Körper hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 12:24
Burkart hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 10:52
Hm, dann lass uns möglichst mit allgemein verständlichen Begriffen sprechen. Ich weiß, das fällt nicht immer leicht, z.B. bei "KI", aber sonst werden leicht Dinge unklar.
Ist dir aufgefallen, dass du keinen Alternativbegriff genannt hast?
Vielleicht ist es dir nicht aufgefallen, aber ich spreche z.B. von "Begriffen", wenn es um etwas geht, dass in unseren Köpfen ist.
Sieh es einfach vom Körper ausgehend: alles was hier im Nervensystem abläuft, ist Abteilung "Wahrnehmung".
Das ist mir zu undifferenziert. Zum einen geht es mal um Weiterverarbeitung von Sinnesdaten, mal um eigene Gefühle, mal ums (abstraktere) Gedanken.
Eine Aufteilung à la "Aussenweltkontakt" und "Abstraktes Denken" ist eine Erfindung, die auf reiner Unkenntnis beruht.
Im Nervensystem gibt es diese Aufteilung nicht.
Aber es gibt sie in unserem Denken, worüber wir sprechen u.ä., wieder in unseren Begriffen...
Auch der 1mm grosse Wurm hat ein Nervensystem und führt damit Wahrnehmung durch.
Wenn man den Menschen evolutionär aus einfachen Organismen heraus entstehen lässt, ist das, was man den einfachen Organismen zugesteht ("Wahrnehmung") auch der Oberbegriff für den Menschen.
Grundsätzlich einverstanden. Trotzdem haben Menschen natürlich komplexere Wahrnehmungen u.ä., die man z.T. mehr als "Bewusstsein", "Intelligenz" u.ä. ansieht/bezeichnet.
Burkart hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 10:52
Das Problem bei deinem Begriff ist, dass man nicht weiß, ob es um akuelle Wahrnehmungen geht oder nur um solche, die irgendwann mal eine Rolle gespielt haben, z.B. zur Begriffsbildung.
Eigentlich ist es ganz einfach: ich mache die Körper/Geist-Spinnerei nicht mit.
Wie gesagt, ich bin auch gegen den Dualismus. Nur musst man ja irgendwie mit Leuten sprechen können, die für ihn sind, und es ist deshalb sinnvoll, ihr Modell wenigstens zu verstehen, wenn man es dann auch kritisieren kann.
Burkart hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 10:52
Aber kann halt auch über die Idee (Begriff) des Münzwurfs sprechen, der sogar ganz abstrakt von einem realen Münzwurf sein kann, z.B. wenn man der Münze realitätsfern drei gleichwertige Seiten andichtet, somit schon von einer 1/3-Wahrscheinlichkeit für die drei fiktiven Seiten sprechen kann.
Man jongliert hier lediglich mit Zusammenhängen - das ist Wahrnehmung.
Das ist für mich "Denken".
Mal schauen, was Wikipedia sagt:
"Wahrnehmung (auch Perzeption genannt) ist bei Lebewesen der Prozess und das subjektive Ergebnis der Informationsgewinnung (Rezeption) und -verarbeitung von Reizen
aus der Umwelt und aus dem Körperinneren".
Es geht also um Reize, nicht um Denkprozesse bei Wahrnehmung.
Burkart hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 10:52
Na ja, beliebige viele Ebenen zu bauen macht natürlich kein Sinn, das würde schon alleine zu konfus. Deshalb nennen wir es gerne einfach "Phänomen"
Oh, wir beide sind uns sicher, dass ein "Heidegger" und ein "Hegel" nichts anderes, als diesen Unfug gemachten hätten (und wie weit die anderen Spitzenmodelle der Philosophie davon entfernt sind, muss sich erst im Einzelfall zeigen).
Mit deiner Aussage hast du nun natürlich das Problem, dass du eine Abgrenzung, also ein Kriterium, für "sinnvolle Ebenen" angeben musst.
Ob dieses Kriterium dann auch die Abgrenzung für die, aus der Emergenz-Begeisterung heraus getroffenen Existenz-Behauptungen sein kann, ist nicht sicher - vielleicht benötigen wir dann nochmal ein Kriterium.
Mein Kriterium ist jedenfalls "wahrnehmungsabhängig/wahrnehmungsunabhängig" und die Emergenz-Ebenen sind nicht wahrnehmungsunabhängig.
Ich sehe die Ebenen nicht zu starr, sondern ggf. bei Bedarf in unserer Kommunikation "einziehbar".
Wichtig ist ggf. eine Ebene dann, wenn ihre niedrige und höhere Begrifflichkeiten nicht mehr zueinander passen, wie "Physik" und "Bewusstsein", zwischen die ich dann "Materie-Geist-Problem" stelle.
Auch mein Münzbeispiel ist für mich typisch: Physisch mag die Münze deterministisch rotieren und auf einer Seite zu landen; uns interessiert aber meist nur (die Ebene des bzw.) der Zufall, der sich mit Kopf oder Zahl ergibt.
Burkart hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 10:52
Das Problem ist halt der Begriff der "Existenz". Man kann ja auch über die Existenz von Gott diskutieren, sicher eine ganz andere Existenz als die physi(kali)sche.
Wenn ich einem Gläubigen wirklich viel zugestehe, dann ist "Gott" ein "für existent halten", aber in der Regel ist "Gott" einfach nur ein Rollenspiel, das der Gläubige für sich entwirft und eine Gegenseite kommt dort gar nicht so richtig vor.
Dein oben angesprochenes Abgrenzen von der "physikalischen Ebene" ist lediglich die Nicht-XXXX-Strategie, d.h. man gibt nur an, wo man nicht suchen würde, mehr nicht.
Das ist das Motto: "Hauptsache ich habe etwas gesagt"
Ok, bei Gott kann man das so sehen. Wie ist aber mit "Bewusstsein"? Dass es das irgendwie gibt, dem wird man doch i.a. zustimmen, oder? Das, was uns gerade hinsichtlich KI fehlt, ist natürlich, was darunter genau(er) zu verstehen ist.
Burkart hat geschrieben : ↑ So 18. Sep 2022, 10:52
Wie früher schon geschrieben: Wenn es uns individuell oder zur Kommunikation hilft, gedankliche Ebenen einzubauen, um etwas genauer zu verstehen (was für mich halt die Emergenz ist), warum nicht. Damit glaube ich z.B. noch lange nicht an einen Geist-Körper-Dualismus oder gar an Gott.
Dafür ist "Emergenz" aber doch ein fatal falscher Begriff, weil er für eine unsinnige Objekt-Existenz-Behauptung steht.
[/quote]
Ob es einen besseren Begriff als "Emergenz" hierfür gibt, mag sein; bisher konnte ich mit Begriff sowieso nicht viel anfangen und habe ihn nur für mich irgendwie in meinem Denken mit möglichen Ebenen angenommen.
Hier ist wieder die "Paradoxie des Haufens" relevant.
Der "Haufen" taucht ("emergiert") doch nicht auf, sondern der Beobachter ist nicht in der Lage oder will nicht die Details aufschlüsseln und nachvollziehen.
Der "Haufen" ist vollständig wahrnehmungsabhängig, aber die Philosophen wollen ihn als wahrnehmungsunabhängig behaupten und stehen prompt vor einem Existenz-Rätsel, denn "ab welcher Teilekonstellation ist es denn ein Haufen?".
Beim Haufen muss uns einfach "nur" klar sein, dass es ihn nicht mal gibt und dann mit einem Korn weniger nicht mehr.
Der Haufen ist halt begrifflich subjektiv bzw. relativ (mal sind n Körner ein Haufen, mal nicht).
Unsere Begriffe sind halt nicht immer einfach und eindeutig.
Exakt dieses Problem hat man immer bei Emergenz, denn hier soll eine Wahrnehmungsabhängigkeit als Wahrnehmungsunabhängigkeit behandelt und als Existenz ausgerufen werden.
Weder der "Haufen" noch das "Lange-Haare-Haben" sind Existenzen.
Dass Haufen und lange Haare aber existieren können, zumindest in unserem Denken, stimmt doch? Oder lässt ein Existenzbegriff dies nicht zu? Meiner schon, halt als gedankliche oder begriffliche Existenz.
Wenn Haufen und lange Haare nicht existieren, was ist das mit rosa Elefanten oder Elfen/Einhörner/o.ä.?
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.