwurstelt ...
Aber das ist eher das Gegenteil von dem, was Hübl sagt, wenn ich ihn richtig verstehe. Es entspricht (vermute ich) dem, was Hübl Verwechslung von Genauigkeit und Wahrheit nennt. Wenn es stimmt, dass die magnetischen Feldlinien der Erde schlangenartig verwurstelt verlaufen, dann ist dir ja eine Wahrheit bekannt, nämlich, dass die magnetischen Feldlinien der Erde schlangenartig verwurstelt verlaufen.




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 09:43

Ich präzisiere meinen Satz wie folgt:

Denn die magnetischen Feldlinien der Erde scheinen mir schlangenartig verwurstelt zu verlaufen. Vielleicht verlaufen sie linear und etwas anderes verursacht die Störung. Sicher weiß ich das nicht. Es ist nur eine These. Aber sie ist richtungsweisend. Meine Vorhersagen werden immer genauer.




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 10:04

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 08:09
Quk hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 19:46
Ich vermute, dass die Quelle dort irgendwo ist.
Und wenn die Vermutung zutrifft, dann handelt es sich dabei um eine Wahrheit. Denn eine Vermutung ist wahr, wenn es sich so verhält wie vermutet.
Ja, aber ich weiß nicht sicher, ob meine Vermutung zutrifft. Ich weiß nicht sicher die exakten Koordinaten des plätschernden Rinnsals. Mein empirisches Stereo-Hörsystem kann mir aber eine Richtung angeben, in die ich gehen kann, um dann vielleicht das Rinnsal aufzufinden. Es ist alles vage. Ich weiß nicht die Wahrheit. Ich erkenne nur eine Richtung; das Plätschern wird lauter. Aber das kann eine Täuschung sein. Ich kann also nicht sicher die Wahrheit kennen. Klar kann man aussagen, irgendwas ist irgendwo irgendwann. Das ist zwar eine wahre Aussage, aber sie ist maximal vage und damit unbrauchbar. Dieses "irgendwas ist irgendwo irgendwann" gilt es, zu präzisieren. Die Präzisier-Arbeit ist wohl nie zu Ende. Aber die dabei herauskommenden Thesen werden dennoch immer präziser, weil die Vorhersagen immer weniger Fehler beinhalten. Ich weiß aber nie, ob die nächste Vorhersage erneut zutreffen wird. Ich weiß also nie sicher, ob die neueste These absolut wahr ist. Genauigkeit ist nicht das gleiche wie Wahrheit.




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 10:21

Anderes Beispiel: Ich lande auf einem fremden Planeten und sehe dort einen Bewohner mit grünem Kopf. Ich schreibe eine These auf: "Die Bewohner haben grüne Köpfe". Ich sehe noch einen Bewohner mit grünem Kopf. Meine These ist so weit also brauchbar. Nun kommt einer mit blauem Kopf daher. Ich muss meine These präzisieren: "Die Bewohner haben grüne oder blaue Köpfe". Diese neue These ist genauer als die vorige. Trotz wachsender Genauigkeit kann ich aber nicht sicher wissen, ob sie wahr ist. Nun regnet es und alle Köpfe werden lila. Sodann schreibe ich die dritte These: "Die Bewohner haben grüne oder blaue Köpfe, außer im Regen, da werden sie lila." Ist das jetzt die Wahrheit? Ich weiß es nicht. Kann sein, kann aber auch nicht sein. Jedenfalls lerne ich mehr und mehr Details. Sie können fehlerhaft sein oder illusorisch, aber meine Erkenntnis wird immer feiner.




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Di 8. Apr 2025, 15:24

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 10:21
Anderes Beispiel: Ich lande auf einem fremden Planeten und sehe dort einen Bewohner mit grünem Kopf. Ich schreibe eine These auf: "Die Bewohner haben grüne Köpfe". Ich sehe noch einen Bewohner mit grünem Kopf. Meine These ist so weit also brauchbar. Nun kommt einer mit blauem Kopf daher. Ich muss meine These präzisieren: "Die Bewohner haben grüne oder blaue Köpfe". Diese neue These ist genauer als die vorige. Trotz wachsender Genauigkeit kann ich aber nicht sicher wissen, ob sie wahr ist. Nun regnet es und alle Köpfe werden lila. Sodann schreibe ich die dritte These: "Die Bewohner haben grüne oder blaue Köpfe, außer im Regen, da werden sie lila." Ist das jetzt die Wahrheit? Ich weiß es nicht. Kann sein, kann aber auch nicht sein. Jedenfalls lerne ich mehr und mehr Details. Sie können fehlerhaft sein oder illusorisch, aber meine Erkenntnis wird immer feiner.
In dem Text "erhebst" du ziemlich viele "Wahrheitsansprüche", viele davon vermutlich erfolgreich. Zum Beispiel: Einige der Bewohner haben grüne Köpfe, einige der Bewohner haben blaue Köpfe, bei Regen kann sich die Kopffarbe ändern, manchmal zu lila. Ohne den Erfolg dieser Wahrheitsansprüche kannst du deine Ursprungsthese nicht mal verfeinern, denn ohne die Wahrheit für "einige Bewohner haben keine grünen Köpfe", zu beanspruchen, wäre es dir unmöglich, deine ursprüngliche These zu verwerfen und damit übrigens zugleich eine neue These für wahr zu erachten, nämlich: "Nicht alle Bewohner haben grüne Köpfe." (Hatten wir neulich im Kaffeestübchen.)




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Jörn Budesheim
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Di 8. Apr 2025, 16:09

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 10:04
Es ist alles vage. Ich weiß nicht die Wahrheit.
Das wäre dann exakt das, was Hübl kritisiert, schätze ich. (Außerdem scheint es mir einen inneren Widerspruch zu enthalten, wenn man die Wahrheit nicht weiß, kann man auch nicht wissen, ob man etwas nur vage weiß.)

Das Quellenbeispiel aus dem Alltag zeigt meines Erachtens auch, wie alltagsfern so eine Form von Skeptizismus ist. Es passiert schließlich andauernd, dass wir etwas suchen und mithilfe von vagen Indizien ans Ziel finden. Die Suche nach der Quelle ist das beste Beispiel dafür, sowas schaffen wir andauernd.




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 18:55

Nun ja, darin unterscheiden sich bekanntlich unsere Denkweisen. Du bist Realist; Deiner Auffassung nach ist alles Verstandene zweifelos fehlerfrei. Ich bin Kritischer Rationalist; ich erinnere, dass ich bisher viele Fehler machte, daher sind meiner Auffassung nach Irrtümer nie auschließbar, außer in phänomenologischen Sachen, denn Empfindungen sind immer Tatsachen. Der Satz "das Dreieck ist blau" basiert zwar auf meinen tatsächlichen Empfindungen (Form- und Farbempfindungen sind unmittelbare Tatsachen), aber der vom Verstand montierte Zusammenhang (das+Dreieck+ist+blau) ist eine rationale Konstruktion, also mehr als die Summe meiner Empfindungen, und in solchen Konstruktionen sind mir bisher oft Fehler unterlaufen. Ich sehe keinen Grund zu behaupten, dass ab sofort keine Fehler mehr passieren. Folglich muss ich sagen: Alles, was ich "verstehe", habe ich möglicherweise falsch verstanden, und deshalb kann ich nie sicher sein, ob meine Konstrukte wahr sind. Nur bei meinen Empfindungen kann ich das behaupten; wann immer ich zum Beispiel Hunger oder Liebe empfinde, egal ob geträumt, im Rausch oder im Wachzustand, ist diese Empfindung eine Tatsache. Die Empfindung an sich ist aber kein Konstrukt, wohlgemerkt. Hingegen ist der Satz "ich habe Hunger weil mein Magen leer ist" ein Konstrukt und somit fehlbar.




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Di 8. Apr 2025, 19:00

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 18:55
Du bist Realist; Deiner Auffassung nach ist alles Verstandene zweifelos fehlerfrei.
Kannst du mir erklären was dieser Satz bedeuten soll, ich verstehe ihn nicht?!




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Di 8. Apr 2025, 19:08

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 18:55
ich erinnere, dass ich bisher viele Fehler machte
In der Vorlesung zeigt Hübl, dass wir unendlich viele wahre Sätze kennen können. Wir machen nicht nur Fehler, wir machen manches auch richtig und wissen sehr viel.




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Quk
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Di 8. Apr 2025, 19:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 19:00
Kannst du mir erklären was dieser Satz bedeuten soll, ich verstehe ihn nicht?!
Das kann ich Dir leider nicht erklären.

Noch ein Gedanke zum Stichwort "Alltag": Trotz Skepsis, oder vielleicht gerade wegen der Skepsis, kann ich meinen Alltag sehr gut bewältigen. Denn wenn ein Fehler passiert, bin ich kaum überrascht, bleibe ruhig und greife zum vorbereiteten "Plan B"; so bleibt mein Alltag stabil. Diese skeptische Denkweise hat mein Leben immer stabilisiert, von Anfang an, in der Jugend im Kampfsport, später in der Fliegerei, im selbständigen Unternehmen und so weiter.

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 19:08
In der Vorlesung zeigt Hübl, dass wir unendlich viele wahre Sätze kennen können. Wir machen nicht nur Fehler, wir machen manches auch richtig und wissen sehr viel.
Ja, aber ich weiß nicht, welcher dieser Sätze wahr ist. Das Wort "welcher" ist der springende Punkt.




Timberlake
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Di 8. Apr 2025, 22:34

Quk hat geschrieben :
Di 8. Apr 2025, 19:16

Noch ein Gedanke zum Stichwort "Alltag": Trotz Skepsis, oder vielleicht gerade wegen der Skepsis, kann ich meinen Alltag sehr gut bewältigen. Denn wenn ein Fehler passiert, bin ich kaum überrascht, bleibe ruhig und greife zum vorbereiteten "Plan B"; so bleibt mein Alltag stabil. Diese skeptische Denkweise hat mein Leben immer stabilisiert, von Anfang an, in der Jugend im Kampfsport, später in der Fliegerei, im selbständigen Unternehmen und so weiter.
Um auf Hüblers "Sprachkritik" zurückzukommen, diese skeptische Denkweise erinnert mich doch schon sehr an eine Sprache der Selbst-Hilfe …
  • "(6) Coaching
    -Therapeutisierung der Gesllschaft: früher Kranke heilen, heute Gesunde optimieren(Illouz 2008;Schreiber 2022
    - Beispiele für die Sprache der Selbst-Hilfe "Flourishin" und "Entfaltung", finde Dein "wahres Selbst" und Dein "true purpose" mit demrichtigen"Mindset", werde zum Löwen, Hai, Tiger (Coachung für Männer)"
    Philipp Hübl "Sprachkritik: Gegen die Macht der Worte" .. 58:15

Wie dem auch sei, diese skeptische Denkweise hat mein Leben sowohl stabilisiert als auch destabilisiert. Funktioniert sie doch nur dann, wenn sich auch das Gegenüber einer solcher skeptischen Denkweise befleißigt. Wo hier schon mal vom Kampfsport in deiner Jugend die Rede war, für einen "stabilen" Wettkampf sollten sich beide an die Regeln halten.
  • .. das ist diese Vorstellung. Auch eigentlich magisches Denken, wie eine pseudowissenschaftliche Wissenschaft. Wenn ich nur die richtigen Gedanken habe, dann kann ich alles materialisieren. Es liegt nur an meinem Mindset. Es liegt nicht an der Umwelt, ob ich Erfolg oder Misserfolg habe.
    Philipp Hübl "Sprachkritik: Gegen die Macht der Worte" .. 1:00:30
Auch und insbesondere dann, wenn man mit seinem Mindset kein Sieg materialisieren kann.




Timberlake
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Mi 9. Apr 2025, 01:33

Consul hat geschrieben :
Mo 7. Apr 2025, 20:54
... Ein gängiges Argument lässt sich in ein einfaches Dilemma umformulieren: Entweder wir können die Wahrheit feststellen, oder wir können es nicht. Können wir die Wahrheit feststellen, brauchen wir kein Konzept der Wahrheitsähnlichkeit – es ist eine völlig nutzlose Ergänzung unseres intellektuellen Repertoires. Wenn wir aber die Wahrheit nicht feststellen können, können wir auch den Grad der Wahrheitsähnlichkeit unserer Theorien nicht bestimmen. Daher ist das Konzept für alle praktischen Zwecke nutzlos." [Google Translate]

Truthlikeness: https://plato.stanford.edu/entries/truthlikeness/
Gibt es eine Möglichkeit, dieses Dilemma aufzulösen?
Ich denke, es kommt auf die Beispiele an, an Hand derer man das Dilemma beschreibt. Wo hier schon mal vom Mond die Rede war. Wir können die Wahrheit feststellen, dass der Mond die Erde umkreist. Um aber festzustellen, im welchen Radius der Mond die Erde umkreist, brauchen wir ein Konzept der Wahrheitsähnlichkeit. Als eine völlig nutzlose Ergänzung unseres intellektuellen Repertoires, würde ich dergleichen allerdings nicht bezeichnen wollen. Schließlich sollte man, wenn man denn "praktisch" eine Mondlandung "bezweckt", schon wissen, wo sich der Mond auf der Kreisbahn befindet. Gleichwohl sich allerdings schon die Frage stellt, ob denn ein Grad der Wahrheitsähnlichkeit von Nutzen ist, der sich dabei im Bereich von wenigen Millimetern abspielt. Wenn sich allerdings mit unseren Theorien solch ein Grad der Wahrheitsähnlichkeit nicht berechnen lässt, so sind sie deswegen noch lange nicht nutzlos. Geschweigeden denn davon, dass man deshalb mit ihnen nicht die Wahrheit feststellen könne, dass die Erde den Mond umkreist.




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Mi 9. Apr 2025, 10:08

Timberlake hat geschrieben :
Mi 9. Apr 2025, 01:33
Um aber festzustellen, im welchen Radius der Mond die Erde umkreist, brauchen wir ein Konzept der Wahrheitsähnlichkeit.
Wieso? Wir brauchen dazu (vermutlich neben vielem anderen) einigermaßen präzise Angaben zur Lage des Mondes.




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