Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Sa 5. Mai 2018, 06:09
Ich frage mich gerade selbst, was ich denn gerne hören würde ... dies hier: ich würde gerne hören, wie du deine Ansichten argumentativ vertrittst und mit den Konsequenzen und Fragen umgehst, die sich aus ihnen ergeben.
Es ist meine Absicht aus der scheinbaren Ungerechtigkeit unseres Daseins den mir einzig möglichen Weg, bedingungsloser Liebe, zu vertreten, in dessen Konsequenz Fragen nach Schuld als Vorwurf und Rechtfertigung für Strafe oder schreckliche Ereignisse in den Hintergrund rücken. Streng genommen bräuchten wir dazu nicht einmal Gott, so wundervoll wirkt die stärkste Kraft des Universums unmittelbar auf unser tägliches Leben, dass ich es nur noch als einziges Wunder erfahren kann. Meine Erfahrungen/Argumente bedürfen allerdings der Überprüfung im Leben jedes einzelnen. Wer dazu nicht bereit ist, für den wird das Leben sich weiterhin je nach gewohntem Weltbild entfalten.
Die Frage nach Gott im Holocaust wird von den Juden selbst vielfältiger und in den Extremen sehr viel gewaltiger diskutiert als man vielleicht meinen möchte.
Aus einem Bericht des Deutschlandfunk von Jens Rosbach:
Im Bundestag steht ein grauhaariger Mann am Rednerpult. Er hat tiefe Furchen im Gesicht, und seine linke Hand spielt unruhig mit einer Büroklammer: Elie Wiesel, 83 Jahre alt, Shoah-Überlebender. Der amerikanische Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger spricht, am Holocaust-Gedenktag im Jahr 2000, nicht nur die Frage nach der deutschen Schuld an. Sondern noch eine andere – nicht minder brisante – Frage: Ob auch Gott Schuld habe am Massenmord an den Juden.
"Nicht einmal Gott, den Gott Israels, schien es zu rühren. Mehr noch als das Schweigen der andern war Gottes Schweigen ein Geheimnis, das vielen von uns rätselhaft bleibt und uns bedrückt bis auf den heutigen Tag. Doch dies ist ein Thema, das wir am heftigsten diskutieren, wenn wir unter uns sind."
"Ich habe mehreren Erhängungen beigewohnt. Nie habe ich einen der Verurteilten weinen sehen, denn ihre ausgemergelten Körper hatten seit langem den bitteren Trost der Tränen vergessen. Mit Ausnahme einer Vollstreckung."
Hat Gott im Holocaust sein Angesicht verborgen?
In seinem autobiografischen Buch "Die Nacht" äußert sich der ehemalige KZ-Häftling Elie Wiesel noch klarer, noch radikaler über Gott. In der Schlüssel-Szene kommen drei Lager-Insassen an den Galgen, darunter ein Kind. Alle anderen Inhaftierten werden gezwungen zuzuschauen.
"Wo ist Gott, wo ist er?" fragte jemand hinter mir… Auf ein Zeichen des Lagerchefs kippten die Stühle um. Die beiden Erwachsenen lebten nicht mehr. Aber der dritte Strick hing nicht leblos, der leichte Knabe lebte noch. Mehr als eine halbe Stunde hing er so und kämpfte vor unseren Augen zwischen Leben und Sterben seinen Todeskampf. Hinter mir hörte ich denselben Mann fragen: "Wo ist Gott?" Und ich hörte eine Stimme in mir antworten:
"Wo er ist? Dort hängt er, am Galgen..."
http://www.deutschlandfunkkultur.de/jue ... _id=376897
Aus Wikipedia Holocaust-Theologie:
Antworten des orthodoxen und ultraorthodoxen Judentums
Viele Anhänger des ultraorthodoxen Judentums sehen die Schuld für den Holocaust darin, dass zahlreiche europäische Juden die jüdischen Traditionen aufgegeben und stattdessen Ideologien wie den Sozialismus, den Zionismus oder andere nicht-orthodoxe jüdische Strömungen angenommen hatten. Andere meinen, Gott habe die Nationalsozialisten geschickt, um die Juden zu ermorden, weil die orthodoxen europäischen Juden nicht genug getan haben, um diese Trends zu bekämpfen, oder weil sie nicht den Zionismus unterstützten. Nach dieser ultraorthodoxen Theodizee waren die Juden Europas Sünder, die es verdient hatten zu sterben, und Gott, der dies erlaubte, handelte richtig und gerecht.
Aber auch die umgekehrte Ansicht gibt es: Die Religiösen Zionisten verstehen den Holocaust als kollektive Strafe für die fortgesetzte jüdische Untreue gegenüber dem Land Israel. Rabbi Mordecai Atiyah war ein führender Vertreter dieser Idee. Rabbi Zwi Jehuda Kook und seine Schüler vermieden für sich diese harte Position, aber auch sie verbinden den Holocaust mit dem Wiedererkennen von Zion. Kook schreibt: „Wenn das Ende kommt und Israel erkennt es nicht wieder, wird eine grausame göttliche Handlung erfolgen, durch die das jüdische Volk aus seinem Exil entfernt wird.“[3] Auch hier wird der Holocaust in eine eschatologisch notwendige Abfolge von Ereignissen eingebettet.
Rabbi Chaim Ozer Grodzinsky behauptete 1939, die Verfolgung der Juden durch die Nationalsozialisten beruhe auf den Fehlern der nicht-orthodoxen Juden.
Emil Fackenheim
Emil Fackenheim ist bekannt für seine vorsichtige Betrachtungsweise des Holocaust, in dem er eine neue Offenbarung Gottes zu finden glaubt. Für Fackenheim ist der Holocaust ein „epochemachendes Ereignis“. Im Gegensatz zu Richard Rubensteins bekannten Ansichten sagt Fackenheim, die Menschen müssten weiterhin ihren Glauben an Gott und Gottes kontinuierliche Rolle in der Welt bekräftigen. Fackenheim meint, der Holocaust offenbare uns ein neues biblisches Gebot: „Du sollst Hitler keine postumen Siege überlassen!“
Harold Kushner, William Kaufman und Milton Steinberg
Die Rabbiner Harold Kushner, William E. Kaufman und Milton Steinberg glauben, dass Gott nicht allmächtig ist, und deshalb sei er nicht verantwortlich, wenn die Menschen ihren freien Willen missbrauchen. Es gibt daher keinen Widerspruch zwischen der Existenz Gottes und der Ausübung böser Taten durch Teile der Menschheit. Die Vertreter dieser Ansicht berufen sich dabei auch auf klassische jüdische Autoritäten wie Abraham ibn Daud, Abraham ibn Ezra und Gersonides.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Holocaust-Theologie
Und auch der Gedanke der Seelenwanderung wird diskutiert:
Aus jüdische Info:
Eine der größten Herausforderungen auf dieser Welt besteht darin, dass wir nicht verstehen können, warum es auf dieser Erde so viel Leid gibt. Wenn wir Krisen, Traumen oder Trauer erleben, dann suchen wir oft intuitiv nach dem Sinn und Grund. Die furchtbare Erkenntnis, dass wir vielleicht niemals die Antworten, nach denen wir suchen, finden werden, verunsichert uns. Eine Möglichkeit, mit der die kabbalistischen Schriften unseren Glauben wieder herzustellen versuchen, ist die Darstellungen der Reinkarnation und Seelenwanderung. Obwohl es zu diesem Thema in den Heiligen Schriften keine direkten Abhandlungen gibt, legt der berühmte Kabbalist Arisal in dem Werk „Schaar HaGilgulim – Das Tor der Wiedergeburt“ seine Prinzipien der Reinkarnation dar.
https://de.chabad.org/library/article_c ... nation.htm