Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mi 16. Aug 2017, 05:53
Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 15. Aug 2017, 16:21
Ich kenne zwar das Beispiel mit den Quadraten, sehe aber nun nicht, inwiefern es hier einschlägig ist.
Nicht so schnell!
Du kannst die vorliegende Situation nämlich in derselben Art und Weise erörtern, wie die "Quadrate etc" Situation. Du kannst also bei der Betrachtung ein anderes Sinnfeld in den Blick nehmen. Und du kannst natürlich auch über mehrere Bereiche in einem einzigen Satz sprechen: Schauspieler, die Macbeth and Lady Macbeth darstellen.
In Sinn und Existenz liegt Gabriel folgendes Beispiel vor:
"Dies lässt sich auch anhand des Falls der vielen Hände illustrieren: Meine linke Hand ist sowohl eine Hand als auch eine Anordnung von Elementarteilchen. Sie ist ebenso eine Anordnung von Zellen oder ein Gegenstand mit einer bestimmten Bedeutsamkeit, und sie mag auch ein Kunstwerk werden, wenn ich etwa irgendwann von einem berühmten Tattoo-Künstler ein 3-D-Tattoo, das etwa meine linke Hand auf meiner linken Hand abbildet, erhalten sollte. In allen genannten Hinsichten erscheint meine Hand in verschiedenen Feldern. Die Suche nach der wahren oder wirklichen Hand hinter all diesen Händen wäre ein verfehltes metaphysisches Forschungsprojekt. Die Hand erscheint in vielen Sinnfeldern, von denen keines metaphysisch privilegiert ist, wenn es auch viele pragmatische Gründe dafür gibt, eine Hand vorzuziehen, die als intakter Körperteil an einem Organismus existiert."
Um ein wenig zusammenzufassen: die Frage war, ob es Hexen gibt, z.B. in Macbeth. Einig waren wir uns, wenn ich mich nicht irre, soweit, dass es Beschreibungen von Hexen gibt und Darstellungen von Hexen, z.B. auf einer Theaterbühne. Nicht einig waren wir uns bei der Frage, ob es Hexen z.B. in Macbeth gibt. Gabriel und Du meinen, dass dem so sei, ich meine das nicht. Wie nun das Beispiel mit der Hand dabei weiterhelfen könnte, ist mir leider unklar.
Macbeth ist der Entwurf eines Szenarios, in dem Hexen vorkommen. Der Entwurf, die Darstellung oder die Beschreibung eines Szenarios ist aber nicht das Szenario, ebensowenig wie eine Landkarte das Gelände ist. Die Frage wäre daher, ob das entworfene Szenario existiert, erst dann würden nämlich auch die darin vorkommenden Hexen existieren.
Oder, wenn wir Gabriels Nomenklatur verwenden wollen (
Prof. Dr. Markus Gabriel, Existenz, realistisch gedacht, S. 16):
"es gibt mindestens eine Hexe in Faust (man kann sich streiten, ob die Hexe in der Hexenküche ein Halluzinogen braut, so daß etwa die Walpurgnisnacht nur eine Halluzination innerhalb der Dramawelt ist), "
dann wäre die Frage, ob die Dramawelt existiert. Ich meine, dass nicht.
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mi 16. Aug 2017, 05:53
Herr K. hat geschrieben : ↑ Di 15. Aug 2017, 16:21
Um das zu vermeiden, wäre es hilfreich hier zu unterscheiden, z.B. so: Hexe[real] und Hexe[Geschichte].
Ich finde das nicht besonders hilfreich, weil man damit Geschichten aus der Realität verbannt hätte. Zudem hätte man damit gleichsam im Vorgriff den Ausgang der Diskussion festgelegt. Denn die Frage, was existiert, was real ist, ist ja gerade strittig.
Nein, man hätte damit keineswegs Geschichten als solche aus der Realität verbannt, lediglich denjenigen Inhalt der Geschichten, der lediglich fiktiv ist. Und zwischen Realem und Fiktivem zu unterscheiden erscheint mir weiterhin recht sinnvoll.
Ein bisschen verwirrend finde ich nun Deinen zweiten Satz, denn Gabriel meint wohl nicht, dass nur Reales existiere, da er ja anscheinend annimmt, dass die Dramawelt "Macbeth" (was nicht dasselbe ist wie das Theaterstück "Macbeth") existiere.
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mi 16. Aug 2017, 05:53
Allerdings gibt es ja ein Äquivalent dessen, was du dir wünschst. Existenz Angaben enthalten immer auch eine Ortsangabe, egal ob man sie ausspricht oder nicht. In die eckigen Klammern könnte man also den Bereich einfügen, solange man nicht einen einzigen Bereich, wie du es anscheinend verlangst, den anderen gegenüber als "metaphysisch privilegiert" ansieht.
Es geht nicht darum, dass ich etwas als "metaphysisch privilegiert" ansehe, sondern dass ich meine, dass Einiges, von dem Gabriel meint, dass es existiere, nicht existiert. Z.B. eben Hexen in Macbeth oder auch Einhörner in Polizeiuniformen auf der Rückseite des Mondes, (ein anderes Beispiel von Gabriel von etwas, das angeblich existiere). Es mag solche Ideen, Beschreibungen und Abbildungen geben, aber daraus folgt eben nicht, dass es das Imaginierte auch gibt. Ich unterscheide zwischen Bedeutung und Referenz eines Begriffes.