Was ist ein Gedanke?

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
Tishk
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Do 12. Jan 2023, 18:25

Ein Gedanke ist eine mentale Repräsentation einer Idee oder eines Konzepts. Es kann eine Vorstellung, eine Überlegung oder ein Gefühl sein, das im Gehirn entsteht und durch die Verarbeitung von Informationen und Erfahrungen beeinflusst wird. Gedanken können bewusst oder unbewusst sein und können verbal oder nonverbal sein.

Können sich Gedanken fortpflanzen und weiterentwickeln? Sie bestehen ja nicht aus Materie...oder?




Burkart
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Do 12. Jan 2023, 22:53

Tishk hat geschrieben :
Do 12. Jan 2023, 18:25
Ein Gedanke ist eine mentale Repräsentation einer Idee oder eines Konzepts. Es kann eine Vorstellung, eine Überlegung oder ein Gefühl sein, das im Gehirn entsteht und durch die Verarbeitung von Informationen und Erfahrungen beeinflusst wird. Gedanken können bewusst oder unbewusst sein und können verbal oder nonverbal sein.

Können sich Gedanken fortpflanzen und weiterentwickeln?
Sie bestehen ja nicht aus Materie...oder?
Nur methaporisch; Gedanken sind ja nichts Eigenständiges. Sie exististieren nur durch uns Denkende, z.B. uns Menschen; wir können Gedanken durch unser Denken natürlich weiterentwickeln.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Jörn Budesheim
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Tishk hat geschrieben :
Do 12. Jan 2023, 18:25
Ein Gedanke ist eine mentale Repräsentation einer Idee oder eines Konzepts.
Ich will kurz skizzieren, was meiner Ansicht nach wichtige Eigenschaften von Gedanken sind. Die kleine Liste ist sicher nicht vollständig, aber sie genügt vielleicht hin, um die Frage "Können sich Gedanken fortpflanzen und weiterentwickeln?" zu beantworten.

Abstrakte Struktur - Mit dem Satz, den ich aus deinem Text zitiert habe, ist ein Gedanke ausgedrückt. Man könnte auch versuchen, den gleichen Gedanken in anderen Worten auszudrücken: "A thought is a mental representation of an idea or concept." Wir haben es mit einer abstrakten Struktur zu tun, die auf verschiedene Weisen ausgedrückt werden kann.

Proposition - Wie sieht die allgemeine Struktur eines solchen Gedankens aus? Ein paar Aspekte: Der Gedanke, der mit dem fraglichen Satz ausgedrückt ist, hat einen Gegenstand, das heißt, er handelt von etwas, nämlich von "Gedanken" ("Ein Gedanke ist ..."). Über diesen Gegenstand wird etwas ausgesagt, nämlich, dass es sich bei ihm um "eine mentale Repräsentation einer Idee oder eines Konzepts" handelt. Ein weiterer Gedanke in deinem Text: "Gedanken bestehen nicht aus Materie." Auch hier die gleiche Struktur: Etwas [...bestehen nicht aus Materie] wird über etwas [Gedanken] ausgesagt.

Wahrheit/Tatsache - Gedanken kommen fürs "Wahr sein" infrage. Ein Beispiel: Der Gedanke [Gedanken bestehen nicht aus Materie] könnte wahr, falsch oder unbestimmt sein, bzw. nahezu wahr, nahezu falsch etc. Ein wahrer Gedanke ist dementsprechend eine Tatsache. Zum Beispiel: [Der Mond bewegt sich um die Erde].

"Teilbarkeit" - Wir können Gedanken miteinander teilen, so wie du es in diesem Faden gemacht hast. Ich kann diesen Gedanken [Gedanken bestehen nicht aus Materie] erfassen. Du hast diesen Gedanken mit mir geteilt. Ich kann nun abwägen, was für ihn und was gegen ihn spricht.

"Können sich Gedanken fortpflanzen und weiterentwickeln?" Daher lautet die Antwort auf diese Frage: ja. Wir können Gedanken erfassen, teilen, abwägen und damit können sie sich weiterentwickeln und fortpflanzen.




Körper
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Fr 13. Jan 2023, 09:52

Tishk hat geschrieben :
Do 12. Jan 2023, 18:25
Ein Gedanke ist eine mentale Repräsentation einer Idee oder eines Konzepts. Es kann eine Vorstellung, eine Überlegung oder ein Gefühl sein, das im Gehirn entsteht und durch die Verarbeitung von Informationen und Erfahrungen beeinflusst wird. Gedanken können bewusst oder unbewusst sein und können verbal oder nonverbal sein.
Vorsicht, wie "Burkart" richtig eingebracht hat, ist "ein Gedanke" nichts Eigenständiges.
Bereits umgangssprachlich kann man für "den Gedanken" auch "den Gedankengang" verwenden, wodurch man wegkommt von einem Objekt und mehr den Aktivitätscharakter des Menschen ins Spiel bringt.

Mit hoher Wahrscheinlich handelt es sich bei einem Gedankengang um Bewegungsplanung, d.h. wir setzen unsere Navigationsfähigkeiten ein und bewegen uns durch eine "Landschaft" aus Zusammenhangsmengen (den "Bedeutungen").

Die Frage "können sich Gedanken fortpflanzen und weiterentwickeln?" kann man damit ganz einfach überführen in "können wir eine bisherige Bewegungsplanung weiter verwenden und in eine neue Planung einfliessen lassen?".
Antwort: ja klar, es ist unerheblich, ob ich drei Mal beim Navigieren durch diese "Bedeutungslandschaft" eine Richtungsbeachtung durchführe oder 5 Mal, oder zuerst 3 Mal und von diesem "Punkt" aus noch weitere 5 Mal.
Man kann die Bewegungsplanung auch nochmal durchlaufen und diesmal ein neues "Detail" berücksichtigen, wodurch sich die "erste Planung" leicht abändert und man von dort aus fortsetzen kann usw. usf.

Eines sollte klar sein:
Wenn man bei "Gedanke" mit der "Verobjektisierung" übertreibt, dann verbaut man sich die Möglichkeit zum Verstehen.
Gerade deine Frage "Sie bestehen ja nicht aus Materie...oder?" deutet so eine Art "Existenzrichtung" an.
Da würde ich sagen, Gedanken-Objekt-Existenzbehauptungen sind eine reine Denkfalle.




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Lucian Wing
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Fr 13. Jan 2023, 11:24

Bevor man in irgendwelchen Verwaltungsbeamtensprech verfällt, sollte man sich vielleicht klar machen, dass bewusste Gedanken vor allem der Sprache als notwendiger Voraussetzung bedürfen. Von da an genügt es, ihre Funktionalität für den Eigen- und Fremdbezug herauszuarbeiten.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Timberlake
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Fr 13. Jan 2023, 11:31

Um an dieser Stelle einmal die nun folgenden "vier Grundregeln und die drei elementare Entwicklungsgesetze des des dialektischen Materialismus" unter zu bringen ..
wikipedia hat geschrieben :
Dialektischer Materialismus


Vier Grundregeln liegen der Theorie des dialektischen Materialismus zugrunde.

Das Universum muss als Ganzes angesehen werden.
Dieses Ganze besteht aus untereinander in Beziehung stehenden, voneinander abhängigen und sich in ständiger Bewegung befindenden Erscheinungsformen der Materie (objektiver Zusammenhang).
Diese Bewegung ist aufsteigend, vom Einfachen zum Komplexen fortschreitend und durchläuft dabei bestimmte Ebenen; jeder Ebene entsprechen bestimmte qualitative Veränderungen.
Die jeweilige Entwicklung einer bestimmten Ebene resultiert nicht aus einem harmonischen Fortschreiten, sondern entsteht durch den Konflikt und die Aktualisierung der jeweiligen, den entsprechenden Phänomenen innewohnenden Gegensätzlichkeiten, den „Grundwidersprüchen“.

Zu diesen Grundlagen kommen drei elementare Entwicklungsgesetze.

Das Gesetz von der Einheit und dem "Kampf" der Gegensätze: Triebkraft jeglicher Entwicklung ist der Widerspruch zwischen dualen Polen, der natürlichen und sozialen Prozessen grundsätzlich inhärent ist. Der "Kampf" besteht darin, dass die dualen Pole gegensätzlich gerichtete Tendenzen verursachen und sich nur dadurch verwirklichen können, dass sie eine neue Lösung hervorbringen. Die Marxsche Dialektik unterscheidet sich durch ihre materialistische Orientierung grundlegend von der antiken Widerspruchslehre, die im Widerspruch die Triebkraft der Erkenntnisentwicklung sieht: These und Antithese bilden einen Widerspruch, deren Lösung in der Synthese beider Behauptungen besteht.
Das Gesetz vom Umschlagen von einer Quantität in eine neue Qualität (Nach einer Kumulation quantitativer Veränderungen über längere Zeit kommt es zu einer sprunghaften qualitativen Veränderung.)
Das Gesetz von der Negation der Negation (Die Entwicklung auf eine höhere Ebene bewahrt die positiven Elemente der vorhergehenden. Sie negiert in ihrer Weiterentwicklung die vorhergehende Ebene also nicht als Ganzes.)
.. das Alles gilt natürlich für ein "Gedanken" - Universum . Auch dieses Universum muss beispielsweise als Ganzes angesehen werden. Wie übrigens sich auch das Gesetz von der Einheit und dem "Kampf" der Gegensätze , das Gesetz vom Umschlagen von einer Quantität in eine neue Qualität und das Gesetz von der Negation der Negation auf die Gedanken anwenden lässt.
Tishk hat geschrieben :
Do 12. Jan 2023, 18:25

Können sich Gedanken fortpflanzen und weiterentwickeln?
In diesem Sinne können sich Gedanken sehr wohl fortpflanzen und weiterentwickeln!




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Jörn Budesheim
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Fr 13. Jan 2023, 11:54

Lucian Wing hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 11:24
Bevor man in irgendwelchen Verwaltungsbeamtensprech verfällt, sollte man sich vielleicht klar machen, dass bewusste Gedanken vor allem der Sprache als notwendiger Voraussetzung bedürfen. Von da an genügt es, ihre Funktionalität für den Eigen- und Fremdbezug herauszuarbeiten.
Das würde bedeuten, dass Tiere, die (noch) keine Sprache haben, nicht denken. Das halte ich für abwegig. Im Gegenteil: Die Fähigkeit Gedanken zu erfassen, ist eine Voraussetzung, eine Sprache zu lernen und entwickelt sich dann mit dieser. Wer sprechen kann, kann komplexere Gedanken erfassen. Aber kein Wesen, das nicht ohnehin Gedanken erfassen kann, kann Sprechen lernen, weil ihm dann die Voraussetzung fehlt.




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Jörn Budesheim
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Fr 13. Jan 2023, 13:37

Tishk hat geschrieben :
Do 12. Jan 2023, 18:25
Ein Gedanke ist eine mentale Repräsentation einer Idee oder eines Konzepts.
Noch mal ein einfaches Beispiel für einen Gedanken, den ich gerade hatte: [Der Himmel ist wolkenverhangen].

Inwiefern repräsentiert dieser Gedanke eine Idee oder Konzept? Mir ist nicht ganz klar, was das überhaupt bedeutet. Ich würde stattdessen eher sagen, der Gedanke hat einen Inhalt, indem er vom Himmel handelt und etwas über diesen sagt. Der Gedanke wäre wahr, wenn der Himmel wirklich wolkenverhangen ist. Das stimmt von meinem Schreibtisch aus besehen nicht ganz, aber im Großen und Ganzen trifft es. Man könnte den Gedanken vielleicht weiterentwickeln, indem man nach passenderen Begriffen Ausschau hält. Dabei könnte ein Meteorologe behilflich sein, ggf. auch eine Dichterin.




Körper
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Fr 13. Jan 2023, 14:16

Lucian Wing hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 11:24
Bevor man in irgendwelchen Verwaltungsbeamtensprech verfällt, sollte man sich vielleicht klar machen, dass bewusste Gedanken vor allem der Sprache als notwendiger Voraussetzung bedürfen. Von da an genügt es, ihre Funktionalität für den Eigen- und Fremdbezug herauszuarbeiten.
Das ist eher eine Verdrehung der Reihenfolge.

Wenn man sich Sprache anschaut, dann besteht sie grundsätzlich aus Verlaufseinheiten (den "Sätzen"), die von vorne nach hinten durchlaufen werden.
=> Ohne das Verständnis "von A nach B" funktioniert Sprache nicht.
Sprache besteht (wenn man sie durch ein Training versteht) aus kleinen Bewegungsgeschichten.

Wer genau hinsieht, der entdeckt hierbei sogar diese ominöse Intentionalität, also das "sich auf Etwas beziehen", denn da ein Gedankengang letztlich eine Bewegung darstellt (Bewegungsplanung), gibt es immer einen Standpunkt, eine Ausrichtung, ein Ziel.
"Sich auf Etwas zu beziehen" ist nichts anderes, als "die Bewegung auf das Ziel im Verständnis zur Verfügung zu haben"
Damit ist genauso Subjektivität erfasst, weil "der die Bewegung Durchführende" (also der Wahrnehmende) auch in der Rechnung dabei ist.

Einen Gedankengang als Bewegungsplanung anzusehen, ist meiner Ansicht nach ein grosser Schritt nach vorne und so wie ich es sehe, wird dies von den Ergebnissen der Neurowissenschaft untermauert -> "Touchdown"




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Jörn Budesheim
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Fr 13. Jan 2023, 14:23

Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 14:16
Einen Gedankengang als Bewegungsplanung anzusehen, ist meiner Ansicht nach ein grosser Schritt nach vorne
Ein Beispiel für einen Gedanken: [Das Alterswerk Picassos übertrifft sein Jugendwerk]. Inwiefern ist das eine Bewegungsplanung?




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Fr 13. Jan 2023, 14:53

Ganz einfach:
"Das Alterswerk Picassos" sind Kunstwerke, die ich prinzipiell durch Bewegung über/entlang meines Fernsinnes "Sehen" erreichen kann
"Das Jugendwerk Picassos" analog.
"übertrifft" ist hierbei eine Steigerung bei der ich mich in Form einer Ausrichtung bewegen und positionieren muss/soll.

Ich verstehe diesen Picasso-Satz überhaupt nur dann, wenn ich die darin enthaltenen Bewegungsandeutungen nachvollziehe.

Würde ich den Satz nicht verstehen, dann weil ich keine Bewegungsplanung dazu aufbauen kann.

Würde ich den Satz falsch verstehen, dann hätte ich eine ungünstige Bewegungsplanung aufgebaut - sozusagen "abweichend" vom Kontext, in dem der Satz aufgestellt wurde.

Analog verhält es sich auch mit "Der Himmel ist wolkenverhangen" - wer will, kann sich mal daran versuchen. Es wird dann sehr schnell klar, wie wir "in Beziehung zu etwas" stehen können.




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Jörn Budesheim
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Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 14:53
Ich verstehe diesen Picasso-Satz überhaupt nur dann, wenn ich die darin enthaltenen Bewegungsandeutungen nachvollziehe.
Worin besteht die "Bewegungsandeutung" der Wertung, die der Gedanke ausdrückt? Warum sollte der Gedanke, dass das Alterswerk Picassos sein Jugendwerk übertrifft, nur verständlich sein, wenn ich eine Bewegungsandeutung nachvollziehe? Darüber hinaus war das ja auch nicht deine These. Sie lautete, man müsse einen Gedankengang als Bewegungsplanung ansehen. Aber der Gedanke, dass das Alterswerk Picassos sein Jugendwerk übertrifft, enthält keine Bewegungsplanung und lässt sich auch nicht als solche ansehen.




Timberlake
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Fr 13. Jan 2023, 15:13

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:01
Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 14:53
Ich verstehe diesen Picasso-Satz überhaupt nur dann, wenn ich die darin enthaltenen Bewegungsandeutungen nachvollziehe.
Worin besteht die "Bewegungsandeutung" der Wertung, die der Gedanke ausdrückt? Warum sollte der Gedanke, dass das Alterswerk Picassos sein Jugendwerk übertrifft, nur verständlich sein, wenn ich eine Bewegungsandeutung nachvollziehe? Darüber hinaus war das ja auch nicht deine These. Sie lautete, man müsse einen Gedankengang als Bewegungsplanung ansehen. Aber der Gedanke, dass das Alterswerk Picassos sein Jugendwerk übertrifft, enthält keine Bewegungsplanung und lässt sich auch nicht als solche ansehen.
.. um dazu noch mal auf den von mir hier erwähnten dialektischen Materialismus zurück zu kommen ..
wikipedia hat geschrieben :
Dialektischer Materialismus



Zu diesen Grundlagen kommen drei elementare Entwicklungsgesetze.

Das Gesetz von der Einheit und dem "Kampf" der Gegensätze: Triebkraft jeglicher Entwicklung ist der Widerspruch zwischen dualen Polen, der natürlichen und sozialen Prozessen grundsätzlich inhärent ist. Der "Kampf" besteht darin, dass die dualen Pole gegensätzlich gerichtete Tendenzen verursachen und sich nur dadurch verwirklichen können, dass sie eine neue Lösung hervorbringen. Die Marxsche Dialektik unterscheidet sich durch ihre materialistische Orientierung grundlegend von der antiken Widerspruchslehre, die im Widerspruch die Triebkraft der Erkenntnisentwicklung sieht: These und Antithese bilden einen Widerspruch, deren Lösung in der Synthese beider Behauptungen besteht.
Das Gesetz vom Umschlagen von einer Quantität in eine neue Qualität (Nach einer Kumulation quantitativer Veränderungen über längere Zeit kommt es zu einer sprunghaften qualitativen Veränderung.)
Das Gesetz von der Negation der Negation (Die Entwicklung auf eine höhere Ebene bewahrt die positiven Elemente der vorhergehenden. Sie negiert in ihrer Weiterentwicklung die vorhergehende Ebene also nicht als Ganzes.)
.. könnte sich .. "der Gedanke, dass das Alterswerk Picassos sein Jugendwerk übertrifft" .. nicht tatsächlich in diesen drei elementare Entwicklungsgesetzen wieder finden? Würde sich darin nicht tatsächlich eine "Bewegung andeuten" ? und zwar beispielsweise eine Bewegung , bei der das " höhere" Alterswerk Picassos , die positiven Elemente der vorhergehenden Werke bewahrt . Diese Weiterentwicklung also die vorhergehende Werke nicht als Ganzes negiert.
Zuletzt geändert von Timberlake am Fr 13. Jan 2023, 15:24, insgesamt 2-mal geändert.




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Fr 13. Jan 2023, 15:21

Das Wort "übertrifft" enthält es doch unmittelbar:
"über" ist eine vertikale Bewegungsentwicklung. Um das nachzuvollziehen, muss es für mich in irgendeiner Art "aufwärts" gehen. Ich muss das eine Kunstwerk über das andere heben.
Auch der Anteil "treffen" drückt eine zusammenkommende Bewegung aus, wobei ich dieser Zusammenkunft begegnen soll.

In all diesen Wörtern stecken kleine Anweisungen drin, über die ich meine Bewegung entwerfe.

Nichts davon führe ich beim Verstehen des Satzes über eine Bewegung des Körpers im Raum durch, aber es ist kein Rätsel, was ich machen müsste, denn das Verstehen liegt als erfolgreiche Planung vor.

Es ist auch vollkommen egal, wie abstrakt ein Begriff (bzw. Thema eines Gedankens) ist, immer muss ich es erreichen, denn ich kann ja auch etwas ganz anderes machen.




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Jörn Budesheim
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Fr 13. Jan 2023, 15:26

Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:21
Das Wort "übertrifft" enthält es doch unmittelbar:
"über" ist eine vertikale Bewegungsentwicklung.
Und wenn man den Gedanken nun so ausdrückt: Picassos Alterswerk ist besser als sein Jugendwerk? Wie kann man diesen Gedankengang als Bewegungsplanung ansehen?




Timberlake
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Fr 13. Jan 2023, 15:28

Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:21
Das Wort "übertrifft" enthält es doch unmittelbar:
"über" ist eine vertikale Bewegungsentwicklung. Um das nachzuvollziehen, muss es für mich in irgendeiner Art "aufwärts" gehen. Ich muss das eine Kunstwerk über das andere heben.
Auch der Anteil "treffen" drückt eine zusammenkommende Bewegung aus, wobei ich dieser Zusammenkunft begegnen soll.

In all diesen Wörtern stecken kleine Anweisungen drin, über die ich meine Bewegung entwerfe.

Schon mal drüber nachgedacht , unter welchen Umständen sich etwas gedanklich bewegt ?
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:26
Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:21
Das Wort "übertrifft" enthält es doch unmittelbar:
"über" ist eine vertikale Bewegungsentwicklung.
Und wenn man den Gedanken nun so ausdrückt: Picassos Alterswerk ist besser als sein Jugendwerk? Wie kann man diesen Gedankengang als Bewegungsplanung ansehen?
z.b. bei der Bewegung von Picassos Jugendwerk hin zu seinem Alterswerk? "Geplant" war diese Bewegung ganz sicher nicht.

Ab wann bewegt sich denn in der Physik etwas. Beispielsweise gemäß der Thermodynamik. ..
Wikipedia hat geschrieben :
Thermodynamik .. Bedeutung


Innerhalb der Naturwissenschaften hat die Thermodynamik große Bedeutung, da bei sämtlichen in der Natur ablaufenden Prozessen auch Energie beteiligt ist.

Dies schließt auch Lebewesen mit ein.

Zudem bietet sie einen tieferen Einblick in die Eigenschaften der Materie, was einerseits für das Verständnis physikalischer Eigenschaften oder Änderungen von Aggregatszuständen hilfreich ist und andererseits wichtig ist, um zu verstehen, welche chemischen Reaktionen ablaufen können und welche nicht. Innerhalb der Physik wird auch betont, dass die Thermodynamik verschiedene unabhängig entstandene Fachgebiete wie die klassische Mechanik oder die Quantenmechanik miteinander verbinden kann, was insbesondere über den universellen Begriff der Energie möglich wird
Zuletzt geändert von Timberlake am Fr 13. Jan 2023, 15:52, insgesamt 3-mal geändert.




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Fr 13. Jan 2023, 15:50

Das Wort "besser" ändert nichts an der Sachlage, denn es soll ja für mich (einen Wahrnehmenden) besser sein, also geht es um den Umgang, um das Durchlaufen des Kunstwerkes - man nennt das "das Hineinfinden in ein Kunstwerk".
Das muss man aber nicht auf Kunstwerk beschränken, denn es gilt in jeden Begriff hineinzufinden.
Das habe ich oben als "Navigieren" ausgedrückt.

Als selbstlernender Akteur hat ein Mensch zu allem, was er versteht, eine Szene durchlaufen, um es zu verstehen.
Eine Abstraktion besteht dann darin, diejenigen Anteile des Durchlaufens herauszuziehen, die für das neue Verständnis ausschlaggebend sind.

Wenn man dann denkt (also Gedankengänge durchführt), wendet man solche Anteile des Durchlaufens an und bewegt sich - zumindest in der Planung.




Timberlake
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Fr 13. Jan 2023, 16:01

Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:50
Das Wort "besser" ändert nichts an der Sachlage, denn es soll ja für mich (einen Wahrnehmenden) besser sein, also geht es um den Umgang, um das Durchlaufen des Kunstwerkes - man nennt das "das Hineinfinden in ein Kunstwerk".
Das muss man aber nicht auf Kunstwerk beschränken, denn es gilt in jeden Begriff hineinzufinden.
Das habe ich oben als "Navigieren" ausgedrückt.

Als selbstlernender Akteur hat ein Mensch zu allem, was er versteht, eine Szene durchlaufen, um es zu verstehen.
Eine Abstraktion besteht dann darin, diejenigen Anteile des Durchlaufens herauszuziehen, die für das neue Verständnis ausschlaggebend sind.

Wenn man dann denkt (also Gedankengänge durchführt), wendet man solche Anteile des Durchlaufens an und bewegt sich - zumindest in der Planung.
Ok .. spätestens mit diesem Beitrag sollte deutlich geworden sein , dass mein Bemühen , hier zum Thema Was ist ein Gedanke? den dialektischen Materialismus zu Sprache zu bringen , wohlgemerkt .. ich zitiere ..

.. eine philosophische Weltanschauung. Sie verwendet die Methode der Dialektik – des Denkens in Widersprüchen –, um die Welt auf materialistischer Grundlage zu erklären.

.. vergeblich ist. .. und Tschüss!




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Jörn Budesheim
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Fr 13. Jan 2023, 16:53

Körper hat geschrieben :
Fr 13. Jan 2023, 15:50
Das Wort "besser" ändert nichts an der Sachlage, denn es soll ja für mich (einen Wahrnehmenden) besser sein, also geht es um den Umgang, um das Durchlaufen des Kunstwerkes - man nennt das "das Hineinfinden in ein Kunstwerk".
Das muss man aber nicht auf Kunstwerk beschränken, denn es gilt in jeden Begriff hineinzufinden.
Das habe ich oben als "Navigieren" ausgedrückt.

Als selbstlernender Akteur hat ein Mensch zu allem, was er versteht, eine Szene durchlaufen, um es zu verstehen.
Eine Abstraktion besteht dann darin, diejenigen Anteile des Durchlaufens herauszuziehen, die für das neue Verständnis ausschlaggebend sind.

Wenn man dann denkt (also Gedankengänge durchführt), wendet man solche Anteile des Durchlaufens an und bewegt sich - zumindest in der Planung.
Dass Gedanken uns helfen können, uns in der Wirklichkeit zu orientieren - in den vielen Schattierungen des Begriffs "orientieren" - halte ich durchaus für sinnvoll. Daraus folgt meines Erachtens aber keineswegs, das Gedanken generell Bewegungsplanungen sind. Das ist eine Über-Generalisierung. Die Versuche, das aufrecht zu erhalten arbeiten durchgängig damit, dem Ausdruck der Bewegungsplanung unter der Hand die verschiedensten Bedeutung zuzuweisen. So dass der Begriff nach Belieben verändert werden kann.

Der Gedanke, dass das Alterswerk Picassos besser ist als sein Jugendwerk ist ziemlich offensichtlich keine Bewegungsplanung, sondern klarerweise ein Werturteil. Er wendet sich auch nicht an ein Individuum, um ihm zu helfen, in das Werk hineinzufinden, sondern es handelt sich dabei um ein allgemeines Urteil, dass entweder (näherungsweise) wahr, falsch oder unbestimmt ist. Es kann Orientierung in der Kunstgeschichte bieten, ist aber natürlich dennoch keine Bewegungsplanung.

Auch der Gedanke dass 7 + 5 = 12, ist keine Bewegungsplanung. Man könnte ihn zwar zur Bewegungsplanung nutzen, daraus folgt aber nicht, dass er generell eine Bewegungsplanung ist. Das sollte man nicht vermischen.




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Fr 13. Jan 2023, 17:02

Ein Gedankengang ist kein Gedanke. Das sollte man ebenso unterscheiden wie den Vorgang des Denkens von den Gedanken, die man damit erfassen kann. Denken ist ein aktiver individueller Akt, der Gedanke ist hingegen identisch mit seinem Gehalt, er ist das was im Denken erfasst wird. Gedanken kann man daher auch teilen, den Akt des Denkens hingegen kann man nur individuell durchlaufen.




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