Der Begriff "Kultur"

Kultur- und Geisteswissenschaften im erweiterten Umfeld der Philosophie
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TsukiHana
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Mi 10. Apr 2019, 23:10

@ Günter, genau! JEVER & Labskaus-Studium und das nennen wir dann "KULTUR-Austausch" :D



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Friederike
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Fr 12. Apr 2019, 12:37

szimmer hat geschrieben :
Mo 8. Apr 2019, 22:18
Für neue Verhaltensformen aus moralischer Entrüstung heraus auch gleich einen neuen Begriff, die Unkultur, zu nehmen ist durchaus authentisch bzw ... adequat zu nennen. Dabei fällt mir auf dass Begriffe wie ungesittet oder gar ungehobelt zumindest in der Generation meiner Eltern (Kriegsgeneration) noch verwendet wurden. Das hat aber immer einen allgemein gültigen urteilenden Moralcharakter. Meiner Meinung nach wäre Smartphonejunkee, Ignorant, Narzisst mit sozialer Gleichgültigkeit etc. passender ... aber vll. auch nur weil die Wut bzw. der Ärger bei mir da unkultiviert erstmal vorrangig zur wohlüberlegten moralischen allegemeingültigen Einordnung ist ... frei nach dem Motto "jedem das Seine"... oder Irr/hrige 😈
Apropos Verstehens-Thread:

Eine Verhaltensweise "Unkultur" oder "unkultiviert" zu nennen, gehört für Dich in den Bereich der moralischen Bewertung?

Smartphonejunkee, Ignorant, Narzisst sind für Dich Beschreibungen, jedenfalls Kennzeichnungen, die nicht moralischer Art sind?

Worauf ich mir überhaupt keinen Reim machen kann (wie man so sagt) - was meinst Du mit "authentisch" und "adäquat" im ersten Satz @Stefan. Ich habe keinen blassen Schimmer, in welchem Ton der Satz geschrieben ist, ironisch, bissig, ernst?




szimmer
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Fr 12. Apr 2019, 20:31

Friederike ich wollte schlicht zwischen dem Unterschied fast schon allgemeiner Beurteilungen wie im Begriff Unkultur und einer meiner persönlichen Bewertung hinweisen. Ich habe ja nicht behauptet dass meine Ausdrücke besser sind als etwas wie Unkultur. Nur "mir" naheliegender, treffender... 😉

Apropos: auf Begriffe wie Unkultur kann ich mir auch keinen Reim machen. Das wäre meiner Meinung nach auch unadequat ähm unpassend dem ein Unding beschreibendes also etwas Negatives beschreibenden Begriff gegenüber...



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TsukiHana
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Sa 13. Apr 2019, 12:22

@ Friederike + @ Stefan, gerade überlegte ich, ob und wann ich selbst die Begriffe "Unkultur" und/oder "unkultiviert" benutze.
Meistens sind es Momente der Entrüstung, wenn mich unangebrachtes Verhalten meiner Mitmenschen sprichwörtlich auf die Palme bringt.
Neulich ging es mir so, als ich in einem Naturschutzgebiet an der Elbe achtlos entsorgten Müll fand! Es machte mich wütend und ich schimpfte, wie ein Rohrspatz, was ich hier nicht weiter detailliert zitieren möchte...
War das eine moralische Bewertung? Ein ethisches Urteil?



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Friederike
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So 14. Apr 2019, 12:24

TsukiHana hat geschrieben :
Sa 13. Apr 2019, 12:22
@ Friederike + @ Stefan, gerade überlegte ich, ob und wann ich selbst die Begriffe "Unkultur" und/oder "unkultiviert" benutze. Meistens sind es Momente der Entrüstung, wenn mich unangebrachtes Verhalten meiner Mitmenschen sprichwörtlich auf die Palme bringt. ging es mir so, als ich in einem Naturschutzgebiet an der Elbe achtlos entsorgten Müll fand! Es machte mich wütend und ich schimpfte, wie ein Rohrspatz, was ich hier nicht weiter detailliert zitieren möchte ...
War das eine moralische Bewertung? Ein ethisches Urteil?
Da Du ein Urteil "fällst", das auf der Grundlage eines "schlecht" getroffen wird, ein schlechtes, weil schädliches Verhalten für ..., würde ich sagen, es sei ein moralisches Urteil. Das Seltsame ist, daß meine Intuition meint, es sei ein ethisches Urteil, was ich aber gar nicht begründen kann. Vielleicht hilft jemand von Euch aus?




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TsukiHana
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So 14. Apr 2019, 13:42

@ Friederike, genau an dem Punkt bleibe ich auch hängen und komme nicht weiter.



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Friederike
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So 14. Apr 2019, 15:11

Eine Begründung, die auf der inhaltlichen Unterscheidung von "Moral" und "Ethik" beruht, habe ich bisher nicht finden können. Deswegen vorläufig nur die Idee, daß es schlicht und einfach daran liegt, daß im Kontext von Umweltbelangen, so zumindest ist mein Eindruck, in der Regel von Umwelt-Ethik oder von ethischen Problemen, die die Umwelt betreffen, gesprochen und geschrieben wird. Dann würde die Intuition, daß es sich um ein ethisches Urteil handelt, darauf zurückzuführen sein, was wir sprachlich gewohnt sind zu hören. Das ist eine, wie ich selber finde, reichlich unbefriedigende Antwort.




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TsukiHana
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So 14. Apr 2019, 15:38

@ Friederike, ganz so unbefriedigend finde ich Deine Gedanken gar nicht. Im Gegenteil, ich kann sie nachvollziehen, wenn ich dabei meinen eigenen Sprachgebrauch überdenke. Mit Moral-Begriffen habe ich (oft) so meine Schwierigkeiten, doch die stehen jetzt auf einem anderen Blatt...
In Momenten höchster Empörung (Fälle von massiver Umweltverschmutzung in einem NSG) achten wir wohl nicht so sehr auf Sprache. :D
Auch meine Intuition sagt mir, es geht hier um Ethik, besser noch, um den Mangel als ethischem, also der Umwelt gegenüber angemessenem Verhalten.



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szimmer
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So 14. Apr 2019, 19:13

Ethik, Moral etc. sind menschliche Kategorien. Da der Mensch aber nur ein Teil der Natur ist und es in der Natur per se diese Kategorien nicht gibt bzw. gab "vor der menschlichen Kultur", wurden sie von den Menschen als kulturell entwickelte Begriffe bzw. Kategorien eingeführt bzw. Ihr überbaut* als Kultur bis zur Hochkultur in Rechtswesen, Religion, Philosophie, Sitte. Die Natur gehorcht aber nur Naturgesetzen. Es wird also immer einen Disput zwischen menschlichen Wertungen durch Worte geben...und der Natur...wobei es diese als solche ohne den menschlichen Einfluss eigentlich kaum mehr gibt. Abgesehen von der Erde die sich auch noch ohne Menschen und deren Kultur und Zerstörung drehen wird...

*"Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan."
1. Mose



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Jörn Budesheim
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Mo 15. Apr 2019, 06:26

szimmer hat geschrieben :
So 14. Apr 2019, 19:13
Es wird also immer einen Disput zwischen menschlichen Wertungen durch Worte geben...und der Natur...
Mir ist nicht ganz klar, worauf du mit deinem Beitrag hinaus willst. Ein Versuch, es zu verstehen ... Disput=Konflikt/Spannung? Der Mensch ist immer sowohl ein Natur- als auch ein Kultur-wesen und "dazwischen" können Spannungen entstehen. Man spricht hier manchmal auch von der ersten und von der zweiten Natur, die sich durchaus manchmal reiben können. Ist das dein Punkt? Und wohin willst du damit?
szimmer hat geschrieben :
So 14. Apr 2019, 19:13
Wertungen durch Worte
Wir können unsere Bewertungen mit Worten ausdrücken, das stimmt. Bei vielen unserer Gefühlen handelt es sich meines Erachtens um die Wahrnehmung von Werten. Solche Vorgänge kommen auch ohne Worte raus... ich kriege nicht so richtig die Stoßrichtung deines Beitrages hin?!

Noch ein kleiner Einwand. Der Mensch ist nicht das einzige Wesen, welches Ethik und Kultur kennt. Kultur fängt schon da an, wo z.b. bestimmte Fähigkeiten nicht über das Erbgut weitergegeben werden, sondern gelernt und gelehrt werden. Das gibt es schon bei bestimmten Affenarten. Dort gibt es tatsächlich so etwas ich verschiedene Kulturkreise, was man z.b. daran sieht, dass sie das Öffnen der Kokosnuss in verschiedener Art und Weise tradieren. Das mag einem wie eine Kleinigkeit erscheinen, aber man muss es bereits unter Kultur verzeichnen.

Und manche Affenarten haben bereits ethische Kategorien, sie haben bestimmte Vorstellungen von Fairness und Gerechtigkeit.





szimmer
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Mo 15. Apr 2019, 19:32

Du hast praktisch schon ein Beispiel selbst gebracht: das sind rein menschliche Bewertungen durch Interpretation mit der Gerechtigkeit, etc. Ohne Worte keine Werte und Bewertungen. Einem Tier fehlt das Werkzeug Sprache um solche "überhaupt" vornehmen zu können...ein Tier führt eine Aktion aus, aus der Situation heraus, aus Impulsen... Ob das gut für es ist, es sich dabei wohlfühlt oder ob es Gerechtigkeitsmaßstäbe anlegt..
ist nicht beweisbar, nur von Menschen reininterpre.tier.bar oder projezierbar. Thema "Gefühl"...unbewusst/bewusst....aber das fange ich jetzt nicht wieder an.
Der Wissenschaftler beobachtet etwas, dann kommt ihm etwas bekannt vor, er denkt an Gerechtigkeit und meint "logisch" beim Tier sei es auch so...er führt einen Nachweis, aber keinen Beweis durch...

Gerade das Thema "Gerechtigkeit" ist so ziemlich der subjektiv menschlichste Wert den es gibt...nur so am Rande: bei 4 Himmelsrichtungen + oben und unten ist die richtige Richtung nie allgemeingültig...max. für ein paar Individuen die sich auf dieselbe Richtung geeinigt haben... 😁

Deshalb heißt es redlich ja auch "ich empfinde etwas als ungerecht", "man kann beim Affen ein Gefühl für Gerechtigkeit annehmen/vermuten" oder "eine Partei hat sich die soziale Gerechtigkeit auf die Fahne geschrieben" ...



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Mo 15. Apr 2019, 19:56

Falls Du noch Diskussionsstoff brauchst:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Umwertung_aller_Werte



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TsukiHana
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Di 16. Apr 2019, 00:10

Ich kann mich gerade auf keine Worte konZENtrieren…

Ein Kultur-Denkmal brennt... und ich kann nur weinen...



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Jörn Budesheim
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Di 16. Apr 2019, 05:10

szimmer hat geschrieben :
Mo 15. Apr 2019, 19:32
Gerade das Thema "Gerechtigkeit" ist so ziemlich der subjektiv menschlichste Wert den es gibt
Was meinst du damit? Insbesondere habe ich keine Vorstellung, was du unter dem Begriff "subjektiv" in diesem Zusammenhang verstehen könntest. Zu dem Begriffspaar "subjektiv/oder" habe ich mal einen neuen Thread eröffnet, dort kann man ja die verschiedenen Bedeutungsaspekte mal zur Sprache bringen > https://www.dialogos-philosophie.de/viewtopic.php?t=637

Zurück: Ich hatte in dem Beitrag 30414 den Versuch gestartet, etwas besser zu verstehen, worauf du hinaus willst... aber, ehrlich gesagt, deine Antwort hat mich nicht wirklich weiter gebracht, sondern es stellen sich mir jetzt neue Verständnisfragen :( Vor allem ist mir der Zusammenhang zum Thema Kultur nicht klar.




szimmer
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Di 16. Apr 2019, 07:10

"Subjektive Gerechtigkeit" als extrem von der Perspektive "von innen nach außen" eines Individuums abhängige Richtung...

...aber vll. können das andere besser ausdrücken...d.h. der Sache objektiv betrachtet gerechter werden... 😉



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Jörn Budesheim
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Di 16. Apr 2019, 08:54

szimmer hat geschrieben :
Di 16. Apr 2019, 07:10
"Subjektive Gerechtigkeit" als extrem von der Perspektive "von innen nach außen" eines Individuums abhängige Richtung...
Also so etwas wie individuelle "Projektion"?

Um ein Beispiel zu nehmen, was hier vor kurzem Thema war: Lohn(un)gleichheit zwischen Mann und Frau. Den Umstand, dass Frauen im Schnitt 20% weniger Lohn erhalten, halte ich für eine schreiende Ungerechtigkeit. Und jemand, der das anders sieht, irrt. Denn es ist objektiv gesehen falsch, Menschen allein aufgrund ihres Geschlechts schlechter zu bezahlen.




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Friederike
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Mi 17. Apr 2019, 14:48

szimmer hat geschrieben :
Mo 15. Apr 2019, 19:56
Falls Du noch Diskussionsstoff brauchst: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Umwertung_aller_Werte
Ich lese dort unter dem link, daß Nietzsche meint, der Ausdruck "Froschperspektive sei den Malern geläufig" ... vermutlich ist er in den Jährchen, die seither vergangen sind, zu einem allseits bekannten Ausdruck geworden.

Aber nebenbei hat mich allein dieser eine Satz daran erinnert, daß Nietzsche inspirierende Texte geschrieben hat ... frech, sarkastisch, klug, aufmüpfig, poetisch, kenntnisreich, tiefgründelnd usw. usf.





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Jörn Budesheim
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So 28. Jul 2019, 09:45

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Mo 29. Jul 2019, 13:14

[...] der geistige Boden, der unsere innere Überlebensfähigkeit sichert.

Hm, die innere Überlebensfähigkeit? Die des dt. Volkes oder die jedes einzelnen Menschen, unabhängig von Nation und Ethnie? Letzteres denke ich, ist gemeint. Daß also Kultur, hier im weiten Sinne von "Kunst" gebraucht, für die Entfaltung eines reifen, klugen Individuums unverzichtbar ist.




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