Fragen zur Sinnfeld-Ontolgie

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Jörn Budesheim
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Di 6. Apr 2021, 06:29

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 02:05
Weil, wenn ich die Welt wegdenke, dann nichts mehr übrig bleibt.
Aber warum, dafür hast du keine Begründung geliefert bisher.

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 02:05
Kannst Du existieren ohne die Welt (als die Voraussetzung deiner Existenz)?
Ich gehe davon aus, solange kein nachvollziehbares Argument kommt, dass ich existiere ohne Welt. Die Welt ist nicht die Voraussetzung meiner Existenz, sondern ihr Fehlen ist die Voraussetzung.




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Jörn Budesheim
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transfinitum hat geschrieben :
Mo 5. Apr 2021, 21:15
Ich denke auch, dass der Ausspruch „warum es die Welt nicht gibt“ überbewertet und auch irgendwie misslich interpretiert wird. Gabriel hatte m.E. nicht im Sinn die Existenz der Realität abzusprechen.
Ja natürlich, Gabriel behauptet nicht, dass es keine Existenz gibt. Was es nicht gibt ist allein eine Totalität namens Welt. Also "das Sinnfeld aller Sinnfelder, das Sinnfeld, in dem alle anderen Sinnfelder erscheinen."
transfinitum hat geschrieben :
Mo 5. Apr 2021, 21:15
Aber hier würde ich Gabriels Theorie so verstehen, dass er ähnlich wie Kant mit Kategorien versucht, das Denken mithilfe Sinnfelder zu systematisieren und zu beschreiben.
Nach dem Buch "warum es die Welt nicht gibt", das populärwissenschaftliche verfasst war und sich an ein breites Publikum wendete, hat Gabriel, wenn man so sagen darf, noch mal ein Fachbuch zu dem Thema geschrieben, es heißt Sinn und Existenz. Dort gibt es eine Kapitelüberschrift mit dem sprechenden Namen: "Sinne als Eigenschaften der Dinge an sich". Sinnfelder sind also nicht generell als gedankliche Produkte oder Denkkategorien zu verstehen, es gibt sie gemäß Gabriel an sich selbst.

Das heißt nicht, dass die Sinnfelder nicht auch als Denkkategorie taugen. Doch wenn die Theorie richtig ist, dann eben eine Kategorie, die die Wirklichkeit so fast, wie sie in sich selbst ist.
transfinitum hat geschrieben :
Mo 5. Apr 2021, 21:15
Im Vortrag, das im geschlossenen Thread gepostet wurde, kam auch zum Abschluss der Diskussion genau diese Problematik zum Ausspruch und Gabriel konnte darauf nicht so richtig mit dieser Frage/Kritik umgehen oder auch keine Antwort darauf geben.
Wenn du das noch etwas präzisiert, dann schaue ich mir die Stelle gerne an und gebe meinen Senf dazu.
transfinitum hat geschrieben :
Mo 5. Apr 2021, 21:15
was genau verstehst du unter Tatsachen?
Ich bin zwar nicht mit "du" gemeint gewesen, aber dennoch: unter einer Tatsache verstehe ich etwas, was wahr ist. Nach Gabriel: "Etwas, das über etwas wahr ist." Ein Beispiel: es ist über Donald Trump wahr, dass er jetzt nicht mehr der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Oder: es ist über den Mond wahr, dass er sich um die Erde bewegt. Oder: es ist über das Märchen Hänsel und Gretel wahr, dass dort eine Hexe vorkommt. Oder: es kann über eine gegebene Schachstellung wahr sein, dass in ihr ein Matt in 17 Zügen möglich ist. Oder: es ist wahr, dass man Menschen in Not in aller Regel helfen sollte.
transfinitum hat geschrieben :
Mo 5. Apr 2021, 21:15
Der Neue Realismus nimmt an, dass Gedanken über Tatsachen mit demselben Recht existieren wie die Tatsachen, über die wir nachdenken.
Der Link führt zu einem PDF, wo Zitatstellen aus "Warum es die Welt nicht gibt" zusammengestellt wurden, wenn ich recht sehe. Die zitierte Stelle ist meines Erachtens von besonderer Bedeutung. Ich bewege mich seit ein oder zwei Jahrzehnten in philosophischen Foren. Die Frage nach der bewusstseinsabhängigen Wirklichkeit war dabei immer eine der Entscheidenden. Wirklich wirklich war dann regelmäßig das, was unabhängig vom Bewusstsein existierte. Aber dann stellt sich gleich die Frage nach der Wirklichkeit des Bewusstseins selbst. Viele Dinge, die für uns von großer Bedeutung sind, geraten plötzlich in Verdacht, nicht wirklich zu existieren, weil sie in irgendeiner Form von unserem Bewusstsein abhängen. Das ist das, was Gabriel die "Welt ohne Zuschauer" nennt. Das Gegenstück dazu nennt er "Zuschauer ohne Welt" - damit sind radikal konstruktivistische Gedanken gemeint, denen gemäß wir keinen Zugang zu den Dingen an sich haben und mit unseren Konstruktionen Vorlieb nehmen müssen. Diese beiden Extreme lehnt Gabriel ab, weil es nicht einsichtig zu machen ist, warum die Dinge, die für uns selbst besonders wichtig sind, weniger Wirklichkeit haben sollen als - sagen wir - die Dinge, die die Naturwissenschaften erforschen. Und weil er zudem annimmt, dass wir die Dinge durchaus so erkennen können, wie sie an sich selbst sind.




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NaWennDuMeinst
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Di 6. Apr 2021, 09:10

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 06:29
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 02:05
Weil, wenn ich die Welt wegdenke, dann nichts mehr übrig bleibt.
Aber warum, dafür hast du keine Begründung geliefert bisher.
Was soll ich denn da begründen?
Was ist das denn worin wir leben? Worin wir hineingeboren wurden?
Wie konnten wir denn überhaupt geboren werden? Wieso gibt es Geburt?
Wo existieren die Sinnfelder?
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 02:05
Kannst Du existieren ohne die Welt (als die Voraussetzung deiner Existenz)?
Ich gehe davon aus, solange kein nachvollziehbares Argument kommt, dass ich existiere ohne Welt. Die Welt ist nicht die Voraussetzung meiner Existenz, sondern ihr Fehlen ist die Voraussetzung.
Was meint denn Gabriel wenn er sagt er kenne die Welt?
Wie kann er etwas kennen, das es nicht gibt?
Und wie kann es etwas nicht geben, worüber er aber spricht? Ist nicht nach Gabriel "alles gleich existent" (so interpretiert ihr ihn doch immer)?
Also ist die Welt nun existent oder nicht?



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Jörn Budesheim
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Di 6. Apr 2021, 09:59

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 09:10
Was ist das denn worin wir leben? Worin wir hineingeboren wurden?
Wie konnten wir denn überhaupt geboren werden? Wieso gibt es Geburt?
Wo existieren die Sinnfelder?
Keine dieser Fragen "erzwingt" die Annahme einer Totalität, eines absoluten Ganzen, eines Bereichs aller Bereiche. Die Annahme einer Vielzahl von Bereichen macht es keineswegs unmöglich, dass es uns gibt und wir geboren wurden. Der Physiker Carlo Rovelli empfiehlt uns das Bild einer Überlagerung vieler Leinwände, vieler Schichten statt der Vorstellung einer einzelnen Leinwand. Ich kann nicht erkennen, warum die Idee einer Überlagerung vieler Leinwände unsere Existenz unmöglich machen sollte, dafür gibt es bisher kein nachvollziehbares Argument.

Um bei der Metapher zu bleiben: Auf all diese Frage kann "eine Überlagerung vieler Leinwände" die Antwort sein.




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Di 6. Apr 2021, 10:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 09:59
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 09:10
Was ist das denn worin wir leben? Worin wir hineingeboren wurden?
Wie konnten wir denn überhaupt geboren werden? Wieso gibt es Geburt?
Wo existieren die Sinnfelder?
Keine dieser Fragen "erzwingt" die Annahme einer Totalität, eines absoluten Ganzen, eines Bereichs aller Bereiche.
Aber Du machst das doch selber. Du ordnest jedes Ding einem Sinnfeld zu.
Das ist Deine Antwort darauf wo (und in welchem Sinn) etwas existiert. Das ist auch zwingend nötig, weil sonst ja die Ordnung verloren geht.
Andernfalls würde z.B. Fiktionales, also Ausgedachtes plötzlich zur physischen Welt gehören. Und das wäre Unsinn. Das Fiktionale gehört in das Sinnfeld der Fiktion (Deine Worte!).
Wenn ich das nun mit den Sinnfeldern weitertreibe (denn auch die müssen ja irgendwo hingehören), dann landen wir bei dem Letzten (oder Ersten), Einzigen... bei der Welt.
Beim Ursprung. Die Welt ist eben nicht einfach aus dem (griechischen) Hut gezaubert, sondern sie ist einfach eine konsequente, zuende gedachte Folge.

Ich meine die Sinnfelder gehören konsequenter Weise in den Bereich der Sinnfelder. Man könnte auch sagen die Welt der Sinnfelder.



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Di 6. Apr 2021, 10:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 09:59
Der Physiker Carlo Rovelli empfiehlt uns das Bild einer Überlagerung vieler Leinwände, vieler Schichten statt der Vorstellung einer einzelnen Leinwand.
Er denkt sich also eine Welt vieler Leinwände.
So what?



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Di 6. Apr 2021, 10:44

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 10:39
Wenn ich das nun mit den Sinnfeldern weitertreibe (denn auch die müssen ja irgendwo hingehören), dann landen wir bei dem Letzten (oder Ersten), Einzigen... bei der Welt.
Warum? Wenn ich das mit den vielen verschachtelten Leinwänden weitertreibe, dann lande ich nicht bei einer Leinwand, sondern bei noch mehr verschachtelten Leinwänden. Es gibt bisher keinen Grund anzunehmen, warum sie letztlich doch nur eine einzige Leinwand sind.




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Di 6. Apr 2021, 10:46

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 10:42
So what?
Er denkt, dass du falsch liegst. Das ist der Punkt. Es gibt keine einzelne Leinwand, sondern eine Vielzahl von Leinwänden = es gibt keine Welt, sondern eine unendliche Pluralität von Sinnfeldern.




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Di 6. Apr 2021, 10:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 10:46
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 10:42
So what?
Er denkt, dass du falsch liegst. Das ist der Punkt. Es gibt keine einzelne Leinwand, sondern eine Vielzahl von Leinwänden = es gibt keine Welt, sondern eine unendliche Pluralität von Sinnfeldern.
Und wieder tust Du es. Du fügst die Sinnfelder zu einer Pluralität zusammen.
Das merkst Du selbst gar nicht, oder?

Du denkst die Welt immer mit und behauptest dabei, dass es sie nicht gibt. Lustig. ;-)



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Di 6. Apr 2021, 11:12

Ich finde es auch lustig, dass aus einer Pluralität eine Totalität wird, weil man das Wörtchen "ein" vor Pluralität setzt. Und eine Vielzahl von Leinwänden wird zu einer Leinwand, weil ich schließlich von einer Vielzahl spreche?




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Di 6. Apr 2021, 14:49

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 11:12
Ich finde es auch lustig, dass aus einer Pluralität eine Totalität wird, weil man das Wörtchen "ein" vor Pluralität setzt. Und eine Vielzahl von Leinwänden wird zu einer Leinwand, weil ich schließlich von einer Vielzahl spreche?
Nein.
Du sagst es gibt eine Unendlichkeit von Sinnfeldern und sonst nichts. Da hast Du doch dein Einziges, Deine Totalität unter die alles gefasst wird, oder etwa nicht?
Deine Welt ist halt eine die aus Sinnfeldern besteht.
Wieso darfst Du Dir dein Einziges bauen, aber ich darf keine Welt annehmen?



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Di 6. Apr 2021, 15:36

Es gibt in diesem Bild keinen Bereich aller Bereiche, keine Totalität und auch nicht die "einzige Leinwand". Wenn das für dich nach Welt klingt, kann ich es nicht ändern :-)




Groot
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Di 6. Apr 2021, 17:19

Hi Isel,

deine Grafik im anderen Faden ist interessant. Ich frage mal hier, da der andere Faden ja geschlossen ist.

Wie kann die mittlere Entfernung spekulativ sein? Macht die Physik und Genetik hier die Spekulation auf mittlerer Entfernung aus?

Ich würde nämlich die kommunikative Ebene als mittlere Entfernung sehen. Alles was deskriptiv oder empirisch ist, wirkt dort. Die entfernteste ist dann m.e. eher physisch und genetisch, sowie spekulativ.

Die Fee Gabriels ist ja nicht spekulativ, sondern tatsächlich da. Und Gabriels Ontologie wirkt nicht mehr in der äußersten Ferne, sondern nur auf mittlere Distanz. (Sowie Philosophie, die Sprache betont, stets nicht über die mittlere Distanz hinauskommt.)




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Jörn Budesheim
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Di 6. Apr 2021, 17:31

Hallo Groot,

Herzlich willkommen im Forum!




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Di 6. Apr 2021, 17:47

Leben wir nicht gewissermaßen in einer "mittleren Ebene"? Irgendwo zwischen denen ganz kleinen Skalen und den ganz großen Skalen? Das führt dazu, dass uns vieles, was in einer Hinsicht ganz nah ist, nehmen wir z.b. Nervenzellen uns in anderer Hinsicht ganz fern ist.

Bei anderen Dingen fällt es schwer, überhaupt über Entfernungen zu sprechen: wie nah oder fern sind uns Zahlen?




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Jörn Budesheim
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Di 6. Apr 2021, 18:10

Groot hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 17:19
Und Gabriels Ontologie wirkt nicht mehr in der äußersten Ferne, sondern nur auf mittlere Distanz.
Das Feld der Naturgesetze spielt auch in der äußersten Ferne (wenn man den Ausdruck raumzeitlich verstehen will) eine große Rolle, etwa in der Zeit kurz nach dem Urknall oder in den weitesten entfernt gelegenen Galaxien.




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iselilja
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Di 6. Apr 2021, 18:17

Grüß dich @Groot
Groot hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 17:19
Hi Isel,

deine Grafik im anderen Faden ist interessant. Ich frage mal hier, da der andere Faden ja geschlossen ist.

Wie kann die mittlere Entfernung spekulativ sein? Macht die Physik und Genetik hier die Spekulation auf mittlerer Entfernung aus?

Ich würde nämlich die kommunikative Ebene als mittlere Entfernung sehen. Alles was deskriptiv oder empirisch ist, wirkt dort. Die entfernteste ist dann m.e. eher physisch und genetisch, sowie spekulativ.

Die Fee Gabriels ist ja nicht spekulativ, sondern tatsächlich da. Und Gabriels Ontologie wirkt nicht mehr in der äußersten Ferne, sondern nur auf mittlere Distanz. (Sowie Philosophie, die Sprache betont, stets nicht über die mittlere Distanz hinauskommt.)
Man kann solche modellhaften Einordnungsversuche sicherlich unterschiedlich verstehen. Genauo wie man auch andere Modelle an unser Dasein anlegen kann. Es kommt wohl immer auch ein wenig auf den Kontext der Betrachtung an.

Bei der Graphik, nach der Du fragst, ging es eigentlich nicht mehr um Gabriels Philosophie. Ich war bereits dabei nach einem passenden Übergang zu Meillassoux zu suchen, dessen spekulativer Realismus mir zwar im Ganzen ebensowenig zusaget, der aber dennoch ein paar sehr interessante Aspekte aufweist.

Ich wollte den EIngang zum Begriff Spekulation etwas ins alltägliche Weltgeschehen setzen, um die Sache etwas leichter verständlich zu machen. Stell Dir einfach vor, du spazierst durch die Stadt. Die meisten Dinge, die du tatsächlich wahrnimmst mit deinen leiblichen SInnen, die erscheinen dir auch zumeist real. Es gibt selten bis garnicht Grund daran zu zweifeln. Aber schon wenn du um die nächste Häuserecke biegst, ist der Moment des Umbiegens von Spekulation durchzogen, denn was genau dahinter passiert, weißt du nicht - auch wenn du eine halbwegst realistische Vorstellung davon hast.

ps: Um das vielleicht noch ein wenig zu präzisieren: du wirst sicherlich auch nicht jedes mal an die Häuserecke schleichen und vorsichtig nachschauen, was dahinter eigentlich real passiert. Sondern du wirst im Alltag mehr oder weniger elegant umbiegen im Vertrauen darauf, dass dein Wirklichkeitsempfinden im großen und ganzen dem etwa enstricht, was dort höchstwahrscheinluch auch passiert. Man komplettiert also seine Vorstellungen unentwegt mit Vermutungen, die möglichst plausibel sind - oder noch präziser: einem selbst höchstplausibel erscheinen.

pps: Und du wirst mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht davon ausgehen, dass hinter der nächsten Häuserecke etwas völlig unrealistisches passiert, was immer auch die Phantasie da hergeben mag. :-)
Zuletzt geändert von iselilja am Di 6. Apr 2021, 18:49, insgesamt 4-mal geändert.




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Di 6. Apr 2021, 18:19

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 15:36
Es gibt in diesem Bild keinen Bereich aller Bereiche, keine Totalität und auch nicht die "einzige Leinwand". Wenn das für dich nach Welt klingt, kann ich es nicht ändern :-)
Was heißt denn "für mich"? Ich denke es gibt dieses "für mich" nicht mehr. Wenn ich was denke dann ist es ja auch real, oder nun doch nicht?



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Groot
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Di 6. Apr 2021, 19:13

iselilja hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 18:17
Grüß dich @Groot

Man kann solche modellhaften Einordnungsversuche sicherlich unterschiedlich verstehen. Genauo wie man auch andere Modelle an unser Dasein anlegen kann. Es kommt wohl immer auch ein wenig auf den Kontext der Betrachtung an.

Bei der Graphik, nach der Du fragst, ging es eigentlich nicht mehr um Gabriels Philosophie. Ich war bereits dabei nach einem passenden Übergang zu Meillassoux zu suchen, dessen spekulativer Realismus mir zwar im Ganzen ebensowenig zusaget, der aber dennoch ein paar sehr interessante Aspekte aufweist.

Ich wollte den EIngang zum Begriff Spekulation etwas ins alltägliche Weltgeschehen setzen, um die Sache etwas leichter verständlich zu machen. Stell Dir einfach vor, du spazierst durch die Stadt. Die meisten Dinge, die du tatsächlich wahrnimmst mit deinen leiblichen SInnen, die erscheinen dir auch zumeist real. Es gibt selten bis garnicht Grund daran zu zweifeln. Aber schon wenn du um die nächste Häuserecke biegst, ist der Moment des Umbiegens von Spekulation durchzogen, denn was genau dahinter passiert, weißt du nicht - auch wenn du eine halbwegst realistische Vorstellung davon hast.

ps: Um das vielleicht noch ein wenig zu präzisieren: du wirst sicherlich auch nicht jedes mal an die Häuserecke schleichen und vorsichtig nachschauen, was dahinter eigentlich real passiert. Sondern du wirst im Alltag mehr oder weniger elegant umbiegen im Vertrauen darauf, dass dein Wirklichkeitsempfinden im großen und ganzen dem etwa enstricht, was dort höchstwahrscheinluch auch passiert. Man komplettiert also seine Vorstellungen unentwegt mit Vermutungen, die möglichst plausibel sind - oder noch präziser: einem selbst höchstplausibel erscheinen.

pps: Und du wirst mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht davon ausgehen, dass hinter der nächsten Häuserecke etwas völlig unrealistisches passiert, was immer auch die Phantasie da hergeben mag. :-)
Meillassoux ist interessant. Ich hatte auch nicht nur Gabriel, sondern das Allgemeine im Blick, als ich fragte.

Danke für die Antwort.




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iselilja
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Di 6. Apr 2021, 19:44

Groot hat geschrieben :
Di 6. Apr 2021, 19:13

Meillassoux ist interessant. Ich hatte auch nicht nur Gabriel, sondern das Allgemeine im Blick, als ich fragte.

Danke für die Antwort.
Gern.

Weil Du sagtest, Du würdest den kommunikativen Bereich näher legen.. ja, ich kann mir durchaus auch Modelle vorstellen, wo das sinnvoll ist. Bspw. wenn man die Soziologie des Menschen betrachtet, das scheint das Kommunikative sehr viel mehr ins Gewicht zu fallen, als die Frage nachdem, was real ist oder was objektiv gesehen Sinn macht.




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