Why the ‘Unreasonable Effectiveness’ of Mathematics?

Die Philosophie der Mathematik fragt, ob mathematische Objekte wie Zahlen existieren. Sie fragt nach der erstaunlichen Effektivität mathematischer Modelle in den Naturwissenschaften und wie mathematische Erkenntnisse gewonnen werden.
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Jörn Budesheim
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Do 19. Aug 2021, 19:18



Diese Serie finde ich ganz hervorragend, leider leider alles auf Englisch.




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Alethos
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Fr 20. Aug 2021, 19:39

„We inhabit a mathematical structure.“ Max Tegmark.

Grossartig. Ich sympathisiere mit dieser Aussage, obwohl ich sie natürlich nicht ganz verstehe. Insbesondere weiss ich nicht, inwiefern es einen Sinn ergibt, Gefühle, Bewusstsein, Qualia, Sozialität etc. als etwas Mathematisches zu begreifen. Ja, ich kann mir vorstellen, dass wir auch diese „Dinge“ mathematisch abbilden können (z.B. eine Aversion haben gegen meinen Chef), aber doch behandle ich einen solchen Sachverhalt ja nicht so, als wäre er ein mathematischer.

Ob wir sagen „Alles sei Mathematik“ oder „Alles sei Physik“ ist aus einer metaphysikritischen Optik gleich problematisch. Die Dinge sind, was sie sind, auch wenn sie sich auch anders geben können, als was sie sind, so sind sie dann andere Dinge und nicht dieselben. Ein Gefühl, als mathematische Gleichung dargestellt, ist einfach etwas anderes, als die Sensation des Fühlens, sowie die Eigenschaft [-1] bei Elektronen etwas anderes ist, als das Kribbeln, das sie auslösen können, wenn sie mit mir zusammentreffen. Auch wenn das Zusammenspiel von mir und Elektronen mathematisch sein kann, durch und durch sogar, so ist es doch gleichwohl nicht nur das.



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Jörn Budesheim
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Fr 20. Aug 2021, 20:06

Ja, das ist schiere und eigentlich ganz altertümliche ("alles ist") Metaphysik. Ich kann mir ja nur schwer vorstellen, dass der Wissenschaftler richtig liegt, aber ich bin bei diesen Interviews am meisten davon beeindruckt, wie wenig wir (bei vielen ganz grundlegenden Fragen) anscheinend immer noch wissen und wie unterschiedlich die Antworten ausfallen und wie sehr wir darum ringen.




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Alethos
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Sa 21. Aug 2021, 14:43

Wenn wir die Welt um uns herum, aber auch alles, was in ihr Bedeutung hat, betrachten, was könnte es heissen, dass sie mathematisch ist?

Recht einleuchtend (was auch im Beitrag so gesagt wird) ist, finde ich, dass der Raum Dimensionen hat, die sich auch mathematisch darstellen lassen (Dreidimensionalität). Aber auch, dass gewisse Gegenstände zueinander Proportionen bilden, die sich quantifizieren und mathematisch darstellen lassen, ist plausibel. Alles das lässt sich relativ einleuchtend in eine mathematische Sprache übersetzen, und der Gedanke, dass diese Sprache „in den Dingen“ selbst drin steckt, erscheint uns vielleicht wenig seltsam.

Was aber heisst es z.B., dass ein Baumzweig schön ist? Dass er etwas bedeutet? Dass er etwas Bedeutendes einschliesst? Etwas, das sich vielleicht auch sagen lässt über ihn?
Es ist doch gar nicht so abwegig zu denken, dass Bedeutung eine Sprache hat?

Dass ein Baumzweig etwas bedeutet, wäre äquivalent mit der Erkenntnis, dass wir über ihn etwas zu sagen haben und die Begriffe, die wir haben, um zu sagen, dass er dieses und jenes bedeute, sind doch nur stellvertretend für das, was er an sich ist.

Bild

Dieser Blütenzweig schliesst in jedem Blütenblatt hundert Worte ein, die ich gerne dir gesagt - Bitte, nimm ihn freundlich an. (Fujiwara no Hirotsugu)



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Jörn Budesheim
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Sa 21. Aug 2021, 17:51

Alethos hat geschrieben :
Sa 21. Aug 2021, 14:43
mathematisch darstellen lassen
Ich habe nicht so richtig verstanden, wie der Schritt von "lässt sich mathematisch darstellen" zu "ist mathematisch" gemacht wurde.




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Sa 21. Aug 2021, 17:54

Dass alles mathematisch sein soll, erinnert mich irgendwie an, was nicht messbar ist, existiere auch nicht. Oder Wittgensteins berühmte Sentenz "Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Reine Mathematik ist reiner Formalismus. Ist die Welt "angewandter Formalismus"...?




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Alethos
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So 22. Aug 2021, 01:08

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 21. Aug 2021, 17:51
Alethos hat geschrieben :
Sa 21. Aug 2021, 14:43
mathematisch darstellen lassen
Ich habe nicht so richtig verstanden, wie der Schritt von "lässt sich mathematisch darstellen" zu "ist mathematisch" gemacht wurde.
Dass es sich mathematisch darstellen lässt, hat zur Voraussetzung, dass es mathematisch ist (?)

So wie eine Sprache sich nur in eine andere übersetzen lässt, wenn sie beides Sprachen sind und Bedeutung fassen, ist die mathematische Darstellung mit Formeln ja auch nur eine Übersetzung der Wirklichkeit in eine formale Sprache, die die Bedeutung darstellt, wie sie ist: mathematisch.

Die mathematische Darstellung (mit Zeichen, Operatoren etc.) ist doch nur ein Zugang zur Wirklichkeit, die logisch strukturiert ist.



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infinitum
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Alethos hat geschrieben :
Fr 20. Aug 2021, 19:39
„We inhabit a mathematical structure.“ Max Tegmark.

Insbesondere weiss ich nicht, inwiefern es einen Sinn ergibt, Gefühle, Bewusstsein, Qualia, Sozialität etc. als etwas Mathematisches zu begreifen. Ja, ich kann mir vorstellen, dass wir auch diese „Dinge“ mathematisch abbilden können (z.B. eine Aversion haben gegen meinen Chef), aber doch behandle ich einen solchen Sachverhalt ja nicht so, als wäre er ein mathematischer.

Ein Gefühl, als mathematische Gleichung dargestellt, ist einfach etwas anderes, als die Sensation des Fühlens, sowie die Eigenschaft [-1] bei Elektronen etwas anderes ist, als das Kribbeln, das sie auslösen können, wenn sie mit mir zusammentreffen. Auch wenn das Zusammenspiel von mir und Elektronen mathematisch sein kann, durch und durch sogar, so ist es doch gleichwohl nicht nur das.
ich denke nicht, dass Mathematik dazu konzipiert war, Gefühle oder Eindrücke abzubilden. Sie zielt darauf ab, den strukturellen Aufbau zu "beschreiben". Also damit meine ich zu Beispiel, die berühmten Fibonacci Zahlen/Spiralen, die man in der Natur bei vielen Pflanzen (Anzahl und Anordnung der Blätter) sehen kann. Also wäre Mathematik = Information ohne jegliche Sinneseindrücke. Das ganze rückt dann tatsächlich in den Bereich Metaphysik, da die Welt der Empfindung ausgeklammert wird. Ich würde sogar sagen, dass sich Mathematik wie ein Bauplan (DNA) für lebendige Formen verhält. Also es ist der Anfangspunkt, die konkrete Erscheinung, wie zum Beispiel eine Pflanze wächst und sich entwickelt, dies zu beschreiben, kann die Mathematik nicht leisten, da es auch zu Abweichungen oder unvorhersehbaren Mutationen kommen kann.
Ich würde Tegmark zustimmen, dass Mathematik nur annäherungsweise korrekt ist, also dass die Gleichungen, die wir bereits haben, noch nicht genau genug sind, um die Welt abzubilden. Es basiert auf unserem Wissenstand und kann m.E. eigentlich nicht vollständig sein.



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Jörn Budesheim
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So 22. Aug 2021, 11:14

Wenn ich mich recht entsinne, räumt er auch ein, dass sich das Bewusstsein seiner Sichtweise bisher entzieht. Bewusstsein hat immer etwas qualitatives und das ist ja gerade nicht quantitativ,,also mathematisierbar, oder?




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Jörn Budesheim
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So 22. Aug 2021, 11:16

Novalis (Georg Philipp Friedrich von Hardenberg) - Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren (1800)

Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren
Sind Schlüssel aller Kreaturen,
Wenn die, so singen oder küssen,
Mehr als die Tiefgelehrten wissen,
Wenn sich die Welt ins freie Leben,
Und in die Welt wird zurückbegeben,
Wenn dann sich wieder Licht und Schatten
Zu echter Klarheit werden gatten,
Und man in Märchen und Gedichten
Erkennt die ew´gen Weltgeschichten,
Dann fliegt vor Einem geheimen Wort
Das ganze verkehrte Wesen fort.




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Jörn Budesheim
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So 22. Aug 2021, 12:57

@Alethos ich meine, Blätter gehören zur Ordnung des Lebens und damit zur Ordnung des Sinns und der Bedeutung.




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Alethos
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So 22. Aug 2021, 18:37

Aber heisst wohl kaum, dass nur Blätter, gemeinhin das Lebendige, Sinn und Bedeutung hat?



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Jörn Budesheim
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Fr 23. Aug 2024, 09:08

Das hier finde ich allerdings trotz allem sehr spannend:



Woher kommt die "unreasonable effectiveness of mathematics in the natural sciences"? Der Begriff wurde 1960 von dem Physiker Eugene Wigner in einem berühmten Aufsatz geprägt. Wigner wies (in meinen eigenen Worten) darauf hin, dass die Mathematik oft Werkzeuge bereitstellt, die sich auf unerwartete Weise für die physikalische Forschung als nützlich erweisen, obwohl sie ursprünglich nicht für diesen Zweck entwickelt wurden. Es gibt ja auch die Idee, das Universum sei selbst in irgendeiner Form "mathematisch" bzw. "informatisch".

Im Gegensatz dazu gibt es auch Diskussionen über die „unvernünftige Ineffizienz“ der Mathematik in den Sozialwissenschaften, was auf die Schwierigkeit hinweist, mathematische Modelle auf komplexes menschliches Verhalten anzuwenden.




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Quk
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Fr 23. Aug 2024, 11:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 23. Aug 2024, 09:08
Im Gegensatz dazu gibt es auch Diskussionen über die „unvernünftige Ineffizienz“ der Mathematik in den Sozialwissenschaften, was auf die Schwierigkeit hinweist, mathematische Modelle auf komplexes menschliches Verhalten anzuwenden.
Ich denke, auch die Physik kann dermaßen unübersichtlich werden, dass die Mathematik kaum aufräumen kann. Umgekehrt: Wenn man sozialwissenschaftliche Strukturen in winzigste Einzelteile auflösen könnte, so würden auch darin mathematische Beschreibungen immer einfacher -- theoretisch. Praktisch ist das halt fast unmöglich. Aber prinzipiell ist das Kernproblem demnach nicht das Wesen der Mathematik, sondern das Wesen der Komplexität. Die gibt es in allen Wissenschaften, variabel je nach Thema.

In der Elektrotechnik gibt es zum Beispiel diese Formel:

Widerstand = Spannung durch Stromstärke

Also, große Spannung bei kleiner Stromstärke deutet auf großen Widerstand.
Umgekehrt: Große Stromstärke bei kleiner Spannung deutet auf geringen Widerstand.

Dieses lineare Prinzip lässt sich wohl auch auf soziale Situationen anwenden. Es wird nur nicht so linear erscheinen wie in der Physik, aber das liegt vermutlich darin, dass die unfassbar vielen sozialen Einzelteile nicht einzeln berücksichtigt werden, die die Linearität stören. Allerdings passiert das auch in der elektrotechnischen Praxis: Auch die ist nicht ständig ideal linear. Auch da liegt das Problem in der Vernachlässigung der abweichenden Einzelteile. Aber die Einzelteile für sich sind innerhalb ihrer Wirkungsbreite wiederum linear. Es liegt wohl also nicht an der Mathematik, sondern an der Komplexität der zu beschreibenden Sache, ungeachtet des wissenschaftlichen Fachs.

Die beispielhafte Formel oben ist nichts anderes als die Beschreibung eines Verhältnisses.




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