Günter Kunert wird 90

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Stefanie
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Do 11. Apr 2019, 11:33

Wenn in der Sprache und durch die Sprache nicht alle gleichermaßen repräsentiert werden, nicht alle Gleichmaßen angesprochen werden und oft immer noch nur mitgedacht werden müssen, werden diejenigen, die unterrepräsentiert in der Sprache wie Frauen, und Frauen immerhin die Hälfte der Bevölkerung ausmachen, weniger berücksichtigt, weniger wahrgenommen als Männer. Allein schon durch die Sprache.
Es gibt nicht nur den Arzt, Richter, Polizist, Erzieher, Geschäftsführer, Ingenieur, Sachbearbeiter, Verkäufer, Kunde, Klient, sondern auch die Ärztin, Richterin, Polizistin, Erzieherin, Geschäftsführerin, Ingenieurin, Sachbearbeiterin, Verkäuferin, Kundin, Klientin usw.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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TsukiHana
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Do 11. Apr 2019, 11:33

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 11:20
Es handelt sich bei beidem um Benachteiligungen und es gibt zu beidem Untersuchungen.
Dann mag das (für andere Frauen) eine Benachteiligung sein, Lohnungleichheit hingegen ist eine schreiende UNGERECHTIGKEIT!
Und ich behaupte mal, dass mit der Beseitigung dieser Ungerechtigkeit viele weitere Benachteiligungen verschwinden würden.
Aber wo kommen wir denn hin, wenn die Arbeit der Frau SO eine Wertschätzung erfahren würde?

Übrigens... diese Einstellung habe ich nicht erst seit der Gender-Sternchen-Debatte!
Um es mit Gerburg Jahnke zu sagen: … "ich habe ganz schlimm Feminismus!" :lol:



Wozu die Tage zählen!?
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Jörn Budesheim
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Do 11. Apr 2019, 11:53

Wir kommen da nicht zusammen :-) Eine Benachteiligung ist eine Benachteiligung, auch wenn es andere noch gravierendere Benachteiligungen gibt. Ich sehe daher keinen Grund, sowohl gegen eine Benachteiligung in der Sprache als auch beim Lohn und gegen jede andere Benachteiligung auch zu sein.




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Friederike
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Do 11. Apr 2019, 15:26

TsukiHana hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 11:33
Dann mag das (für andere Frauen) eine Benachteiligung sein, Lohnungleichheit hingegen ist eine schreiende UNGERECHTIGKEIT! Und ich behaupte mal, dass mit der Beseitigung dieser Ungerechtigkeit viele weitere Benachteiligungen verschwinden würden. Aber wo kommen wir denn hin, wenn die Arbeit der Frau SO eine Wertschätzung erfahren würde?
Die eine Ungerechtigkeit betrifft die soziale Praxis, und sicher sind Benachteiligungen, die das Leben mit Haut und Haaren tangieren, direkter, unmittelbarer spürbar. Insofern haben sie mehr Gewicht als die sprachliche Ungerechtigkeit. Nur: Mit der Sprache werden die sozialen, d.h. die Praxis bezogenen Ungerechtigkeiten immer wieder neu etabliert und in der Sprache, wie ich vorhin schon schrieb, spiegeln sich die Ungleichbehandlungen wieder. Das sind zwei Aspekte, von denen ich meine, daß sie nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten. Beide Aspekte gehören zusammen.




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Friederike
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Do 11. Apr 2019, 15:47

TsukiHana hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 10:35
Die aufgesetzte Forderung, wonach die Sprache jetzt nun unbedingt "weiblicher" werden soll/muss, ist für mich pure Heuchelei, wenn die Lohnungleichheit, die ja politisch viel leichter zu beheben wäre, immer noch so selbstverständlich ist, wie heute.
Dazu fällt mir der Begriff der "Solidargemeinschaft" ein, und auch heute noch, nach 60 Jahren "alle Jahre wieder" - Diskussion, sind die Beamten nicht beteiligt.

Eigentlich zeigt das Beispiel gut beide Aspekte. 1. Wie man mit Worten die soziale Praxis vernebelt (die Bedeutung der Sprache) und 2. den von Dir hervorgehobenen Punkt, daß die politische Umsetzung wie ein Felsumstürzen ist.




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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 12:49

Friederike hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 15:26
Die eine Ungerechtigkeit betrifft die soziale Praxis, und sicher sind Benachteiligungen, die das Leben mit Haut und Haaren tangieren, direkter, unmittelbarer spürbar. Insofern haben sie mehr Gewicht als die sprachliche Ungerechtigkeit...
Wie Du - weiter oben - richtig bemerkt hast, beschäftigt uns dieser Kampf um Lohngleichheit schon etwas länger und niemand kann mir plausibel erklären, weshalb sich in mehr als einem halben Jahrhundert politisch immer noch nichts getan hat?
Nun, die Antworten sind bekannt und ich habe keine Lust sie hier zum X-tem Mal aufzuzählen. Diese Ungerechtigkeit ist so selbstverständlich geworden, dass man kaum noch darüber redet, außer 1X im Jahr, quasi symbolisch, am "Internationalen Frauen-Tag". Sorry... da kriege ich das KOTZEN!
Für mich ist JEDER Tag ein "Frauen-Tag", 365X im Jahr!
Ein Gender-Sternchen ist reine, geheuchelte "Kosmetik" an einem Zustand fortlaufender Ungerechtigkeit, die unverzüglich beseitigt gehört! :evil:

Stellen wir uns mal vor, was mit der Sprache fast automatisch passieren würde, wenn Frauen für gleiche Arbeit auch gleichen Lohn erhalten würden?
Ich behaupte jetzt einfach mal, sie würde sich verändern.



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Jörn Budesheim
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TsukiHana hat geschrieben :
Sa 13. Apr 2019, 12:49
Ich behaupte jetzt einfach mal, sie würde sich verändern.
Warum darauf warten, wenn man es jetzt gleich machen kann? Es ergibt einfach keinen Sinn, diese beiden Ungerechtigkeiten auf irgendeine Art und Weise gegeneinander aufzurechnen oder gegeneinander auszuspielen. Da beißt du bei mir auf Granit.




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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 12:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 11:53
Wir kommen da nicht zusammen :-)
@ Jörn, ist nicht weiter schlimm für mich. :D
Ich lasse mir ja auch keine "Benachteiligung in der Sprache" einreden, wenn ich sie keineswegs so empfinde. Die ungerechte Entlohnung hingegen spüre ich jeden Tag und das wird wohl auch noch Zeit meines Lebens so bleiben.

Du kannst ja - aus reiner Solidarität - die selbstverständlichen 21% Plus Deines Gehalts für wohltätige Zwecke spenden.



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Jörn Budesheim
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Sa 13. Apr 2019, 13:05

An dem Punkt waren wir schon. Es gibt kein Einreden, es gibt darüber Zahlen Daten und Fakten. Leider :-) das sind Tatsachen.




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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 13:13

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Apr 2019, 13:05
An dem Punkt waren wir schon. Es gibt kein Einreden, es gibt darüber Zahlen Daten und Fakten. Leider :-) das sind Tatsachen.
Nee... funktioniert auch nicht bei mir! :D
Was Du "Tatsachen" nennst, stelle ich in Frage, da ich die wirklichen Probleme anders verorte.



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Jörn Budesheim
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Sa 13. Apr 2019, 13:18

Wir drehen uns im Kreis.




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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 13:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Apr 2019, 13:18
Wir drehen uns im Kreis.
Auch das ist für mich nicht weiter schlimm. :D

Ich sage es mal etwas provokativ:
Offenbar hast Du ein Problem damit, wenn eine Frau selbstbewusst eine andere/eigene Meinung vetritt, die von Deiner abweicht?

Nun, auch das kenne ich. :lol:

Bemerkenswert ist doch die Tatsache, dass wir diesen "Kreistanz" ausgerechnet hier in einem Thread über einen bemerkenswerten Dichter, der seinen 90-sten Geburtstag feiert, führen.
Ausgelöst durch Deine Bemerkung, dass G. Kunert eben auch zu den Unterzeichnern des Aufrufs zählt.
Offenbar wolltest Du damit eine "kritische Note" hinzufügen?
Weiter oben fragte ich Dich ja, wie ich denn Dein "leider" verstehen soll?

An meiner Begeisterung für sein Werk ändert sich damit nichts. Hab mir gerade sein letztes Buch bestellt...
Allerdings wächst jetzt meine Neugierde auf seine Begründung, die dazu führte, dass er den Aufruf unterzeichnete.



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Jörn Budesheim
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TsukiHana hat geschrieben :
Sa 13. Apr 2019, 13:32
Ich sage es mal etwas provokativ:
Offenbar hast Du ein Problem damit, wenn eine Frau selbstbewusst eine andere/eigene Meinung vetritt, die von Deiner abweicht?
Was sollte daran "offenbar" sein? Folgt das daraus, dass ich mich hier für die Rechte der Frauen einsetze?




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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 13:52

Wenn Du schreibst "wir kommen nicht zusammen", hat das für mich nichts bedrohliches.
Ich kann damit gut leben, denn das wird sicherlich auch noch bei anderen Themen der Fall sein.

Mit Deinem "leider" hast Du allerdings hier eine Debatte geprägt, die nicht ganz in Deinem Sinne verlaufen ist...
Damit musst Du halt auch rechnen. ;)



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Jörn Budesheim
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Sa 13. Apr 2019, 13:59

Ich finde es schade, wenn Leute, die ich im Grunde schätze, solche Briefe unterschreiben - daher: "leider". Die Gleichstellung der Frau auch in der Sprache wird sowas auf Dauer natürlich nicht verhindern.

Ist die Debatte wirklich nicht in meinem Sinne verlaufen? Ich finde doch!




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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 14:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 13. Apr 2019, 13:59
Ist die Debatte wirklich nicht in meinem Sinne verlaufen? Ich finde doch!
Dann ist es ja prima! Gut, dass wir darüber geredet haben... :D

Ich freue mich schon auf die grandiose Veränderung der Sprach durch selbstbewusste, eigenständige Frauen, die endlich einen gerechten Lohn für ihre Leistungen erhalten werden.



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Jörn Budesheim
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Sa 13. Apr 2019, 17:50

Das solltest du auch :P




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Jörn Budesheim
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So 14. Apr 2019, 08:47

Günter Franz hat geschrieben :
Mi 10. Apr 2019, 06:46
Nebenbei streue ich in meinen Sprachgebrauch immer mal wieder die rein weibliche Schreibweise ein.
Wenn ich mich nicht komplett täusche, habe ich das zum ersten Mal bei Richard Rorty gesehen/gelesen. in seinem Buch "Kontingenz, Ironie und Solidarität" spricht er, glaube ich, durchgängig von der Ironikerin.

Nach meinem Gefühl besteht die beste Strategie darin, dass eine Art (Wett-)Streit um die richtige Form gibt. Es sollte viele verschiedene Angebote und Versuche geben. Am Ende (nach der Experimentierphase) kann man dann - so ist zu hoffen - den Wunsch nach einer schönen Sprache und nach einer angemessenen Ausdrucksweise verbinden.




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TsukiHana
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So 14. Apr 2019, 14:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 14. Apr 2019, 08:47
[der] Wunsch nach einer schönen Sprache und nach einer angemessenen Ausdrucksweise...
Wenn ich versuche die gegenwärtige Situation/Debatte als "Experimentierphase" zu betrachten, stimmt es mich schon etwas milder. Schließlich muss ich mich an diesen "Experimenten" nicht beteiligen, da ich unsere Sprache - so wie sie ist! - liebe. Sollte der Ausgang dieser "Experimente" (Jungs, viel Spaß dabei! :D ) der Schönheit der Sprache, die sich am deutlichsten für mich in ihrem poetischen Gehalt zeigt, schaden...

...dann steige ich ganz gewiss auf die Barrikaden! :lol:



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Günter Franz
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Fr 26. Apr 2019, 21:24

TsukiHana hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 11:33
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 11. Apr 2019, 11:20
Es handelt sich bei beidem um Benachteiligungen und es gibt zu beidem Untersuchungen.
Dann mag das (für andere Frauen) eine Benachteiligung sein, Lohnungleichheit hingegen ist eine schreiende UNGERECHTIGKEIT!
Und ich behaupte mal, dass mit der Beseitigung dieser Ungerechtigkeit viele weitere Benachteiligungen verschwinden würden.
Aber wo kommen wir denn hin, wenn die Arbeit der Frau SO eine Wertschätzung erfahren würde?

Übrigens... diese Einstellung habe ich nicht erst seit der Gender-Sternchen-Debatte!
Um es mit Gerburg Jahnke zu sagen: … "ich habe ganz schlimm Feminismus!" :lol:
Wo wir da hin kämen? In eine an ganz wesentlicher Stelle unmittelbar bessere Welt!




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