Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mo 8. Mai 2023, 16:59
transfinitum hat geschrieben : ↑ Mo 8. Mai 2023, 00:17
Ich denke, das weiß jeder, der mit Kindern zu tun hat, wie leicht diese Dinge glauben und wie einfach es ist, diesen moralische Vorstellungen zu vermitteln.
Das kann ich so nicht bestätigen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben, den man ihnen auch nicht so leicht abtrainieren kann, vermute ich.
Auch dazu gibt es Studien: "Schon im Alter von drei Jahren verfügen Kinder über einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Forscher raten Eltern, dieses Empfinden weiter zu fördern – mit bestimmten Methoden in der Erziehung ..."
https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 54665.html
Man kann solche Forschungsergebnisse natürlich in Frage stellen, aber die Vorstellung, dass Kinder wie Wachs sind, so dass man sie moralisch beliebig formen kann, halte ich für abwegig.
Ich bestreite keineswegs, dass bestimmte Narrative, wie man heute sagt, das Weltbild von Kindern prägen können. Aber ich bestreite, dass unsere moralischen Intuitionen in toto daraus entstehen. Wenn man sagen will, dass unsere moralischen Intuitionen nichts anderes sind als das Ergebnis von Abrichtung oder Dressur, dann halte ich das für verfehlt. Also in etwa: Wir helfen nur, weil wir so konditioniert sind, das würde ich mit Blick auf Thomasello z.B. zurückweisen.
Die Tatsache ist nicht abwegig, dass man Kinder einfacher „beeinflussen“ kann als Erwachsene. Das Kind hat weniger Erfahrungswerte oder Wissen, um die Informationen abzuwägen oder einzuordnen, wie ein erwachsener Mensch. Es wäre eher abwegig, wenn ein Elternteil sein Kind nicht beeinflussen oder ihm bestimmte Werte vermitteln könnte, da das Kind komplett aufnahmeresistent ist.
In diesem Zusammenhang finde ich die Angabe zu Thomasello interessant, welche Quelle meinst Du hier genau?
Über den ausgeprägten Sinn von Gerechtigkeit bei Dreijährigen: Kann man dieses Verhalten auch als angeboren ansehen? Das würde dann den starken Intuitionismus als genuines, unabhängiges moralisches Erkenntnisvermögen begründen. Dies würde mich interessieren.
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Bedürfniserfüllung ist kein Gegenargument.
Nächstenliebe wird nicht zu Egoismus nur weil der Gebende gerne gibt und dieses Gefühl vielleicht sogar geniesst.
Hinzu kommt, dass es eben ein Unterschied ist, wohin sich das Bedürfnis richtet.
Jemand der andere ausbeutet oder ihnen anders Scahden zufügt um seine egenen Bedürfnisse zu erfüllen ist anders zu bewerten als Jemand der anderen hilft, weil ihm das (auch) selbst gut tut.
Und ich denke Beispiele dafür dass Menschen anderen helfen (Ihnen also Gutes tun) muss ich dir nicht wirklich liefern.
Wenn Du abstreitest dass es sowas gibt, ist jdie Fortführung des Gespräches sinnlos, weil Du dann nicht bereit bist Tatsachen zu akzeptieren..
Nein, das bestreite ich nicht. Ich hinterfrage die Intention und welche (Hilfs-) Rolle diese bei der Moralisierung spielt.
Die Zweckrationalität spielt hierbei eine Rolle, sie motiviert den Handelnden den eigenen Wunsch zu erfüllen und den subjektiven Erwartungswert zu maximieren. Die Frage, die für mich immer noch nicht klar ist, ist hierbei, ob dieser Wunsch (sei er egoistisch oder altruistisch) nun indoktriniert ist im Sinne einer Maximierung des Nutzens eines Gesamtkomplexes.
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
(btw: Woher kommt eigentlich die Metapher des "einsamen Wolfes"? Das ist doch biologisch falsch. Wölfe sind Rudeltiere.)
Bei meinen Überlegungen finde ich dies einen guten Punkt. Die „Grundgeselligkeit“ und das soziale Verhalten sind nicht nur beim Wolf genetisch veranlagt. Die Rolle des Clans spielt hierbei aber eine wichtige Rolle. Mitglieder des Clans werden geschützt und gepflegt und Außenstehende werden bekämpft. Hier spiegelt sich ebenso das Prinzip Krieg und Frieden wider. Das Prinzip des Kampfes, der Negativität bedingt seinen positiven Ausgleich. Das kann man eben auch auf die Moral sehen, wenn diese überfordert und zu streng gezogen wird, dann werden Psychopathen quasi notwendigerweise „geboren“.
Timberlake hat geschrieben :
Die Kultur muß alles aufbieten, um denAggressionstrieben der Menschen Schranken zu
setzen, ihre Äußerungen durch psychische Reaktionsbildungen niederzuhalten.
Ich denke auch, dass es Regeln bedarf, um das Zusammenleben zu regeln, aber das ist eben genau der Punkt, den Timberlake mit vielen Zitaten oder ich ansprachen, dass die reine Natur des Menschen nicht ausschließlich positiv gesinnt ist. Sonst würden wir doch gar keine Regeln benötigen.
Spannend finde ich nun auch Freuds These, Kultur als Ablenkung vom Agressionspotential einzusetzen.