Philosophische Reflexionen der Gefühle
- Jörn Budesheim
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Gut, ich leide mit!
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Wenn unsere Gefühle nur so eine Art Colorit unserer Gedanken wären, dann kämen sie erstens immer zu spät und zweitens würden uns unendlich viele Dimensionen der Wirklichkeit entgehen. Das wäre vermutlich ein eindimensionales und trauriges Leben...
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Ich muß mich jetzt sortieren, weil ich auf einmal nicht mehr weiß, ob ich das formale Objekt (das ein Gefühl identifizierbar macht) nicht mit dem Gegenstand, auf das sich ein Gefühl bezieht, verwechsle oder ob fo und "Gegenstand" dasselbe sind ...Alethos hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 14:17Ich denke jedoch, dass der Gedanke, die Wolke sei bedrohlich, gar nicht gehabt werden könnte, wenn ein Gefühl es nicht als bedrohlich wahrnähme. Das Erkennen der Gefahr ist ja durch ein rationales Gefühl erst möglich, nicht durch die reine Zustandsbeschreibung der Wolke als so und so geformte. Bei einer Bedrohungslage sind wir Betroffene (durch die Angst erkennen wir das), was aber ein anderes Verhältnis zum Objekt darstellt, als die nüchterne Feststellung seines So-und-Seins ohne Gefahr. Bei der Gefühlswahrnehmung, durch die wir die Wirklichkeit wahrnehmen, sind wir in die Wahrnehmung als Gefährdete, Erfreute, Erzürnte, Erstaunte eingerechnet.
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Das formale Objekt ist nicht der Gegenstand, auf den sich eine aktuelle Emotion gerade bezieht. Das formale Objekt gehört gewissermaßen zum Begriff der Emotion selbst. Es ist Teil der Emotionen selbst, dass sie uns etwas als gefährlich, begehrenswert etc. präsentiert. Und genau aus diesem Grund unterliegen Emotionen auch Korrektheutsbedingungen und Mütter sagen z.b. zu ihren kleinen Jungens: davor musst du doch keine Angst haben!
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Ich gehe zurück:
Was aber ist denn nun mein Einwand?
Daß es in unserem Lebensalltag hauptsächlich um andere Situationen und Ereignisse geht. Ja, ich glaube, das ist der Punkt. Es geht um andere Gefühle, nämlich neiden, gekränkt, verärgert, wütend sein (kein positives?) und diese Gefühle sind nicht derart unmittelbar wie es der Schreck ist. In der Regel handelt es sich um Ereignisse, die wir zunächst interpretieren, über die wir uns bestimmte Gedanken machen, aus denen dann die entsprechenden Gefühle resultieren. Ist "wir" richtig, angemessen? Der Hauptanteil meiner Gefühle zumindest betrifft derartige Vorkommnisse.
Was bedeutet das fürs Irren? Mein Beispiel, der Schrecken wegen eines Sonnenscheins ins Zimmer - ich hielt den Schein für Feuer, eigentlich hat mein Gefühl nicht geirrt, sondern meine Einschätzung der Wahrnehmung.
Deiner Darstellung hatte ich -stillschweigend, glaube ich- voll zugestimmt. Das tue ich auch heute.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 5. Aug 2021, 07:03Derweil geht in einer Parallelwelt eine weitere Mary spazieren, die ganz anders ist. Ebenso wie wir erlebt sie die "Welt" (den Ausdruck nutze ich hier als anschauliche Abkürzung für: "Wirklichkeit" und nicht im metaphysischen Sinne des Wortes), sprich sie hat Gefühle. Sie ist in "derselben" Situation wie die gefühlslose Mary. Der Hund kommt aus dem Nichts, bellt sie an, bedroht sie. Mary fährt der Schreck in die Glieder, lange bevor sie auf einer abstrakt-kognitiven Ebene xF denken kann. Der Schreck bezieht sich hier auf den Hund und nicht auf den (sagen wir: sprachlich kodierten) Gedanken. Und zum anderen erfasst der Schreck, meines Erachtens, einen anderen (aber überlappenden) Tatsachenkomplex als der abstrakte Gedanke. Das ist mit rein sprachlichen Mitteln ziemlich schwierig auszudrücken, vielleicht müsste man dafür eine Dichterin sein, die allerdings auf Zombies sicherlich keinen Eindruck machen könnte. Auf jeden Fall ist so ein Schreck - nach meiner Auffassung - ein Gedanke, der die Gefährlichkeit des Hundes für meine eigene Existenz völlig erlebbar macht. Der Schreck erfasst die relevanten Tatsachen tiefer und präziser und vor allem bedeutungsvoller. Mit anderen Worten: für die Qualia Mary sind ganz andere Tatsachen-Bereiche zugänglich.
Was aber ist denn nun mein Einwand?
Daß es in unserem Lebensalltag hauptsächlich um andere Situationen und Ereignisse geht. Ja, ich glaube, das ist der Punkt. Es geht um andere Gefühle, nämlich neiden, gekränkt, verärgert, wütend sein (kein positives?) und diese Gefühle sind nicht derart unmittelbar wie es der Schreck ist. In der Regel handelt es sich um Ereignisse, die wir zunächst interpretieren, über die wir uns bestimmte Gedanken machen, aus denen dann die entsprechenden Gefühle resultieren. Ist "wir" richtig, angemessen? Der Hauptanteil meiner Gefühle zumindest betrifft derartige Vorkommnisse.
Was bedeutet das fürs Irren? Mein Beispiel, der Schrecken wegen eines Sonnenscheins ins Zimmer - ich hielt den Schein für Feuer, eigentlich hat mein Gefühl nicht geirrt, sondern meine Einschätzung der Wahrnehmung.
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Was heißt resultieren? Wenn damit gemeint ist, dass die Gefühle sich auf die Gedanken beziehen, bin ich nicht einverstanden. (Ich nutze in diesem Satz jetzt deine Terminologie.)Friederike hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 15:53In der Regel handelt es sich um Ereignisse, die wir zunächst interpretieren, über die wir uns bestimmte Gedanken machen, aus denen dann die entsprechenden Gefühle resultieren.
Ein Urteil hat folgende Form xF. Die Korrektheit Bedingungen beziehen sich darauf, ob es angemessen ist F x zuzusprechen. Feuer in der Wohnung ist in der Regel gefährlich, also ein korrektes Urteil. Fehlerhaft war das Urteil, das da ist Feuer. (Dieses Urteil haben dir wahrscheinlich deine Augen geliefert.)
Wir haben so ungefähr 30 verschiedene Sinne. Diese spielen auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen zusammen. Du hast vermeintlich Feuer gesehen, dich aber geirrt. Daraus folgt aber nicht, dass das Gefühl (Gefahr!) sich auf dein Urteil bezieht, sondern metaphorisch gesprochen, dass es sich auf das Urteil verlassen hat.
Nehmen wir ein ähnliches Beispiel. Ich mache mir Sorgen, weil meine Tochter immer noch nicht von der Schule nach Hause gekommen ist. Dann erfahre ich telefonisch von Frau Müller, dass sie einfach bei einer Freundin zum Mittag geblieben ist. Ich bin wieder beruhigt. Die Beruhigung bezieht sich aber nicht auf die Worte von Frau Müller, sondern darauf, dass die Tochter in Sicherheit ist. Die Sorge bezog sich auf die mögliche Gefahr und das Verschwinden der Sorge bezog sich nicht auf die Worte von Frau Müller, sondern darauf, dass wahrscheinlich keine Gefahr vorliegt. Die Worte von Frau Müller haben mich einfach über die Tatsachen informiert.
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Ich verstehe noch nicht - meine Tochter (ich übernehme für meine Person) ist noch nicht von der Schule heimgekehrt. Es passiert so viel, sie ist verunglückt; vielleicht kommt sie nicht, weil sie nicht mehr nachhause kommen will, ich hätte ihr X nicht verbieten dürfen ... und nun steigen die Sorge und schlimmer die Angst in mir hoch. Sie beziehen sich auf das, was ich über die Tatsache des noch nicht Heimgekehrtseins denke, dafür kann ich doch auch "resultieren" oder "folgen" sagen? Das Sorge- und Angstgefühl sind eine Folge meiner Gedanken. Wenn ich von Fr. M. höre, meiner Tochter gehe es gut, dann fällt mir ein Stein vom Herzen, die Sorge hat sich in Luft aufgelöst und wieder dasselbe, meine Erleichterung und Sorgenbefreitheit beziehen sich auf die Tatsache, daß es meiner Tochter gutgeht bzw. meine Erleichterung folgt, resultiert aus dem Gedanken, es geht ihr gut.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 16:29Was heißt resultieren? Wenn damit gemeint ist, dass die Gefühle sich auf die Gedanken beziehen, bin ich nicht einverstanden. (Ich nutze in diesem Satz jetzt deine Terminologie.)
Ein Urteil hat folgende Form xF. Die Korrektheit Bedingungen beziehen sich darauf, ob es angemessen ist F x zuzusprechen. Feuer in der Wohnung ist in der Regel gefährlich, also ein korrektes Urteil. Fehlerhaft war das Urteil, das da ist Feuer. (Dieses Urteil haben dir wahrscheinlich deine Augen geliefert.)
Wir haben so ungefähr 30 verschiedene Sinne. Diese spielen auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen zusammen. Du hast vermeintlich Feuer gesehen, dich aber geirrt. Daraus folgt aber nicht, dass das Gefühl (Gefahr!) sich auf dein Urteil bezieht, sondern metaphorisch gesprochen, dass es sich auf das Urteil verlassen hat.
Nehmen wir ein ähnliches Beispiel. Ich mache mir Sorgen, weil meine Tochter immer noch nicht von der Schule nach Hause gekommen ist. Dann erfahre ich telefonisch von Frau Müller, dass sie einfach bei einer Freundin zum Mittag geblieben ist. Ich bin wieder beruhigt. Die Beruhigung bezieht sich aber nicht auf die Worte von Frau Müller, sondern darauf, dass die Tochter in Sicherheit ist. Die Sorge bezog sich auf die mögliche Gefahr und das Verschwinden der Sorge bezog sich nicht auf die Worte von Frau Müller, sondern darauf, dass wahrscheinlich keine Gefahr vorliegt. Die Worte von Frau Müller haben mich einfach über die Tatsachen informiert.
Ja, das „wir“ ist hier tatsächlich insofern richtig, als es mir auch so geht. Da gibt es Situationen, Begegnungen, über die ich nachdenke, und diese Gedanken lösen dann ein Gefühl aus. Manchmal eine stechende Eifersucht, manchmal eine aufmunternde Heiterkeit. Oder Sorge. Oder andere Gefühle, immer aber im Zusammenhang mit den Gedanken, die ich zuvor hatte.Friederike hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 15:53Daß es in unserem Lebensalltag hauptsächlich um andere Situationen und Ereignisse geht. Ja, ich glaube, das ist der Punkt. Es geht um andere Gefühle, nämlich neiden, gekränkt, verärgert, wütend sein (kein positives?) und diese Gefühle sind nicht derart unmittelbar wie es der Schreck ist. In der Regel handelt es sich um Ereignisse, die wir zunächst interpretieren, über die wir uns bestimmte Gedanken machen, aus denen dann die entsprechenden Gefühle resultieren.
Nehmen wir aber einmal einen solchen Gedankenvorgang auseinander und schauen uns die Gefühle an, die ich dabei habe.
Die Situation ist die mit meinem Chef. Ich fühle mich von ihm nicht wirklich ernst genommen, manchmal ein wenig von oben herab behandelt. Gönnerhaft manchmal.
Ich denke also über eine solche Situation nach, ein Gespräch vielleicht, in dem er mir wieder so „rüberkam“. So süffisant. Ich ärgere mich.
Aber die Situation, die ich bedenke, an die ich denke, ist zunächst nur die reine Situationsbeschreibung. Würde ich das, was ich in diesen Gedanken und Erinnerungen sehe, niederschreiben, wäre nichts von alledem möglicher Gegenstand eines solchen Gefühls, ausser ich würde in die Beschreibungen alle jene Regungen und Details einarbeiten, die tatsächlich Gegenstand meines Fühlens sind.
Wie würde eine solche Beschreibung lauten? Poeten und Poetinnen können das wohl sehr gut mit wenigen Worten ausdrücken, was formales Objekt des Gefühls ist. Sie sind Meister:innen darin. Ich kann das natürlich nur in meinen Worten sagen. Ich würde dann z.B. von den „Mundwinkeln, die fies nach oben gehen “ sprechen, sobald er mit mir redet. Von den gelangweilt wegrollenden Augen, sobald ich zu sprechen beginne. Etc.
Alle diese „Finessen“ sind emotionsrelevante Bestandteile der reinen Beobachtung und provozieren in mir dieses Gefühl der Minderwertigkeit. Aber hätte ich das überhaupt so gesehen, falls ich ein emotionsloses Wesen wäre, oder ist nicht vielmehr die Wahrnehmung dieser Dinge als dieser verletzenden Dinge notwendig an diese Fähigkeit des Fühlens gekoppelt? Ich muss also überhaupt mit dem „emotionalen Auge“ schauen, bevor ich diese Dinge sehen kann, die ich da in Gedanken als erniedrigend empfinde. Das Fühlen des fo ist ein anderes Wahrnehmen als das Sehen der teilnahmslosen Situation.
Was ist aber das fo? Meines Erachtens ist das erniedrigende Verhalten meines Chefs, es ist Teil des Gefühls der Erniedrigung, dass er sich so verhält. Sein Verhalten könnte ganz andere Gründe haben und vielleicht würde jemand anderes sein Verhalten auch ganz anders interpretieren. Aber, dass ich so fühle in diesen Gesprächen, das hat zum Grund diesen Umstand seines Verhaltens.
Die Gedanken, die ich dann habe, z.B. wenn ich mich zuhause wieder erinnere und Wut aufkommt, beziehen sich auf die Situation in diesem emotional relevanten Sinn, sodass sie in mir Wut produzieren können,. Wäre sie nicht schon durch mich als emotional wahrgenommen worden (wegen meines Gefühls) hätten diese Gedanken über die Situation auch nicht die Dimension der Emotionalität, die sie haben und könnten die Gedanken in mir gar keine solchen Gefühle auslösen.
Hier spielen also Sehen, Mimik-Deutung, Erinnerungen usw. zusammen, sodass das Urteil: „Ich fühle mich erniedrigt“ wahr oder falsch sein kann. Ja, wahr ist, dass ich mich erniedrigt fühle, aber das kann ja eine falsche emotionale Deutung der Tatsachen sein (falls mein Chef sich dabei gar nichts denkt über mich als Person, er mich also auch nicht erniedrigen will).
Das Gefühl geht immer richtig auf das formale Objekt, aber letzteres liegt nicht immer vor. Wenn wir vermeintlich glauben, dass da Gefahr ist, aber keine ist, dann war die Angst immer richtig in Bezug auf das fo, aber eben falsch in Bezug auf die Tatsachen.
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Alle lächeln in derselben Sprache.
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- Jörn Budesheim
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Die Form eines Urteils ist so: xF; wenn wir über Emotionen sprechen, dann entspricht F dem Formalobjekt. Und x ist der Gegenstand der Emotion. Da alles, was es überhaupt gibt, ein Gegenstand ist, kann natürlich alles in diese logische Form eingehen. Also natürlich auch Gedanken. Man kann natürlich ebenso Gedanken erfreulich, wünschenswert, begehrenswert, abstoßend, beängstigend etc finden. Daran zweifle ich natürlich nicht.
Was ich bezweifle ist, dass Gedanken in irgendeiner Form ein bevorzugter, paradigmatischer oder der hauptsächliche Gegenstand der Gefühle sind. Irgendwie willst du ja den Gedanken (so wie du den Ausdruck benutzt) eine Sonderrolle einräumen.
In dem Beispiel mit der Tochter bezieht sich die Sorge nicht auf den Gedanken, sondern auf etwas, was passieren könnte, also etwas, was kein Gedanke ist. Das sollte der Sinn des Beispiels sein, zwar spielen Sprache und Gedanken in den Beispiel eine Rolle, aber sie sind nicht der Gegenstand der Sorge. Sie sind nicht das x, dem F zugeschrieben wird. In dem Beispiel mit dem vermeintlichen Feuer ist es meines Erachtens ebenso. F wird nicht dem Gedanken zu geschrieben, sondern dem vermeintlichen Feuer.
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Danke @Alethos und @Jörn für Eure Antworten. Ich glaube, ich nähere mich der Auflösung einer Konfusion -
aber ich möchte die Sache noch überschlafen.
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Ich wollte hier noch ein Stichwort notieren, was man vielleicht mal diskutieren sollte: Triangulation. Ich kenne den Ausdruck im Wesentlichen von Donald Davidson, auch wenn er ihn natürlich nicht erfunden hat. Ich finde jeder trianguliert auf die verschiedensten Arten und Weisen mit sich selbst. (Wenn man den Begriff entsprechend frei auslegt.) Auf diese Weise wird die Wirklichkeit durch die vielen verschiedenen Sinnesmodi und Sinnesperspektiven tiefer erfasst.
Vielleicht kommt man weiter , wenn man sich das Zusammenspiel von "Emotion" und "Verstand" nach dem Bild der Triangulation ausmalt, statt z.b. in Hierarchien oder ähnlichem?
Vielleicht kommt man weiter , wenn man sich das Zusammenspiel von "Emotion" und "Verstand" nach dem Bild der Triangulation ausmalt, statt z.b. in Hierarchien oder ähnlichem?
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 13:45Wenn Gefühle nicht falsch liegen können, dann schneiden sie uns von der Welt ab. Da beißt die Maus keinen Faden
Wenn ich Angst hatte, hatte ich Angst. Wenn sich dann herausstellt, dass die Angst nicht begründet war, hatte ich doch das Gefühl Angst. Sie war ja da diese Angst. In dem Moment wo die Angst auftaucht, ist es Angst und kein sich freuen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 13:28Daraus folgt meines Erachtens zwingend, dass uns Gefühle von der Welt abschneiden und komplett bedeutungslos sind.Friederike hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 13:11Ausnahmsweise ein klares und entschiedenes "Nein" von mir. Gefühle irren nicht, nie (irrtümlich sind nur "Wahrnehmungen" und Gedanken).
Ich verstehe Friederike so, dass sie dies damit meint, wenn sie von Gefühle können nicht irren schreibt. Oder?
Im Nachgang freut man sich, dass die Angst unbegründet war und auch Erleichterung stellt sich ein.
Jetzt Frage ich mir, was Jörn meint, wenn er schreibt, Gefühle können falsch liegen.
Wenn die Angst einschließlich der entsprechenden Symptomatik falsch in dem Sinne war, weil es keine Angst gewesen sein soll, gibt es von mir auch ein Einspruch. Denn so liest sich Gefühle können falsch liegen.
Wenn es darum geht, im Nachgang festzustellen, die Angst war unbegründet, gibt es keinen Einspruch
Mir ist das Thema von Anfang zu verwirrend.
Kann es sein, das ich in der Reihenfolge falsch zitiert habe?
Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Eben. Und deshalb sind Gefühle auch nicht "echt" oder "unecht". Sie sind immer echt. Ausnahmslos.Stefanie hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 22:48Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 13:45Wenn Gefühle nicht falsch liegen können, dann schneiden sie uns von der Welt ab. Da beißt die Maus keinen FadenWenn ich Angst hatte, hatte ich Angst. Wenn sich dann herausstellt, dass die Angst nicht begründet war, hatte ich doch das Gefühl Angst. Sie war ja da diese Angst.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 13:28Daraus folgt meines Erachtens zwingend, dass uns Gefühle von der Welt abschneiden und komplett bedeutungslos sind.Friederike hat geschrieben : ↑So 8. Aug 2021, 13:11
Ausnahmsweise ein klares und entschiedenes "Nein" von mir. Gefühle irren nicht, nie (irrtümlich sind nur "Wahrnehmungen" und Gedanken).
Das wurde aber überhaupt nicht verstanden. Stattdessen führt man eine Ersatzdiskussion darüber, ob es angemessen ist Angst vor Wolken zu haben, weil man glaubt damit belegen zu können dass es "falsche" Gefühle gibt "Falsch" ist aber nicht "unecht" Ob etwas falsch ist ist wieder eine ganz andere Frage..
But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)
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Das liegt daran, dass Selbstverständlichkeiten geleugnet werden. Lass dich davon nicht aus der Bahn werfen. Nichts von dem was hier Verrücktes erzählt wurde ist auch nur im Ansatz richtig. Das kann der Weihnachtsmann glauben, ich glaube es keine Sekunde. Es gibt keine unechten oder falschen Gefühle.
Wenn wir zum Beispiel Angst vor Etwas haben, vor dem wir keine Angst zu haben brauchen, dann liegt das entweder daran, dass wir die Situation falsch einschätzen, oder wir können das worum es geht gar nicht einordnen (wir fallen dann auf die Instinktebene zurück). Ein typisches Beispiel für Letzteres ist die Angst vor dem Unbekannten, unsere Phantasie spielt dann verrückt (wir sehen Gespenster).
Wenn wir also zu Kindern sagen: "Davor musst Du keine Angst haben" dann ist damit nicht gemeint "Deine Gefühle sind falsch", sondern wir teilen dem Kind einfach mit, dass es die Situation falsch einschätzt. Sobald/Wenn das Kind das "verarbeitet" hat, hat es in der fraglichen Situation seine Angst überwunden. Daraus folgt aber nicht, dass es vorher ein "falsches Gefühl" (eine falsche Angst) hatte. Es hatte genau das richtige Gefühl: Es fürchtete sich vor Etwas, das es nicht einordnen, bzw verstehen konnte. Man müsste dazu einen Psychologen befragen, aber ich denke das ist einfach instinktives, evolutionär bedingtes Verhalten. Die meisten Tiere zeigen das auch, also eine Scheu vor Dingen die sie nicht kennen, bzw (noch) nicht einordnen können. So ein Verhalten kann lebensverlängernd sein.
Ich glaube in der Psychologie spricht auch Niemand von "richtigen" oder "falschen" Gefühlen. Es wird stattdessen über den Entstehungszusammenhang gesprochen (es geht da um den Auslöser der als negativ oder unpassend bewerteten Gefühle).. Friederike hat dazu schon das Nötige geschrieben.
Was die Kinder angeht (was sagt der Pädagoge zu den "falschen Gefühlen?):
https://www.erzieherin.de/files/editori ... ontext.pdf
Einem Kind zu sagen es hätte "falsche Gefühle" ist einfach komplett unprofessionell.
Dieser Thread hier ist genauso hohl wie die letzten 20 dieser Art. Immer nur geht es darum einfach alles in ein realistisches, objektivistisches Korsett zu zwängen und zu zwingen (auch wenn das überhaupt keinen Sinn ergibt). Gleichzeitig wird behauptet man wolle "Die Subjektivität stärken". Ich finde das in höchstem Maße unglaubwürdig und lächerlich.
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Mein Bauchgefühl (im alltagssprachgebrauch) meint, es liegt auch an der Sprache.
Innen, aussen, echt, unecht, wahr, falsch, ... weil ich glaube, das wird unterschiedlich verwendet wird, und auf unterschiedliches bezogen wird. Scheinbar.
Gleichzeitig ist es schwer, z.B. ohne "innen" zu gebrauchen, was zu beschreiben.
Mir ist das Beispiel mit der Hand neben eine Gegenstand halten immer noch nicht klar. Das Ziel verstehe ich nicht, und was hier außen und innen darstellen soll.
Das verwirrt.
Innen, aussen, echt, unecht, wahr, falsch, ... weil ich glaube, das wird unterschiedlich verwendet wird, und auf unterschiedliches bezogen wird. Scheinbar.
Gleichzeitig ist es schwer, z.B. ohne "innen" zu gebrauchen, was zu beschreiben.
Mir ist das Beispiel mit der Hand neben eine Gegenstand halten immer noch nicht klar. Das Ziel verstehe ich nicht, und was hier außen und innen darstellen soll.
Das verwirrt.
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Ich habe gerade mal die Forensuche verwendet, ich habe den Ausdruck "echt" in diesem Faden bisher gar nicht verwendet.
Stattdessen schreibe ich folgendes: Gefühle verbinden uns mit der Wirklichkeit. Man könnte vielleicht sagen, das ist ihre Funktion. Zugleich mache ich geltend, dass Gefühle eine Form von Vernunft sind und zwar erlebte Vernunft.
Gefühle verbinden uns also nach meinem Verständnis mit der Wirklichkeit. Und zwar in einer ähnlichen Art und Weise wie uns z.b. Sehen und Berühren mit der Wirklichkeit verbinden. Allerdings sind unsere Sinne nicht unfehlbar. Und das gilt auch für die Gefühle, die Angst kann uns z.b. etwas als gefährlich präsentieren, was für uns nicht gefährlich ist. Das Erleben, das Feeling ist präsent, aber der Gegenstand, auf den sich das Feeling richtet, ist nicht gefährlich. In solchen Fällen nehmen wir beispielsweise unsere Kinder in den Arm und sagen ihnen, dass sie keine Angst haben müssen vor dem Plüschbär. Leider ist die Sache nicht immer so harmlos wie in diesem Beispiel. Zum Glück liegen die Dinge aber nicht generell so, wie ich finde. Die Gefühle erfüllen ihre Funktion in der Regel ziemlich zuverlässig nach meinem Gefühl.
(Ohne Gefühle könnten wir wohl kaum Entscheidungen treffen. Ich denke, dazu gibt es auch ausreichend empirische Forschung.)
- Jörn Budesheim
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Letztlich geht es in diesem Faden (vielleicht nicht nur, aber auch) um Intentionalität, denke ich. Wir können uns auf etwas beziehen, das ist meines Erachtens eine Form von "Gerichtetheit" oder "Ausrichtung". Aber eine Richtung ist nicht an einem Ort; Richtung ist vereinfacht gesagt: "von hier nach da". Zu sagen, dass die Richtung "hier" ist, ist daher schlicht Unsinn, weil es der Richtung gerade das nimmt, was sie ausmacht, nämlich das "Richtunghafte".
Bewusstsein hat viele Aspekte unter anderem natürlich, dass es erlebt wird und eben die besagte Intentionalität und einiges mehr. Der Aspekt der Intentionalität, also der Gerichtetheit verträgt sich - wie gesagt - jedoch nicht mit dem Ausdruck "innen", weil etwas, was von "innen" nach "außen" gerichtet ist, nicht innen ist.
Wie sieht es mit dem Feeling Aspekt aus, also mit dem Erleben? Das scheint doch wohl "innen" zu sein, schließlich ist es von "außen" nicht zu beobachten. Dass meine Erlebnisse anderen nicht grundsätzlich zugänglich sind, rechtfertigt meines Erachtens aber nicht die generelle Rede von innen und außen. Es entspricht meines Erachtens einfach nicht dem Erleben, die Gefühle sind nicht per se in einem abgeschlossenen Innenraum der Seele, sondern sie öffnen uns auch im Erleben und gerade da in vielen Fällen zur Wirklichkeit. Wenn ich in einen Raum komme und es herrscht eine bleierne Stimmung, dann erlebe ich das nicht als irgendwie innen. Das ist kein guter Ausdruck für ein solches Erlebnis. Wenn ich das herrliche Wetter genieße, dann ist das kein Innen-Erlebnis. Im Grunde ist es nicht viel anders als Hören und Sehen. Das erleben wir auch nicht als "Innen".
Nun ist man vielleicht versucht, "in sich" zu gehen und nach Beispielen zu suchen, wo der Ausdruck "innen" rechtfertigt ist. Nehmen wir - um des Argumentes Willen - an, es gibt solche Beispiele. Was folgt daraus für die Frage? Ist es richtig zu sagen, Autos sind rot, wenn einige Autos rot sind?
Hinzu kommt noch, dass wir es tendenziell mit einer Form von Verdinglichung zu tun haben, wenn wir den Gefühlen Orte zuweisen als wären sie Dinge. (Laut Friederike ist das ein Argument von Tugendhat.)
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In der Philosophie des Geistes spricht man dementsprechend stattdessen meist von der "Perspektive der ersten Person" im Unterschied zur "Perspektive der dritten Person". In dem Ausdruck "Perspektive" ist die "Gerichtetheit meines Erachtens gut aufgehoben und zudem wird klar, wer diese Perspektive einnimmt.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 9. Aug 2021, 06:46Dass meine Erlebnisse anderen nicht grundsätzlich zugänglich sind, rechtfertigt meines Erachtens aber nicht die generelle Rede von innen und außen.
Ich verstehe den Punkt, dass Gefühle nicht etwas komplett Inneres sind, weil sie dadurch funktionslos würden. Ich bin auch damit einverstanden, dass sie uns mit der Außenwelt verbinden – mein Begriff der Vermittlung drückt dasselbe aus. Ich verstehe aber nicht, warum deswegen das Konzept von Innen und Außen überflüssig wird. Ganz im Gegenteil, ich halte es für essentiell. Denn wenn wir nicht diese Außenhülle hätten, die ein Inneres zur Folge hat, bräuchten wir doch Gefühle als eine unserer Möglichkeiten der Barriereüberschreitung vermutlich gar nicht.
Wir sind Lebewesen mit einer Außenhülle. Wir stehen deswegen in ständigem Austausch mit unserer Umwelt, sonst wären wir nicht überlebensfähig. Gleichzeitig ist diese Außenhülle aber auch eine Grenze, die das Innere vom Äußeren trennt. Das ist ja an sich nichts Schlechtes, es ist evolutionär wohl sogar von Vorteil (die frei flottierende DNA wird durch eine Zellmembran zum Einzeller, ein Zellhaufen wird durch eine gemeinsame Außenhülle zum Mehrzeller, in dessen Inneren sich die Zellen ausdifferenzieren können etc.). Ich stelle mir vor, dass neben den Stoffwechselfunktionen wie Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Atmung etc. es vor allem die Gefühle sind, die uns mit dem, was sich außerhalb unserer Hülle befindet, verbinden (bis dann das Denken hinzutrat).
Und dieses, dass wir ein Innen haben, ist ja auch ein Gefühl, dessen Existenz seine Berechtigung hat und das man nicht einfach übergehen kann. Ich kriege das noch nicht mit den quasi „ortlosen“, nur gerichteten Gefühlen überein.
Wir sind Lebewesen mit einer Außenhülle. Wir stehen deswegen in ständigem Austausch mit unserer Umwelt, sonst wären wir nicht überlebensfähig. Gleichzeitig ist diese Außenhülle aber auch eine Grenze, die das Innere vom Äußeren trennt. Das ist ja an sich nichts Schlechtes, es ist evolutionär wohl sogar von Vorteil (die frei flottierende DNA wird durch eine Zellmembran zum Einzeller, ein Zellhaufen wird durch eine gemeinsame Außenhülle zum Mehrzeller, in dessen Inneren sich die Zellen ausdifferenzieren können etc.). Ich stelle mir vor, dass neben den Stoffwechselfunktionen wie Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Atmung etc. es vor allem die Gefühle sind, die uns mit dem, was sich außerhalb unserer Hülle befindet, verbinden (bis dann das Denken hinzutrat).
Und dieses, dass wir ein Innen haben, ist ja auch ein Gefühl, dessen Existenz seine Berechtigung hat und das man nicht einfach übergehen kann. Ich kriege das noch nicht mit den quasi „ortlosen“, nur gerichteten Gefühlen überein.
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Das ist richtig. Es markiert aber nach meiner Sicht nur ein weiteres Problem der "Innen-Außen" Terminologie. Das Begriffspaar ist nämlich (mindestens) doppeldeutig. Einerseits kann damit der Bereich diesseits der Hautgrenze gemeint sein. Dann sind die Knochen und die Organe innen. Das ist aber gar nicht gemeint, schätze ich, wenn man andererseits von einem Innen in einem mentalen Sinne spricht. In dieser Terminologie gehören die Knochen und Organe zur Außenwelt des Bewusstseins.
Wenn man beispielsweise von einer Innenwelt spricht, dann meint man in der Regel nicht den Bereich innerhalb der Grenzen der Haut, sondern meistens so etwas wie unsere "geistige Welt", den Bereich des Mentalen oder ähnliches. Der Bereich "unter" der Haut ist schließlich für die Perspektive der dritten Person kein Problem. Wenn wir die berühmte Fledermaus nehmen, dann ist ihre "Innenwelt" kein epistemisches Problem, solange damit das Innere des Körpers gemeint ist. Unzugänglich ist nur die "Innenwelt" als die "innere mentale Welt" der Fledermaus. In der genialen Terminologie von Nagel das "Wie es ist".