Arbeit

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
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Jörn Budesheim
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Sa 7. Mai 2022, 06:59

In arbeitsteiligen Gesellschaften muss es Spezialist:innen geben. Daraus folgt nicht, dass in arbeitsteiligen Gesellschaften jede:r eine Spezialist:in ist. Mit anderen Worten, Beispiele für Nichtspezialist:innen, falls es tatsächlich welche gibt, stellen die grundsätzliche Idee überhaupt nicht infrage.

Man kann sich dazu vielleicht eine Firma in einer Gesellschaft vor Augen führen, in der es bestimmte spezialisierte Abteilungen gibt, die ganz verschiedene, aber ineinandergreifende Rollen spielen: Rechnungswesen, Marketing, Personal, Kundenbeziehungen, Produktentwicklung, Produktion etc pp. Und die Firma selbst, wenn sie bestehen will, muss sich auf eine ähnliche Art und Weise in einen übergeordneten gesellschaftlichen Rahmen fügen. Die Firma ist also auf etwas bestimmtes spezialisiert: Brotbacken, Häuser bauen, Software entwickeln, Menschen pflegen und ähnliches.

Eine arbeitsteilige Gesellschaft, in der einfach alle dasselbe machen, ist keine arbeitsteilige Gesellschaft.




Burkart
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Sa 7. Mai 2022, 08:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Mai 2022, 06:02
Ich hoffe, dass nwdm nicht liest, dass Softwareentwickler keine Spezialisten sind.
Ich dachte, dass sie innerhalb eines Teams alle mehr oder weniger gleich(wertig) und nicht spezialisiert sein müssen, auch wenn sie es oft sind.
Innerhalb unserer Gesellschaft sind sie es sicherlich.
In arbeitsteiligen Gesellschaften muss es Spezialist:innen geben. Daraus folgt nicht, dass in arbeitsteiligen Gesellschaften jede:r eine Spezialist:in ist. Mit anderen Worten, Beispiele für Nichtspezialist:innen, falls es tatsächlich welche gibt, stellen die grundsätzliche Idee überhaupt nicht infrage.
Völlig einverstanden. Ich wollte nur darauf hinaus, dass nicht nur spezialierte Tätigkeiten Arbeit sind, sondern es können prinzipiell auch andere sein.

Was ist z.B. mit Hausarbeit? Macht die nicht so gut wie jeder mehr oder weniger? Also dazu ist mal dann nicht gerade Spezialist, ich z.B. nicht ;)



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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NaWennDuMeinst
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Sa 7. Mai 2022, 09:20

Stefanie hat geschrieben :
Fr 6. Mai 2022, 23:28
Meine Arbeit setzt eine langjährige Ausbildung und Qualifikation voraus. Nur bin ich auf andere Arbeiten angewiesen, wie z.B. auf den Empfang bzw. Telefonzentrale. Die können unser Telefonanlage was das Weiterleiten, Verbinden, Halten angeht, technisch perfekt bedienen, ich nicht. Das sind auch Spezialisten, die da sitzen, auch ohne eine vorherige passende Berufsausbildung. Ich schmeiß die Leute immer aus der Leitung, wenn ich zu einer Kollegin weiter verbinden will.
Helferjobs wie Erntehelfer für den Spargel ist das Ausüben einer komplexe Tätigkeit und anstrengend, das kann nicht jeder.
Wenn Du das so begreifst, dann hat es niemals keine Spezialisten gegeben (auch bei nicht arbeitsteiligen Gesellschaften nicht), denn irgendwelche Fähigkeiten erfordert ja jede Tätigkeit. Sobald ich dann auch nur irgendwas mache bin ich nach Deiner Vorstellung ein Spezialist.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 7. Mai 2022, 09:25, insgesamt 1-mal geändert.



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NaWennDuMeinst
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Sa 7. Mai 2022, 09:25

Burkart hat geschrieben :
Sa 7. Mai 2022, 08:07
Was ist z.B. mit Hausarbeit? Macht die nicht so gut wie jeder mehr oder weniger? Also dazu ist mal dann nicht gerade Spezialist, ich z.B. nicht ;)
Ja, eben. Wenn ich den Müll runtertrage bin ich deshalb noch lange kein Spezialist fürs Müllruntertragen. Und es braucht dafür auch keine Spezialisten (dafür den Müll zu entsorgen dann schon).
Trotzdem ist das Arbeit. Der Müll trägt sich ja nicht von alleine runter.



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Sa 7. Mai 2022, 09:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Mai 2022, 06:02
Ich hoffe, dass nwdm nicht liest, dass Softwareentwickler keine Spezialisten sind.
Für mich hat Spezialistentum etwas mit Wissen zu tun. Wissen das nicht jeder hat, und das auch nicht jeder ohne Weiteres erwerben kann.
Um eine spezialisierte Arbeit zu machen muss ich bereits vorher viel gearbeitet haben um mir das Wissen dazu anzueignen.
Ein anderes Wort für Spezialist ist Experte, Fachmann, Fachkundiger.



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Stefanie
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Sa 7. Mai 2022, 14:26

Ein anderes Wort für Spezialistin ist Expertin, Fachfrau, Fachkundige.
Das war mir jetzt zu viel. : - )



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Sa 7. Mai 2022, 19:20

Stefanie hat geschrieben :
Sa 7. Mai 2022, 14:26
Ein anderes Wort für Spezialistin ist Expertin, Fachfrau, Fachkundige.
Das war mir jetzt zu viel. : - )
Du darfst mir ruhig glauben, dass ich, auch wenn ich das nicht explizit so hinschreibe, davon ausgehe, dass auch Frauen Experten sein können.



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Jovis
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Mo 9. Mai 2022, 10:51

Die Bedeutung von Arbeit als überwiegend anstrengende körperliche Tätigkeit hat sich, wenn ich mir die verlinkten Beiträge zur Geschichte des Arbeitsbegriffes ansehe, insofern verändert, als immer mehr andere, leichtere Tätigkeiten zur Arbeit dazugezählt wurden, bis hin zur geistigen Arbeit. Damit einher ging auch eine Aufwertung der Arbeit. Waren es in der griechischen Antike die Sklaven, die arbeiten mussten, so haben wir ja inzwischen, zumindest in vielen Ländern, ein Recht auf Arbeit für jedermann und (nicht immer) jede Frau. (Wobei es dazu inzwischen auch eine Gegenbewegung gibt, die das Recht auf Faulheit propagiert.)

Arbeit entwickelte sich mehr und mehr von einem notwendigen Übel zu einem Mittel der Selbstverwirklichung. Aber anthropologische Konstante? Ich weiß nicht so recht. Sagen nicht fast alle: "Wenn ich im Lotto gewinnen würde, würde ich sofort mit der Arbeit aufhören"?

Mir fällt dazu Schiller ein, nach dem der Mensch erst ganz Mensch ist, wenn er spielt (oder so ähnlich). Wobei ich davon ausgehe, dass Schiller nicht mehr den antiken Gegensatz meinte von arbeitenden Sklaven und freien Männern, sondern eher, dass man erst nach getaner Arbeit zu den wirklich wichtigen Sachen kommt.

Der Gegensatz von Arbeit und Muße hat sich also in den einzelnen Menschen hinein verlagert. Eine Bewegung, die anscheinend weitergeht, denn immer mehr Menschen müssen (z.B. Textilarbeiterinnen in Bangla Desh, prekär Beschäftigte mit zwei oder mehr Jobs gleichzeitig) oder wollen (sich selbst ausbeutende Selbstständige, Leute, denen Karriere wichtig ist) immer mehr arbeiten. Muße verschwindet also immer mehr, wird durch reglementierte und streng begrenzte Freizeit ersetzt.




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Mo 9. Mai 2022, 12:28

Jovis hat geschrieben :
Mo 9. Mai 2022, 10:51
Arbeit entwickelte sich mehr und mehr von einem notwendigen Übel zu einem Mittel der Selbstverwirklichung. Aber anthropologische Konstante? Ich weiß nicht so recht. Sagen nicht fast alle: "Wenn ich im Lotto gewinnen würde, würde ich sofort mit der Arbeit aufhören"?
Mit meiner Hand auf dem Herzen sage ich ganz aufrichtig: Ich nicht.
Aber die Rahmenbedingungen wären dann für mich andere. Ich würde nicht mehr des Geldes wegen arbeiten und auch keine Kröten mehr schlucken die man mitunter schlucken muss, weil man auf die Arbeit als Broterwerb angewiesen ist.
Ich würde so gerne ein eigenes Computerspiel programmieren. Und ich könnte es, wenn ich finanziell unabhängig wäre, machen ohne den Druck dahinter, dass das Endprodukt finanziell ertragreich sein müsste.
Das wäre klasse.



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Jörn Budesheim
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Mo 9. Mai 2022, 17:52

Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde mir das nicht finanzielle Grundlage bieten, um zu arbeiten.




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Mo 9. Mai 2022, 19:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 9. Mai 2022, 17:52
Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde mir das nicht finanzielle Grundlage bieten, um zu arbeiten.
Wie meinst Du das?
Ich meinte: Ich könnte dann viel entspannter arbeiten, weil ich nicht immer auf meinen Kontostand schielen müsste.



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Stefanie
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Mi 11. Mai 2022, 21:44

Ich verstehe den Satz auch nicht wirklich.



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Jörn Budesheim
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Man spricht doch nicht umsonst von der "brotlosen Kunst" :)




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Do 12. Mai 2022, 08:01

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 12. Mai 2022, 07:09
Man spricht doch nicht umsonst von der "brotlosen Kunst" :)
Ja. Aber nun stellt Dir vor Du hättest ein paar Millionen auf dem Konto.
Du könntest Dich Deiner Kunst widmen ohne dabei ständig an Deinen Lebensunterhalt denken zu müssen..
Geld hätte keinen Einfluss mehr darauf was Du wann und vor allem warum machst.



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Jörn Budesheim
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 9. Mai 2022, 17:52
Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde mir das nicht finanzielle Grundlage bieten, um zu arbeiten.
Jetzt verstehe ich erst - nachdem der Text noch mal zitiert wurde - was überhaupt passiert ist. Die Spracherkennung hat an der entscheidenden Stelle ein "nichts" eingefügt, so dass der Text natürlich unverständlich wird.

Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde mir das die finanzielle Grundlage bieten, um zu arbeiten




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Stefanie
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Do 12. Mai 2022, 17:18

O.k. Jetzt verstehe ich es....: - )



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 12. Mai 2022, 08:12
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 9. Mai 2022, 17:52
Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde mir das nicht finanzielle Grundlage bieten, um zu arbeiten.
Jetzt verstehe ich erst - nachdem der Text noch mal zitiert wurde - was überhaupt passiert ist. Die Spracherkennung hat an der entscheidenden Stelle ein "nichts" eingefügt, so dass der Text natürlich unverständlich wird.

Wenn ich im Lotto gewinnen würde, dann würde mir das die finanzielle Grundlage bieten, um zu arbeiten
AAAAAHHH.
:-D (Immer diese künstliche "Intelligenz")



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Do 12. Mai 2022, 19:42

:)




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Jörn Budesheim
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Fr 13. Mai 2022, 06:27

Jovis hat geschrieben :
Mo 9. Mai 2022, 10:51
Arbeit entwickelte sich mehr und mehr von einem notwendigen Übel zu einem Mittel der Selbstverwirklichung. Aber anthropologische Konstante? Ich weiß nicht so recht. Sagen nicht fast alle: "Wenn ich im Lotto gewinnen würde, würde ich sofort mit der Arbeit aufhören"?
Dass viele "sofort mit der Arbeit aufhören" würden - spricht das wirklich dagegen, dass Arbeit eine anthropologische Konstante ist? Auch Schmerz und Leid gehören zu uns, obwohl sie in der Regel nicht geschätzt werden. Hier noch ein anderer Punkt:
www.boeckler.de hat geschrieben : ENTFREMDUNG 4.0

Arbeit soll nicht nur Einkommen, sondern auch Sinn stiften. Ob sie das wirklich tut, hängt stark von der Arbeitsorganisation, persönlichen Freiräumen und Möglichkeiten zur Mitbestimmung ab.

https://www.boeckler.de/de/boeckler-imp ... 0-7576.htm
Arbeit kann also "Sinn stiften". Schwierig jedoch wird es, wenn man sich nicht mehr als "Teil einer kooperativen Gemeinschaft" erlebt, sondern nur als ein Rädchen im Getriebe. Das könnte in Bezug auf die "anthropologische Konstante" bedeuten, dass Arbeit oftmals nicht dem eigenen Begriff entspricht, sie ist dann nicht das, was sie sein könnte bzw sein sollte, sagen wir: etwas was dem gemeinschaftlichen, sinnerfüllten Leben dient.




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Stefanie
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Fr 13. Mai 2022, 20:01

Mir fiel zum Rädchen im Getriebe eine berühmte Filmszene ein:

Charlie Chaplin Moderne Zeiten




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