Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mo 9. Nov 2020, 06:07
Alethos hat geschrieben : ↑ So 8. Nov 2020, 11:39
So über die Sterblichkeit zu sprechen lässt aber aussen vor, was wir als existenziell ansehen: Die Todesangst, die Empfindsamkeit, die Trauer, die Melancholie usw., weshalb wir poetische Logik brauchen, um die emotionalen Dimensionen der Begriffe (Mensch, Sterblichkeit, Griechen, Sein etc.) zu heben.
Geburt, Tod, Liebe, Hass, Gesundheit, Sinn ... diese Begriffe verlieren doch ihre existentielle Dimension nicht, wenn wir von ihnen sagen, dass sie existentiell sind (=in die Klasse/Menge der existenziellen Begriffe gehören).
Wir können sie natürlich (mehr oder weniger) unabhängig davon betrachten, indem wir sie in irgendwelche formalen Systemen einspannen. Das ist dann aber ein Effekt der Betrachtung und nicht ein Effekt der ihnen innewohnenden Logik. Die Wahrheit - und damit natürlich die Gesetze der Wahrheit, sprich die Logik - sind selbst existenziell.
Ich denke, dass ich deinen Einwand verstehe. An der existenziellen Dimension dieser Begriffe ändert sich nichts, wenn wir rein formal mit ihnen umgehen und sie z.B. in einen syllogistischen Schluss packen.
Aber es ist doch etwas anderes, meine ich, von A nach B zu schliessen nach logischen Schlussregeln, als nachzuvollziehen, was diese in den Schluss gepackten Begriffe bedeuten. Es ist ein Unterschied gerade auch mit Blick auf die Frage, was es heisst, eine Metapher zu verstehen oder ein Gedicht.
Es gibt Logik und Logik, das sehe ich auch. Nur meine ich das vielleicht etwas anders als du. Das eine meint Logik im Sinne eines logischen Schlusses (wenn A und B, dann C). Hier ergibt sich aus den Konditionalen und den Begriffen selbst eine Schlussform. Es spielt so zusagen keine Rolle, welche Substanzialität hinter den Formeln steckt. Das andere aber hat eher die Form eines nachvollziehbaren Schlusses, den man nachempfinden kann, weil man versteht, worum es bei diesen Begriffen eigentlich geht. Wenn wir bspw. sagen, dass man jemandem, der leidet, helfen soll, dann können wir das mit den Mitteln des logischen Schlusses nicht leisten, ohne dabei einen naturalistischen Fehlschluss zu begehen. Und doch ist der Schluss richtig, dass man helfen soll, weil es sich in das moralische Empfinden und Rationalisieren richtig fügt, zu diesem Schluss zu kommen. Das kann es jedoch nur, wenn wir wissen, was es heisst, was Leiden ist, was Würde ist, was Menschlichkeit ist etc. etc. Hier reicht die rein formale Verquickung von Wenn-Dann-Konditionalitäten nicht, um zu einem wahren Schluss zu kommen.
Auch ein Gedicht hat nicht die Form eines streng-logischen Schlusses, sondern eines Schlusses, das sich in der Dynamik der Erzählung einstellt als logischer - vielleicht als poetisch-logischer.