Lucian Wing hat geschrieben : ↑ So 20. Nov 2022, 15:16
Wir erfahren als normale Hörer eines Berichts über sagen wir eine Preisverleihung für den besten Film sehr viel darüber, ob nun jemand aus einer quotenfähigen Minderheit berücksichtigt wurde, aber wenig darüber, was eigentlich der Inhalt der nominierten Filme ist.
Wenn ich vor der unangenehm Wahl stünde, dass erstens die besagten Minderheiten unberücksichtigt bleiben aus den bekannten Gründen oder dass zweitens die besagten Minderheiten überproportional ausgewählt werden aus den angeblichen Gründen, würde ich mich ohne zu zögern für zweiteres entschließen. Aber vor dieser Wahl stehe ich zum Glück nicht.
Was du monierst, kommt sicherlich gelegentlich vor und ist dementsprechend, wie ich auch finde, abzulehnen, aber ich finde man sollte es keineswegs übergeneralisieren. Dass die vielen, vielen Ungerechtigkeiten der Vergangenheit jetzt wettgemacht werden sollen, ist meines Erachtens vorbehaltlos zu begrüßen. Dass dabei auch Fehler gemacht werden, kann und sollte man natürlich diskutieren.
Bei der Kunst treffen sich hier (mindestens)
zwei Tendenzen. Die eine ist, dass seit geraumer Zeit zunehmend die Inhalte im Fokus stehen gegenüber der Form, und die andere ist der Versuch, den besagten Ungerechtigkeiten zu begegnen. Es stimmt, dass daher
manchmal Fragen der Form, des Gelingens und der Schönheit ins Hintertreffen geraten. Aber das ist keineswegs durchgängig der Fall. Doch selbst wenn das Pendel im Moment manchmal etwas zu sehr in eine Richtung ausschlagen sollte, was keineswegs ausgemacht ist, besser so, als dass es gar nicht ausschlägt.
Im Zusammenhang mit diesen "Ereignissen" wird z.b die Kunstgeschichte ganz neu diskutiert (ich denke dabei z.b an die Ursprünge der documenta) und teilweise auch umgeschrieben. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber! Das sind, wie ich finde, sehr, sehr spannende Diskussionen.