"Verstehen" - (wie sehr) ist es persönlich geprägt? (Und allgemein)

Hier geht es einerseits um die Erörterung logischer Grundstrukturen in der Philosophie und andererseits um Sprachanalyse als philosophische Methode, Theorien der Referenz und Bedeutung, Sprechakttheorien u.ä.
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Lucian Wing
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So 20. Nov 2022, 11:09

Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 10:14

Richtig, wir erkennen am besten an der Art und Weise, wie sie sprechen, ob sie etwas vermutlich verstanden haben - "vermutlich" halt. Interessant wird es dann z.B., wenn "Katze" als Begriff oder aber als Objekt grenzwertig wird. Z.B. könnte ich mir kleine Hunde vorstellen, die auf den ersten Blick etwas einer Katze gleichen können.
Oder denken wir an Löwen: Sind das Katzen in unserem Sinne? Hier ist der Begriff schon nicht mal mehr ganz eindeutig, sodass einer vielleicht ja, der andere nein meint. Somit die Benutzung von "Katze" hier nicht einmal eindeutig richtig oder falsch.
Du bleibst einfach immer am einzelnen Wort kleben. Ich hatte oben schon einmal darauf hingewiesen, dass Wörter immer in einem Kontext gebraucht werden. Und hier entscheidet sich dann, ob wir einen Begriff richtig verwendet haben. Wir müssen also gar nicht in den Kopf schauen, es genügt, ein geäußertes Wort im Kontext, in dem es verwendet wurde, zu "prüfen".

Wenn ich sage: "Die Seele wiegt mehr als das Herz", dann bedeutet das, dass ich das Wort "Seele" in einen Kontext setze, nämlich den des "Wiegens", in dem man das Wort nicht verwenden kann, da es keine Eigenschaft oder kein Merkmal der "Seele" ist, ein physisches Gewicht zu haben.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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So 20. Nov 2022, 11:14

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 09:14
Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Nov 2022, 12:22
Was ein Objekt z.B. wie ein Haus oder ein Apfel ist, lernen wir zu verstehen anhand derer Zusammenstellung von Attributen, also ein Haus hat Räume, mindestens einen Eingang usw.
Du schreibst zwar, "Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie." Aber de facto ist ein Ausgangspunkt natürlich der Computer, oder ein Roboter.
Nicht doch, aber ich verstehe (vermutlich), worauf du hinaus willst. (Na, und kannst du erkennen, ob ich verstanden habe? Natürlich nicht; ein gutes praktisches Beispiel für diesen Thread :) )
Ja, Attribute sind ja am Denken über Computer und Robotern, aber nicht nur dort, sondern z.B. auch in der Linguistik u.a.
Mein Satz "Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie." ist davon aber Lichtjahre weit weg, was den Zusammenhang hier bzw. die grundsätzliche Intension meines Satzes betrifft.
Was ein Haus ist lernen wir nicht Anhand der "Zusammenstellung von Attributen", so wie man es einem Computer beibringen würde. Was ein Haus ist, lernen wir stattdessen, weil wir in Häusern geboren werden, großgezogen werden, zur Schule gehen und so weiter und so fort, sie spielen eine dauernde Rolle in unserem Leben.
Was du beschreibst, sind die Umstände des (individuellen) Lernens, nicht aber, wie wir sprachliche Begriffe im allgemeinen Gebrauch differenziert werden. So können Menschen auch außerhalb eines Hauses geboren sein, in Hütten großgezogen worden sein und keine Schule besucht haben und trotzdem lernen, was ein Haus ist (im Gegensatz zu einer Hütte z.B.).
Es ist natürlich richtig, dass wir durch bzw. in unserem Leben lernen, aber unterschiedliche Leben/Menschen versuchen trotzdem eine gemeinsame Sprache zu sprechen - aber halt schon persönlich geprägt (wir haben zu "Haus" einen anderen Bezug als jemand, der in einer Hütte aufgewachsen ist).
So kennen wir Männer z.B. die weibliche Periode nicht aus persönlicher Erfahrung so wie Frauen es tun. Trotzdem können wir über sie sprechen, wenn halt auch weniger stark geprägt.
Auf was ein Apfel ist, lernen wir nicht durch eine "Zusammenstellung von Attributen". Was ein Apfel ist, lernen wir, indem wir ihn in die Hand nehmen, schälen und essen,
Das kann z.B. auch eine Birne oder Orange sein. Mit "Birne" verbinde ich "süß(er)" und eine andere Form, letztere durch in die Hand nehmen, aber auch durch Ansehen erkennbar.
Wenn wir über "Birne" sprechen mit anderen Leuten, ist es egal, ob wir ihre Form durch in die Hand nehmen oder Sehen gelernt haben - aber es ist genau diese unterschiedliche persönliche Prägung, auf die ich mit dieser Begrifflichkeit hinaus wollte.
was ein Apfel ist wissen wir, weil wir ihn schon mal aus der Wiese aufgehoben haben nachdem er vom Baum gefallen ist und so weiter und so fort.
Das gilt für mich auch z.B. für Kastanien, die natürlich keine Äpfel sind.



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So 20. Nov 2022, 11:20

Lucian Wing hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:09
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 10:14

Richtig, wir erkennen am besten an der Art und Weise, wie sie sprechen, ob sie etwas vermutlich verstanden haben - "vermutlich" halt. Interessant wird es dann z.B., wenn "Katze" als Begriff oder aber als Objekt grenzwertig wird. Z.B. könnte ich mir kleine Hunde vorstellen, die auf den ersten Blick etwas einer Katze gleichen können.
Oder denken wir an Löwen: Sind das Katzen in unserem Sinne? Hier ist der Begriff schon nicht mal mehr ganz eindeutig, sodass einer vielleicht ja, der andere nein meint. Somit die Benutzung von "Katze" hier nicht einmal eindeutig richtig oder falsch.
Du bleibst einfach immer am einzelnen Wort kleben.
Nur, weil Jörn die Katze als einzelnes Wort gebraucht hat. Ansonsten sehe ich Verstehen natürlich viel allgemeiner.
Ich hatte oben schon einmal darauf hingewiesen, dass Wörter immer in einem Kontext gebraucht werden. Und hier entscheidet sich dann, ob wir einen Begriff richtig verwendet haben. Wir müssen also gar nicht in den Kopf schauen, es genügt, ein geäußertes Wort im Kontext, in dem es verwendet wurde, zu "prüfen".

Wenn ich sage: "Die Seele wiegt mehr als das Herz", dann bedeutet das, dass ich das Wort "Seele" in einen Kontext setze, nämlich den des "Wiegens", in dem man das Wort nicht verwenden kann, da es keine Eigenschaft oder kein Merkmal der "Seele" ist, ein physisches Gewicht zu haben.
Ich habe ja weiter oben schon mal darauf geantwortet.
Natürlich können wir durch Kontext und z.B. sprachlichen Erläuterungen viel genauer sein und mehr verstehen.
Glaubst du aber wirklich, dass dadurch alle "richtige Verwendungen" erkannt werden können? (Ich nannte ja "Intelligenz" oder auch "Bewusstsein" als Beispiele für schwierige Begriffe.)



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So 20. Nov 2022, 11:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 08:53
Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Nov 2022, 23:56
Ich frage mich, ob bzw. was an 1+1=2 zu verstehen ist oder ob es für Kleinkinder nicht mehr nur ein Auswendig-Lernen ist ...
Wenn die Kinder vor dem Blatt Papier sitzen mit einem Stift in der Hand und mit den Fingern rechnen, dann hat man meines Erachtens keinen Grund anzunehmen, dass sie nicht verstehen, was sie tun.

Letztlich geht es allerdings um das, was Stefanie weiter oben erläutert hat. Es genügt eben nicht, eine vereinzelte Aufgabe zu lösen, das kann man auch mit Nachplappern, sondern man muss sie einbetten in unserer sehr komplexe Lebenspraxis. Das ist ihr Ort.
Das ist sicherlich alles richtig.
Vielleicht ist 8*7=56 auch ein besseres oder zumindest gutes ergänzendes Beispiel relativ zu 1+1=2, insofern man sich kaum 56 Gegenstände versucht vorzustellen, es aber zeigt, dass Verstehen auf verschiedenen Ebenen bzw. verschieden intensiv stattfindet. Bei 1+1=2 sind die Finger ein sehr gutes Mittel zum Verstehen; bei 8*7=56 i.a. nicht mehr, dies versteht man auf anderer Ebene.
Und richtig ist auch das Einbetten in eine komplexe Lebenspraxis. Hier z.B. kann man sogar für 1+1=2 schon Ausnahmen finden (z.B. 1+1<2, wenn man zwei Wege zu einem kürzeren Gesamtweg verkleinern kann).



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So 20. Nov 2022, 11:35

Lucian Wing hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 10:34
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 00:06

Können wir gerne zusammen machen; ich vermute, dass wir hier recht ähnliche Ansichten haben werden. ("Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie." ist ja mein Hauptpunkt, der hat mit KI nichts zu tun - also mache sich jeder Zweifler klar, dass KI ganz bestimmt nicht mein einziger mich interessierender Punkt ist.)

Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie. Jetzt kommt es darauf an, ihn im Transhumanismus zu überwinden. ;)
Aber selbst der Transhumanismus ist eine Idee menschlicher Philosphen... oder (was) siehst du ggf. anders?



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So 20. Nov 2022, 11:37

Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:20

Ich habe ja weiter oben schon mal darauf geantwortet.
Natürlich können wir durch Kontext und z.B. sprachlichen Erläuterungen viel genauer sein und mehr verstehen.
Glaubst du aber wirklich, dass dadurch alle "richtige Verwendungen" erkannt werden können? (Ich nannte ja "Intelligenz" oder auch "Bewusstsein" als Beispiele für schwierige Begriffe.)
"Ich mag Katzen" hattest du als Beispielsatz genommen.
Ich behaupte, dass nicht nur das Wort "Katze" im Kontext dieses Satzes richtig verwendet wird, sondern dass in der Sprechsituation auch klar ist, was gemeint ist. Denn das Wort steht ja nicht nur im Kontext des Satzes, sondern der wiederum in einem Kontext weiterer Sätze, aus denen jeweils vermutlich hervorgeht, worauf der Sprecher sich bezieht. Man unterhält sich über Haustiere, der eine sagt, er möge Hunde, der andere sagt, er möge Katzen.

Für meinen Satz von der Seele braucht es keinen weiteren Kontext, der kann allein so stehen als eine theoretische Behauptung. Dein Satz dagegen ist von anderer Art und braucht einen erweiterten Kontext, um sinnvoll darüber "streiten" zu können.

Wenn ich mir deinen Radikalskeptizismus praktisch zu eigen machen wollte, würde ich, wenn ich dich besuche, keinesfalls ein Glas Wasser verlangen. Vielleicht vestehst du, wenn du deinen Skeptizismus anwendest, warum ich das auf keinen Fall täte.



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So 20. Nov 2022, 11:43

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 09:07
Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Nov 2022, 12:22
Kann man verstehen, was eine Farbe, ein Ton oder etwas Anderes direkt sinnlich zu Erfahrenes ist? Oder lernt man es einfach?
"Verstehen was eine Farbe ist." Was heißt das? Ich schaue mir gerade meine Tasse an und sehe, dass sie grün ist. Wo spielt hier welche Art von verstehen eine Rolle?
Genau das ist ja auch hier meine Frage (oder sollte sie sein): Kann man Farbe verstehen oder macht das Verstehen in diesem Kontext keinen (großen?) Sinn? (Die Frage soll vor allem für sich stehen, nicht beantwortet werden (müssen).)
....

Zu dem gesamten Startbeitrag: er leidet meines Erachtens sehr darunter, dass du nie unterscheidest zwischen den Gegenständen, unseren Begriffen und darüber hinaus den Worten, die wir verwenden, das wird immer wild durcheinander gepurzelt, so dass man nie richtig weiß wovon du gerade sprichst.
Ja, das mag gut sein.
Deshalb versuchen wir (ich) das ja auch nun zu präzisieren.

Sooooo, ich hoffe, ich habe alle älteren Beiträge beantwortet, bei so vielen nicht gerade einfach zu überblicken. Wenn jemandem etwas fehlt, bitte schreiben.



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Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:35

Aber selbst der Transhumanismus ist eine Idee menschlicher Philosphen... oder (was) siehst du ggf. anders?
Ja, die Idee der Überwindung des Menschen. Eine Idee, an deren Ende ein neues Wesen aus der Verschmelzung des Menschen mit künstlichen Kreaturen steht. Da bleibt dir und mir bestenfalls die Rolle der Yahoos, wenn der edle Digihouyhnhnm erst geschöpft ist. :mrgreen:



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Lucian Wing hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:09
Wenn ich sage: "Die Seele wiegt mehr als das Herz", dann bedeutet das, dass ich das Wort "Seele" in einen Kontext setze, nämlich den des "Wiegens", in dem man das Wort nicht verwenden kann, da es keine Eigenschaft oder kein Merkmal der "Seele" ist, ein physisches Gewicht zu haben.
Das ist richtig, du willst vermutlich auf so etwas wie ein Kategorienfehler hinaus. Ein wichtiger Punkt, ohne jede Frage!

Aber gehen die Kontexte nicht möglicherweise noch weiter? Stellen wir uns vor, wir sehen diesen Satz auf dem Cover eines Gedichtbands. Beim Verstehen geht es in philosophischen Zusammenhängen in aller Regel um unser Leben. Sehen wir diesen Satz auf dem Cover eines Gedichtbandes, dann werden wir ihn im Lichte unseres Lebens als poetische Metapher zu verstehen versuchen. Sprachanalytisch betrachtet, mag es sich bei dem Satz um einen Kategorienfehler handeln, zieht man aber eine andere Brille auf, nämlich die der Poesie, dann kann es sein, dass die Begriffe zu tanzen beginnen. Man öffnet das Buch, und sieht vielleicht auf den ersten Seiten das Gedicht, dem dieser Vers entnommen wurde ... Hier haben wir es mit einer Form des Verstehens eines offenen ästhetischen Zusammenhangs zu tun, denke ich.




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So 20. Nov 2022, 11:50

Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:43

Genau das ist ja auch hier meine Frage (oder sollte sie sein): Kann man Farbe verstehen oder macht das Verstehen in diesem Kontext keinen (großen?) Sinn? (Die Frage soll vor allem für sich stehen, nicht beantwortet werden (müssen).)
Wer in der Schule war, hat verstanden, dass die Sonne nicht aufgeht und es trotzdem jeden Morgen tut.
Ich muss praktisch nichts von Farben verstehen und kann trotzdem sagen, ob ein Auto rot oder grün ist. Ich könnte dagegen auch alles von Farben verstehen und trotzdem nicht sagen, ob das Auto rot oder grün ist.



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Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:35
Aber selbst der Transhumanismus ist eine Idee menschlicher Philosphen... oder (was) siehst du ggf. anders?
Im Startbeitrag unterscheidest du nicht zwischen Begriff, Wort und Gegenstand. Und hier unterscheidest du nicht zwischen einer Philosophie und ihrem Gegenstand.

Zudem machst du etwas, was du wirklich fast durchgängig machst. Du sagst, der Transhumanismus ist eine Idee menschlicher Philosophen. Aber du deutet nicht mal an, was deiner Ansicht nach daraus folgen soll. Es ist völlig unklar, wofür oder wogegen das ein Argument sein soll, ja es ist nicht mal klar, ob es überhaupt ein Argument sein soll und warum du es überhaupt erwähnst.




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So 20. Nov 2022, 11:58

Lucian Wing hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:37
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:20

Ich habe ja weiter oben schon mal darauf geantwortet.
Natürlich können wir durch Kontext und z.B. sprachlichen Erläuterungen viel genauer sein und mehr verstehen.
Glaubst du aber wirklich, dass dadurch alle "richtige Verwendungen" erkannt werden können? (Ich nannte ja "Intelligenz" oder auch "Bewusstsein" als Beispiele für schwierige Begriffe.)
"Ich mag Katzen" hattest du als Beispielsatz genommen.
Ich behaupte, dass nicht nur das Wort "Katze" im Kontext dieses Satzes richtig verwendet wird, sondern dass in der Sprechsituation auch klar ist, was gemeint ist. Denn das Wort steht ja nicht nur im Kontext des Satzes, sondern der wiederum in einem Kontext weiterer Sätze, aus denen jeweils vermutlich hervorgeht, worauf der Sprecher sich bezieht. Man unterhält sich über Haustiere, der eine sagt, er möge Hunde, der andere sagt, er möge Katzen.
Das kann gut so sein, muss es aber nicht, z.B. wenn man einfach allgemein jemanden fragt, welche Tiere er mag, vielleicht in einem Kontext, einen anderen Menschen generell besser kennen lernen zu wollen - vielleicht bei einem Date? ;) (Sorry, ich habe mit Dates kaum Erfahrung, sollte die Frage unpassend sein.)
Für meinen Satz von der Seele braucht es keinen weiteren Kontext, der kann allein so stehen als eine theoretische Behauptung. Dein Satz dagegen ist von anderer Art und braucht einen erweiterten Kontext, um sinnvoll darüber "streiten" zu können.
Das ist sicher richtig; gewisse Sätze brauchen mehr, andere weniger Kontext, um hinreichend verstanden zu werden. Dafür braucht dein Satz eine Art Meta-Kontext (einen größeren Zusammenhang), um seinen Sinn zu verstehen.
Wenn ich mir deinen Radikalskeptizismus praktisch zu eigen machen wollte, würde ich, wenn ich dich besuche, keinesfalls ein Glas Wasser verlangen. Vielleicht vestehst du, wenn du deinen Skeptizismus anwendest, warum ich das auf keinen Fall täte.
Du meinst, du bekämst nicht ein normales Glas, mit Wasser gefüllt, einfach gereicht?
Also ich schließe Erkenntnis von Wissen und Wahrheit sicherlich nicht aus, aber ein Hinterfragen kann doch nicht schaden, um genauer zu verstehen :)



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So 20. Nov 2022, 12:04

Lucian Wing hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:50
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:43

Genau das ist ja auch hier meine Frage (oder sollte sie sein): Kann man Farbe verstehen oder macht das Verstehen in diesem Kontext keinen (großen?) Sinn? (Die Frage soll vor allem für sich stehen, nicht beantwortet werden (müssen).)
Wer in der Schule war, hat verstanden, dass die Sonne nicht aufgeht und es trotzdem jeden Morgen tut.
Ich muss praktisch nichts von Farben verstehen und kann trotzdem sagen, ob ein Auto rot oder grün ist. Ich könnte dagegen auch alles von Farben verstehen und trotzdem nicht sagen, ob das Auto rot oder grün ist.
Hm, und was willst du damit sagen? Dass tiefes Verstehen unabhängig von aktuellen Sinneseindrücken ist?



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So 20. Nov 2022, 12:10

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:51
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:35
Aber selbst der Transhumanismus ist eine Idee menschlicher Philosphen... oder (was) siehst du ggf. anders?
Im Startbeitrag unterscheidest du nicht zwischen Begriff, Wort und Gegenstand. Und hier unterscheidest du nicht zwischen einer Philosophie und ihrem Gegenstand.
Das Gute ist, dass gedankliche Meta-Gegenstände wie Philosophie auch wieder Gegenstände sind und deshalb hier nicht differentiert werden muss.
Zudem machst du etwas, was du wirklich fast durchgängig machst. Du sagst, der Transhumanismus ist eine Idee menschlicher Philosophen. Aber du deutet nicht mal an, was deiner Ansicht nach daraus folgen soll. Es ist völlig unklar, wofür oder wogegen das ein Argument sein soll, ja es ist nicht mal klar, ob es überhaupt ein Argument sein soll und warum du es überhaupt erwähnst.
Ich will einfach nur ausdrücken, dass "Der Mensch als Philosophierender Ausgangspunkt aller Philosophie" ist und das schließt die Idee des Transhumanismus mit ein aus meiner Sicht.



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So 20. Nov 2022, 12:44

Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 12:10
Ich will einfach nur ausdrücken, dass "Der Mensch als Philosophierender Ausgangspunkt aller Philosophie" ist und das schließt die Idee des Transhumanismus mit ein aus meiner Sicht.
Hallo Burkart.

Das Thema "Verstehen" finde ich äußerst interessant, da es mit Didaktik (Wissenschaft der Lehrens und Lernens) zu tun hat.
Was Transhumanismus ist, weiss ich nicht.
"Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie". Stimmt das so?
Und wenn ich über die Natur philosophiere? Ist dann der Mensch Ausgangspunkt oder die Natur?

Aber wenn es ums Verstehen geht, meinen wir ja in der Regel das Verstehen des Menschen.
Das Aha-Erlebnis. Das Erstaunliche ist, dass wir meist sehr gut merken, ob wir etwas verstanden haben oder nicht. Woher kommt das?



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So 20. Nov 2022, 12:59

AufDerSonne hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 12:44
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 12:10
Ich will einfach nur ausdrücken, dass "Der Mensch als Philosophierender Ausgangspunkt aller Philosophie" ist und das schließt die Idee des Transhumanismus mit ein aus meiner Sicht.
Hallo Burkart.

Das Thema "Verstehen" finde ich äußerst interessant, da es mit Didaktik (Wissenschaft der Lehrens und Lernens) zu tun hat.
Freut mich.
Was Transhumanismus ist, weiss ich nicht.
Das habe ich auch nachschlagen müssen.
"Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie". Stimmt das so?
Das ist mein philosophischer Ausgangspunkt bzw. meine Erkenntnis, vielleicht ein etwas in Hinsicht der Grundsätzlichkeit für mich vergleichbar, dass man Descartes "Ich denke, also bin ich" als Ausgangspunkt zuordnet (wenn man Gott weglässt).
Und wenn ich über die Natur philosophiere? Ist dann der Mensch Ausgangspunkt oder die Natur?
Du bist es doch als Mensch, der philosophiert, nicht die Natur ;)
Aber wenn es ums Verstehen geht, meinen wir ja in der Regel das Verstehen des Menschen.
Yep, primär jedenfalls.
Das Aha-Erlebnis.
Hm, das ist für mich nicht so wichtig, aber ok.
Das Erstaunliche ist, dass wir meist sehr gut merken, ob wir etwas verstanden haben oder nicht. Woher kommt das?
Na ja, wir ordnen etwas ein und prüfen, ob es passt. Finden wir keinen Widerspruch, (be-)merken wir, dass es passt... zumindest so lange ggf., bis wir doch ein gedankliches Problem feststellen.



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ADS hat geschrieben : Das Erstaunliche ist, dass wir meist sehr gut merken, ob wir etwas verstanden haben oder nicht. Woher kommt das?
Burkart hat geschrieben : Na ja, wir ordnen etwas ein und prüfen, ob es passt. Finden wir keinen Widerspruch, (be-)merken wir, dass es passt... zumindest so lange ggf., bis wir doch ein gedankliches Problem feststellen.
Vieles was unser Existenz als Mensch betrifft, verstehen wir wohl von vornherein. Entsprechend einiger Versuche von Tomasello verstehen bereits 18 Monate alte Kinder sehr gut, ob jemand Hilfe benötigt. Dieses gegenseitige Verstehen, dass wir in unserem Handeln Ziele, die wir erreichen oder verfehlen können, verfolgen, scheint also zu einem gewissen Grad "eingebaut" zu sein.




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So 20. Nov 2022, 19:56

Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 12:04
Lucian Wing hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:50
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 11:43

Genau das ist ja auch hier meine Frage (oder sollte sie sein): Kann man Farbe verstehen oder macht das Verstehen in diesem Kontext keinen (großen?) Sinn? (Die Frage soll vor allem für sich stehen, nicht beantwortet werden (müssen).)
Wer in der Schule war, hat verstanden, dass die Sonne nicht aufgeht und es trotzdem jeden Morgen tut.
Ich muss praktisch nichts von Farben verstehen und kann trotzdem sagen, ob ein Auto rot oder grün ist. Ich könnte dagegen auch alles von Farben verstehen und trotzdem nicht sagen, ob das Auto rot oder grün ist.
Hm, und was willst du damit sagen? Dass tiefes Verstehen unabhängig von aktuellen Sinneseindrücken ist?
Wir waren eigentlich bei deiner Frage, wer über richtige und falsche Verwendung entscheidet. Und hier haben wir lauter richtige Verwendungen von Begriffen, obwohl man einmal alles und einmal nichts über Farben weiß und einmal alles oder auch nichts über die Rotationsbewegung der Erde weiß.

Was das bedeutet, darüber muss ich selbst mal gelegentlich meditieren.



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So 20. Nov 2022, 20:18

Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 12:59
Und wenn ich über die Natur philosophiere? Ist dann der Mensch Ausgangspunkt oder die Natur?
Du bist es doch als Mensch, der philosophiert, nicht die Natur ;)
Ja, aber deine Formulierung sagt etwas anderes.
Schreib doch besser einfach. Es ist der Mensch, der philosophiert. Oder sogar nur. Der Mensch philosophiert.
Und vom mehr wissenschaftlichen Standpunkt her gesehen, ist der Punkt nicht, dass der Mensch Ausgangspunkt ist, sondern dass der Mensch eine differenziertere Sprache hat als etwa Tiere.
Aber Tiere oder auch Außerirdische können ja auch philosophieren. Kurz: Was willst du damit sagen? Was hat es für einen Sinn, wenn man den Menschen einmal mehr in den Mittelpunkt rückt?
Ihn herausnimmt aus seinem Ökosystem und ihn isoliert? So frei nach dem Motto: Der Mensch ist das Maß aller Dinge?



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AufDerSonne hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 20:18
Burkart hat geschrieben :
So 20. Nov 2022, 12:59
Und wenn ich über die Natur philosophiere? Ist dann der Mensch Ausgangspunkt oder die Natur?
Du bist es doch als Mensch, der philosophiert, nicht die Natur ;)
Ja, aber deine Formulierung sagt etwas anderes.
Schreib doch besser einfach. Es ist der Mensch, der philosophiert. Oder sogar nur. Der Mensch philosophiert.
Und vom mehr wissenschaftlichen Standpunkt her gesehen, ist der Punkt nicht, dass der Mensch Ausgangspunkt ist, sondern dass der Mensch eine differenziertere Sprache hat als etwa Tiere.
Aber Tiere oder auch Außerirdische können ja auch philosophieren. Kurz: Was willst du damit sagen? Was hat es für einen Sinn, wenn man den Menschen einmal mehr in den Mittelpunkt rückt?
Ihn herausnimmt aus seinem Ökosystem und ihn isoliert? So frei nach dem Motto: Der Mensch ist das Maß aller Dinge?
Es geht mir bei meinem Satz nicht primär um den Menschen, sondern um die Philosophie die wir betreiben, und wo sie meiner Ansicht nach herkommt, nämlich von uns als die Philosophierenden.
Tiere und Außerirdische mögen ihre eigene Philosophie haben, aber ich habe bisher noch nicht von ihr gehört und vor allem auch keine Verbindung zu unserer menschlichen kennengelernt. Du?



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Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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