Alethos hat geschrieben : ↑ Di 5. Jan 2021, 17:28
Es ist unerheblich, ob wir als Beispiel die Logik oder sonst etwas anführen.
Wir können (gegen oder für etwas) nur argumentieren, wenn wir uns über die Regeln des Argumentierens einig sind, d.h. wenn wir die Bedingungen gelten lassen, unter denen ein Argument ein solches sein kann. D.h. man muss eine Wirklichkeit akzeptieren, nämlich die der Gültigkeit des Arguments, sonst gibt es da kein Argumentieren.
(...)
Ihr müsst euch also auf einer sehr grundsätzlichen Eben einig sein, dass etwas Geltung hat.
An dieser Stelle lohnt ein kurzes Innehalten mit anschließendem Blick in den Rückspiegel:
"Schönheit liegt entgegen der allgemeinen Annahme nicht im Auge des Betrachters. Vielmehr sind die Kriterien für Schönheit (...) kulturunabhängig." (Jörn Budesheim)
"Ich bin nach wie vor der Meinung, daß die Schönheit objektiv vorkommt für den, der sie wahrnimmt ... " (Alethos)
"Aber genau deswegen kann es in der Kunst auch keine Objektivität geben - zumindest wenn es um Schönheit geht." (NaWennDuMeinst)
Das war im August des vergangenen Jahres im Thread "subjektiv, objektiv". - Es folgten Tauchgänge in die Tiefen dessen, was überhaupt Kunst ist, was empirische Methoden sind, was Argumente sind, was eine Begründung ist, begleitet von Kämpfen mit Meeresungeheuern wie: Nach welchen Regeln hat überhaupt eine philosophische Diskussion über Schönheit zu erfolgen? Auch damals ging es immer wieder um das, was Alethos heute die "Regeln des Argumentierens" nennt und im weiteren Verlauf dann um die "sehr grundsätzliche Ebene", auf der man sich "einig sein muß", um gemeinsam Geltungsansprüche auf argumentativem Wege aushandeln zu können.
Damals war es die Objektivität des ästhetisch Schönen und sein kulturunabhängiger Geltungsanspruch auf Universalität; heute ist es die Objektivität des moralisch Guten und sein Geltungsanspruch auf Universalität. Hier die schöne Kunst, dort die richtige Moral. Auf die Anabasis zu den Gebirgszügen des Wahren, Schönen und Guten, folgt die Katabasis in die Unterwelt des Grundsätzlichen. -
Die Strukturähnlichkeit dieser Stränge ist kein Zufall. Sie ist Ausdruck einer grundsätzlichen Disparität im philosophischen Geschäft. Der Handel dieses Geschäfts verfügt über keine einheitliche Währung, welche den Argumenten- und Begründungstausch zu einem unkomplizierten Handelsverkehr machen würde. Die Vorstellung, der Warenverkehr mit Erkenntnissen des Wahren, Guten und Schönen sei im gesamten Königreich der Philosophie zollfrei zu haben, erhebt seinerseits einen Hegemonialanspruch. Im Binnenmarkt des Realismus mag das angehen. Der philosophische Welthandel ist davon unbeeindruckt. -
Unter der Voraussetzung, daß man multilaterales Philosophieren will, können Begründungen und argumentative Verläufe das, was man sich von ihnen verspricht, nur halten, wenn sie sich auf wenige Umdrehungen beschränken. Dreht man immer weiter werden diese Schrauben dull. Die Folgen sind Pirrouetten, zwar mit Anspruch auf Haltungsnoten, aber unter Verschleiß von Substanz.
Ende des Innehaltens.