Über einige Aspekte der Philosophie Hans Blumenbergs

In desem Forum kann die Philosophie des deutschen Philosophen Hans Blumenberg diskutiert werden.
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Friederike
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Mo 7. Okt 2019, 10:06

Nauplios hat geschrieben :
So 6. Okt 2019, 20:08
[...] ich würde auch gerne noch ganz kurz auf den Kant´schen Symbolbegriff zu sprechen kommen.
Den gesamten Abschnitt über Kant verstehe ich noch nicht. @Alethos, Du hattest diese Passagen gestern schon referiert, allerdings hatte ich auch Deine Wiedergabe nicht verstanden (Reflexion, Regel).

Sofern ich Blumenberg richtig folge, greift er ausschließlich im Zusammenhang mit der "absoluten" Metapher auf Kants KdU zurück, d.h. es geht ihm hier nicht um die "gemeine" (mein Ausdruck) Metapher. Mir ist unklar, warum Blumenberg nicht "Symbol" sagt, sondern auf dem von ihm ersonnenen Begriff "absolute Metapher" besteht. Er schreibt dazu (S. 15), Kant habe Gründe gehabt, den Symbolbegriff nicht den "neuen Logikern" zu überlassen und diese Gründe bestünden nun nicht mehr; es gäbe daher keinen Grund, diesen Begriff zu "verschenken".

Da Ihr @Alethos @Nauplios die Definition der "absoluten" Metapher schon mindestens zweimal notiert habt, erspare ich mir die Mühe des neuerlichen Tippens. Ein Symbol (auch ein Wort kann Symbol sein) steht für etwas Anderes, das nicht "Symbol" ist. Es tritt an die Stelle dessen, wofür es steht. Es kann nicht in Begrifflichkeiten aufgelöst werden. Das entspricht, soweit ich es einzuschätzen vermag, genau Blumenbergs "absoluter" Metapher.

Vielleicht, falls Ihr darauf antwortet, erhellt sich mir im Zuge dessen dann auch mehr, was es mit der Reflexion auf sich hat. Das entzieht sich im Augenblick noch so sehr meinem Verstehen, daß ich nicht einmal eine Frage zu formulieren imstande bin.




Nauplios
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Mo 7. Okt 2019, 10:25

Mein Vorschlag, auch unausgegoren: ich warte so lange mit weiteren Beiträgen, bis sämtliche Probleme aufgespürt, "durchgekaut" und von jedem am eigenen Leib erspürt worden sind. Ein solches "langsames und intensives Vorgehen" dauert auch nicht lange. Es ist meist schon "nach Jahren" abgeschlossen. -

Warum dieses Verfahren allerdings in keinem der tausend anderen Blumenberg-Threads geführt werden kann, bleibt mir - schleierhaft. Um das Verfahren hier nicht zu stören, plaziere ich meine Einfälle bis dahin im Blog. -




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Friederike
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Mo 7. Okt 2019, 10:48

Nauplios hat geschrieben :
So 6. Okt 2019, 12:59
Blumenberg schlägt nun die Metapher als "´übertragene´ Rede" jener Vico´schen "Logik der Phantasie" zu, löst sie also aus der "traditionelle(n) Einordnung der Metapher in die Lehre von den Ornamenten der öffentlichen Rede" und plaziert sie in die "Welt seiner [des Menschen] Bilder und Gebilde, seiner Konjekturen und Projektionen, seiner ˋPhantasie´ in dem neuen produktiven Sinne, den die Antike nicht gekannt hatte". [...]
Zu der Frage "worum es Blumenberg geht" (@Stefanie @Jörn), schreibt er S. 16, "an die Substruktur des Denkens heranzukommen". Die "Paradigmen" gehören ja noch in die Frühzeit der Blumenberg'schen Arbeit.

Deine obige Formulierung @Nauplios läßt mich den Fortgang der Entwicklung vermuten: Die Metapher wird für Blumenberg das Symbol für die menschliche Existenzweise.




Nauplios
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Mo 7. Okt 2019, 10:53

Der Thread gehört Dir, Jörn.




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Stefanie
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Mo 7. Okt 2019, 10:58

Es gab quasi eine Einladung zu einem Blumenberg Thema/Thread. Da dachte ich mir, kannst es diesmal ja mal versuchen. Bei den anderen Threads zu diesem Thema habe ich nur mitgelesen. Mehr oder weniger mit Verstand.
Blumenberg ist für mich Neuland. (Falls das was zählt, in Altenberge war ich schon mal, dienstlich und muss immer noch schmunzeln, als ich fragte, wo denn hier der Berg sei, und als Antwort kam, na diese Straße geht doch wohl steil hoch und wieder runter? Aha.)



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Friederike
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Mo 7. Okt 2019, 11:18

Ich möchte in diesem Thread mit Euch zusammen "einige Aspekte der Philosophie Blumenbergs" beleuchten und bitte inständig darum, beim Thema zu bleiben.




Nauplios
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Mo 7. Okt 2019, 12:05

Der längste Beitrag, den ich in diesem Thread geschrieben habe, geht detailliert auf das doppelte Null-Verstehen von Stefanie ein. Gestern habe ich Friederike den Text per e-mail geschickt. Noch gestern Abend um 20.08 Uhr habe ich vorgeschlagen, "daß wir Friederike und Stefanie etwas mehr Zeit geben" - u.a. weil Friederike den Text zu diesem Zeitpunkt erst wenige Stunden hatte. Eine kleine "Zäsur" habe ich danach vorgeschlagen. Im Blog habe ich Übersetzungen hinterlegt aus der kommentierten Paradigmen-Ausgabe von Haverkamp, die anscheinend nur ich besitze, damit für alle ein flüssigeres Lesen möglich ist. Im "Kaffeestübchen" habe ich vorab darum gebeten, die "Intentionen eines Threadstarters" besser zu schützen. Die von Friederike eingeräumte Möglichkeit, "offtopics" verschieben zu lassen, habe ich bewußt ungenutzt gelassen, um nicht gleich am Anfang schon Unruhe und Unmut in die Sache reinzubringen. Damit das Lesetempo nicht zu hoch ist, habe ich mich bis zu diesem Zeitpunkt auf 3 (in Worten: drei) Seiten Paradigmen-Text beschränkt. Alethos, der bereits zum nächsten Kapitel übergehen wollte, habe ich um Aufschub gebeten, um noch etwas zur Kant-Passage zu schreiben. - So viel dazu.

Hier wird einem nichts "verkauft". Hier wird einem etwas geschenkt. Und hier muß man auch nichts "schlucken". - Dieser Thread wird nun vermutlich jenen Verlauf nehmen, den schon der "Morgen-früh-wenn-Gott-will"-Thread genommen hat, den der Verzettelung mit anschließender Versandung. Für den Fall, daß mich sein Verlauf eines Besseren belehrt, mache ich gerne weiter. Aber bis dahin ist die Arena jetzt frei für's Nachdenken in beliebiger "Art und Weise". -




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Alethos
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Mo 7. Okt 2019, 13:12

Nauplios hat geschrieben :
Mo 7. Okt 2019, 12:05
Für den Fall, daß mich sein Verlauf eines Besseren belehrt, mache ich gerne weiter. Aber bis dahin ist die Arena jetzt frei für's Nachdenken in beliebiger "Art und Weise". -
Mit meinen Leuten in der Firma halte ich es so, dass, gleichgültig, worum es geht (ob das Projekt wichtig oder unbedeutend, gross oder klein ist), jemand den Lead übernimmt und das weitere Vorgehen strukturiert.
Wir sollten es hier auch so halten. Und mein Vorschlag wäre, dass du Nauplios diesen Lead übernimmst. Das hat mehrere Gründe. Die wichtigsten zwei sind, dass du der Threadstarter bist und mehr vom Werk Blumenbergs überschaust. Du kannst besser abschätzen, wie schnell und wie tief wir vorangehen sollen. Immer die Bedürfnisse der anderen berücksichtigend.

Der Thread gehört niemandem, er gehört uns allen, und ich denke, wir sollten es, wie bei allen Schicksalsgemeinschaften, so handhaben, dass man auf die Bedürfnisse der Teilnehmer eingeht. Wenn Bedarf da ist, den Text intensiver und auch kritisch zu beleuchten, dann sollten wir diesem Bedürfnis Raum geben. Wir haben ja Zeit und Muße. Und vielleicht müssen wir das sogar, wenn wir der Dichte des Blumenberg'schen Denkens gerecht werden wollen. Es ist soviel implizit mitgedacht bei ihm, es gibt so viele Querverweise und Quellenangaben, dass wir es uns vielleicht einfach leisten sollten, mit gebührender Sorgfalt vorzugehen. Ich jedenfalls habe es nicht eilig und ich kann und werde mich anpassen.

Das ist mein Vorschlag, weil ich will, dass das hier klappt.



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Mo 7. Okt 2019, 22:52

Friederike hat geschrieben :
Mo 7. Okt 2019, 10:06
Den gesamten Abschnitt über Kant verstehe ich noch nicht. @Alethos, Du hattest diese Passagen gestern schon referiert, allerdings hatte ich auch Deine Wiedergabe nicht verstanden (Reflexion, Regel).

Sofern ich Blumenberg richtig folge, greift er ausschließlich im Zusammenhang mit der "absoluten" Metapher auf Kants KdU zurück, d.h. es geht ihm hier nicht um die "gemeine" (mein Ausdruck) Metapher. Mir ist unklar, warum Blumenberg nicht "Symbol" sagt, sondern auf dem von ihm ersonnenen Begriff "absolute Metapher" besteht.
Dein Steilpass an die Adresse der Willigen, die Frage nach dem Symbol-Begriff bei Kant weiter zu vertiefen, ist im Zuge des hitzigen Verlaufs leider ganz untergegangen. In Tat und Wahrheit ist das eine der Stellen, die ich gerne mit euch gemeinsam erörtert hätte. Ich hätte gerne mit euch geklärt, wo die Verbindungen und Überschneidungen sowie die Differenzmengen zwischen dem Metaphern-Begriff bei Blumenberg und dem Symbol-Begriff bei Kant liegen.
Ich sehe mich hier nicht wirklich in der Lage, kompetent Auskunft zu geben. Vielleicht können Nauplios oder Jörn eine Spur legen?

Mit nicht geringerer Vorsicht würde ich deine andere Frage in diesem Zusammenhang beantworten wollen, also die nach der "Form der Reflexion".

Auf S. 11 schreibt Blumenberg, dass in der Kritik der Urteilskraft das Wort 'Metapher' nicht vorkomme, "wohl aber das Verfahren der Übertragung der Reflexion", dies "unter dem Titel des Symbols" Von Kant kennen wir die Unterscheidung zwischen empirischen Begriffen und reinen Verstandesbegriffen. Empirischen Begriffen korrespondiert eine Anschauung, d.h. ihnen entspricht etwas Sinnliches, etwas Erfahrbares. Sie können durch "Beispiele" expliziert werden. Reine Verstandesbegriffe, die nicht von der Anschauung geborgt sein können, weil sie apriori im Denken vorkommen, müssen sich aber gleichwohl 'an der Anschauung prüfen lassen'. Dasjenige, womit sich die reinen Verstandesbegriffe auf die Realität beziehen, sind die Schemata. Sie stellen sozusagen die Schnittstelle zwischen Verstand und Sinnlichkeit dar, wenn man so will. Daneben gibt es aber noch die Vernunftbegriffe, die sogenannten 'Ideen', denen keine "adäquate Anschauung beschafft werden kann", weil sie jenseits des Erfahrungshorizonts liegen, mithin transzendent sind, und nur mittels des transzendental dialektischen Verfahrens gehoben werden können. Was diesen Begriffen gemeinsam sein kann, sind also weder Kategorien, die im Verstand liegen (den reinen Begriffen), noch sinnliche Anschauungen, sondern ist die 'Form der Reflexion'. Das, was solche (eidetischen) Begriffe meinen, bewegt sich nicht in der Erfahrungswelt noch in der rein begrifflichen Welt, sondern in einer 'bildhaft konturierten Welt der Analogien'. Das, was sie meinen, das, was sie aussagen wollen, kann gar nichts Erfahrbares sein ausser in der 'Gegebenheit der Übertragung'. Sie können nur in die sinnliche Welt 'zurückgeführt' werden, d.h. erfahrbar und denkbar werden dadurch, dass man die "Form der Reflexion", also die Art und Weise ihrer reflexiven Struktur in den Fokus nimmt.

Wenn als Beispiel über die "Welt" gesprochen wird, dann kann sie unmöglich als "Gesamtheit aller Begriffe" anschaulich gemacht werden, denn wie wollten wir je zu einer Anschauung über die Welt kommen können? Wir haben keinen Sinn für das Ganze, wir haben aber wohl einen Sinn für die Idee, die wir in der Vorstellung verkörpert sehen, wenn wir sie als 'Horizont' beschreiben, als 'Heimat der Wahrheit', "Wiege des Kosmos" etc. Durch diese Vorstellung lässt sich eine "Regel der Reflexion" gewinnen, ein Verfahren, das sich bei Kant durch Symbole vollzieht, d.h. durch Begriffe, die für etwas anderes stehen resp. die eine Bedeutung anzeigen sollen, die in ihnen selbst nicht impliziert ist. Das Symbol charakterisiert sich somit wie die Metapher "als Modell in pragmatischer Funktion", mit dem nicht eine "theoretische Bestimmung des Gegenstands" geleistet werden soll, das also nicht angeben will, was es an sich bedeutet, aber das anzeigen soll, "was die Idee von ihm für uns und den zweckmässigen Gebrauch" bedeuten soll.
Die Metapher fungiert, wie das Symbol, als Werkzeug, mit dem sich die Bedeutung, die 'hinter den Begriffen' durchscheint als Idee, erschliessen lässt. Diese ausschliesslich analogisch verwendbaren Begriffe kommen demnach dann zur Anwendung, wenn wir ein Mehr an Bedeutung erschliessen wollen, was sich im reinen Begriff gar nicht zeigen kann, weil es in ihm nur latent, verborgen, durchscheinend ist.

Das zeigt sich am Beispiel der Metapher (bei Kant: des Symbols) der "Handmühle". Die 'Handmühle' verweist auf die Ähnlichkeit der "Regel der Reflexion", wenn über sie oder über den "despotischen Staat" nachgedacht wird. Im Bild der Handmühle wird das 'Diktat des Müllers über die Mühle' reflektiert, der mit einer Handbewegung 'befiehlt', wann sich die Zahnrädchen in einem durchgetakteten Mechanismus drehen sollen und wann nicht, und das ist die 'Ähnlichkeit der Reflexion' über den despotischen Staat und die Mühle.

Was ist hier also eigentlicher: die 'Handmühle' oder der 'despotische Staat'? Das lässt sich nun eben gar nicht mehr sinnvoll fragen, denn beides ist dem reflexiven Gehalt nach strukturell ähnlich und aufeinander bezogen: Die Eigentlichkeit von beidem, von 'Staat' und von 'Mühle', muss bewertet werden nach der Eigentlichkeit der Analogie, durch die sie beide gedacht werden: Nicht als Staat (in der Totalität der Begriffe, die ihn konkret beschreiben) wird er gedacht, sondern durch die Mühle. Und sie wird nicht durch ihre empirischen Begriffe gedacht, sondern in der reflexiven Form auf den Staat. Sie sind übertragen aufeinander in der Idee, was die Metapher leistet.



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Friederike
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Mi 9. Okt 2019, 10:14

Alethos hat geschrieben :
Mo 7. Okt 2019, 22:52
Mit nicht geringerer Vorsicht würde ich deine andere Frage in diesem Zusammenhang beantworten wollen, also die nach der "Form der Reflexion".

Auf S. 11 schreibt Blumenberg, dass in der Kritik der Urteilskraft das Wort 'Metapher' nicht vorkomme, "wohl aber das Verfahren der Übertragung der Reflexion", dies "unter dem Titel des Symbols" Von Kant kennen wir die Unterscheidung zwischen empirischen Begriffen und reinen Verstandesbegriffen. Empirischen Begriffen korrespondiert eine Anschauung, d.h. ihnen entspricht etwas Sinnliches, etwas Erfahrbares. Sie können durch "Beispiele" expliziert werden. Reine Verstandesbegriffe, die nicht von der Anschauung geborgt sein können, weil sie apriori im Denken vorkommen, müssen sich aber gleichwohl 'an der Anschauung prüfen lassen'. Dasjenige, womit sich die reinen Verstandesbegriffe auf die Realität beziehen, sind die Schemata. Sie stellen sozusagen die Schnittstelle zwischen Verstand und Sinnlichkeit dar, wenn man so will. Daneben gibt es aber noch die Vernunftbegriffe, die sogenannten 'Ideen', denen keine "adäquate Anschauung beschafft werden kann", weil sie jenseits des Erfahrungshorizonts liegen, mithin transzendent sind, und nur mittels des transzendental dialektischen Verfahrens gehoben werden können. Was diesen Begriffen gemeinsam sein kann, sind also weder Kategorien, die im Verstand liegen (den reinen Begriffen), noch sinnliche Anschauungen, sondern ist die 'Form der Reflexion'. Das, was solche (eidetischen) Begriffe meinen, bewegt sich nicht in der Erfahrungswelt noch in der rein begrifflichen Welt, sondern in einer 'bildhaft konturierten Welt der Analogien'. Das, was sie meinen, das, was sie aussagen wollen, kann gar nichts Erfahrbares sein ausser in der 'Gegebenheit der Übertragung'. Sie können nur in die sinnliche Welt 'zurückgeführt' werden, d.h. erfahrbar und denkbar werden dadurch, dass man die "Form der Reflexion", also die Art und Weise ihrer reflexiven Struktur in den Fokus nimmt.

Wenn als Beispiel über die "Welt" gesprochen wird, dann kann sie unmöglich als "Gesamtheit aller Begriffe" anschaulich gemacht werden, denn wie wollten wir je zu einer Anschauung über die Welt kommen können? Wir haben keinen Sinn für das Ganze, wir haben aber wohl einen Sinn für die Idee, die wir in der Vorstellung verkörpert sehen, wenn wir sie als 'Horizont' beschreiben, als 'Heimat der Wahrheit', "Wiege des Kosmos" etc. Durch diese Vorstellung lässt sich eine "Regel der Reflexion" gewinnen, ein Verfahren, das sich bei Kant durch Symbole vollzieht, d.h. durch Begriffe, die für etwas anderes stehen resp. die eine Bedeutung anzeigen sollen, die in ihnen selbst nicht impliziert ist. Das Symbol charakterisiert sich somit wie die Metapher "als Modell in pragmatischer Funktion", mit dem nicht eine "theoretische Bestimmung des Gegenstands" geleistet werden soll, das also nicht angeben will, was es an sich bedeutet, aber das anzeigen soll, "was die Idee von ihm für uns und den zweckmässigen Gebrauch" bedeuten soll.
Die Metapher fungiert, wie das Symbol, als Werkzeug, mit dem sich die Bedeutung, die 'hinter den Begriffen' durchscheint als Idee, erschliessen lässt. Diese ausschliesslich analogisch verwendbaren Begriffe kommen demnach dann zur Anwendung, wenn wir ein Mehr an Bedeutung erschliessen wollen, was sich im reinen Begriff gar nicht zeigen kann, weil es in ihm nur latent, verborgen, durchscheinend ist.

Zu einem dieser Vernunftbegriffe, den sogenannten Ideen, die ein Symbol sind, gehört "Gott", ein Beispiel Kants, das Blumenberg aufgreift. Wenn ich dieses Beispiel aber nun mit dem des despotischen Staates und der Handmühle vergleiche, dann fehlen mir die 2 Teile. Es existiert nur noch das Wort bzw. das Symbol(-Wort) "Gott". Blumenberg schreibt lediglich, ohne weitere Erläuterung, ein "anderes Beispiel" und kommt dann von "Gott" als Symbol alsogleich auf die Handmühle. Da er anschließend allerdings schreibt, für eine Metaphorologie müsse man "Felder abgrenzen, innerhalb derer absolute Metaphern zu vermuten seien und Kriterien für deren Feststellung [...] erproben" (S. 16), gehe ich davon aus oder besser ich schließe daraus, daß es sich bei den absoluten Metaphern/Symbol bei Kant um Begriffe/Wörter handelt, die den Vorgang der "Übertragung" gar nicht mehr prima facie oder nicht einmal auf den zweiten Blick erkennen lassen.
Alethos hat geschrieben : Das zeigt sich am Beispiel der Metapher (bei Kant: des Symbols) der "Handmühle". Die 'Handmühle' verweist auf die Ähnlichkeit der "Regel der Reflexion", wenn über sie oder über den "despotischen Staat" nachgedacht wird. Im Bild der Handmühle wird das 'Diktat des Müllers über die Mühle' reflektiert, der mit einer Handbewegung 'befiehlt', wann sich die Zahnrädchen in einem durchgetakteten Mechanismus drehen sollen und wann nicht, und das ist die 'Ähnlichkeit der Reflexion' über den despotischen Staat und die Mühle.

Was ist hier also eigentlicher: die 'Handmühle' oder der 'despotische Staat'? Das lässt sich nun eben gar nicht mehr sinnvoll fragen, denn beides ist dem reflexiven Gehalt nach strukturell ähnlich und aufeinander bezogen: Die Eigentlichkeit von beidem, von 'Staat' und von 'Mühle', muss bewertet werden nach der Eigentlichkeit der Analogie, durch die sie beide gedacht werden: Nicht als Staat (in der Totalität der Begriffe, die ihn konkret beschreiben) wird er gedacht, sondern durch die Mühle. Und sie wird nicht durch ihre empirischen Begriffe gedacht, sondern in der reflexiven Form auf den Staat. Sie sind übertragen aufeinander in der Idee, was die Metapher leistet.
Ich habe folgenden Satz aus der KRV, c. 51 gefunden: „Vorstellung … von einem allgemeinen Verfahren der Einbildungskraft, einem Begriff sein Bild zu verschaffen, nenne ich das Schema zu diesem Begriffe“ ). Wenn ich eine gängige, einfache Definition, was eine "Metapher" ist, nehme, nämlich die des sprachlichen Bildes, dann finde ich es auf einmal völlig plausibel, daß Blumenberg dem Begriff "Symbol" den Begriff "absolute Metapher" vorzieht.




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Friederike
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Mi 9. Okt 2019, 12:44

Alethos hat geschrieben :
Mo 7. Okt 2019, 22:52
Wenn als Beispiel über die "Welt" gesprochen wird, dann kann sie unmöglich als "Gesamtheit aller Begriffe" anschaulich gemacht werden, denn wie wollten wir je zu einer Anschauung über die Welt kommen können? Wir haben keinen Sinn für das Ganze, wir haben aber wohl einen Sinn für die Idee, die wir in der Vorstellung verkörpert sehen, wenn wir sie als 'Horizont' beschreiben, als 'Heimat der Wahrheit', "Wiege des Kosmos" etc. [...]
Nauplios hat geschrieben : Dann aber können Metaphern, zunächst rein hypothetisch, auch Grundbestände der philosophischen Sprache sein, ˋÜbertragungen´, die sich nicht ins Eigentliche, in die Logizität zurückholen lassen. Wenn sich zeigen läßt, daß es solche Übertragungen gibt, die man ˋabsolute Metaphern´ nennen müßte, dann wäre die Feststellung und Analyse ihrer begrifflich nicht ablösbaren Aussagefunktion ein essentielles Stück der Begriffsgeschichte (in dem so erweiterten Sinne)." (S. 14)
Aha. Da die Philosophie sich u.a. und vor allem aber mit Begriffen wie "Welt", "Sinn", "Prinzip", "Wahrheit", "Ganzes" befaßt, wäre die "absolute Metapher" das eigentlich Neue, die umstürzende Erkenntnis Blumenbergs; nicht die Entdeckung des Umstandes, daß die philosophische Sprache sich wie die Alltagssprache auch ständig rudimentärer Metaphern bedient ist weltbewegend, sondern die Tatsache, daß die Gegenstände der Philosophie "Metaphern" (absolute) sind.




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Mi 9. Okt 2019, 17:33

Alethos hat geschrieben :
Mo 7. Okt 2019, 22:52
Dein Steilpass an die Adresse der Willigen, die Frage nach dem Symbol-Begriff bei Kant weiter zu vertiefen, ist im Zuge des hitzigen Verlaufs leider ganz untergegangen. In Tat und Wahrheit ist das eine der Stellen, die ich gerne mit euch gemeinsam erörtert hätte. Ich hätte gerne mit euch geklärt, wo die Verbindungen und Überschneidungen sowie die Differenzmengen zwischen dem Metaphern-Begriff bei Blumenberg und dem Symbol-Begriff bei Kant liegen.
Nur rein vorsorglich, um jedes Mißverständnis auszuschließen: Der Vergleich betrifft die "absolute Metapher und "Symbol" bei Kant.

Falls ich Blumenberg auf S. 15f. richtig verstehe, dann greift er Kants Symbolbegriff auf, weil ihm dieser den ersten Anstoß für seinen [Blumenbergs] absoluten Metaphernbegriff gegeben hat. Blumenberg zitiert kurz aus der KdU, geht aber im Folgenden weder auf Kant noch auf die absolute Metapher ein, außer daß er festhält, er meine damit "nicht in Begrifflichkeiten aufzulösende" Metaphern, was nicht bedeute, "eine Metapher könne nicht durch eine andere ersetzt" werden. Das heißt, welche Struktur die absolute Metapher bei Blumenberg hat, davon sagt er in der "Einleitung" doch gar nichts, oder? Deswegen weiß ich nicht @Alethos, wie man an dieser Stelle Überlegungen zu Gemeinsamkeit und Unterschied zwischen Kants "Symbol" und "absoluter Metapher" anstellen könnte.

Ich habe eben kurz die ersten 3 Seiten des 1. Kapitels besichtigt, die "Wahrheit"; aufgrund dieses kleinen Ausfluges würde ich vorsichtig meinen wollen, :lol: daß wir näheren Aufschluß über Blumenbergs absoluten Metaphernbegriff erst dort erhalten. Ich bitte sehr darum, jeden Satz unter dem Vorbehalt des richtigen Verständnisses zu lesen.




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Alethos
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Mi 9. Okt 2019, 19:58

Friederike hat geschrieben :
Mi 9. Okt 2019, 17:33
Falls ich Blumenberg auf S. 15f. richtig verstehe, dann greift er Kants Symbolbegriff auf, weil ihm dieser den ersten Anstoß für seinen [Blumenbergs] absoluten Metaphernbegriff gegeben hat. Blumenberg zitiert kurz aus der KdU, geht aber im Folgenden weder auf Kant noch auf die absolute Metapher ein, außer daß er festhält, er meine damit "nicht in Begrifflichkeiten aufzulösende" Metaphern, was nicht bedeute, "eine Metapher könne nicht durch eine andere ersetzt" werden. Das heißt, welche Struktur die absolute Metapher bei Blumenberg hat, davon sagt er in der "Einleitung" doch gar nichts, oder?
Leider habe ich kaum Zeit unter der Woche, ausführlich auf deine Posts einzugehen (Ohje, dabei hatte ich ja 'Druck' gemacht für eine Antwort...)

Blumenberg lässt Kants Symbolbegriff für die absolute Metapher sprechen, indem er festhält, dass es sich bei Kant um den gleichen Begriff handle. Und Kant sagt für mein Verständnis viel über die "Form der Reflexion", was ich nun als Struktur bezeichnete. Ob ich damit richtig liege, das steht gewiss auf einem anderen Blatt.



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Alethos
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Do 10. Okt 2019, 21:08

I. Kant hat geschrieben : "Alle Hypotypose (Darstellung, subjectio sub adspectum) als Versinnlichung ist zwiefach: entweder schematisch, da einem Begriffe, den der Verstand faßt, die korrespondierende Anschauung a priori gegeben wird; oder symbolisch, da einem Begriffe, den nur die Vernunft denken, und dem keine sinnliche Anschauung angemessen sein kann, eine solche unterlegt wird, mit welcher das Verfahren der Urteilskraft demjenigen, was sie im Schematisieren beobachtet, bloß analogisch ist, d. i. mit ihm bloß der Regel dieses Verfahrens, nicht der Anschauung selbst, mithin bloß der Form der Reflexion, nicht dem Inhalte nach übereinkommt."
Das 'Symbol' ist bei Kant eine "Vorstellung", die mittels dem Verfahren der Urteilskraft demjenigen, was der Verstand denkt (dem begrifflich erfassten Gegenstand im eigentlichen Bezeichnen) "unterlegt wird". Als solche Vorstellung ist sie der analogische Begriff von etwas, das durch den eigentlichen Begriff von ihm gedacht wird. Und 'gedacht werden durch' den analogisch verwendeten Begriff kann es durch die "Form der Reflexion".

Das bringt uns zu der Frage, was denn 'Form der Reflexion' im 'Verfahren der Urteilskraft bedeuten soll. Das herauszufinden würde uns erlauben, die Struktur von Metaphern zu entziffern und dadurch zu verstehen, wie es ihr möglich ist, sich auf etwas zu beziehen, was sie selbst nicht ist. Denn dem Begriff nach bezeichnet die Metapher ja etwas anderes, z.B. einen 'Schleier'. Das was mit Schleier in der Wendung 'Den Schleier der Wahrheit lüften' gemeint sein kann, ist wohl kein Textil, kein Gewebe in diesem eigentlichen Sinne, sondern etwas, das verhüllt, bedeckt, abdeckt, verbirgt etc.
Es scheint so zu sein, also würde der Begriff, wenn er auf etwas anderes angewendet werden soll, d.h. metaphorische Verwendung finden soll, ein 'Abstrakt des Begriffs' darstellen müssen, also reduziert gedacht werden müssen auf einen pragmatischen Grundgehalt: das, was man von ihm abziehen kann, bis es auf denjenigen Sinn dessen passt, das er stellvertreten soll. Die Metapher 'leistet' also etwas, weil sie in der reinen Form der Abstraktion auf etwas bezogen ist, sich mit diesem Etwas ganz natürlicherweise verbindet. Der metaphorische Begriff und der eigentliche Begriff sind vereint auf der abstrakten Ebene ihres semantischen Gehalts.

Ist Abstraktion die nun so oft zitierte "Form der Reflexion"?



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Jörn Budesheim
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"Alle Hypotypose (Darstellung, subjectio sub adspectum) als Versinnlichung ist zwiefach: entweder schematisch, da einem Begriffe, den der Verstand faßt, die korrespondierende Anschauung a priori gegeben wird; oder symbolisch, da einem Begriffe, den nur die Vernunft denken, und dem keine sinnliche Anschauung angemessen sein kann, eine solche unterlegt wird, mit welcher das Verfahren der Urteilskraft demjenigen, was sie im Schematisieren beobachtet, bloß analogisch ist, d. i. mit ihm bloß der Regel dieses Verfahrens, nicht der Anschauung selbst, mithin bloß der Form der Reflexion, nicht dem Inhalte nach übereinkommt."

Ich mache es mir "einfach" und ziehe mehr oder weniger wörtlich das heraus, was mir selbst für den vorliegenden Zusammenhang besonders wichtig erscheint. Ob das korrekt paraphrasiert ist, darüber kann man streiten.

Eine Vergegenwärtigung (Hypotypose) bzw ein Bild ist metaphorisch (symbolisch), wenn einem Begriffe (z.b. Welt/das Ganze), den die Vernunft zwar denken kann, dem aber keine sinnliche Anschauung angemessen ist, ein Bild unterlegt wird (z.b. ein Kreis, siehe die Zeichnung) mit welchem der Begriff seiner Form (der Regel/dem Schema) nach in einer Analogie überein kommt.

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Zu Erinnerung: "Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben und ohne Verstand keiner gedacht werden. Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind. Daher ist es eben so nothwendig, seine Begriffe sinnlich zu machen (d. i. ihnen den Gegenstand in der Anschauung beizufügen), als seine Anschauungen sich verständlich zu machen (d. i. sie unter Begriffe zu bringen). Beide Vermögen oder Fähigkeiten können auch ihre Functionen nicht vertauschen. Der Verstand vermag nichts anzuschauen und die Sinne nichts zu denken. Nur daraus, daß sie sich vereinigen, kann Er|kenntniß entspringen." (Immanuel Kant)

Das heißt, nach Kant ist es notwendig, die Begriffe sinnlich zu machen. Aber was tut man dort, wo dem Begriff keine Sinnlichkeit entsprechen kann?




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 11. Okt 2019, 07:19
"Alle Hypotypose (Darstellung, subjectio sub adspectum) als Versinnlichung ist zwiefach: entweder schematisch, da einem Begriffe, den der Verstand faßt, die korrespondierende Anschauung a priori gegeben wird; oder symbolisch, da einem Begriffe, den nur die Vernunft denken, und dem keine sinnliche Anschauung angemessen sein kann, eine solche unterlegt wird, mit welcher das Verfahren der Urteilskraft demjenigen, was sie im Schematisieren beobachtet, bloß analogisch ist, d. i. mit ihm bloß der Regel dieses Verfahrens, nicht der Anschauung selbst, mithin bloß der Form der Reflexion, nicht dem Inhalte nach übereinkommt."

Ich mache es mir "einfach" und ziehe mehr oder weniger wörtlich das heraus, was mir selbst für den vorliegenden Zusammenhang besonders wichtig erscheint. Ob das korrekt paraphrasiert ist, darüber kann man streiten.

Eine Vergegenwärtigung (Hypotypose) bzw ein Bild ist metaphorisch (symbolisch), wenn einem Begriffe (z.b. Welt/das Ganze), den die Vernunft zwar denken kann, dem aber keine sinnliche Anschauung angemessen ist, ein Bild unterlegt wird (z.b. ein Kreis, siehe die Zeichnung) mit welchem der Begriff seiner Form (der Regel/dem Schema) nach in einer Analogie überein kommt.
Falls ich Dich nicht richtig verstehe, korrigiere mich: "Welt" ist ein Symbol-(Begriff) (bei Blumenberg wär's eine absolute Metapher), hinter dem ("unterlegt") sich sprachliche Bilder oder auch Bilder verbergen, die Blumenberg nun in seiner Arbeit versucht aufzudecken.

Aber die Frage, die sich, wie ich finde, aufdrängt, ist die, wofür denn die sprachlichen Bilder hinter dem Symbol "Welt" stehen. Blumenberg greift auf das Kant'sche Beispiel von "Gott" zurück, woraus sich für mich dieselbe Frage ergibt. "Wofür stehen sie", damit meine ich, was für eine Funktion sie haben, wie es zu diesen Bildern kommt.
"Alethos" hat geschrieben : Das Symbol charakterisiert sich somit wie die Metapher "als Modell in pragmatischer Funktion", mit dem nicht eine "theoretische Bestimmung des Gegenstands" geleistet werden soll, das also nicht angeben will, was es an sich bedeutet, aber das anzeigen soll, "was die Idee von ihm für uns und den zweckmässigen Gebrauch" bedeuten soll.
Das ist die mir verständlichste Erklärung dessen, was eine absolute Metapher leistet.




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Jörn Budesheim
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Fr 11. Okt 2019, 13:55

Ich glaube das wichtigste ist, erst mal von dem normalen Gebrauch des Wortes Symbol abzusehen. Ich glaube einfach, Kant nutzt das Wort hier anders.

"Gott" ist an dieser Stelle (bei Kant) ein notwendiger Verstandesbegriff, eine Idee.

Im Prinzip müsste man an dieser Stelle zunächst erst einmal die ganzen Kant Vokabeln lernen. Was ist eine Regel, was ist ein Schema, wie entscheiden sich Verstand und Vernunft etc.pp. ich weiß nicht, ob wir das an dieser Stelle im Ernst tun sollten.

Deswegen noch einmal in Äußerster Vereinfachung: bei Kant prägt der Verstand der Sinnlichkeit ja bekanntlich seine Formen (Begriffe, Kategorien...) auf. Die Beziehung von Verstand und Sinnlichkeit ist jedoch wechselseitig, weswegen Anschauungen ohne Begriffe blind sind, und Gedanken ohne Inhalt leer, um diese berühmte Formulierung zu nutzen.

Eine "Etage höher" bei den notwendigen Vernunftbegriffen, wie Gott und Welt liegen die Dinge allerdings schon etwas anderes. Denn Gott und Welt entsprechen keine Anschauungen. Aber die Formen von Verstand und Vernunft kommen nicht gänzlich ohne Sinnlichkeit aus... und das ist so ungefähr die Problemlage der diversen Zitate.

Mir gefällt die Idee, die ich irgendwo im Netz gefunden habe, leider habe ich den Namen des Autors vergessen. Metaphern sind Bilder ohne Bedeutung, jedoch mit Sinn. Sie haben keine Bedeutung, das heißt ihnen entspricht kein eindeutiger Referent, keine sinnliche Anschauung. Aber dennoch liefern sie Sinn, welcher ins sozusagen über diese Lücke hinweg hilft...




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Friederike
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Fr 11. Okt 2019, 14:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 11. Okt 2019, 13:55
Mir gefällt die Idee, die ich irgendwo im Netz gefunden habe, leider habe ich den Namen des Autors vergessen. Metaphern sind Bilder ohne Bedeutung, jedoch mit Sinn. Sie haben keine Bedeutung, das heißt ihnen entspricht kein eindeutiger Referent, keine sinnliche Anschauung. Aber dennoch liefern sie Sinn, welcher ins sozusagen über diese Lücke hinweg hilft ...
Das entspricht ungefähr der Aussage, die ich eben meinem Beitrag von heute Vormittag angehängt habe (Zitat von Alethos). Außerdem hatte ich mir überlegt, daß wir vielleicht gar nicht mehr von Kants "Symbol" benötigen, um Blumenberg weiter folgen zu können (das ist die das Textverstehen betreffende Überlegung. Daneben spielt eine nicht unwichtige Rolle meine Unlust, mich weiter in Kant zu vertiefen - weil, wie Du oben auch geschrieben hast, dazu eine Einarbeitung in seine Terminologie eigentlich erforderlich ist).




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Alethos
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Fr 11. Okt 2019, 15:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 11. Okt 2019, 10:09
Das heißt, nach Kant ist es notwendig, die Begriffe sinnlich zu machen. Aber was tut man dort, wo dem Begriff keine Sinnlichkeit entsprechen kann?
Man sucht, würde ich ganz lapidar sagen, Metaphern, die es leisten können, eine Sinnlichkeit zu geben für etwas, das keine Sinnlichkeit hat. Sie (Metaphern) sind geradezu dort notwendig, damit wir über etwas Nichtsinnliches nachdenken können.

Nur ist das genau die Schwierigkeit bei Begriffen wie "Gott" oder "Welt":
Friederike hat geschrieben :
Fr 11. Okt 2019, 10:12
Aber die Frage, die sich, wie ich finde, aufdrängt, ist die, wofür denn die sprachlichen Bilder hinter dem Symbol "Welt" stehen. Blumenberg greift auf das Kant'sche Beispiel von "Gott" zurück, woraus sich für mich dieselbe Frage ergibt. "Wofür stehen sie", damit meine ich, was für eine Funktion sie haben, wie es zu diesen Bildern kommt.
Diese Frage geht vermutlich in die selbe Richtung wie Jörns und hattest du ein paar Beiträge zuvor schon in den Raum gestellt. Es scheint tatsächlich, als würde uns für diese ´übergrossen Begriffe´ das Pendant fehlen. Analogien können nur dort vorkommen, wo (mindestens) zwei sinnkongruente "Bilder" übereinandergelegt werden können, um sie aus einander, d.h. aus dem Miteinander ihrer "reflexiven Form", zu begreifen. Und tatsächlich fällt es mir in der knappen Zeit, die mir während der Arbeit bleibt, schwer, eine plausible Antwort darauf zu finden. Deshalb hebe ich deine Frage hier nochmal heraus, um vielleicht am Wochenende (wenn die Zeit da ist und die Seele sich auf das ganz Grosse einstimmen kann :) ) eine mögliche Antwort darauf zu finden.

NS: Ich würde auch in der Terminologie Blumenbergs weiterarbeiten wollen. Bei Kant ist schon nur das Vokabular eine Studienobjekt für sich.
Zuletzt geändert von Alethos am Fr 11. Okt 2019, 15:46, insgesamt 1-mal geändert.



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