Reaktanz

Im Zettelkasten können Zitate und Begriffe hinterlegt werden, auf die du andere Mitglieder des Forums aufmerksam machen möchtest.
Timberlake
Beiträge: 1630
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 13. Jun 2022, 05:45

Nauplios hat geschrieben :
So 12. Jun 2022, 18:14
. Wer sich seinen spontanen Leidenschaften, seinen Emotionen überläßt, handelt und verhält sich nicht durchdacht, reflektiert. Reflektion bedeutet prüfendes, abwägendes, vergleichendes Nachdenken. Eben dieses kommt bei der Reaktanz zu kurz, beziehungsweise kommt gar nicht erst zum Zuge, weil die Reaktanz das Verhalten in eine Plötzlichkeit zwingt. Der abwehrende Gestus ist sogleich da, ist unreflektiert. Er kommt aus dem Bauch heraus, also daher, wo alles Mögliche sitzt, aber kein Verstand.
Nur das wir uns da nicht miss verstehen ..
Nauplios hat geschrieben :
Sa 11. Jun 2022, 16:37
Reaktanz ist eine Unterform von Reaktion, allerdings eine, deren Legitimität sich allenfalls auf tradierte und eingespielte soziale Muster begründet, an die man festhält - unter Umständen auch gegen die Vernunft. (So verstehe ich die Ausführungen zur Reaktanz. Insofern ist das Afghanistan-Beispiel gar kein Fall von Reaktanz. Reaktanz ist gleichsam reflektionsfrei.)
.. wenn hier von einer gleichsam reflektionsfreien Reaktanz die Rede ist , dann ist damit also eine Reaktanz vom Bauch bzw. vom Bauchgefühl her gemeint. Nur bedeutet das nicht auch Reflektion? Nur halt eine Reflektion vom Bauch?

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 10. Jun 2022, 17:04

Gemäß dem, was ich bisher zu Reaktanz gelesen habe, würde ich diesen Punkt bei Wikipedia nicht zustimmen. Man muss keineswegs die Bedrohung oder Eliminierung eines Freiheitsspielraums wahrnehmen, sondern es genügt, dass man bloß glaubt, Freiheitsspielräume wären gefährdet, selbst wenn es gar nicht der Fall ist.
.. beispielsweise wenn man aus einen Bauchgefühl heraus nur glaubt das Freiheitsspielräume gefährdet wäre , selbst wenn es gar nicht der Fall ist. Von einen prüfenden , abwägenden, vergleichen Nachdenken kann wohl in diesem Fall keine Rede sein. In sofern Jörn Budesheim dir darin höchstpersönlich widerspricht. Eine „gleichsam reflektionsfreie Reaktanz“ hätte es danach nie gegeben und sie wird es auch niemals geben.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 13. Jun 2022, 06:10, insgesamt 1-mal geändert.




Timberlake
Beiträge: 1630
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 13. Jun 2022, 06:09

Nauplios hat geschrieben :
So 12. Jun 2022, 18:14
. Wer sich seinen spontanen Leidenschaften, seinen Emotionen überläßt, handelt und verhält sich nicht durchdacht, reflektiert.
Übrigens musste ich beim Lesen dieses Satztes unmittelbar an Spinoza denken ...
  • "Die menschliche Ohnmacht im Mäßigen und Einschränken der Affekte nenne ich Unfreiheit. Denn der den Affekten unterworfene Mensch steht nicht unter seinen eigenen Gesetzen, sondern unter denen des Schicksals, dessen Macht er dermaßen unterworfen ist, daß er oft gezwungen ist, dem Schlimmeren zu folgen, obgleich er das Bessere sieht."
    Spinoza .. Ehtik
.. der nennt ein solch undurchdachtes Handeln , auf Grund von spontanen Leidenschaften und Emotionen Unfreiheit .
  • Voraussetzungen für das Entstehen von Reaktanz sind

    die Vorstellung zu besitzen, über einen Freiheitsspielraum zu verfügen
    diesen Freiheitsspielraum für einigermaßen wichtig zu halten
    eine Bedrohung oder Eliminierung dieses Freiheitsspielraumes wahrzunehmen
eine Unfreiheit , bei der man oft gezwungen ist .. so Spinoza .. dem Schlimmeren zu folgen, obgleich man das Bessere sieht. In folge dessen es eben auch zu einer Bedrohung oder Eliminierung von Freiheitsspielräumen kommen kann. Um an dieser Stelle auf die epochaltypischen Schlüsselprobleme zurück zu kommen , resultieren die nicht im wesentlichen aus dem , was Spinoza die menschliche Ohnmacht im Mäßigen und Einschränken der Affekte nennt?
Stefanie hat geschrieben :
Fr 27. Mai 2022, 22:42
Ich habe eine neues Wort gelernt, besser die Anwendung im Zusammenhang mit der Wissenschaft.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-g ... senschaft/

Reaktanz – Unsere Gefühle gegen die Wissenschaft

Wir Menschen sind ziemlich gut daran, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen – aber ziemlich schlecht darin, sie zu akzeptieren.
Wie dem auch sei , dass will ich wohl meinen, dass wir ziemlich schlecht darin sind diese menschliche Ohnmacht, im Mäßigen und Einschränken der Affekte zu akzeptieren. Natürlich nur für den Fall , dass man diese Ohnmacht zu den wissenschaftlichen Erkenntnisse zählt.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Mo 13. Jun 2022, 11:30

Timberlake hat geschrieben :
Mo 13. Jun 2022, 05:45

.. beispielsweise wenn man aus einen Bauchgefühl heraus nur glaubt das Freiheitsspielräume gefährdet wäre , selbst wenn es gar nicht der Fall ist. Von einen prüfenden , abwägenden, vergleichen Nachdenken kann wohl in diesem Fall keine Rede sein. In sofern Jörn Budesheim dir darin höchstpersönlich widerspricht. Eine „gleichsam reflektionsfreie Reaktanz“ hätte es danach nie gegeben und sie wird es auch niemals geben.
"Aus dem Bauch heraus" - das ist ja eine Redensart zur Umschreibung von "unüberlegt", "instinktiv", "ad hoc", "gefühlsmäßig" ... manchmal sagt man auch "aus dem hohlen Bauch heraus", um anzudeuten, daß etwas Gesagtes nicht auf Nachdenken und Reflektion beruht. Reaktanz als Einstellung habe ich so verstanden, daß ihr eine unüberlegte und instinktive Uneinsichtigkeit zugrundeliegt, ein Mangel an Bereitschaft zum Nachdenken und Reflektieren. Das war gemeint mit "reflektionsfrei". -

Vielleicht habe ich mich aber auch schlecht ausgedrückt; "schlecht schreiben" ist mein "2. Vorname": Aber in dieser Einschätzung der Reaktanz sehe ich ausnahmsweise keinen Widerspruch zu Jörn Budesheim. Ansonsten hat er vor Jahresfrist unmissverständlich klargemacht, was von mir zu halten ist.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mo 13. Jun 2022, 14:02

Reflektiert sein heißt - einfach skizziert - meines Erachtens: einen Schritt zurücktreten und die Situation, in der man sich befindet - inklusive der eigenen Position in ihr - in den Blick nehmen. Ich schlage bewusst eine Metapher vor, die auf "Kopf" oder "Bauch" verzichtet.




Timberlake
Beiträge: 1630
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 14. Jun 2022, 01:38

Nauplios hat geschrieben :
Mo 13. Jun 2022, 11:30

"Aus dem Bauch heraus" - das ist ja eine Redensart zur Umschreibung von "unüberlegt", "instinktiv", "ad hoc", "gefühlsmäßig" ... manchmal sagt man auch "aus dem hohlen Bauch heraus", um anzudeuten, daß etwas Gesagtes nicht auf Nachdenken und Reflektion beruht. Reaktanz als Einstellung habe ich so verstanden, daß ihr eine unüberlegte und instinktive Uneinsichtigkeit zugrundeliegt, ein Mangel an Bereitschaft zum Nachdenken und Reflektieren. Das war gemeint mit "reflektionsfrei". -

Vielleicht habe ich mich aber auch schlecht ausgedrückt; "schlecht schreiben" ist mein "2. Vorname": Aber in dieser Einschätzung der Reaktanz sehe ich ausnahmsweise keinen Widerspruch zu Jörn Budesheim. Ansonsten hat er vor Jahresfrist unmissverständlich klargemacht, was von mir zu halten ist.
Nun ja .. Ich denke mal mit "Nachdenkungsfrei" statt "reflektionsfrei". hättest du dich sicherlich sehr viel besser ausgedrückt . Dann hätte ich es auch so "reflektiert" wie von dir "nachgedacht" . Dann würde übrigens auch ich ausnahmsweise keinen Widerspruch zu Jörn Budesheim sehen.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 10. Jun 2022, 17:04

Gemäß dem, was ich bisher zu Reaktanz gelesen habe, würde ich diesen Punkt bei Wikipedia nicht zustimmen. Man muss keineswegs die Bedrohung oder Eliminierung eines Freiheitsspielraums wahrnehmen, sondern es genügt, dass man bloß glaubt, Freiheitsspielräume wären gefährdet, selbst wenn es gar nicht der Fall ist.

Könnte man doch auch sagen , dass man bloß .. nachdenkunksfrei .. glaubt , dass Freiheitsspielräume gefährdet wären . Denn würde man darüber nachdenken , wäre dergleichen möglicherweise tatsächlich nicht der Fall .

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 13. Jun 2022, 14:02
Reflektiert sein heißt - einfach skizziert - meines Erachtens: einen Schritt zurücktreten und die Situation, in der man sich befindet - inklusive der eigenen Position in ihr - in den Blick nehmen. Ich schlage bewusst eine Metapher vor, die auf "Kopf" oder "Bauch" verzichtet.
Wie man auch übrigens sagen könnte ... nachdenken heißt einfach skizziert - meines Erachtens: einen Schritt zurücktreten und die Situation, in der man sich befindet - inklusive der eigenen Position in ihr - in den Blick nehmen. Weil nachdenken , wie m.E. unschwer zu erkennen ist s ehr viel besser passt schlage bewusst vor , dass wir von der reflektionsfreien Reaktanz zu künftig Abstand nehmen und anstatt dessen zwischen einer nach gedachten und einer einer nicht nach gedachten Reaktanz unterscheiden.

Als Anhänger des Strukturmodell der Psyche oderdes Drei-Instanzen-Modell von Sigmund Freud würde ich diesen Unterschied übrigens an die Instanzen "ÜBER ICH " und "ES " festmachen. Wobei sich das "ICH" als Schnittstelle bzw. . . lt. Rupert Lay tatsächlich als Vermittler , zwischen den Ansprüchen .. einer nach gedachten und einer nicht nach gedachten Reaktanz anbieten würde.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Di 14. Jun 2022, 03:02

Timberlake hat geschrieben :
Di 14. Jun 2022, 01:38

Nun ja .. Ich denke mal mit "Nachdenkungsfrei" statt "reflektionsfrei". hättest du dich sicherlich sehr viel besser ausgedrückt .
Ich will versuchen, bei künftigen Formulierungsversuchen meine Triebregungen besser zu kontrollieren. ;)




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 14. Jun 2022, 06:34

Timberlake hat geschrieben :
Di 14. Jun 2022, 01:38
Wie man auch übrigens sagen könnte ... nachdenken heißt einfach skizziert - meines Erachtens: einen Schritt zurücktreten und die Situation, in der man sich befindet - inklusive der eigenen Position in ihr - in den Blick nehmen.
Ja, das könnte man sagen, aber es wäre dann leider falsch. Denn beim Nachdenken muss ich nicht meine eigene Position reflektieren. Man kann schließlich über alle möglichen Gegenstände nachdenken ohne selbst mit in den Blick kommen zu müssen.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 14. Jun 2022, 06:56

Slavoy Zizek hat geschrieben : Die gefährlichste Bedrohung für die Freiheit geht nicht von einer offen autoritären Macht aus; sie findet vielmehr statt, wenn unsere Unfreiheit selbst als Freiheit empfunden wird.
Das passt eigentlich sehr gut zu dem Aspekt der "Reaktanz gegen die Vernunft" wie ich es weiter oben genannt habe.




Timberlake
Beiträge: 1630
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 14. Jun 2022, 16:01

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 14. Jun 2022, 06:34
Timberlake hat geschrieben :
Di 14. Jun 2022, 01:38
Wie man auch übrigens sagen könnte ... nachdenken heißt einfach skizziert - meines Erachtens: einen Schritt zurücktreten und die Situation, in der man sich befindet - inklusive der eigenen Position in ihr - in den Blick nehmen.
Ja, das könnte man sagen, aber es wäre dann leider falsch. Denn beim Nachdenken muss ich nicht meine eigene Position reflektieren. Man kann schließlich über alle möglichen Gegenstände nachdenken ohne selbst mit in den Blick kommen zu müssen.
genau das ist das Problem bei der Reaktanz. und zwar das man dazu neigt , wenn man über den "Gegenstand" Reaktanz , also den Gegenstand eingeengter Freiräume nachdenkt , seine eigene Position dazu nicht reflektiert. Stichwort .. die Hölle (eingeengter Freiräume) sind die anderen ..
  • „Die Hölle, das sind die anderen.“ (Jean-Paul Sartre)"
    Drei Menschen werden in einem Raum eingesperrt. Alle drei sind verstorben. Und ihnen ist schnell klar, dass sie in der Hölle sind. Zuerst sind sie erleichtert, keine Folterwerkzeuge oder ewiges Feuer vorzufinden. Dann werden ihnen ihre Umstände bewusst. Es gibt weder Tag noch Nacht. Sie haben auch keine Augenlider mehr. Sie können einander nicht entkommen. Und sie sehen einander als Menschen mit Vergangenheit und ohne Zukunft. Was wird diese Versuchsanordnung mit ihnen machen?
    Zunächst versuchen sie, was man im Leben so tut: sie wollen den anderen ein Bild von sich selbst vermitteln, mit dem sie sich wohlfühlen. Der Journalist einer pazifistischen Zeitung, der im Widerstand von einem diktatorischen Regime ermordet wurde! Das Mädchen aus einfachen Verhältnissen, das durch Liebe sozialen Aufstieg erfuhr!
    Bei den drei Eingeschlossenen zerbrechen nach und nach alle idealisierenden Bilder. Da war der Widerstandsheld doch nur ein Feigling, der auf der Flucht getötet wurde. Ein Mann, der für den Weltfrieden kämpfte und in seiner eigenen Familie Unfrieden stiftete. Da wird in der Sehnsucht der Frauen nach Liebe soviel Selbstsucht sichtbar. Und da war bei allen so viel Bedürfnis, gut angesehen zu werden – und sie waren nicht in der Lage, das Leid der Menschen in ihrer nächsten Nähe wahrzunehmen. Und so sehen sie nun einander und schlimmer: wissen, dass sie nun so gesehen werden.
.. na was meinst du denn , um auf die eingeengten Freiräume , in Folge der epochaltypischen Schlüsselprobleme , wie der Klimakrise zurück zu kommen , wie sich ein Anhänger von Fridays for Future! in dieser Hölle bewährt. Weil er seine eigene Position beim Nachdenken.. zu Lebzeiten! .. nicht reflektieren musste , wird er in dieser Hölle ggf. gleichfalls ein Bild von sich selbst vermitteln, mit dem er sich wohlfühlt? War da der Klimaaktivist am Ende womöglich doch nur ein Schulschwänzer ?

  • Im SUV zur Lösung der Klimakrise
    Lasst uns zum Staffelstart direkt mal über das größte Problem der Menschheit sprechen: Die Klimakrise. Mai erklärt, warum es völlig okay ist grün zu wählen und dann trotzdem in den Urlaub zu fliegen.
War da womöglich jemand , der Dr. Mai Thi Nguyen-Kims "Erklärung" beim Wort genommen hat? So das schlussendlich dieser Klimaaktivist in der Hölle so schmort , wie von Satre in dem Einakter „Geschlossene Gesellschaft“ (1944) beschrieben.Wie dem auch sei , diejenigen , die im Sinne der Reaktanz . aus Trotz! .. nicht die Grünen gewählt haben und auf Grund der grünen „Eliminierungs -Politik“ erst recht in den Urlaub fliegen und erst recht einen SUV fahren , dürfte zumindest diese Hölle erspart bleiben....
  • Reaktanz und reaktantes Verhalten
    Typisch für die Reaktanz ist eine Aufwertung der eliminierten Alternative, das heißt, gerade diejenigen Freiheiten, die der Person genommen wurden, werden nun als besonders wichtig erlebt.
Ich finde es übrigens , jedenfalls zumindest in diesem " Zusammenhang" .doch schon sehr bemerkenswert, dass sich die Themenstarterin dieses Thread, für ihren Thread so ganz und gar nicht mehr zu interessieren scheint.
Stefanie hat geschrieben :
Fr 27. Mai 2022, 22:42
Ich habe eine neues Wort gelernt, besser die Anwendung im Zusammenhang mit der Wissenschaft.
https://scilogs.spektrum.de/natur-des-g ... senschaft/

Reaktanz – Unsere Gefühle gegen die Wissenschaft

Wir Menschen sind ziemlich gut daran, wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen – aber ziemlich schlecht darin, sie zu akzeptieren.
Was würde für dieses Phänomen , der Nichtakzeptanz von gewonnen Erkenntnissen , mehr stehen , als die epochaltypischen Schlüsselprobleme im Allgemeinem und die Klimakrise im Besonderen? Hat sie womöglich dieses neue Wort etwa wieder verlernt .... ;)




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 14. Jun 2022, 18:52

ZDF hat geschrieben : Lasst uns zum Staffelstart direkt mal über das größte Problem der Menschheit sprechen: Die Klimakrise. Mai erklärt, warum es völlig okay ist grün zu wählen und dann trotzdem in den Urlaub zu fliegen.
Sicherlich, ein raffinierter Teaser. Aber den Inhalt der Sendung gibt er keineswegs wieder.

Und hier in diesem Faden scheint er mir eher ein Beispiel zu sein, was in den Faden zum Thema Zitate passt. Also ein Beispiel dafür, wie man nicht zitieren sollte. Insbesondere, wenn man nahegelegt, dass damit Statements wie diese abgedeckt würden.
Timberlake hat geschrieben : War da der Klimaaktivist am Ende womöglich doch nur ein Schulschwänzer?
Michael Blume hat geschrieben : Ich nehme mich da selbst übrigens gar nicht aus: Obwohl ich die Folgen der Klimakrise im Irak mit eigenen Augen sah, brauchte ich noch vier weitere Jahre, um endlich Vegetarier zu werden. Obwohl Wissenschaft zu meinem Alltag gehört, braucht auch bei mir die Erkenntnis oft Jahre vom Hirn bis zum Herz.
Auch wenn es etwas off topic ist: es gibt auch wissenschaftliche Experimente, die zeigen, dass bei der Klimakrise auch die Aktivität von Einzelnen hilfreich ist, obwohl sie rein zahlenmäßig anscheinend nicht viel erreichen kann. Und zwar, weil jede Aktivität andere ansteckt. Das gleiche gilt übrigens auch für die Passivität. Damit ist die Politik nicht aus der Verantwortung, aber man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Di 14. Jun 2022, 20:07

Über das reaktante Verhalten scheint mir weitgehend Konsens zu herrschen. Wie verhält es sich denn auf der anderen Seite, also dort wo Vernunft waltet - vielleicht sollte man etwas vorsichtiger sagen: dort wo Vernunft sich wähnt? - Gibt es dort auch ein psychologisch verfasstes Konzept? Wie verhält man sich zum reaktanten Verhalten?




Timberlake
Beiträge: 1630
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mi 15. Jun 2022, 01:56

Nauplios hat geschrieben :
Di 14. Jun 2022, 21:28
Wie verhält man sich zum reaktanten Verhalten?
Gute Frage ..

Um dieses Verhalten zum reaktanten Verhalten .. an Hand der bereits erwähnten SUVs und dem dazu gehörigen Video .. auf den Punkt zu bringen .. ...

  • Reaktanz und reaktantes Verhalten
    Typisch für die Reaktanz ist eine Aufwertung der eliminierten Alternative, das heißt, gerade diejenigen Freiheiten, die der Person genommen wurden, werden nun als besonders wichtig erlebt.
So sollte die Politik es tunlichst unterlassen , den Kauf von SUVs oder das Verreisen mit dem Flugzeug ein zu schränken oder gar zu verbieten . Würden doch dadurch diese "eliminierten Alternativen" aufgewertet und in Folge dessen von der Person nun als als besonders wichtig erlebt werden und das können wir ja nicht wollen.


  • Im SUV zur Lösung der Klimakrise
    Lasst uns zum Staffelstart direkt mal über das größte Problem der Menschheit sprechen: Die Klimakrise. Mai erklärt, warum es völlig okay ist grün zu wählen und dann trotzdem in den Urlaub zu fliegen.
Vielleicht hätte Dr. Mai Thi Nguyen-Kim in ihrer Sendung auch auf Basis dessen argumentieren können , warum es völlig okay ist , trotzdem in den Urlaub zu fliegen , Wie es deshalb auch völlig okay wäre , trotzdem ein SUV zu fahren. Gleichwohl dieses " Verhalten zum reaktanten Verhalten" es für die gewählten Grünen sicherlich nicht einfacher macht.

  • " .. es soll nun kein Freifahrtschein für ein SUV sein . Wir müssen uns klar sein, es klappt nur , wenn wir alle am selben Strang ziehen und diesen Strang muss die Politik erst mal liefern"

    Dr. Mai Thi Nguyen-Kim
Gut möglich , dass wenn grüne Politik diesen Strang liefert, sie sich deshalb an selbigen, über kurz oder lang , selbst stranguliert. :roll:




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 02:33

Timberlake hat geschrieben :
Mi 15. Jun 2022, 01:56

" .. es soll nun kein Freifahrtschein für ein SUV sein . Wir müssen uns klar sein, es klappt nur , wenn wir alle am selben Strang ziehen und diesen Strang muss die Politik erst mal liefern"

Dr. Mai Thi Nguyen-Kim
Ich fahre seit zehn Jahren ein Elektroauto, einen Renault Twizy. Seit Anfang des Jahres gehe ich zu Fuß. Den Twizy habe ich verkauft. Und Mai Thi Nguyen-Kim habe bei früheren Gelegenheiten im Forum zustimmend erwähnt. - Gleichwohl löst die Vorstellung, daß "die Politik" einen Strang liefert, an dem wir "alle" ziehen sollen, ein tiefes Unbehagen in mir aus. Dieses Unbehagen ... wie soll ich das beschreiben ... ist kein Ergebnis eines Nachdenkens ... ich kann das auch gar nicht rational begründen ... es kommt bei solchen Vorstellungen einfach ganz plötzlich ... sozusagen aus dem Bauch heraus, ohne groß darüber nachzudenken ... Und das Seltsame ist: es verschwindet auch durch Nachdenken nicht. ;)
twezy02.jpg
twezy02.jpg (54.77 KiB) 4245 mal betrachtet




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 06:52

Bei mir würde die Vorstellung, dass alle gemeinschaftlich versuchen, die Umweltkrise zu lösen, Optimus auslösen.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 09:57

Finde den Unterschied:

Bei mir löst die Vorstellung, daß die Regierung Gesetze verabschiedet - welche Anreize ebenso wie Verbote beinhalten können - , um die Umweltkrise zu lösen, Optimismus aus.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 10:44

Timberlake hat geschrieben :
Mi 15. Jun 2022, 01:56


Gut möglich, dass wenn grüne Politik diesen Strang liefert, sie sich deshalb an selbigen, über kurz oder lang, selbst stranguliert. :roll:
Danach sieht es im Moment nicht aus. Die "grüne Politik" im Bund ist solides Regierungshandwerk, Robert Habeck und Annalena Baerbock erfreuen sich hoher Zustimmungswerte in der Bevölkerung. Insbesondere Annalena Baerbock zeigt als Außenministerin politisches Geschick; daß sie es auch als Kanzlerin gezeigt hätte, davon war ich schon vor der Wahl überzeugt. Sie ist es nicht geworden, weil die moralische Entrüstung über ihr "Abschreiben" es verhindert hat. So ist es der moralisch (vermeintlich) integere Scholz geworden, dessen Agieren mit "glücklos" wohlwollend umschrieben ist, derweil die Abschreiberin Baerbock ihr Amt auf eine Weise ausübt, daß uns die halbe Welt um sie zu Recht beneidet.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 11:16

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 15. Jun 2022, 06:52
Bei mir würde die Vorstellung, dass alle gemeinschaftlich versuchen, die Umweltkrise zu lösen, Optimus auslösen.
Nauplios hat geschrieben :
Mi 15. Jun 2022, 09:57
Finde den Unterschied:

Bei mir löst die Vorstellung, daß die Regierung Gesetze verabschiedet - welche Anreize ebenso wie Verbote beinhalten können - , um die Umweltkrise zu lösen, Optimismus aus.
Ich fände es hingegen gar nicht schlimm, wenn die Anreize ebenso wie die Verbote, die die Regierung in Gesetzen verankert, von den Allermeisten begrüßt würden, weil eben (fast) alle gemeinschaftlich versuchen, die Umweltkrise zu lösen. Ich lebe lieber in einem Land, in dem die (meisten) Menschen die Gesetze, unter denen sie stehen, verstehen, begrüßen, schätzen, als in einem Land, wo die Regierung Gesetze verabschiedet, die im Grunde niemand für richtig hält und alle nur mit Murren befolgen.

Außerdem könnte man sich fragen, wie eine demokratische Regierung an die Macht kommen soll, wenn die Gesetze, die die Regierung verabschiedet, von den Menschen gar nicht getragen werden? Wie sagte ein früherer Bundespräsident mal: "Es muss ein Ruck durchs Land gehen." Wir brauchen nicht mehr und nicht weniger als einen radikalen Kulturwechsel.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 13:22

Nauplios hat geschrieben :
Mi 15. Jun 2022, 10:44

Die "grüne Politik" im Bund ist solides Regierungshandwerk, Robert Habeck und Annalena Baerbock erfreuen sich hoher Zustimmungswerte in der Bevölkerung.
Hört sich das nach "Murren" an?

Robert Habeck, von Haus aus Philosoph, ist - obwohl er weißgott keine sozialpolitischen Wohltaten zu verkünden hat - in der Bevölkerung einer der beliebtesten Politiker. Warum? - Weil er es versteht, den Menschen politische Zusammenhänge zu erklären, nicht weil er Gutes tut, sondern weil er das Richtige tut (Flüssiggas aus Katar), weil er den "Ruck" kommunizieren kann. Mit Annalena Baerbock ist ein "Ruck" durch's Auswärtige Amt gegangen, nicht weil sie "feministische Außenpolitik" macht, sondern weil sie auf eine herzerfrischende Weise das Richtige an der richtigen Stelle sagt mit den richtigen Gesten.

Das Verbum zu Regierung heißt regieren. Nicht erziehen. Diese Regierung ist durch eine demokratische Wahl ins Amt gekommen. Sie hat in der Bevölkerung eine Mehrheit. Sie ist demokratisch legitimiert. Das reicht. Mehr braucht es nicht. Sie kann regieren. Dort wo sie nicht regieren will oder sich nicht traut und anstatt einen Gesetzentwurf einzubringen, eine "Gewissensentscheidung" anberaumt (s. Impfpflicht), sehen wir, was dabei herauskommt: nichts.

Es gibt auch Menschen, die mit dem, was die Regierung tut, nicht einverstanden sind, Menschen, die "murren" - das nennt man Demokratie. In einer Demokratie müssen nicht alle an einem Strang ziehen, wie es Timberlake fordert. Selbst knappe Mehrheiten reichen aus, damit der "Ruck" vonstatten gehen kann. Dafür stehen zur Zeit insbesondere Habeck und Baerbock. Sie verstehen es, Überzeugungsarbeit zu leisten. So bin ich inzwischen davon überzeugt, mein Urteil über "feministische Außenpolitik" vielleicht doch noch zu revidieren.




Benutzeravatar
Nauplios
Beiträge: 2887
Registriert: Mo 27. Mai 2019, 16:12
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 13:51

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 15. Jun 2022, 11:16

Wir brauchen nicht mehr und nicht weniger als einen radikalen Kulturwechsel.
Auch die Position der Kulturstaatsministerin wird mit Claudia Roth von den Grünen besetzt. Beim 11. Kulturpolitischen Bundeskongress "Die Kunst der Demokratie" sagte die Ministerin in ihrer Eröffnungsrede:

"Zwei Tage Odessa, das waren zwei Tage an der Frontlinie zwischen Demokratie und Autokratie und eine Lektion darin,

- dass Kunst und Kultur kein Luxusgut nur für gute Zeiten sind. Sie sind ein Lebenselexier, die Stimme der Demokratie!

- eine Lektion darin, dass Kultur, dass Kunst, Literatur, Malerei und Musik Freiheit brauchen, die Freiheit, sich nicht zwischen Nationalitäten entscheiden zu müssen.

- und eine Lektion darin, dass einer gewachsenen multikulturellen Gesellschaft eine vorgeblich überlegene 'Nationalkultur' aufzwingen zu wollen, nicht nur eine gefährliche, sondern eine selbstmörderische Idee ist."

Als jemand, der, "wenn er von oder über Kunst redet, nie mehr als Bildungshuberei" zustandebringt, bin ich mit jedem Wort aus der Rede von Claudia Roth einverstanden.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23282
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mi 15. Jun 2022, 14:51

Wenn ich von Kulturwechsel spreche und dazu das Ruckzitat bringe, meine ich wohl kaum allein das, was man gemeinhin den Kulturbereich nennt.




Antworten