Das hast Du doch selbst so gesagt, Beispiel, dass irgendwann alles gesagt ist.Friederike hat geschrieben : ↑Di 21. Aug 2018, 09:04Das kurbelt mich an wie ... ich weiß nicht wie. Fühlt sich irgendjemand von Euch frei? Frei, andere Gefühle zu haben, frei, andere Gedanken zu haben, frei, andere Verhaltensmuster zu haben? Ich nicht.Tosa Inu hat geschrieben : Ein größeres Ich bedeutet immer mehr Freiheit, man hat die Wahl sich da einzuklinken, muss es aber nicht dranghaft tun.
Das impliziert, dass sich da was geändert hat.
Ferner hast Du erwähnt, das Du Veränderungen an den Menschen feststellst und diese Dich interessieren.
Du reagierst ja auch nicht auf jeden Impuls, aber kannst Dir vielleicht vorstellen, dass man, wenn X sein Haustier oder Mittagessen postet, den Impuls haben kann, das auch zu tun. Ich kann das zumindest nachvollziehen, auch die Lust von sich zu erzählen, was ja auch nicht ehrenrührig ist.
Was in netter Runde angemessen ist, ist in einer philosophischen Diskussion eher unangemessen, da nicht die eigene Sicht entscheidet, sondern, wie man diese begründet. Das zu kapieren oder zu verfehlen, weil man aus dem bockigen "das meine ich aber trotzdem, bäh"-Modus nicht rauskommt, kann ja sein was es will, in jedem Fall ist es unphilosophisch (oder aphilosophisch).
Die Frage ist aber nun, wie anders muss ich denn sein, um erleuchtet zu sein? Muss man dann seinen Musikgeschmack ändern, weil Brahms zu lieben so ekelhaft auswählend ist? Muss man alles gleich gut finden, weil man keine Unterschiede mehr macht?
Oder wissen wir doch eh alle, dass das mit der Erleuchtung nur ein feuchter Traum ist? Oder nur wenigen Ausnahmetalenten vorbehalten?
Man kann ja sagen, was es heißt ein halbwegs stabiles Ich zu haben, nämlich keine Identitätsdiffusion. Nicht weil irgendwer das erfunden hat und man das nun richtig finden muss, sondern weil diese Grenze mit sehr spezifischen Einsichten und Fähigkeiten, bzw. auf der anderen Seite deren Verlust einher geht.
Man kann ebenfalls sagen, was es heißt, ein philosophisches oder reflexives Ich zu haben, im allgemeinen meint das, das Spiel des Gebens und Nehmens von Gründen zu spielen, sich von besseren Argumenten bezwingen zu lassen und nicht bei seinem Lieblingsthema zu bocken. Auch das sind klar benennbare Fähigkeiten/Unfähigkeiten, was ja nicht heißt, dass man nicht ein liebenswerter Mensch, ein großer Musiker oder eine Rakete im Bett sein kann. Das Leben ist ja kein philosophischer Diskurs, die meisten kommen Zeit ihres Lebens ohne größere Reflexion aus.
Und Erleuchtung? Ist man dann Supergirl, oder worum geht es? Wenn man eins mit allem und allen ist, wer ist man denn dann? Woanders lese ich, dass die Grenze von Innen und Außen letztlich eine Konvention ist. Der frühe Wilber stellt schön dar, wie das Setzen dieser Grenzen die Unterschiede zwischen den Menschen markiert. Wie ist das Verhältnis von Ich und Körper, in meinem alltäglichen Empfinden?
Wenn der Körper und seine Impulse dominieren, bin ich Sklave meiner Affekte, wie schon Kant wusste, heute nennt man das Borderline-Störung. Aber ist das nicht Erleuchtung spontan und offen zu sein?
Wenn ich allerdings mein Triebleben abwürge, drohe ich neurotisch zu werden. Das kann es auch nicht sein. Dann bin ich in meinem Empfinden irgendwer oder irgendwas und habe einen Körper, der an mir dran hängt, mir zu gehorchen hat, mit dem ich aber im Grunde nichts zu tun habe, außer, dass er das Lasttier ist, das ich reite, mich durchs Leben trägt. So empfinden die meisten Menschen.
Die nächste Stufe wäre im Grunde, die psychosomatische Einheit Ich auszubalancieren sich die Spontaneität und Kreativität der Affekte zu erhalten und ihnen eine andere Form zu geben, als das spontane Agieren oder das langfrisitige Verdrängen. Einen richtigen, unmittelbaren Kontakt zu sich, seinem Körper, seinen Gefühlen zu bekommen und nicht erst zu reagieren, wenn der Körper mit psychosomatischen Symptomen laut aufschreit.
Was man da in sich sieht und erkennt, erkennt man zugleich auch in anderen, was die Notwendigkeit zu Projektionen dramatisch senkt.
Allerdings, Wilber erläutert es großartig, ist dieser Zustand zwar der höchste, der in normaler Entwicklungspsychologie noch durchgewunken wird, nur fühlt sich ein großer Teil derer, die hier irgendwann mal ankommen, nicht großartig, sondern hundeelend. Wilber argumentiert hier großenteils gegen die Existentialisten, die s.E. eine sehr hohe Stufe der Erkenntnis erreicht haben, aber mit ihrer Authentizität nicht umgehen können und deshalb oft freudlos und verbittert werden. Hier schummelt er glaube ich etwas, weil es auch die Variante der heiteren Lebenmänner im Angesicht des ohnehin Absurden gibt, dennoch legt Wilber argumentativ noch einmal nach und begründet die schlechte Laune mit einem Wegfall der Verdrängungsschranke, was nichts anderes heißt, als dass die ganzes früheren neurotischen Teile, die weggeschlossen waren nun wieder an Tageslicht kommen und das ist alles andere als schön.
Doch für Wilber ist der Weg hier nicht zu Ende, sondern man steht an der Schwelle zur Spiritualität und da werden die Karten noch einmal neu gemischt, wenn nämlich wirklich die Differenz von Ich und Du, Ich und Welt langsam transzendiert wird. Eine schöne Antwort hat der Dalai Lama gegeben, die Lösung liegt u.a. darin, dass man nicht aus Gewohnheit darauf achtet, ob etwas nun mir oder dir dient und dann darüber sinniert, ob das was mir gut tut nicht zu egozentrisch und unerleuchtet ist, sondern, wenn es darum geht Leid zu reduzieren, was eines der Versprechen des Bodhisattva-Gelübdes ist, schaut man nur noch, ob man irgendwo Leid entdeckt. Wenn ich es bin, der leidet, helfe ich mir, wenn es ein anderer ist, dem anderen, in angemessener Art und Weise, was dann Idiotenmitleid ausschließt, wie dem Alkoholiker Schnaps zu geben, weil es ihm dann besser geht. Aber es bringt eben auch nicht immer etwas, Menschen ihre Projektioen zu lassen, machmal aber auch doch. Zur eigenen Erleuchtung, auf die man im Boddhisattva Gelübde angeblich oder tatsächlich verzichtet, meinte Kalu Rinpoche knapp: "Wie kannst Du andere erleuchten, wenn Du selbst nicht erleuchtet bist, Du Idiot?", was irgendwie nicht ganz sinnfrei ist.
Auch philosophisch ist es interesssant, was man tut, wenn man scheinbar bescheiden auf die eigene Erleuchtung verzichtet. Oft meint man an dem Thema interessiert zu sein, aber erleuchtet, nee, so weit will man sich ja doch nicht aus dem Fenster wagen. Also sagt man, dass man dran glaubt und irgendwie auch schon mal gehört hat, dass das real sein soll, aber man selbst ... nein, nein. Und dann kommen die 12 Gründe warum man nicht erleuchtet ist, mit denen man dann die Behauptung aufstellt, genau zu wissen, was man zur Erleuchtung braucht, Wilbers treffende Pointierung: Ein Mensch, der vom Hals an abwärts gelähmt ist. Also so ein gut gelauntes Grinsemonster, ohne jedes Interesse an Besitz, Sex und irgendwas, was man gewöhnlich mit Menschen assoziiert.
Ich habe keine Ahnung von Erleuchtung, weil ich genau weiß, wie ein erleuchtter Mensch tickt, ist nun aber ein gut erkennbarer Selbstwiderspruch.
Auf dem meditativen Weg wird man, wenn es gut läuft, von dem Unsinn geheilt.