NaWennDuMeinst hat geschrieben : ↑ Di 18. Mai 2021, 17:54
METASUBJEKT hat geschrieben : ↑ Di 18. Mai 2021, 14:14
Ich hoffe, Ihnen damit etwas geholfen zu haben.
Durchaus. Vielen Dank dafür.
Mir fällt es allerdings immer noch schwer die Begriffe Gesellschaft, Staat, Volk, Gemeinschaft auseinander zu halten. Denn auf der einen Seite ist jede Teilmenge für sich eine Gesellschaft, andererseits bilden sie aber auch zusammengenommen eine Gesellschaftsform.
Ich habe auch Schwierigkeiten damit Gesellschaft als Abgrenzungsbegriff zu verstehen, also der Gedanke, dass verschiedene Gesellschaften miteinander konkurrieren.
Denn obwohl das sicher richtig ist, gibt es ja auch die menschliche Gesellschaft, also der Zusammenschluß aller Menschen (oder das worunter die Menschheit gefasst wird).
Ich meine aus den vorangegangenen Texten herauslesen zu können, dass es bei Gesellschaft vor allem um Kontrolle geht ("negative Impulse umlenken und in was Produktives wandeln").
Welche Rolle spielen dabei Interessenausgleiche? Ist das ein eine Gesellschaft definierender Faktor, bzw einer ihrer Zwecke?
Mit der Frageform: "Was bedeutet...." tun sich viele Menschen oft recht schwer.
Vielleicht sollten Sie sich bei der Anwendung von Sprache, von Fremdbestimmungen frei machen. Es gibt so etwas wie eine "Begriffshörigkeit" Man sucht nach einer Autorität, die einem klare Regeln vorgibt, was bestimmte Wörter bedeuten. Man sucht sie dann im etablierten oder spezialisierten Sprachgebrauch und den üblichen Quellen wie Enzyklopädien. Diese Regelungen allzu ernst zu nehmen, zügelt und behindert das freie Denken. Nur in den Naturwissenschaften sind solche Regeln zumeist gerechtfertigt. In den Geisteswissenschaften weniger, bis garnicht.
Sie als philosophischer Denker sind es, der urteilen und entscheiden muss, was Wörter wie Gesellschaft, Staat, Volk, Gemeinschaft, bedeuten sollen. Anfangs sind dies nur Wörter, von denen Sie in etwa wissen, was damit gemeint ist. Und erst wenn Sie diesen eine Bedeutung zugeschrieben haben, sind es auch "Begriffe". Ihre Begriffe, um genau zu sein.
Solange Ihre Bedeutungszuschreibung nicht den etablierten Kontext eines Wortes, oder seinen Bedeutungsraum verlässt, wird man Sie trotzdem verstehen können, weil Sie ihre Gedanken in größeren Sinneinheiten äußern. Sie sagen nicht einfach nur "Staat" und sonst nichts. Der innere Zusammenhang Ihrer Äußerungen, sowie das Zusammenspiel ihrer Begriffe geben Hinweise darauf, in welchem Sinne sie Ihre Begriffe verwenden. Sollte die Äußerung allein das nicht hergeben, hat man immer die Möglichkeit, explizite Hinweise zu geben.
Sie sagen, es falle Ihnen schwer, die Begriffe Gesellschaft, Staat, Volk, Gemeinschaft auseinander zu halten. Das ist der Fall, wenn Sie diese nicht selbst gebildet haben. Und das könnte wiederum daran liegen, dass sie bisher noch nichts schriftliches verfasst haben, dessen Thematik eine Kombination aller diese Wörter erfordert hat.
Ich versuche das mal an einem Beispiel zu zeigen:
Ein "Volk" ist eine Gemeinschaft von Menschen mit gemeinsamen genealogischen und kulturellen Wurzeln. Entwickeln sich in deren Zusammenleben institutionalisierte Strukturen, wie Arbeitsteilung, Berufsstände, Verwaltungen, Schiedsgerichtsbarkeit, usw.. dann bekommt dieses Volk Züge einer staatlich organisierten Gemeinschaft.
Verselbstständigen sich diese Institutionen, indem Teile eines Volkes ausschließlich für die Belange dieser Institutionen (Ämter) abgeordnet werden, dann ist ein Staat entstanden.
Ein Volk, das sich zu einer staatlich organisierten Gemeinschaft entwickelt hat, ist eine Gesellschaft. "Gesellschaft" ist aber nicht gleich Gesellschaft. Jedes Volk entwickelt individuelle Gesellschaftsformen: Demokratien, Monarchien, Despotien usw..
Eine "Gesellschaft" ist keine reale Entität, sondern dasjenige, was wir über eine staatlich organisierte Gemeinschaft wissen; was man an ihr beobachten kann; und wie wir sie beschreiben würden. Ganz real, existieren für uns nur die Menschen denen wir begegnen, mit denen wir Kommunizieren oder interagieren können und das räumliche Gebiet, das wir mit ihnen teilen. Alles was über diese sinnliche Wahrnehmung hinaus geht, stellen wir uns nur vor.
Das gleiche gilt auch für den "Staat". Es gibt nur die Menschen, die so organisiert tätig sind, als würde es ihn geben. Der anschauungsbedürftige Menschenverstand betrachtet mangels echtem Staat dann eben die Gebäude der Institutionen als Staat. An irgend etwas muss man sich ja "festhalten".
Und weiter: Alle Menschen zusammen bilden die Menschheit.
Die Gesamtheit der Gesellschaften bildet unsere Zivilisation. Naturvölker zählen zur Menschheit, gelten aber nicht als zivilisiert. Auch Stammesgemeinschaften, ohne eigene staatliche Organisation, sind in diesem Zivilisationsbegriff nicht enthalten.
In diesem Text ist erkennbar, was die Begriffe Gesellschaft, Staat, Volk, Gemeinschaft hier bedeuten sollen. Deren Zuschreibung ist eine Kombination aus unreflektiertem Vorwissen, Orientierung an etabliertem Sprachgebrauch und einer willkürlichen Anpassung an das, was ich mit ihnen erklären will und wie ich die Dinge sehe.
Das mit meinen Begriffen gemeinte ist zu verstehen. Man muss aber nicht mit einverstanden sein.
Besonders geisteswissenschaftliche Begriffe sind wie Pferde, die von vielen klugen Leuten ins Rennen geschickt, und von anderen klugen Leuten kritisch, argwöhnisch und manchmal sogar eifersüchtig beäugt und thematisiert werden.
Sie stehen untereinander in einem Wettbewerb und müssen ihre Leistungsfähigkeit erst unter Beweis stellen. Diejenigen Begriffe machen letztlich das Rennen, mit denen etwas bisher unsichtbares sichtbar gemacht, mehr gezeigt, besser erklärt, oder anschaulicher beschrieben werden kann, als mit den Begriffen der Konkurrenz. Das sind dann auch diejenigen Begriffe auf die sich die Mehrheit der wissenschaftlichen Community irgendwann einigt.
Wortbedeutungen sind in diesem Sinne akademische Mehrheitsbeschlüsse.
Denn Bedeutungen können nicht wahr sein. Nur mehr oder weniger gut anwendbar.