Alethos hat geschrieben : ↑ So 15. Aug 2021, 23:06
Der „alte weisse Mann“ ist ein Begriff, der für die patriarchale Struktur steht, die noch immer existiert, wenn sie auch bröckelt (zum Glück). Das Frauenstimmrecht wurde in der Schweiz erst 1971 eingeführt. In der nationalen Politik gibt es erst seit einigen Jahrzehnten Frauen. Erst seit zwei Jahrzehnten füllen sich die Kongresskammern allmählich mit jungen und auch weiblichen Personen. Davor zeigten Bilder von Kongressversammlungen einfach genau das: alte weisse Männer, die gemeinsam Politik machten (dasselbe galt für Verwaltungs- resp. Aufsichtsräte).
Diesen Typus des „alten weissen Mannes“ gab es auch in der Philosophie. Sokrates war, sofern es ihn gab, ein weisser alter Mann. Gegen alte
weise Männer hat ja niemand etwas, nur gegen das, wofür der Begriff „alt und weiss“ steht: Für ein machtkonzentriendes patriarchales Denken arrivierter Männer, die mit Vorliebe in Hinterzimmern bei Zigarren und Cognac das Wohl der Welt nach ihrem Maß vermessen und eben nicht nach dem Maß der Weisheit: Diese „alten weissen Männer“ gibt es noch, und es ist richtig zu kritisieren, wenn es auch Fortschritte gab, dass es dieses Denken auch noch heute bei vielen jungen weissen Männer gibt. Es ist ein Denken aus der Perspektive des Privilegs, nicht zu einer diskriminierten Gruppe zu gehören.
Der „Weisse“ ist geschichtlich der Unterdrücker. Das ist kolonialhistorisch belegt. Und es waren allesamt Männer. Gegen diese Realität richter sich der Begriff - ja, mitunter mit idealistischem Nachdruck.
Ich frage mich manchmal, ob das nicht alles etwas zu einfach ist.
Ich nehme mal das Beispiel, wo der "alte weiße Mann" Frauen in "unteren Rängen" fördert, aber "mit aller Macht seiner Privilegien" zu verhindern versucht, dass eine (vielleicht sogar besser qualifizierte) Frau ihm seinen eigenen Posten streitig macht.
Erklärt wird ein solches Verhalten dann eben genau mit diesem patriarchalem Denken. Ich Mann, Du Frau. Du nix. Klar, die Frau jammert dann rum: "Der alte, weiße Sack lässt mich nicht zum Zuge kommen".
Aber ich stelle mir an der Stelle die Frage wieso das was mit patriarchalem Denken zu tun haben soll. Ist das nicht auch anders erklärbar?
Ich verstehe, dass der Mann seinen Posten behalten will und ihn gegen die weibliche Konkurrenz erbittert verteidigt.
Aber das würde er ja auch bei einem männlichen Konkurrenten genauso machen. Also wie zum Geier kommen die Sozialforscher darauf, dass wir es in dem Fall mit einem Beispiel von Sexismus und patriarchalem Denken zu tun haben? Es mag sein, dass der "alte, weiße Mann" seine Konkurrentin vielleicht unter Zuhilfenahme von sexistischem "Argumenten" wegmobbt (Du bist ne Frau, Du bist schwach, Frauen können nix, deshalb bist du ungeeignet, blablabla) aber eigentlich geht es ihm doch gar nicht um männliche Vorherrschaft, sondern einfach darum seinen Posten zu behalten.
Und wie wäre das denn nun, wenn eine Frau einen Mann auf diese Weise wegmobbt? Oder eine andere Frau? Ist das unvorstellbar? Ich denke nicht. Auch Frauen setzen sich gegen Konkurrenten zur Wehr und versuchen sie zu diskreditieren, weil eben niemand gerne seinen Job verliert, besonders dann nicht, wenn er an dem Job hängt. Da wird unter Frauen genauso hart an den Haaren gezogen und gekratzt. Vielleicht liegt das einfach an einem anderen Systemfehler, nämlich unserem Leistungs- und Erfolgszwang.
Also, verstehst Du was ich meine? Jegliches Verhalten wird immer sofort in diese feministische Schiene gedrückt und auch nur noch so interpretiert. Wieso? Teilweise habe ich das Gefühl das gewisse Leute da in einem extremen Tunnelblick festhängen und eben nur noch das sehen was sie wollen.... nämlich ausnahmslos überall alte, weiße Mäuse... äh Männer.
Damit leugne ich nicht, dass es diese Strukturen noch irgendwo gibt.
ICH LEUGNE DAS AUSDRÜCKLICH NICHT!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Aber Herrgott, manchmal scheint mir das alles übertrieben und auch zu eindimensional in der Betrachtung zu sein. Die wahren gesellschaftlichen Probleme, und auch die Gründe für die Ungerechtigkeiten in ihr sind doch viel komplexer und vielschichtiger.