Künstliche Intelligenz

Es gibt heute kaum Bereiche des alltäglichen Lebens, die nicht in irgendeiner Weise mit dem World-Wide-Web zusammenhängen. Das Gleiche gilt für "künstliche Intelligenz". Was hat die Philosophie dazu zu sagen?
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Jörn Budesheim
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So 13. Nov 2022, 21:15

sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:47
Ich kenne also die Zuordnung "lustig finden --> lachen"
Du hast da letztlich an deinem Sichtweise nichts geändert, sondern nur das Wort "innen" vermieden, gemeint hast aber nach wie vor das gleiche, oder?

Hier zwei Beispiele, wovon ich rede: Es gibt Tests, wo Probanden einen Bleistift quer in den Mund nehmen. Dann hat man schon vage so etwas wie ein lächelndes Gesicht. Diese Probanden fanden Witze gegenüber der Vergleichsgruppe deutlich häufiger lustig. Die Zuordnung lautete in diesem Fall also viel eher "lachen --> lustig finden".

Warum werden bei Witz-Sendungen immer Lacher eingespielt? Damit man selbst auch lacht. Auch hier ist die Zuordnung: "lachen --> lustig finden".




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Lucian Wing
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So 13. Nov 2022, 21:33

sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:17
Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 19:55
sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 19:52

Der Gesichtsausdruck ist ja aber fast ein Paradebeispiel für einen Funktionwert über der nicht zugänglichen Innenwelt.
Wie das?
Also Gesichtsausdrücke sind ja geradezu darüber definiert: "ein fröhliches Gesicht", "ein nachdenkliches Gesicht", etc. Ich geb ja den vermuteten Innenzustand explizit an.
Dass Problem ist, dass das fröhliche Gesicht weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung ist, um auf eine objektive Neuronenkonstellation schließen zu können. Im Prinzip kommt mir das vor, als würden wir eine wissenschaftliche Theorie aufstellen, dergemäß alle, die ein Kleidchen tragen, Frauen sind. Aber möchte, wer ein Frauenkleid trägt, eine wissenschaftliche Theorie aufstellen? Möchte ich, wenn ich fröhlich dreinschaue, eine wissenschaftliche Theorie aufstellen?

Ich schaffe doch Subjektivität nicht dadurch aus der Welt, indem ich sage, im Falle von Schmerz liegt die die und die neuronale Konstellation vor, auf die ich "Schmerz" reduziere. Denn wenn ich mir kochendes Wasser über die Hand gieße und Schmerzen in der Hand habe, dann stelle ich als Subjekt, wenn ich sage, meine Hand schmerzt, ganz bestimmt keine Theorie über Schmerzen in der Hand auf, sondern ich HABE diesen Schmerz unmittelbar in Form eines üblen Erlebnisses. Und keine Theorie dieser Welt kann das "qualitative Moment" durch Reduktion auf eine allgemeingültige Beschreibung irgendwelcher physischen oder biochemischen Vorgänge darstellen.

Oder nehmen wir mal ein anderes Beispiel intrinsischer Intentionalität.

A und B sind beide der Überzeugung, dass der Klimawandel den Untergang der Menschheit bedeutet.

Innerhalb reduktionistischer Theorien gibt es jedoch keine Überzeugungen, sondern lediglich einen neuronalen Zustand, in dem sich das ausdrücken lässt, sobald wir eine Möglichkeit haben, die neuronale Konstellation im Gehirn "auszulesen".

Nun ist A aber Philantrop, B Misantrop. A hat also Angst vor dem Untergang der Menschheit, B dagegen freut sich diebisch, dass das Untier endlich ausgerottet wird. Hier ist sie mit Freude verbunden, dort mit Angst. Das wiederum könnte man, sofern man eben Psychologie nicht eliminiert, jetzt verfeinern. Der philantropische A rationalisiert mit der Hoffnung auf den Fortbestand der Menschheit nur seine eigene Angst vor dem Tod, weil er sich selbst im Fortbestand der Menschheit fortleben sieht, während der misanthropische B seine Angst vor der eigenen Sterblichkeit mit dem Wunsch verknüpft, auch der Menschheit als Ganzes möge über seinen Tod hinaus kein Fortleben beschieden sein. Da hätten wir eine Überzeugung, die wir auf eine gemeinsame Neuronenkonstellation zurückführen wollen, in der subjektive Faktoren keine Rolle spielen sollen, aber die Neuronenkonstellation von "Ich bin überzeugt, dass der Klimawandel den Untergang der Menschheit bedeutet" damit alle diese Möglichkeiten wegschneidet, indem sie sie ignoriert.

So, das erst einmal von mir.

Jetzt darf Burkhart mal sagen, ob er disfunktionale KIs psychotherapieren lässt. Falls nicht, warum nicht?



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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Lucian Wing
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So 13. Nov 2022, 21:39

sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:47
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:11
Der Gesichtsausdruck ist eigentlich das Paradebeispiel dafür, dass unsere Gefühle nicht grundsätzlich irgendwo in einer Innenwelt verborgen sind. Es gibt doch nicht generell einerseits die verborgene Innenwelt und andereseits den Gesichtsausdruck in der Außenwelt. Ein Lächeln z.b richtet sich direkt an die anderen und ist nichts, was irgendwo im Inneren verborgen ist. Die entsprechende Mimik ist nicht bloß Ausdruck des Lächelns, sondern ein Teil davon. Darüber gibt es auch ausführliche Untersuchungen. Das kann man übrigens auch sehr schön in Selbstversuchen herausfinden.
Ich bin mir nicht sicher über "Innenwelt", das hab ich womöglich ganz falsch gewählt, mein Fehler.
Die offenen Fragen sind diese "hat X ein Bewusstsein?" oder "Ist X intelligent?" etc. Mein Punkt ist, dass man das nur mit "Verhaltensabgleich" feststellen kann. Wenn ich etwas lustig finde, muss ich lachen. Ich kenne also die Zuordnung "lustig finden --> lachen". Will ich das testen, serviere ich Jemandem eine Quelle die ich selber lustig finde und schaue, ob meine Zuordnung erfüllt wird. Je mehr und vielseitiger Tests, desto mehr vermute ich, dass beim Gegenüber die gleichen internen Prozesse ablaufen und das Gleiche erlebt wird. Aus dem gleichen Grund ordnen wir doch beispielsweise einem Hund mehr oder höheres Bewusstsein zu als einem Regenwurm - weil er wenigstens ein paar Tests besteht.
Es ist auch in den Neurowissenschaften völlig unumstitten, dass Menschen bei vollem Bewusstsein sich überhaupt nicht (mehr) verhalten können. Es gibt das auch umgekehrt, also Verhalten ohne Bewusstsein.

Mir fällt spontan "Schmetterling und Taucherglocke" von Bauby ein. Der war nach einem Schlaganfall im Locked-In-Syndrom. Er konnte nur noch ein Augenlid bewegen, wodurch dieses Buch dann zustande kam. Das ist der Grund, weshalb Verhalten nicht als notwendiger und hinreichender Grund anerkannt wird.



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Burkart
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So 13. Nov 2022, 21:52

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:59
Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:46
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 15:40


Wenn es nur das ist, was dich interessiert, warum behauptest du dann in dem Faden durchgängig so Dinge wie: KI kann lernen, KI ist intelligent, KI kann rechnen, KI kann etwas verstehen oder ähnliches. Auf solche Behauptungen könntest du doch komplett verzichten, wenn es dir nur darum geht, dass KI irgendwie funktioniert.
Die Frage ist doch "nur", was funktionieren soll. Für mich bedeutet es eben auch, dass sie auch lernfähig usw. ist, nur auf "Bewusstsein" kann ich verzichten.
Ebenso könnte man sagen, hauptsache ich habe einen Schimmel, dass er weiß ist ist mir nicht so wichtig.
Stimmt, das könntest du sagen, weil dir Bewusstsein für KI wichtig ist, mir dagegen nicht.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Lucian Wing
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So 13. Nov 2022, 21:59

Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:52
... Bewusstsein für KI wichtig ist, mir dagegen nicht.
Gut, dann einigen wir uns doch darauf, dass eine KI keinen anderen Status haben sollte wie mein Staubsauger oder meine Armbanduhr. Die eines nützlichen Helferleins.



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So 13. Nov 2022, 22:07

Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:59
Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:52
... Bewusstsein für KI wichtig ist, mir dagegen nicht.
Gut, dann einigen wir uns doch darauf, dass eine KI keinen anderen Status haben sollte wie mein Staubsauger oder meine Armbanduhr. Die eines nützlichen Helferleins.
Gerne "nützliches Helferlein", aber dabei gerne ein lernfähiges, das gerne auch recht selbstständig planen kann u.ä., insofern also schon besser als (heutige) Staubsauger oder Armbanduhren.



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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:52
Stimmt, das könntest du sagen, weil dir Bewusstsein für KI wichtig ist, mir dagegen nicht.
Genau das könnte man sagen, weil manchen ist nicht so wichtig ist, dass Schimmel weiß sind und Kreise rund. Die würden sich eben auch ein schwarzes Pferd als Schimmel antreten lassen und ein Viereck als Kreis.




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Lucian Wing
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So 13. Nov 2022, 22:20

Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 22:07
Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:59
Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:52
... Bewusstsein für KI wichtig ist, mir dagegen nicht.
Gut, dann einigen wir uns doch darauf, dass eine KI keinen anderen Status haben sollte wie mein Staubsauger oder meine Armbanduhr. Die eines nützlichen Helferleins.
Gerne "nützliches Helferlein", aber dabei gerne ein lernfähiges, das gerne auch recht selbstständig planen kann u.ä., insofern also schon besser als (heutige) Staubsauger oder Armbanduhren.
Nun, mein Auto säuft auch, wenn ich schnell fahre. Es "versteht" auch, weniger zu trinken, wenn es langsamer fährt. Aber auch wenn es immer schnell fährt: Ich melde es jetzt trotzdem nicht bei irgendwelchen anonymen Suchtlern an. :mrgreen:

Gehörst du eigentlich zur Fraktion der Deterministen? Falls ja, wird das mit dem selbständigen Planen ohnehin nichts. ;)



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sybok
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So 13. Nov 2022, 22:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:15
Diese Probanden fanden Witze gegenüber der Vergleichsgruppe deutlich häufiger lustig. Die Zuordnung lautete in diesem Fall also viel eher "lachen --> lustig finden".
Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:33
Dass Problem ist, dass das fröhliche Gesicht weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung ist, um auf eine objektive Neuronenkonstellation schließen zu können.
Ja natürlich ist das weder notwendig noch hinreichend. Ich sage ja nicht, dass es eine gute Methode ist, ich meinte es ist die einzige Methode. Und wir machen im Alltag ja nicht nur einmalig einen Witze-Test, sondern permanent unterschiedlichste Arten von "Tests".
Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:33
Ich schaffe doch Subjektivität nicht dadurch aus der Welt, indem ich sage, im Falle von Schmerz liegt die die und die neuronale Konstellation vor, auf die ich "Schmerz" reduziere. Denn wenn ich mir kochendes Wasser über die Hand gieße und Schmerzen in der Hand habe, dann stelle ich als Subjekt, wenn ich sage, meine Hand schmerzt, ganz bestimmt keine Theorie über Schmerzen in der Hand auf, sondern ich HABE diesen Schmerz unmittelbar in Form eines üblen Erlebnisses. Und keine Theorie dieser Welt kann das "qualitative Moment" durch Reduktion auf eine allgemeingültige Beschreibung irgendwelcher physischen oder biochemischen Vorgänge darstellen.
Man kann nicht herausfinden, wie es für einen anderen Mensch ist, Mensch zu sein oder wie es für eine Katze ist, Katze zu sein. Genau so wenig kann man herausfinden, ob eine Maschine sich selbst erlebt - vorausgesetzt, dass alle Tests, die ich von Aussen mache und eine hypothetisch sich-erlebende Maschine bestehen würde, von ersterer konkreter Maschine auch genau so bestanden würde.
Bei diesen Beispielen wie dem mit dem Schmerz sind ja immer zwei Ebenen. Auf der einen wirkt das Schmerzmittel bei mir und bei dir gleichermassen, die naturwissenschaftliche Ebene. Auf der anderen ist es unmöglich zu sagen, ob Jemand genau die gleiche Empfindung hat, das gleiche Qualia-Erlebnis teilt. Das ist auch völlig irrelevant, denn wenn du dann zum Arzt gehst, er dir das Schmerzmittel gibt und dein Gesicht sich von schmerzverzerrt zu fröhlich ändert und du ihm auf Nachfrage bestätigst "das Mittel wirkt, die Schmerzen sind weg", dann sagt er ja nicht: "Moment mal, zuerst muss ich mein Körpertauschgerät holen damit ich mich Ihrer Empfindung von Innen heraus versichern kann", sondern akzeptiert diese "Verhaltens-Tests" um seine Behandlung als Erfolg einzuordnen.




sybok
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So 13. Nov 2022, 23:06

Der entscheidende Unterschied zwischen Uhren, Autos, Kühlschränken, etc. einerseits und Computern andererseits ist doch, das Letztere in ihrer Beschreibung nicht mit einer endlichen Zustandsmenge auskommen und Information (turingvollständig) prozessieren können.
Oder umgangssprachlicher gesagt: Ein Computer kann jeden anderen Computer simulieren, Kühlschränke und Autos können das nicht.




Burkart
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So 13. Nov 2022, 23:33

Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 22:20
Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 22:07
Lucian Wing hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 21:59


Gut, dann einigen wir uns doch darauf, dass eine KI keinen anderen Status haben sollte wie mein Staubsauger oder meine Armbanduhr. Die eines nützlichen Helferleins.
Gerne "nützliches Helferlein", aber dabei gerne ein lernfähiges, das gerne auch recht selbstständig planen kann u.ä., insofern also schon besser als (heutige) Staubsauger oder Armbanduhren.
Nun, mein Auto säuft auch, wenn ich schnell fahre. Es "versteht" auch, weniger zu trinken, wenn es langsamer fährt. Aber auch wenn es immer schnell fährt: Ich melde es jetzt trotzdem nicht bei irgendwelchen anonymen Suchtlern an. :mrgreen:
Dein Auto ist nur weder lernfähig, noch kann es planen, sondern halt nur mehr oder weniger saufen :D
Gehörst du eigentlich zur Fraktion der Deterministen? Falls ja, wird das mit dem selbständigen Planen ohnehin nichts. ;)
Sagen wir hier mal spaßeshalber ja, um die Frage stellen zu können, warum es mit diesem Planen dann nichts werden soll. Dazu sehe ich keinen Grund.



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Timberlake
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Mo 14. Nov 2022, 00:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 20:11
sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 19:52
Der Gesichtsausdruck ist ja aber fast ein Paradebeispiel für einen Funktionwert über der nicht zugänglichen Innenwelt.
Der Gesichtsausdruck ist eigentlich das Paradebeispiel dafür, dass unsere Gefühle nicht grundsätzlich irgendwo in einer Innenwelt verborgen sind. Es gibt doch nicht generell einerseits die verborgene Innenwelt und andereseits den Gesichtsausdruck in der Außenwelt. Ein Lächeln z.b richtet sich direkt an die anderen und ist nichts, was irgendwo im Inneren verborgen ist. Die entsprechende Mimik ist nicht bloß Ausdruck des Lächelns, sondern ein Teil davon. Darüber gibt es auch ausführliche Untersuchungen. Das kann man übrigens auch sehr schön in Selbstversuchen herausfinden.

Um auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen. Der Gesichtsausdruck ist eigentlich das Paradebeispiel dafür, dass Künstliche Intelligenz möglicherweise Gesichtsausdrücke sehr viel den dazu gehörigen Gefühlen zu ordnen kann , als Menschen . Dazu nur noch mal zur Erinnerung ..
  • Gesichter und Gefühle

    Lie to machine

    Wäre eine solche Maschine nicht praktisch? Man trifft jemanden, seine SmartWatch-Kamera nimmt ihn auf und ein Gesichtserkennungsprogramm für Gefühle meldet: „Der sieht nach Ärger aus. Dem gehst du besser gleich aus dem Weg.“ Wenn mein Sohn von mir mehr Taschengeld haben möchte, könnte er nur seine Gefühlserkennungs-App lauern lassen, bis ich in guter Stimmung bin. Dann würde sie ihm Bescheid geben: „Jetzt ist dein Papa gut drauf! Frag ihn!“ Wir Männer müssten uns in unserem genetisch vererbten Autismus nie mehr den Kopf zerbrechen, welche Gefühle momentan unsere Partnerinnen hegen. Eine solche App würde uns sofort aufklären: „Sie ist traurig und braucht Unterstützung. Halte sie nur an der Hand und labere sie nicht mit deinen Arbeitsproblemen voll!“ Prägen aber unsere Gefühle eindeutig unsere Gesichtsausdrücke? Ist ein bestimmtes Lächeln immer und überall quer durch die Völker der Erde ein Ausdruck für Glück?
.. und das , dass eine KI dazu .. SELBST! . ganz ohne Gefühle auskommt. Zumindest gehe ich doch einmal davon, dass ein Gesichtserkennungsprogramm für Gefühle .. SELBST! .. keine Gefühle hat.




Timberlake
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Mo 14. Nov 2022, 00:24

sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 23:06
Der entscheidende Unterschied zwischen Uhren, Autos, Kühlschränken, etc. einerseits und Computern andererseits ist doch, das Letztere in ihrer Beschreibung nicht mit einer endlichen Zustandsmenge auskommen und Information (turingvollständig) prozessieren können.
Oder umgangssprachlicher gesagt: Ein Computer kann jeden anderen Computer simulieren, Kühlschränke und Autos können das nicht.
Was würdest du denn sagen , wenn ich einmal behaupte , dass umgangssprachliche gesagt , ein Computer auch einen schachspielenden Menschen simulieren kann und zwar so , dass wenn der Computer sich in einem anderen Raum befindet, ein Mensch nicht zu unterscheiden weiß , ob sein Gegenüber ein Mensch oder ein Computer ist. Kühlschränke und Autos können das nicht.
Bliebe dann eigentlich nur noch zu klären , ob diese Simulation des Menschen , auch das Gefühl der Freude, bei einem Sieg oder das Gefühl der Wut , über die Niederlage mit einschließt. Sicherlich könnte die KI , für den Fall das sie dafür programmiert wurde und über eine entsprechende Hardware verfügt , einen entsprechen Gesichtsausdruck reproduzieren. Nur mal zum Vergleich ..




Manchmal habe ich mitunter schon den Eindruck, wenn hier von Künstlicher Intelligenz die Rede ist, dass man dazu neigt, sie zu vermenschlichen und das nur , weil sie wie diese Robo Robbe , mit entsprechenden "menschlichen" Funktionen glänzen kann. Dazu nur mal, neben einen Test, zur Erinnerung ..
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 15:40
Burkart hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 13:31
KI soll irgendwie funktionieren
Wenn es nur das ist, was dich interessiert, warum behauptest du dann in dem Faden durchgängig so Dinge wie: KI kann lernen, KI ist intelligent, KI kann rechnen, KI kann etwas verstehen oder ähnliches. Auf solche Behauptungen könntest du doch komplett verzichten, wenn es dir nur darum geht, dass KI irgendwie funktioniert.




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Jörn Budesheim
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Mo 14. Nov 2022, 07:03

sybok hat geschrieben :
So 13. Nov 2022, 22:47
... meinte es ist die einzige methode.
Meines Erachtens basiert diese "Methode" auf falschen Prämissen. Denn das Lachen, um noch einmal auf Beispiel zurückzukommen, ist nicht irgendwo verborgen und es bedarf in der Regel keiner Methode (einem geregelten Verfahren), um es zu erkennen. Es gibt jedoch Fälle, in denen tatsächlich fragwürdig ist, ob jemand noch bei Bewusstsein ist - etwa bei schweren Krankheiten oder ähnlichen, ich denke, jeder kann sich das leicht selbst ausmalen. Wenn man gute Gründe hat, zu zweifeln, ob etwas oder jemand bei Bewusstsein ist, dann erst wird die vorgelegte Frage, wie wir herausfinden, ob jemand über Bewusstsein verfügt, bedeutungsvoll. (Auch der Zweifel braucht Gründe.)

In solchen Fällen muss man tatsächlich nach geeigneten Methoden Ausschau halten, um festzustellen, ob (beispielsweise) der Patient noch bei Bewusstsein ist oder nicht. Die schon weiter oben erwähnten Naturwissenschaftler Tononi und Koch arbeiten genau an einer solchen Methode. Wenn ich richtig informiert bin, nennen sie es Zap-and-Zip. Was die Details angeht, kann ich leider dazu gar nichts sagen. Nach meinem Wissen steht die Methode jedoch noch vergleichsweise am Anfang. Welche andere Methoden Wissenschaftler ausgetüftelt haben, um eine Antwort auf solche Fragen zu finden, weiß ich natürlich nicht, weil ich die entsprechenden wissenschaftlichen Forschungen nicht im Überblick kenne.




sybok
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Mo 14. Nov 2022, 10:32

Das Szenario von dem ich ausgehe, ist, dass wir ein System / eine Maschine haben, die auf dem Level des Menschen performt. "Eure" These ist ja, dass sowas, egal wie "hoch" entwickelt, ein Objekt wie eine Uhr bliebe, kein Bewusstsein, keine Intelligenz, kein Innenleben entwickeln könne etc. Es ginge mir also nicht um Spezial- oder Randfälle sondern um Rückschlüsse aus "normalem" Alltagsverhalten. Oder auf den Menschen angewandt: Woher weiss man, dass die Leute, die auf der Strasse an dir vorbei gehen, nicht nur Zombies sind.




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Lucian Wing
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Mo 14. Nov 2022, 11:05

sybok hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 10:32
Das Szenario von dem ich ausgehe, ist, dass wir ein System / eine Maschine haben, die auf dem Level des Menschen performt. "Eure" These ist ja, dass sowas, egal wie "hoch" entwickelt, ein Objekt wie eine Uhr bliebe, kein Bewusstsein, keine Intelligenz, kein Innenleben entwickeln könne etc. Es ginge mir also nicht um Spezial- oder Randfälle sondern um Rückschlüsse aus "normalem" Alltagsverhalten. Oder auf den Menschen angewandt: Woher weiss man, dass die Leute, die auf der Strasse an dir vorbei gehen, nicht nur Zombies sind.
Gerade weil Verhalten kein hinreichender Grund ist, auf Bewusstsein oder Subjektivität zu schließen, kann man das nicht "wissen".
Dass ein Ding wie ein Mensch performt, ist ja nichts Besonderes. Solche Dinger können Schach spielen oder vielleicht gehen oder sehen oder was weiß ich. Woran es hapert, ist nicht das Alltagsverhalten, sondern die Alltagspsychologie in Form des gesunden Menschenverstandes.

Aber auch ein 100%iger Performer hat halt keine Subjektivität, keine Individualität, die einen Personenstatus begründen könnte. Ist so ein komplexer Humanoider erst einmal als starke KI konstruiert und programmiert, kann man ihm jederzeit eine andere "Identität" aufspielen oder man kann zwei Dingern dieser Sorte jeweils die andere aufspielen, ohne irgendwelche Funktionsbeeinträchtigungen zu bekommen. Menschen können Organe eingesetzt bekommen, aber kein Gehirn oder fremde Gehirninhalte. Bei solchen Maschinen sehe ich da kein Problem. Worin sollte das bestehen? Das "Körper"bild liegt ja jeweils als Datensatz vor, das müsste man dann halt, sofern die Bauteie nicht identisch sind, in der richtigen Form übernehmen, um keine Funktionsbeeinträchtigungen zu bekommen.

Für mich "entwickelt" so ein Ding Daten, auf die jederzeit von außen zugegriffen werden kann. Man wird dem Teil wahrscheinlich rein aus Speicherplatzgründen ein automatisches Löschen von Daten nach irgendwelchen Kriterien einprogrammieren. Die kann man vorher extern speichern, um sie wieder zurückzuspielen, wenn die Speicherkapazitätsprobleme vielleicht später gelöst sind.



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sybok
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Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 11:05
Gerade weil Verhalten kein hinreichender Grund ist, auf Bewusstsein oder Subjektivität zu schließen, kann man das nicht "wissen".
Wir reden irgendwie aneinander vorbei, denn genau das sage ich ja die ganze Zeit, man kann es nicht wissen. Ihr "wisst" aber trotzdem, dass es immer eine "Uhr" bleiben wird. Ich sage ja einfach, dass wenn ich es eben nicht wissen kann, aber das allereinzigste Kriterium, ein Verhaltensabgleich, keine Gegenargumente liefert, dann hüte ich mich vorerst vor starken Aussagen. Das ist wie zugestanden natürlich sehr schwach, aber ich gehe bei meinen Mitmenschen auch von bewusstem Innenleben aus und betrachte nicht alle als Zombies, obwohl es die logisch sparsamere Annahme wäre.
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 11:05
Aber auch ein 100%iger Performer hat halt keine Subjektivität, keine Individualität, die einen Personenstatus begründen könnte. Ist so ein komplexer Humanoider erst einmal als starke KI konstruiert und programmiert, kann man ihm jederzeit eine andere "Identität" aufspielen oder man kann zwei Dingern dieser Sorte jeweils die andere aufspielen, ohne irgendwelche Funktionsbeeinträchtigungen zu bekommen.
Woher willst du das wissen? Wir wissen doch gar nicht, wie so etwas letztlich implementiert werden soll.
Das ist bei künstlichen neuronalen Netzen jetzt schon nicht mehr so: Hat man etwa mit der Datenaufbereitung ein Fehler gemacht resp. hat es das "Falsche" gelernt, kann man das Ding nicht "umprogrammieren", einen Patch aufspielen oder einzelne "Neuronen" entfernen/hinzufügen, sondern muss es in die Tonne werfen und einfach von Vorne beginnen. Netze sind nicht nur Algorithmen, sondern eine eigene Klasse von Rechnermodellen.
Abgesehen davon wissen wir umgekehrt ja letztlich auch nicht, ob man nicht sozusagen ein "mentales Abbild" eines "laufenden" Gehirns auf digitalen Speicher überspielen kann, nur weil es derzeit völlig Jenseits der Möglichkeiten liegt impliziert das ja nicht eine prinzipielle Unmöglichkeit.




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Mo 14. Nov 2022, 13:01

sybok hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 11:30
man kann es nicht wissen
Das läuft in der Philosophie manchmal unter "make believe". Meines Erachtens muss jedoch der Skeptiker die Argumente liefern. Bei ihm liegt die Bringschuld. Die Frage lautet demnach keineswegs, wie wir wissen können, dass die anderen ebenso bewusst sind wie wir (dazu hab ich übrigens einiges geliefert). Die Frage lautet, welchen Grund wir haben sollten, daran zu zweifeln, dass die anderen ebenso bewusst sind wie wir.

Wir sind von der Evolution mit außerordentlich guten "Bewusstseinsdetektoren" ausgestattet. Die Fähigkeit, die Bewusstseinszustände der anderen gut zu lesen, zu spüren, zu erleben hat sich in Jahrhunderttausenden entwickelt und bietet offenbar einen ganz erheblichen Selektionsvorteil. Wer daran Zweifel äußert, muss meines Erachtens starke Argumente liefern und nicht bloß ein "make believe".

Diese Fähigkeit hat natürlich auch ihre Grenzen, sie ist fallibel, sie funktioniert zum Beispiel nur bedingt artübergreifend.




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Lucian Wing
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Mo 14. Nov 2022, 15:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 13:01
sybok hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 11:30
man kann es nicht wissen
Das läuft in der Philosophie manchmal unter "make believe". Meines Erachtens muss jedoch der Skeptiker die Argumente liefern. Bei ihm liegt die Bringschuld. Die Frage lautet demnach keineswegs, wie wir wissen können, dass die anderen ebenso bewusst sind wie wir (dazu hab ich übrigens einiges geliefert). Die Frage lautet, welchen Grund wir haben sollten, daran zu zweifeln, dass die anderen ebenso bewusst sind wie wir.

Wir sind von der Evolution mit außerordentlich guten "Bewusstseinsdetektoren" ausgestattet. Die Fähigkeit, die Bewusstseinszustände der anderen gut zu lesen, zu spüren, zu erleben hat sich in Jahrhunderttausenden entwickelt und bietet offenbar einen ganz erheblichen Selektionsvorteil. Wer daran Zweifel äußert, muss meines Erachtens starke Argumente liefern und nicht bloß ein "make believe".

Diese Fähigkeit hat natürlich auch ihre Grenzen, sie ist fallibel, sie funktioniert zum Beispiel nur bedingt artübergreifend.
Würde man sich ohne Bewusstsein (Zombie) exakt so verhalten, wie Menschen das tun, hätten wir ein Rätsel mehr. Was wäre der evolutionäre Vorteil von Bewusstsein, wenn alles auch so funktioniert ohne Bewusstsein.



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Di 15. Nov 2022, 15:25

sybok hat geschrieben :
Mo 14. Nov 2022, 10:32
Woher weiss man, dass die Leute, die auf der Strasse an dir vorbei gehen, nicht nur Zombies sind.
Weil Zombies nur im Voodoo-Glauben oder in der Populärkultur existieren.




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