Ethik des Sterbens, Philosophie und vorsätzliche Selbsttötung

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Jörn Budesheim
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Di 2. Feb 2021, 14:16

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 13:51
... eine Reduzierung oder Entfernung des Leidensdruckes, sofern möglich.
Nur ist dies eine moralische Position, auch wenn du dir wünschst, dass es nicht so ist.




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NaWennDuMeinst
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Di 2. Feb 2021, 14:32

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 14:16
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 13:51
... eine Reduzierung oder Entfernung des Leidensdruckes, sofern möglich.
Nur ist dies eine moralische Position, auch wenn du dir wünschst, dass es nicht so ist.
Die aber unsere Einstellung in Bezug auf unser Zusammenleben betrifft, nicht in Bezug darauf ob Selbsttötung ok ist oder nicht.
Die Frage ob Menschen sich selbst töten dürfen oder nicht will ich gar nicht stellen, sondern viel mehr die Frage welche Gründe sie dafür haben sich selbst zu töten und ob es möglich ist diese "abzustellen".
Moralisch ist für mich die Frage ob wir nicht eine Welt schaffen sollten, in der die Menschen sich diese Frage (ob sie sich selbst töten) gar nicht mehr stellen, weil es keinen Grund mehr dafür gibt.
Wird wahrscheinlich nicht machbar sein. Aber ich finde den Gedanken reizvoll sich zu überlegen, ob das bei unserer Weltgestaltung nicht auch eine Rolle spielen sollte.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Di 2. Feb 2021, 14:39, insgesamt 1-mal geändert.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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Jörn Budesheim
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Di 2. Feb 2021, 14:36

Na doch. Man könnte denjenigen, der über Selbsttötung auch nur nachdenkt, ja auch hart bestrafen, weil man es für eine schwere Sünde hält. Du hingegen vertrittst offensichtlich eine ganz andere Position, wie du ja auch mehrfach klargemacht hast.




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NaWennDuMeinst
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Di 2. Feb 2021, 14:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 14:36
Na doch. Man könnte denjenigen, der über Selbsttötung auch nur nachdenk
Nachdenkt?
Mir war nicht klar, dass es hier auch ums "drüber nachdenken" geht.
Ich dachte es geht um die Tat, um den Selbstmord, die Selbstötung, den Suizid, den Freitod.



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Jörn Budesheim
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Di 2. Feb 2021, 14:50

Stefanie hat geschrieben :
Mo 1. Feb 2021, 21:49
Ich bevorzuge Suizid.
Ich habe bisher in der Regel Selbstmord gesagt. Aber aufgrund dessen, was ich bisher über das Thema gelesen habe und auch aufgrund des gestrigen Gesprächs (ich hab es weiter oben kurz erwähnt) werde ich versuchen, statt dessen Suizid zu nutzen, obwohl ich Freitod eigentlich auch nicht schlecht fand, aber es ist mir mittlerweile zu einseitig. Letztlich müsste man von Fall zu Fall wählen. Bei Jean Améry könnte Freitod vielleicht der passende Ausdruck sein. Die meisten handeln aber wohl eher im Affekt. In Vietnam gab es mehr Suizide als Kriegstote! Da wäre der Ausdruck Freitod wohl in den meisten Fällen unangemessen!




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Jörn Budesheim
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Di 2. Feb 2021, 15:39

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 13:51
Aber ich sehe schon. Auch hier werden wir uns nicht einig.
Unsere Ansichten unterscheiden sich im Wesentlichen wohl darin, dass ich kein Problem damit habe, dass meine Ansicht eine moralische ist - was denn sonst? Und ich zudem keineswegs glaube, dass es dabei um zweckloses Gerede geht. Ansonsten bin ich ähnlich wie du der Ansicht, dass die Entscheidung in der Regel beim Einzelnen liegen sollte.

Ich bin (ohne mich damit tiefer beschäftigt zu haben bisher) der Ansicht, dass Suizid in der Regel moralisch erlaubt ist; Suizid ist ein Teil der Selbstbestimmung, finde ich. Nur in Einzelfällen dürften andere moralische Belange höher zu gewichten sein. Suizid, der bewusst andere in Mitleidenschaft zieht, ist jedoch (je nach Kontext ggf.) moralisch verwerflich.

Es scheint aber so zu sein, dass es sich bei dem Gros der Fälle gar nicht um Bilanz-Suizide handelt, sondern um Suizide im Affekt oder vergleichbares. Hier sollte die Gesellschaft nach Möglichkeiten Ausschau halten, zu helfen. Wichtig ist, dass das Thema nicht tabuisiert wird und man Umstände schafft, die Menschen nicht nötigt, sich unter unwürdigen Bedingungen selbst zu töten, wenn es denn ihr letzter Wunsch ist. Bzw. dass es Hilfen gibt, die Menschen, dazu bringt in Krisensituationen andere Auswege zu finden als den Suizid. Wenn Menschen aus dem Leben scheiden wollen, das aber nicht alleine bewerkstelligen können, sollte man ihnen im Prinzip helfen dürfen.

Aber nicht nur die Menschen, die aus dem Leben scheiden wollen, haben ein Recht auf moralische Berücksichtigung. Sondern auch die Menschen in deren Umgebung, die davon betroffen sind. Welche Konsequenzen das hat, ist mir eher noch unklar.

Ich bin im Moment dabei, mich ein wenig einzulesen. Bin gespannt, was das ergibt.




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Stefanie
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Di 2. Feb 2021, 18:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 14:50
Stefanie hat geschrieben :
Mo 1. Feb 2021, 21:49
Ich bevorzuge Suizid.
Ich habe bisher in der Regel Selbstmord gesagt. Aber aufgrund dessen, was ich bisher über das Thema gelesen habe und auch aufgrund des gestrigen Gesprächs (ich hab es weiter oben kurz erwähnt) werde ich versuchen, statt dessen Suizid zu nutzen, obwohl ich Freitod eigentlich auch nicht schlecht fand, aber es ist mir mittlerweile zu einseitig. Letztlich müsste man von Fall zu Fall wählen. Bei Jean Améry könnte Freitod vielleicht der passende Ausdruck sein. Die meisten handeln aber wohl eher im Affekt. In Vietnam gab es mehr Suizide als Kriegstote! Da wäre der Ausdruck Freitod wohl in den meisten Fällen unangemessen!
Aha. Wenn sich das eigene Leben nehmen darauf beruht, dass wahrscheinlich aufgrund der gesellschaftlichen und sozialen Ansprüche und verlangten Verhaltensweisen ein solcher Druck erzeugt wird, dass jemand keine Alternative mehr als den eigenen Tod sieht, passt Freitod nicht.
Allerdings ist es wieder anders, wenn sich Menschen aus Protest gegen sagen wir staatlichen Zwang das Leben nehmen. Wie Mönche aus Tibet, die sich aus Protest gegen China das Leben nehmen, Selbstverbrennung.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Di 2. Feb 2021, 18:50

Ja, genau! Letztlich müsste man es von mal zu mal entscheiden!




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NaWennDuMeinst
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Mi 3. Feb 2021, 07:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 2. Feb 2021, 15:39
ohne mich damit tiefer beschäftigt zu haben bisher
Jetzt weiß ich wieder wie dieser Film heißt.

Ein ganzes halbes Jahr ((Originaltitel: Me Before You))

Der Film erzählt von der 26-jährigen Louisa Clark. Als sie ihre Anstellung verliert, ist sie gezwungen, eine Stelle als Betreuerin anzunehmen. Sie soll sich um den im Rollstuhl sitzenden 31-jährigen Will Traynor kümmern, der von einem Motorrad angefahren wurde und seitdem querschnittsgelähmt ist. Gepflegt wird er von Nathan. Als Louisa als Betreuerin anfängt, wird sie von Will zuerst sehr unfreundlich und kalt behandelt. Mit der Zeit wird Will jedoch unter Louisas ständiger Gegenwart immer kommunikativer und offener. Louisa findet heraus, dass Will sich vor geraumer Zeit das Leben nehmen wollte. Wills Mutter Camilla hatte ihm damals seinen Wunsch auf Sterbehilfe verweigert. Nach dem Suizidversuch versprach sie ihm, seinen Wunsch zu gewähren, jedoch erst nach einer Frist von sechs Monaten, da sie ihm noch eine Chance geben möchte, sich umzuentscheiden. Louisa setzt nun alles daran Will rechtzeitig zu zeigen, dass sein Leben lebenswert ist.



Mich hat diese Geschichte sehr berührt.
Ich bin danach dann auch zu der von mir hier vertretenen Einstellung gelangt, dass Moral da nicht weiterhilft. Den Versuch den Menschen die mit dem Gedanken spielen ihr Leben zu beenden zu zeigen, dass das Leben lebenswert ist, fand ich danach viel bedeutender. Auch wenn das nicht immer zum Erfolg führt.



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Jörn Budesheim
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Du meinst, etwas Gutes zu tun, ist gar nicht gut? Interessant ... Du kannst doch nicht einerseits der Ansicht sein, dass Louisa Clark etwas Gutes getan hat und in selben Atemzug beteuern, dass es nicht gut war. Wie soll das möglich sein?




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NaWennDuMeinst
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Mi 3. Feb 2021, 12:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 10:42
Du meinst, etwas Gutes zu tun, ist gar nicht gut?
Hä?
Kann das sein, dass wir wieder einmal komplett aneinander vorbeireden? Ich kann einfach die Stelle nicht finden, wo ich schreibe dass "etwas Gutes zu tun nicht gut ist".

(was ich meine ist, dass es nichts bringt einem Lebensmüden mit Moral zu kommen. Was soll das bringen Jemandem, der mit dem Leben geistig abgeschlossen hat zu erzählen dass er etwas "aus moralischen Gründen" nicht dürfe? Viel sinnvoller finde ich es ihm zu zeigen, dass er sich irrt, wenn er meint sien Leben sei nichts mehr wert, oder das Leben nicht lebenswert. Und das auch nicht mit der Keule, sondern einfach indem man ihm das Leben zeigt. Das andere Leben. Das das nicht nur schmerzvoll ist.
Verstehst Du? Ich rede von "Moral" als "erhobener Zeigefinger". Den kann man da getrost stecken lassen.)



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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 12:58
was ich meine ist, dass es nichts bringt einem Lebensmüden mit Moral zu kommen
Aber du schreibst das Gegenteil. Das Beispiel handelt doch von jemandem, der sich in einen anderen einfühlt und ihn bringt dazu, das Leben wieder in einem positiven Licht zu sehen. Du erzählst eine Geschichte vom moralisch Guten - und im nächsten Satz willst du davon nichts mehr wissen. Das ist mir zu hoch.




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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 12:58
"Moral" als "erhobener Zeigefinger"
Aber "Moral" als "erhobener Zeigefinger" ist eben oft etwas Unmoralisches. Das heißt aber nicht, dass Moral etwas Unmoralisches ist ... (Dazu gibt es übrigens einen Artikel in der neuen Information Philosophie, hab ich aber noch keine Zeit zu gehabt.)




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Mi 3. Feb 2021, 14:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 13:06
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 12:58
was ich meine ist, dass es nichts bringt einem Lebensmüden mit Moral zu kommen
Aber du schreibst das Gegenteil. Das Beispiel handelt doch von jemandem, der sich in einen anderen einfühlt und ihn bringt dazu, das Leben wieder in einem positiven Licht zu sehen. Du erzählst eine Geschichte vom moralisch Guten
Wieso? Sie geht ja nicht zu ihm und hält ihm Moralpredigten, sondern sie zeigt ihm einfach die schönen Seiten des Lebens. Und das finde ich viel sinnvoller.
Denn Jeder Mensch der sich umbringt, der beendet zwar den Schmerz, aber er beendet auch noch so viel mehr.



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Mi 3. Feb 2021, 14:13

Moral besteht ja auch nicht darin Moralpredigten zu halten. Wer das richtige tut, das handelt moralisch.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 14:13
Moral besteht ja auch nicht darin Moralpredigten zu halten. Wer das richtige tut, das handelt moralisch.
Mir geht es um das Verhältnis (die Interaktion) zwischen dem Lebensmüden und dem Retter der ihn davon abbringen will, nicht um die Frage ob der Retter moralisch gut handelt, wenn er rettet.
Ich würde an der Stelle nicht mit irgendwelchen Moralvorstellungen argumentieren. "Deine Verwandten werden stinksauer sein, wenn Du springst."
Das ist vom psychologischen Standpunkt her betrachtet bestimmt nicht sehr clever.
Moral ist mir da auch zu theoretisch. Man kann es auch so wie Louisa machen: Die Lebensfreude zurückbringen indem man einfach .... lebt.

Ich wäre gespannt was Du machst wenn dir einer sagt er springt vom Dach weil ihm die ganze Menschheit mit ihren Moralvorstellungen auf den Zeiger geht.
Wie überzeugst Du den?
;-)



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Jörn Budesheim
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 15:43
Mir geht es um das Verhältnis (die Interaktion) zwischen dem Lebensmüden und dem Retter der ihn davon abbringen will, nicht um die Frage ob der Retter moralisch gut handelt, wenn er rettet.
Und für mich ist das ein komplett sinnloser Satz, denn in dieser Interaktion handelt die Retterin (in deinem Beispiel) ja moralisch gut. Was sie tut, ist ja das Gute, das kann man doch nicht trennen.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 15:48
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 15:43
Mir geht es um das Verhältnis (die Interaktion) zwischen dem Lebensmüden und dem Retter der ihn davon abbringen will, nicht um die Frage ob der Retter moralisch gut handelt, wenn er rettet.
Und für mich ist das ein komplett sinnloser Satz.
Für mich nicht. Ich weiß ja was ich meine. :-D
Ich habe einen Verwandten der monatelang in der Klinik lag, weil er sich umbringen wollte.
Weißte was ihn da letztlich rausgeholfen hat? Er hat sich verliebt (und auch viel über sein Selbst und die Gründe seiner Identitätskrise gelernt).
Nicht einmal aber war es Thema, ob man sich umbringen "darf", ob das "moralisch vertretbar" ist.
Wozu auch? Die Welt mitsamt ihrer Moral lasse ich beim Freitod hinter mir. Wenn man nun nicht gerade glaubt, dass Gott einem im Jenseits die Himmelstür vor der Nase zuschlägt, kann man wohl auf moralische Belehrungen in dieser existenziellen Notlage ganz gut verzichten.



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 15:48
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 15:43
Mir geht es um das Verhältnis (die Interaktion) zwischen dem Lebensmüden und dem Retter der ihn davon abbringen will, nicht um die Frage ob der Retter moralisch gut handelt, wenn er rettet.
Und für mich ist das ein komplett sinnloser Satz, denn in dieser Interaktion handelt die Retterin (in deinem Beispiel) ja moralisch gut. Was sie tut, ist ja das Gute, das kann man doch nicht trennen.
Ja, Das ist ja richtig. Was sie tut, ist das Gute (sich um einen anderen Menschen sorgen, sein Leben retten. Das ist etwas sehr Gutes).
Aber es geht mir doch darum WIE sie das tut. Mit Diskussionen über die Frage was Selbstmord ist und ob man sowas tun darf?
Über das Stadium sind doch Menschen, die ernsthaft in Erwägung ziehen sich selbst zu töten, längst hinweg.
Man muss diesen Menschen stattdessen irgendwie ihren Schmerz nehmen, oder ihnen zeigen, dass es mehr gibt als nur den Schmerz.
Es geht mir mit meinen Satz da oben um die Frage wie man einen Menschen retten kann, nicht um die Frage ob das eine gute Tat ist. Das ist es bestimmt.
Aber darum geht's mir gerade nicht.



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Alethos
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 3. Feb 2021, 16:25
Man muss diesen Menschen stattdessen irgendwie ihren Schmerz nehmen, oder ihnen zeigen, dass es mehr gibt als nur den Schmerz.
Es geht mir ... nicht um die Frage ob das eine gute Tat ist.
Wenn man der Ansicht ist, man müsse (solle) diesen Menschen ihren Schmerz nehmen, dann weil man denkt, dass es eine gute Tat ist.
Es muss logisch gesehen in dieser Situation um die Frage gehen, ob das eine gute Tat ist. Wir haben es doch in solchen Fällen mit einem moralischen Sachverhalt zu tun?


Wenn ich grob vereinfachend Stellung beziehen müsste zum Suizid, dann würde ich sagen, dass er liberalisiert werden sollte. Wir sollten Suizid-Zentren aufbauen, in denen Menschen in den frei gewählten Tod begleitet werden. Die Frage, die wir uns als Gesellschaft dann stellen sollten ist, inwiefern wir nicht auch angehalten sind, diesen Menschen eine Perspektive aufzuzeigen, die ihnen das Leben wieder lebenswert erscheinen lässt. In der Schweiz werden Patienten, die den begleiteten Selbstmord suchen, medizinisch und psychiatrisch betreut. Der akute Impuls des Sterbenwollens wird mit den Patienten reflektiert und es wird geprüft, ob sie wirklich alle Optionen geprüft haben. Fühlen er oder sie sich gedrängt, weil sie ihren Angehörigen nicht zur Last fallen wollen? Gibt es Therapien für ihr Leiden, z.B. auch Schmerztherapien oder Therapien gegen die Depression? Der Grundtenor dieser Fragen ist immer: Wie können wir verhindern, dass sich Leute das Leben nehmen, die es vielleicht gar nicht wollten, wenn sie einen Ausweg aus dieser verzweifelten Lage kennen würden.
Das heisst nicht, dass es immer einen Weg hinaus gibt, aber ich denke, hier sind wir als Gesellschaft gefordert, dass wir diese Auswegmöglichkeiten aufzeigen.
Im Falle, dass es sie nicht gibt oder sie für den Patienten nicht valable Optionen sind, sollten wir ihm oder ihr dabei helfen, möglichst in Würde und mit den bestmöglichen Mitteln aus dem Leben zu scheiden. Über diesen letzten Willen dürfen wir meiner Meinung nach nicht verfügen.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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