Felder

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ahasver
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Fr 9. Sep 2022, 10:24

Körper hat geschrieben :
Di 6. Sep 2022, 13:32
Die Feldtheorie wird eher von den Formeln abgeleitet sein, als von irgendeiner Art "Einsicht in Vorhandenes".
Für die Physiker ist damit Existenz das, was ihre funktionierende Formel erfüllt, also bekommt es die Charakterzüge aus der Formel.
Es gibt in der Physik 4 Kräfte = 4 Wechselwirkungen

1.Gravitation
2. Elektromagnetische Kraft
3. Kernkraft
4. schwache Kraft

Bis auf die Gravitation ist es gelungen alle Kräfte (2, 3, 4,) zu quantisieren. Dabei ging man im Prinzip immer nach demselben Strickmuster vor. Dieses Strickmuster kann ich hier und heute nicht vorstellen. Sollte ich in den nächsten Tagen Zeit und Muße haben werd ich es vielleicht doch probieren.

Das diesem "Strickmuster" Zugrundeliegende sind aber keine Formeln, sondern Symmetrien.
Beispiel: Die Quantenelektrodynamik kann aus der U(1) Symmetrie qua lokaler Eichtheorie und Renormierung entwickelt werden. Ich würde dies vorsichtig doch als Einsicht in "Vorhandenes" oder besser als Einsicht in die Grundstrukturen des Kosmos interpretieren.

Schwachpunkt dieses Strickmusters ist meiner komplett unmaßgeblichen Einschätzung nach die Tatsache, das es zu unendlich großen Werten führt, die IMHO etwas gekünstelt auf endliche Werte renormiert werden müssen. Das klappt wie ich finde erstaunlich (!) gut. Nur bei der Gravitation funktionierts leider nicht. Deshalb gibt es auch noch keine Quantentheorie der Gravitation.

Ich wiederhole: Das den Quantenfeldtheorien Zugrundeliegende sind Symmetrien.

Zu jeder Symmetrie gibt es (nach Noether) eine Erhaltungsgröße. Im Falle der Quantenfeldtheorien sind diese Erhaltungsgrößen Ladungen. ZB die elektrische Ladung für die U(1).



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Groot
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Sa 10. Sep 2022, 16:18

keine Formeln, sondern Symmetrien.
Das ist interessant. Kannst du da vielleicht ein bisschen den Unterschied erläutern? Dass dort noch eine Differenz ist in der Physik, habe ich noch nie angedacht.




ahasver
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Sa 10. Sep 2022, 18:03

Okay, ich werde was zum Thema Symmetrie erzählen. Symmetrien sind die vielleicht wichtigsten Größen der modernen Physik.

Leichter Einstieg ins Thema:

Beginnen wir mit anschaulichen Symmetrieoperationen.
Wenn ich an einem physikalischen System irgendeine physische Operation durchgeführt habe und die Wirklichkeit des Systems danach exakt dieselbe ist, hat es sich um eine Symmetrieoperation gehandelt.

Beispiel: Auf dem Tisch steht eine Teetasse. Ich drehe sie um 360 Grad. Es hat sich nichts verändert.
Drehe ich sie um einen anderen Winkel zeigt danach ihr Henkel in eine neue Richtung und ich kann erkennen, dass sie gedreht wurde.

Interessant für Physiker sind kontinuierliche Symmetrieoprationen.
Wir betrachten eine perfekt gearbeitete Scheibe. Wenn ich diese Scheibe nun in einem beliebigen Winkel um ihre Achse drehe, hat sich danach wiederum nichts verändert. Es ist nicht möglich festzustellen ob gedreht wurde und um welchen Winkel.

Die perfekte Scheibe ist symmetrisch unter Drehungen um ihre Achse.

Forsetzung folgt



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Groot
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Sa 10. Sep 2022, 23:38

Wenn ich an einem physikalischen System irgendeine physische Operation durchgeführt habe und die Wirklichkeit des Systems danach exakt dieselbe ist, hat es sich um eine Symmetrieoperation gehandelt.
Wieso aber heißt das "symmetrisch"? Was genau daran, ist symmetrisch?




ahasver
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So 11. Sep 2022, 11:33

Groot hat geschrieben :
Sa 10. Sep 2022, 23:38
Wenn ich an einem physikalischen System irgendeine physische Operation durchgeführt habe und die Wirklichkeit des Systems danach exakt dieselbe ist, hat es sich um eine Symmetrieoperation gehandelt.
Wieso aber heißt das "symmetrisch"? Was genau daran, ist symmetrisch?
Die Scheibe ist symmetrisch bezüglich Drehungen um ihre Achse. Rotationssymmetrisch.



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ahasver
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So 11. Sep 2022, 11:41

Fortsetzung

Noethertheorem:

Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie eines physikalischen Systems gehört eine Erhaltungsgröße.

Nehmen wir als System das gesamte Universum. Wir können es (in Gedanken, rein rechnerisch) um jede Achse um jeden Winkel drehen. Es bleibt invariant unter Drehungen.
Die zu dieser Symmetrie gehörige Erhaltungsgröße heißt Drehimpuls.

Wir könnten das Universum aber auch einfach in eine beliebige Richtung ein paar Meter weiter verschieben. Nichts würde sich ändern. Es ist invariant unter Verschiebungen. Translationsinvarianz.
Die zu dieser Symmetrie gehörige Erhaltungsgröße heißt Impuls.

Wir könnten das Universum aber auch einfach in der Zeit verschieben...
Die zugehörige Erhaltungsgröße heißt Energie.

weiterführendes siehe auch hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Noether-Theorem#Wirkung



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ahasver
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So 11. Sep 2022, 15:49

Mit dem Noether Theorem sind wir erstmals in der Lage, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Wir erkennen von vornherein Zusammmenhänge und können Leitplanken setzen, ohne uns aufwendig durch empirische Daten quälen zu müssen. Die Fragestellung >Welches Naturgesetz erkennen wir in der Flut der empirischen Daten?< tritt in den Hintergrund und wird ersetzt durch: >Wenn bestimmte, fundamentale Symmetrien gelten, welche Naturgesetze sind dann theoretisch überhaupt möglich, und wie können sie aussehen?< Wir legen Spielregeln fest, noch bevor wir irgendein Messgerät in die Hand genommen haben.
Josef M. Gaßner, Können wir die Welt verstehen, S.568

Fortsetzung folgt



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Groot
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So 11. Sep 2022, 19:25

ahasver hat geschrieben :
So 11. Sep 2022, 11:41
Fortsetzung

Noethertheorem:

Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie eines physikalischen Systems gehört eine Erhaltungsgröße.

Nehmen wir als System das gesamte Universum. Wir können es (in Gedanken, rein rechnerisch) um jede Achse um jeden Winkel drehen. Es bleibt invariant unter Drehungen.
Die zu dieser Symmetrie gehörige Erhaltungsgröße heißt Drehimpuls.

Wir könnten das Universum aber auch einfach in eine beliebige Richtung ein paar Meter weiter verschieben. Nichts würde sich ändern. Es ist invariant unter Verschiebungen. Translationsinvarianz.
Die zu dieser Symmetrie gehörige Erhaltungsgröße heißt Impuls.

Wir könnten das Universum aber auch einfach in der Zeit verschieben...
Die zugehörige Erhaltungsgröße heißt Energie.

weiterführendes siehe auch hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Noether-Theorem#Wirkung
2 Fragen, die sich gegenseitig ausschließen:

1. Angenommen wir könnten wirklich "verschieben". Wo geschieht dann dieses "verschieben"? Ontologisch hinein ins Nichts oder aber epistemisch auf einer virtuellen Architektur?

2. Wie sollen wir etwas "verschieben", von dem wir die Ausmaße faktisch nicht kennen? (Das Universum ist nur bis 100km beobachtbar. Die 1000km dahinter sind noch keinem menschlichen Auge (bzw. Teleskop) aufgescheint)

Das wirkt für mich einfach merkwürdig. Denn ich erfahre mich innerhalb der Natur, im Universum drin. Nicht dieses von außen Beobachtend...dort würde ich eher einen Supercomputer sehen, in dem diese Heuristiken (Boltzmann, CERN) zu einem physikalischen Ganzen sich gerieren. Aber ich denke immer, dass das, was dort sich erkennt im Prinzip kein menschliches Wesen, sondern ein Roboter und instrumentelle Vernunft ist.




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AufDerSonne
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So 11. Sep 2022, 20:22

Habt ihr hier eine Physik-Thread aufgemacht?
Ich würde es einmal mit einer Formel probieren. Soll helfen in der Physik. :)



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ahasver
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Mi 21. Sep 2022, 16:52

Groot hat geschrieben :
So 11. Sep 2022, 19:25
ahasver hat geschrieben :
So 11. Sep 2022, 11:41
Fortsetzung

Noethertheorem:

Zu jeder kontinuierlichen Symmetrie eines physikalischen Systems gehört eine Erhaltungsgröße.

Nehmen wir als System das gesamte Universum. Wir können es (in Gedanken, rein rechnerisch) um jede Achse um jeden Winkel drehen. Es bleibt invariant unter Drehungen.
Die zu dieser Symmetrie gehörige Erhaltungsgröße heißt Drehimpuls.

Wir könnten das Universum aber auch einfach in eine beliebige Richtung ein paar Meter weiter verschieben. Nichts würde sich ändern. Es ist invariant unter Verschiebungen. Translationsinvarianz.
Die zu dieser Symmetrie gehörige Erhaltungsgröße heißt Impuls.

Wir könnten das Universum aber auch einfach in der Zeit verschieben...
Die zugehörige Erhaltungsgröße heißt Energie.

weiterführendes siehe auch hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Noether-Theorem#Wirkung
2 Fragen, die sich gegenseitig ausschließen:

1. Angenommen wir könnten wirklich "verschieben". Wo geschieht dann dieses "verschieben"? Ontologisch hinein ins Nichts oder aber epistemisch auf einer virtuellen Architektur?

2. Wie sollen wir etwas "verschieben", von dem wir die Ausmaße faktisch nicht kennen? (Das Universum ist nur bis 100km beobachtbar. Die 1000km dahinter sind noch keinem menschlichen Auge (bzw. Teleskop) aufgescheint)

Das wirkt für mich einfach merkwürdig. Denn ich erfahre mich innerhalb der Natur, im Universum drin. Nicht dieses von außen Beobachtend...dort würde ich eher einen Supercomputer sehen, in dem diese Heuristiken (Boltzmann, CERN) zu einem physikalischen Ganzen sich gerieren. Aber ich denke immer, dass das, was dort sich erkennt im Prinzip kein menschliches Wesen, sondern ein Roboter und instrumentelle Vernunft ist.
Das "Verschieben" geschieht rein mathematisch. ZB: alle x-Koordinaten im Universum werden um denselben Wert erhöht.

Diese Symmetrie besagt, dass überall, an jedem Ort, im Universum dieselben Naturgesetze gelten.
Symmetrische Verschiebung in der Zeit besagt, dass zu allen Zeiten dieselben Naturgesetze gelten.

Was passiert, wenn wir an jedem Ort die Koordinaten unterschiedlich verschieben? Dies nennt man lokale Symmetriebrechung. Solche lokalen Symmetriebrechungen beschreiben Kräfte und die zugehörigen Ladungen.

Wenn wir an jedem Ort die Koordinaten unterschiedlich verschieben und die Funktion dieser Verschiebung ein Diffeomorphismus ist, können wir damit die Gravitation als Krümmung der Raumzeit beschreiben (ART).
https://de.wikipedia.org/wiki/Diffeomorphismus

Zurück zur Philosophie.



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Groot
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Do 22. Sep 2022, 02:06

Das "Verschieben" geschieht rein mathematisch. ZB: alle x-Koordinaten im Universum werden um denselben Wert erhöht.

Diese Symmetrie besagt, dass überall, an jedem Ort, im Universum dieselben Naturgesetze gelten.
Symmetrische Verschiebung in der Zeit besagt, dass zu allen Zeiten dieselben Naturgesetze gelten.

Was passiert, wenn wir an jedem Ort die Koordinaten unterschiedlich verschieben? Dies nennt man lokale Symmetriebrechung. Solche lokalen Symmetriebrechungen beschreiben Kräfte und die zugehörigen Ladungen.

Wenn wir an jedem Ort die Koordinaten unterschiedlich verschieben und die Funktion dieser Verschiebung ein Diffeomorphismus ist, können wir damit die Gravitation als Krümmung der Raumzeit beschreiben (ART).
https://de.wikipedia.org/wiki/Diffeomorphismus

Zurück zur Philosophie.
Also funktioniert es virtuell? Weil faktisch sind ja solche Operationen nicht machbar, denn man operiert damit ja mit einer Annahme (Bekanntheit des Universum im Ganzen), die gar nicht real darstellbar ist.

Wie sollt man dies so verallgemeinern können, wenn doch 1000km niemals gesichtet wurden? Bzw. wenn es so verallgemeinert wird, wie kann man dann sagen, dass diese Verschiebungen durch eine Einzelperson gesichtet würden, wo es doch die Technik ist (also wir gemeinsam), die diese Verallgemeinerung ermöglicht?

Geschieht diese Symmetriebrechung auch in der Quantentheorie? (Wie sollt dort eine Symmetrie gebrochen werden, dort ist ja eh jede Betrachtung reduziert auf einen einzelnen Atomkern und das, was sich in diesem dann erkennen lässt. Also Quanten, die dann wiederum unter der Schwelle einzelner Atome, eine Verallgemeinerung erfahren. Ist diese Verallgemeinerung dann aber "innerhalb" eines Atomes oder sind diese Quanten tatsächlich real in dem Sinne, dass diese nicht nur Energieniveaus repräsentieren, die innerhalb der Atome geschehen, sondern eben eine verallgemeinerte Ebene unterhalb der Schwelle der Atome darstellen? Wenn letzteres, warum darf man das einfach so?)




ahasver
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Do 22. Sep 2022, 20:36

Groot hat geschrieben :
Do 22. Sep 2022, 02:06
Geschieht diese Symmetriebrechung auch in der Quantentheorie?
Symmetriebrechung ist der grundlegende Mechanismus der Quantenfeldtheorien.



"Ich kann mich auch irren und nichts ist so sicher, als dass alles auch ganz anders ist."

Groot
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Do 22. Sep 2022, 22:00

ahasver hat geschrieben :
Do 22. Sep 2022, 20:36
Groot hat geschrieben :
Do 22. Sep 2022, 02:06
Geschieht diese Symmetriebrechung auch in der Quantentheorie?
Symmetriebrechung ist der grundlegende Mechanismus der Quantenfeldtheorien.
Aber ist diese Art der Symmetriebrechung eine, die außerhalb der Atome geschieht? Denn ein Quantenfeld stellt ja die Kräftegleichgewichte zwischen den Quanten dar...werden hiermit dann Felder sozusagen "zwischen" den Atomen bzw. unterhalb der Atomschwelle beschrieben? Sind diese Symmetriebrechungen hierbei sozusagen Brechungen, die zwischen den Quanten verschiedener Atome entstehen oder Brechungen innerhalb eines Atoms/Moleküls?

Was genau ist hierbei "Feld-artig"? Ist das Feld schlicht "Energie"? Aber wo wäre diese Energie? In einzelnen faktischen Atomen oder in einer verallgemeinerten Ebene unterhalb der Schwelle faktischer Atome?




ahasver
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Mi 12. Okt 2022, 08:57

Aber ist diese Art der Symmetriebrechung eine, die außerhalb der Atome geschieht?
Sie geschieht "überall". Also auch unterhalb dessen, was Groot als "Atomschwelle" bezeichnet.

Was genau ist hierbei "Feld-artig"? Ist das Feld schlicht "Energie"?
In meinen Worten: Die physikalischen Felder sind Informationsfelder. Sie sagen jedem Punkt der Raumzeit welche Größen er im Falle einer Messung erzeugen soll. Demzufolge "weiß" jeder Raumzeitpunkt jederzeit was sich in den anderen Raumzeitpunkten des Universums ereignet. Felder sind nichtlokal und atemporär.

Die Frage, die sich auch Philosophen stellen dürfen, lautet derzeit: Erzeugen Felder die Raumzeit oder sind die Punkte der Raumzeit an sich seiend.



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Körper
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Mi 12. Okt 2022, 12:35

ahasver hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 08:57
In meinen Worten: Die physikalischen Felder sind Informationsfelder. Sie sagen jedem Punkt der Raumzeit welche Größen er im Falle einer Messung erzeugen soll. Demzufolge "weiß" jeder Raumzeitpunkt jederzeit was sich in den anderen Raumzeitpunkten des Universums ereignet.
Grundsätzlich sehe ich es als Problem an, wenn für physikalische Themen, Wahrnehmungsbegriffe (hier "Information") eingesetzt werden.
Es geht hier ja gerade nicht um Wahrnehmung und durch Wahrnehmungsbegriffe entsteht die Gefahr, dass 0815-Experten aus dieser Wortwahl eine Verbindung zur Wahrnehmung "ableiten" (Motto: "ich habe etwas zu 'Geist' entdeckt, die Physiker bestätigen es ja sogar").
Rund um die Quantenexperimente ist das mit dem Begriff "Beobachtung" derart in die Hosen gegangen (der geneigte Esoteriker zieht hier sofort eine Verbindung zum Bewusstsein - lalala), dass hier Konsequenzen angebracht sind.

Auch dass "die Felder 'dem Raumzeitpunkt' etwas sagen, damit er für eine Messung einen exakten Wert liefert und ein 'Wissen' hat, was denn 'seine Kumpels', die anderen Raumzeitpunkt-Vögel so machen" ist in jedem Detail viel zu blumig und damit maximal ungünstig.
(keine Frage, ich habe noch etwas mehr übertrieben)

Diese Freiheit in der Beschreibung, die man sich hier leistet, kommt nicht von ungefähr, sondern ist dem Umstand geschuldet, dass man für festgestellte Effekte, die man in Formeln ausdrückt (weil es "stabile" Effekte sind), eine Art Einblick suggerieren möchte.
"Feld" ist aber letztlich nur die Gültigkeit der Formel in einem ausgedehnten Bereich, also eine Effektverteilung.

Das, was hier fehlt, ist die Antwort auf die Frage "Was ist die Grundlage dieser Effekte?".
Der Begriff "Feld" taugt hier nicht als Antwort, sondern beschreibt lediglich, dass es in jedem Raumzeitpunkt möglich ist, einen Effekt festzustellen.

D.h. mit "Feld" sprechen Physiker nicht über Existenz, sondern über Effekte.
Wenn also vor der "Feldtheorie" von Teilchen (-> "konkrete Existenz") als Grundlage ausgegangen wurde, dann ist der Wechsel zur "Feldtheorie" sogar eine Abkehr vom Sprechen über Existenz.
ahasver hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 08:57
Felder sind nichtlokal und atemporär.
Vorsicht, "Felder" sind keine Existenz, sondern es geht um Effektverteilung.
Es ist nicht angebracht, eine Existenzsuggestion zu erzeugen.

Attributs-, Aufgaben- und Fähigkeitszuordnungen gehen viel zu weit - man macht nichts falsch, wenn man das sehr kritisch sieht.
ahasver hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 08:57
Die Frage, die sich auch Philosophen stellen dürfen, lautet derzeit: Erzeugen Felder die Raumzeit oder sind die Punkte der Raumzeit an sich seiend.
Hier zeigt sich doch bereits so eine Konsequenz aus dem unsauberen Umgang.
"Felder" sind eigentlich keine Akteure, aber hier sollen sie sogar so etwas wie "die Umgebung für Existenz erzeugen" können.

Nun kommt noch hinzu, dass der Begriff "Feld" ja wegen der Verteilung der Effekte in der Raumzeit verwendet wird.
D.h. der Begriff "Feld" setzt bereits "Raumzeit" voraus bzw. enthält Raumzeit.
=> Das endet schon allein hierdurch in einem Reihenfolgeschlammassel.




Groot
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Mi 12. Okt 2022, 23:50

Sie geschieht "überall". Also auch unterhalb dessen, was Groot als "Atomschwelle" bezeichnet.
ich finde es eher kontraintuitiv, dass es "überall" geschieht. Denn im Geist kann ich keine Quanten entdecken. Ich sehe Quantenwirkung primär im Kern eines Atoms.
In meinen Worten: Die physikalischen Felder sind Informationsfelder. Sie sagen jedem Punkt der Raumzeit welche Größen er im Falle einer Messung erzeugen soll. Demzufolge "weiß" jeder Raumzeitpunkt jederzeit was sich in den anderen Raumzeitpunkten des Universums ereignet. Felder sind nichtlokal und atemporär.
Wie @Körper meint, wie können "physikalische Felder" "Information" sein? Diese sind eher das Potential für Information. Sie beinhalten also Informationen, sind aber selbst keine. Oder nicht?

Wieso erzeugen "soll"? Wieso nicht erzeugen "kann"? Wieso "weiß" ein Raumzeitpunkt dies? Wegen der Felder? Sind diese aber nicht nur Potentiale?
Die Frage, die sich auch Philosophen stellen dürfen, lautet derzeit: Erzeugen Felder die Raumzeit oder sind die Punkte der Raumzeit an sich seiend.
Felder erzeugen die Punkte. Die Raumzeit ist an-sich seiend, nicht die Punkte...denn der "Punkt" ist nicht die "Messung". Der Punkt ist Teil des Physikmodells, welches auf Grund von Messungen (einst, aber nicht mehr: Wahrnehmungen) seine Gültigkeit beweist.
Dieses "sich beweisen" des Physikmodells heißt aber nicht, dass wir es dort "perfekt" modelliert haben. Es heißt nur: Es ist viabel, weil es stabil bleibt (wenigstens Statistisch -> Boltzmann Mechanik)

Kennst du die "Brownsche Ratsche"? Die interessiert mich, weil diese von Brown ist, welcher auch die "Brownsche Bewegung" beschreibt. Diese ist eine ganz und gar willkürliche Bewegung in der wir, soweit ich weiß, kein Muster erkennen können; wir können es nur "rahmen".

Das Sein umgreift sozusagen das, was wir "Raumzeit" nennen. So wie für mich der Geist von der Materie und Physik umgriffen ist (superveniert auf Materie). Das Seiende entsteht aber gleichzeitig aus diesem Sein, bspw. durch Messung oder Wahrnehmung...so wie Bewusstsein und Geist aus dem physischen Körper (Geist) bzw. dem biologischen Bewusstsein (Leib).




Groot
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Mi 12. Okt 2022, 23:53

Vorsicht, "Felder" sind keine Existenz, sondern es geht um Effektverteilung.
Das ist ein interessanter Gedanke. Felder als Effekt"expression" des Atoms.




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AufDerSonne
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Mi 12. Okt 2022, 23:55

Groot hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 23:50
Wie @Körper meint, wie können "physikalische Felder" "Information" sein? Diese sind eher das Potential für Information. Sie beinhalten also Informationen, sind aber selbst keine. Oder nicht?
Ich beginne zwar erst wieder mich mit Physik zu beschäftigen. Aber das verstehe ich auch nicht, dass Information überhaupt etwas mit Physik zu tun haben soll.
Hingegen ist die Information in der Informatik extrem wichtig. Aber eben. Informatik ist nicht Physik.



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sybok
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Do 13. Okt 2022, 01:02

AufDerSonne hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 23:55
Aber das verstehe ich auch nicht, dass Information überhaupt etwas mit Physik zu tun haben soll.
Hingegen ist die Information in der Informatik extrem wichtig. Aber eben. Informatik ist nicht Physik.
Die beiden Gebiete sind zum Beispiel über Maxwells Dämon direkt miteinander verbunden, etwa Landauer-Prinzip. Leonard Susskind sagt in einer Vorlesung zur statistischen Mechanik, dass er Informationserhaltung für das grundlegenste Prinzip der Physik hält. Den Einblick von Susskind hab ich natrürlich nicht mal ansatzweise, aber tatsächlich spielt Information bei fundamentalen Dingern scheinbar immer eine Rolle. Beispielsweise der 2. Hauptsatz: Gibt es noch ein anderes physikalisches Gesetz, dass auf allen Ebenen gilt, Mikro-, Meso- und Makrokosmos, und so tieflevelig ist, dass es zumindest "Raum" wegabstrahiert? Oder bei der Hawking-Strahlung. Bei der Quantenphysik sowieso, Messung hat viel mit Information und dem Dämon zu tun und Quanteninformationstheorie ist ja schon bald mal ein eigenes Gebiet.
Körper hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 12:35
Diese Freiheit in der Beschreibung, die man sich hier leistet, kommt nicht von ungefähr, sondern ist dem Umstand geschuldet, dass man für festgestellte Effekte, die man in Formeln ausdrückt (weil es "stabile" Effekte sind), eine Art Einblick suggerieren möchte.
"Feld" ist aber letztlich nur die Gültigkeit der Formel in einem ausgedehnten Bereich, also eine Effektverteilung.
Diese Kritik verstehe ich nicht, das kannst du ja auf absolut Alles anwenden, "Masse", "Ladung", "Elektron", "Welle",... Immer nur quantifizierbare Grössen die irgendwelchen Formeln / Zusammenhängen genügen.
ahasver hat geschrieben :
Mi 12. Okt 2022, 08:57
Felder sind nichtlokal und atemporär.
Das verstehe ich allerdings auch nicht, ist nicht gerade die Stärke des Konzepts, dass es die zuvor nichtlokale und atemporale Beschreibung nun erklärt? Das hat man doch gerade auch bei der ART abgefeiert.




ahasver
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Do 13. Okt 2022, 17:08

ZEILINGER: „ Information ist der Urstoff des Universums“ und „Wirklichkeit und Information sind dasselbe“.
Das Problem, das Bohr und Feynman ansprechen, ist, dass die Quantenphysik zwar unglaublich exakt in Experimenten bestätigt wird und auch von sehr großer mathematischer Schönheit ist, aber dass es an einem allgemein einsichtigen Grundprinzip mangelt, aus dem die Theorie folgt. Solche Grundprinzipien gibt es etwa in der Speziellen und Allgemeinen Relativitätstheorie. Ich denke, dass das Problem ein noch immer existierender einseitiger Realismus ist und hoffe, dass die Aufgabe der Trennung zwischen Wirklichkeit und Information ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Nichtlokalität und Atemporalität sind Grundeigenschaften der Welt. Sollte es uns einmal gelingen Einsteins ART zu quantisieren, also in Form einer Quantenfeldtheorie zu formulieren, wird diese Theorie Atemporalität und Nichtlokalität beinhalten.


Es gibt keine einzelnen, individuellen Elektronen. Elektronen sind Produkte der Wechselwirkung zwischen einem Messgerät und einem Quantenfeld. Vor der Messung gibt es keine Elektronen als an sich seiende Teilchen. Im Moment der Messung wird aber das gesamte Universum über dieses Messergebnis informiert. Das Quantenfeld ändert sich instantan. Also: nichtlokal und atemporal.



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