Was sagt Nauplios deiner Meinung nach in seinem Auftaktbeitrag zum Thema? Mir fehlt etwas, das deutlich macht, warum diese Zitate ausgewählt wurden und was sie zum Thema sagen sollen. Du meinst, sie stünden im Einklang mit den Maximen von Grice, ich könnte mir vorstellen, dass Nauplios gehofft hat, sie stünden im Widerspruch zu diesen Maximen, und ich selbst sehe halt nicht, was damit gesagt werden soll.
Gesprächsmaximen nach Grice
- Jörn Budesheim
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Das mag durchaus so sein, Quk, und wäre es so, spräche nichts dagegen. Ich glaube nur, daß allgemeine "Maximen", nach denen sich die Teilnehmer eines philosophischen Gesprächs richten sollen - insbesondere die von Grice aufgestellten - etwas zur Regel erheben, das dem Philosophieren eine Engführung verordnet. Es handelt sich zwar dabei nicht um moralische Maximen, aber sie fordern dem Philosophen ja dennoch eine Haltung ab, die Rückkopplungseffekte auf die Philosophie selbst hat. Das ist nicht allein eine kommunikative Haltung dem Gesprächspartner gegenüber, sondern auch eine Haltung, die den Gesprächsgegenstand betrifft. Die Rückkopplung besteht darin, daß die Maximen, denen Grice Verbindlichkeit beimißt, eine selektive Sichtweise auf die Philosophie evozieren.
Diese Selektion ist schon in der ersten Gesprächsmaxime am Werk: "Informiert" ein philosophisches Gespräch? - "Informiert" Sokrates seine Gesprächspartner in den platonischen Dialogen? - Ich glaube, daß mit dieser Forderung nach dosierter Information ("so informativ wie nötig, aber nicht informativer, als er sein muss") ein Wesenszug des Philosophierens, seine "Nachdenklichkeit" (Blumenberg), verfehlt wird. In den platonischen Dialogen sind zum Beispiel die äußeren Umstände und Rahmenhandlungen, unter denen philosophische Gespräche zustandekommen, von durchaus philosophischer Bedeutung. Apollodoros hat etwas von Aristodemos gehört, der im Todesjahr des Alkibiades an einem Gespräch im Hause des Agathon teilgenommen hat, bei dem Sokrates von seiner Belehrung über den Eros durch Diotima berichtet. Solche Verschachtelungen sind ja keineswegs die Folgen einer unangemessenen Weitschweifigkeit. Und dann beginnt das Ganze mit verschiedenen Reden. Da sind Phaidros, Pausanias, der Arzt Eryximachos, Aristophanes ... , die aus jeweils anderen Perspektiven Lobreden auf den Eros halten usw.
Es gäbe dazu noch viel zu sagen, etwa über die Verwandtschaften von Philosophie und Rhetorik, Philosophie und Literatur, Philosophie und Kunst usw. Würden wir von einem Künstler die Maxime fordern: Fasse dich kurz! ?
Ich fasse mich kurz und sage: Grice' Gesprächsmaximen schenken den Reichtum der europäischen Philosophietradition her, ohne daß damit ein Darstellungsgewinn verbunden wäre, noch nicht mal ein Informationsgewinn. Die Gängelung durch solche Maximen hätte allenfalls eine Verkümmerung des philosophischen Gesprächs zur Folge.
Oh, ich hatte übersehen, dass es insgesamt fünf waren. Ich meinte die nachfolgenden vier nach dem ersten :-)Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 13. Mär 2024, 18:26Was sagt Nauplios deiner Meinung nach in seinem Auftaktbeitrag zum Thema? Mir fehlt etwas, das deutlich macht, warum diese Zitate ausgewählt wurden und was sie zum Thema sagen sollen. Du meinst, sie stünden im Einklang mit den Maximen von Grice, ich könnte mir vorstellen, dass Nauplios gehofft hat, sie stünden im Widerspruch zu diesen Maximen, und ich selbst sehe halt nicht, was damit gesagt werden soll.
Ja, deshalb plädiere ich für eine Unterscheidung zwischen Such-Gesprächen und Entscheidungs-Gesprächen. Beim Suchen soll man umherschweifen, sonst findet man ja nix. Wenn es aber um die Erläuterung einer Überzeugung geht, auch wenn die Überzeugung nur kurz dauert, so sollte die Erläuterung auf den Punkt kommen. Wenn die Erläuterung beginnt zu schweifen, löst sich mit dem Schweif auch der Punkt wieder auf und die Suche setzt sich fort. Im Seelen-Faden erschien ein Diskutant sehr überzeugt, aber er tanzte um den Brei anstatt seine Überzeugung darzulegen. Das ist in meinen Augen keine Philosophie und auch keine Suche; es ist eher esoterische Geheimniskrämerei, meine ich.Nauplios hat geschrieben : ↑Mi 13. Mär 2024, 20:22Das mag durchaus so sein, Quk, und wäre es so, spräche nichts dagegen. Ich glaube nur, daß allgemeine "Maximen", nach denen sich die Teilnehmer eines philosophischen Gesprächs richten sollen - insbesondere die von Grice aufgestellten - etwas zur Regel erheben, das dem Philosophieren eine Engführung verordnet.
Diese Gesprächsmaximen lassen sich gut auf mündliche Gesprächsrunden für viele Themen anwenden. Berühmt berüchtigte Besprechungen würden dann mal ein Ergebnis haben und wesentlich kürzer sein.
Vor allem wenn die Punkte 1, 4 und 5 eingehalten würden.
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Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
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(Sesamstraße)
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Vielleicht habe ich den Beitrag in die falsche Rubrik eingeordnet, möglicherweise hat das Verwirrung gestiftet, aber meines Erachtens geht es in den fünf Punkten um Gespräche schlechthin und nicht speziell um philosophische Argumentation oder philosophische Literatur. Ich habe oben schon erwähnt, dass ich diesen Text im Zusammenhang mit meiner kleinen Recherche zum Thema "Philosophie in der Schule" gefunden habe, und ich habe ihn einfach schnell irgendwo geparkt, weil ich ihn interessant fand. Ich kannte das bisher auch nur vom Hörensagen und habe mich ehrlich gesagt noch nie damit beschäftigt.
In gewisser Hinsicht kommen sie mir vor wie Regeln des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit. Geht es nicht bei allen um die Frage, was man den anderen im Gespräch schuldet?
Ja, dieses Umherschweifen, das ist eine genuin philosophische Denkbewegung, die sich etwa an beschreibenden und erzählenden Formaten beobachten läßt. Die Schutzmacht für das Umherschweifen ist die Konjektur, das Lob des Ungefähren. Erfährt einzig Bewiesenes Anerkennung, entzieht man dem Ungefähren die Legitimität. Als Geheimniskrämerei reißt es die Hürde der Wissenschaftlichkeit.
Ich gehe sogar noch einen Schritt über das Umherschweifen und Abschweifen hinaus. Philosophie zeigt sich auch als Ausschweifung, als zügelloses Gebaren, als Escort-Service des enthemmten Denkens. Der Philosoph ist ein Verführer, ein Gigolo auf dem Parkett denkwürdiger Lustbarkeiten, ein Eintänzer und Animateur im Hinterhof des Exakten, ein Koberer im Rotlichtviertel des Denkens. "Treten Sie ein, mein Herr! Lassen Sie Sich verzaubern von unseren Denkfiguren aus dem philosophischen Kuriositäten-Kabinett!" - Philosophie und Eros, diese Verbindung findet sich nicht nur im Symposion. Athen und Mantineia.
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Ich hab ein wenig recherchiert und bin jetzt hoffentlich etwas, aber noch nicht viel klüger :-)
Das Prinzip wird auch als Kooperationsprinzip bezeichnet, da ein Gespräch eine Form der Kooperation sein kann. Die Struktur orientiert sich an den Kategorien Kants: Quantität, Qualität, Relevanz/Relation und Modalität, kurz: Sei informativ, wahr, themenbezogen und verständlich. Quantität bedeutet, dass ein Beitrag so informativ wie nötig, aber nicht zu umfangreich sein soll. Qualität bedeutet, dass Beiträge wahr sein und auf ausreichender Begründung basieren sollten. Relevanz bedeutet, dass nur das gesagt werden soll, was eben relevant ist. Die Maxime der Angemessenheit empfiehlt Klarheit und die Vermeidung von Mehrdeutigkeiten und Unnötigem.
Das klingt zunächst abstrakt, scheint mir aber an Alltagsvorstellungen (oder Hoffnungen, sieh dazu Stefanie Bemerkung zu den Besprechungen) anzuknüpfen. Dass Gesprächspartner die für das Gespräch relevanten Dinge ansprechen (sollten), sich dabei an der Wahrheit orientieren und Gründe für ihre Sicht der Dinge haben (sollten), ist nicht sooo außergewöhnlich. Dass erwartet wird, sich verständlich auszudrücken, soll auch schon vorgekommen sein.
Damit sind "Abweichungen" von den "Maximen" (der Begriff erinnert auch an Kant) wohl teilweise eingepreist. Wer etwas sagt, von dem alle wissen, dass es offensichtlich falsch ist, hat vielleicht nur einen Witz gemacht oder sich ironisch geäußert (oder agiert nach der Methode Trump). Solche "Abweichungen" (wenn z.B. das Gemeinte vom Gesagten abweicht) sind zum großen Teil nur auf der Basis der Maximen verständlich.
Mich erinnert das vage an das sog. "Principle of Charity" (Davidson) bzw. den sog. "Vorgriff auf Vollkommenheit" (Gadamer), vielleicht suche ich dazu mal was raus, die Gemeinsamkeiten/Unterschiede könnten interessant sein.
Hier habe ich ein kurzes und sehr einfaches Video dazu gefunden. Wie gut es das Thema wiedergibt, kann ich leider noch nicht sagen, dazu weiß ich noch zu wenig darüber. Die Quelle "Lehrstuhl für Didaktik des Deutschen als Zweitsprache" klingt aber recht vertrauenswürdig, finde ich.
Das Prinzip wird auch als Kooperationsprinzip bezeichnet, da ein Gespräch eine Form der Kooperation sein kann. Die Struktur orientiert sich an den Kategorien Kants: Quantität, Qualität, Relevanz/Relation und Modalität, kurz: Sei informativ, wahr, themenbezogen und verständlich. Quantität bedeutet, dass ein Beitrag so informativ wie nötig, aber nicht zu umfangreich sein soll. Qualität bedeutet, dass Beiträge wahr sein und auf ausreichender Begründung basieren sollten. Relevanz bedeutet, dass nur das gesagt werden soll, was eben relevant ist. Die Maxime der Angemessenheit empfiehlt Klarheit und die Vermeidung von Mehrdeutigkeiten und Unnötigem.
Das klingt zunächst abstrakt, scheint mir aber an Alltagsvorstellungen (oder Hoffnungen, sieh dazu Stefanie Bemerkung zu den Besprechungen) anzuknüpfen. Dass Gesprächspartner die für das Gespräch relevanten Dinge ansprechen (sollten), sich dabei an der Wahrheit orientieren und Gründe für ihre Sicht der Dinge haben (sollten), ist nicht sooo außergewöhnlich. Dass erwartet wird, sich verständlich auszudrücken, soll auch schon vorgekommen sein.
Damit sind "Abweichungen" von den "Maximen" (der Begriff erinnert auch an Kant) wohl teilweise eingepreist. Wer etwas sagt, von dem alle wissen, dass es offensichtlich falsch ist, hat vielleicht nur einen Witz gemacht oder sich ironisch geäußert (oder agiert nach der Methode Trump). Solche "Abweichungen" (wenn z.B. das Gemeinte vom Gesagten abweicht) sind zum großen Teil nur auf der Basis der Maximen verständlich.
Mich erinnert das vage an das sog. "Principle of Charity" (Davidson) bzw. den sog. "Vorgriff auf Vollkommenheit" (Gadamer), vielleicht suche ich dazu mal was raus, die Gemeinsamkeiten/Unterschiede könnten interessant sein.
Hier habe ich ein kurzes und sehr einfaches Video dazu gefunden. Wie gut es das Thema wiedergibt, kann ich leider noch nicht sagen, dazu weiß ich noch zu wenig darüber. Die Quelle "Lehrstuhl für Didaktik des Deutschen als Zweitsprache" klingt aber recht vertrauenswürdig, finde ich.
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Doch, ich habe mich leider auch hier geirrt. Dieser Link ist ganz gut, wie mir scheint: https://hoerbehindert.ch/news/wissen/ma ... -4651.htmlJörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 13. Mär 2024, 15:19Wenn ich mich nicht (wieder) irre, beziehen sich diese Maximen nicht auf die Art und Weise, wie man Beiträge lesen/verstehen/aufnehmen/interpretieren sollte. Oder doch?
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Ich hab das Thema jetzt in einen Bereich gepackt, wo es besser passt :-)
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Guten MorgenJörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 11. Mär 2024, 08:02Gesprächsmaximen nach Grice
- Mache deinen Beitrag so informativ wie nötig, aber nicht informativer, als er sein muss.
- Behaupte nichts, wovon du glaubst, dass es falsch ist.
- Behaupte nichts, wofür du keine ausreichenden Anhaltspunkte hast.
- Sei klar, deutlich und themenbezogen
- Vermeide unnötige Weitschweifigkeit
Sorry, aber ich habe den Faden verloren. In welchem Zusammenhang brachtest du diese Gesprächsmaximen?
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Zwei Beiträge zuvor hab ich dazu etwas geschrieben.
Spoiler Alert: Es geht nicht um den Untergang des Abendlandes!
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Ich denke, die Gesprächsmaximen, die du nennst, machen Sinn in gewissen Situationen. Aber nicht allgemein. Zwischen Relevanz und Witz ist ein sehr grosser Spielraum. Relevanz zählt im Arbeitsleben, wo man nicht immer stundenlang diskutieren will oder kann. Man will ja auch noch etwas machen zwischendurch und nicht nur reden. Aber zum Beispiel für ein Privatgespräch zwischen Kollegen sind diese Maximen viel zu streng. Da ist man ein bisschen locker, auch schon mal weitschweifig oder Möglichkeiten betrachtend und nicht nur Facts. Auch hier wieder zwischen Arbeitsleben und Privatgespräch gibt es noch alles dazwischen.
Aber etwa Politiker sollten sich diese Maximen etwas zu Herzen nehmen. Und andere Berufsleute, bei denen das, was sie sagen, eine wichtige Rolle spielt.
Übrigens: Wieso darf man einen dummen Gedanken oft nicht sagen? Ich denke auch ein unrelevanter Gedanke hat Sinn, der nicht im Zusammenhang ist. Denn es hat einen Grund, das er gekommen ist. Das nur so nebenbei.
Aber etwa Politiker sollten sich diese Maximen etwas zu Herzen nehmen. Und andere Berufsleute, bei denen das, was sie sagen, eine wichtige Rolle spielt.
Übrigens: Wieso darf man einen dummen Gedanken oft nicht sagen? Ich denke auch ein unrelevanter Gedanke hat Sinn, der nicht im Zusammenhang ist. Denn es hat einen Grund, das er gekommen ist. Das nur so nebenbei.
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In einem Interview von Kathrin Glüer mit Donald Davidson macht dieser deutlich, dass das "Principle of Charity" (PoC) sowohl eine normative als auch eine transzendentale Dimension hat. Mit anderen Worten: Einerseits sollte man sich an ihm orientieren und "wohlwollend" interpretieren. Andererseits ist das PoC auch eine "Bedingung der Möglichkeit" des Verstehens, d.h. des Sprechens.
Ähnliches vermute ich für die "Maximen" von Grice. Bei der Orientierung an der Wahrheit ist das offensichtlich. Ähnliches sehe ich bei der "Informativität". Wenn sie fehlt oder zu gering ist, kann ein Gespräch nicht gut funktionieren. Ist sie zu hoch, gilt vermutlich das Gleiche, denn dann ist es schwierig, sich auf die Intention von Martha zu konzentrieren: "Was will sie eigentlich sagen?" Auch "unnötige Weitschweifigkeit" kann ein Gespräch erschweren, wir kennen das, wenn Karl ohne Punkt und Komma redet und man selbst nicht zu Wort kommt.
Ähnliches vermute ich für die "Maximen" von Grice. Bei der Orientierung an der Wahrheit ist das offensichtlich. Ähnliches sehe ich bei der "Informativität". Wenn sie fehlt oder zu gering ist, kann ein Gespräch nicht gut funktionieren. Ist sie zu hoch, gilt vermutlich das Gleiche, denn dann ist es schwierig, sich auf die Intention von Martha zu konzentrieren: "Was will sie eigentlich sagen?" Auch "unnötige Weitschweifigkeit" kann ein Gespräch erschweren, wir kennen das, wenn Karl ohne Punkt und Komma redet und man selbst nicht zu Wort kommt.
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Die Maximen wenden sich gar nicht Weitschweifigkeit. Es heißt: "Vermeide unnötige Weitschweifigkeit." Wenn man den Kolleg:innen vom Urlaub erzählen soll, kann auch Weitschweifigkeit angemessen sein. Ich finde in den "Maximen" auch nichts, was sich gegen Lockerheit wendet. Wo siehst du das? Und wo findest du etwas, was dagegen spricht, über Möglichkeiten zu sprechen? Ich sehe nichts.AufDerSonne hat geschrieben : ↑Do 14. Mär 2024, 10:49Da ist man ein bisschen locker, auch schon mal weitschweifig oder Möglichkeiten betrachtend und nicht nur Facts.
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Für die Kommunikationswissenschaften sind diese Gesprächsmaximen hervorragend geeignet. Können eine gute Grundlage für weitere Gedanken zur Kommunikation zwischen Menschen sein. Für den Alltag halte ich sie nicht für geeignet, denn sie sind kaum einzuhalten und werden auch nicht eingehalten in der Realität. Das ist mein Problem damit. Theorie und Praxis beissen sich hier zu fest. Deshalb habe ich auch gefragt, wozu diese Maximen jetzt gut sein sollen. Ich denke, in gewissen Situationen sind sie brauchbar, in anderen nicht.
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Ich habe ein Buch vom Junius Verlag über analytische Philosophen, da gibt es auch eine Abteilung über Grice, der habe ich folgenden Text entnommen:
Grice hat eine ausgefeilte Theorie der rationalen Verständigung entwickelt, die von dem Prinzip ausgeht, dass der Sprecher einer Äußerung kommunikative Absichten hat, die der Hörer aufgrund der Äußerung erkennen kann. Der Sprecher kann beispielsweise mittels einer sprachlichen Äußerung den Hörer in die Lage versetzen, die Überzeugung, dass p, zu erfassen, die der Sprecher ihm mitteilen möchte. Um erfolgreich zu kommunizieren, d.h. in diesem Fall, um zu erreichen, dass der Hörer genau die Überzeugung erfasst, die der Sprecher ihm mitteilen möchte, muss der Sprecher sich an eine Reihe von Gesprächsprinzipien halten. Das Grundprinzip ist das Kooperationsprinzip: Es verlangt von kooperativen Gesprächspartnern, so zu reden, wie es angesichts des Gesprächsverlaufs und des Gesprächszweckes angemessen ist. Dieses allgemeine Prinzip wird durch eine Vielfalt von Konversationsmaximen erläutert. Grice hat die Maximen analog zu Kants Kategorien in vier Gruppen aufgeteilt, die er wie Kant mit den Begriffen Quantität, Qualität, Relation und Modalität bezeichnet.
Quantität: Versuche deinen Beitrag informativ adäquat zu machen. a) Mache deinen Beitrag so informativ wie nötig. b) Mache deinen Beitrag nicht informativer als nötig.
Qualität: Versuche deinen Beitrag so zu machen, dass er wahr ist. a) Sage nichts, was du für falsch hältst. b) Sage nichts, wofür dir angemessene Gründe fehlen.
Relation: Sei relevant.
Modalität: Sei klar. a) Vermeide Dunkelheit des Ausdrucks. b) Vermeide Mehrdeutigkeit. c) Vermeide unnötige Weitschweifigkeit. d) Halte die Reihenfolge (der Ereignisse beim Bericht) ein...
Neu gegenüber dem, was ich heute morgen recherchiert habe, ist im Prinzip nur der Teil der "fettgedruckt" ist: "Um erfolgreich zu kommunizieren, d.h. in diesem Fall, um zu erreichen, dass der Hörer genau die Überzeugung erfasst, die der Sprecher ihm mitteilen möchte, muss der Sprecher sich an eine Reihe von Gesprächsprinzipien halten. Das Grundprinzip ist das Kooperationsprinzip." Ich habe stattdessen von den" Bedingungen der Möglichkeit" gesprochen, das ist natürlich nicht dasselbe, aber geht vielleicht in eine ähnliche Richtung.
Grice hat eine ausgefeilte Theorie der rationalen Verständigung entwickelt, die von dem Prinzip ausgeht, dass der Sprecher einer Äußerung kommunikative Absichten hat, die der Hörer aufgrund der Äußerung erkennen kann. Der Sprecher kann beispielsweise mittels einer sprachlichen Äußerung den Hörer in die Lage versetzen, die Überzeugung, dass p, zu erfassen, die der Sprecher ihm mitteilen möchte. Um erfolgreich zu kommunizieren, d.h. in diesem Fall, um zu erreichen, dass der Hörer genau die Überzeugung erfasst, die der Sprecher ihm mitteilen möchte, muss der Sprecher sich an eine Reihe von Gesprächsprinzipien halten. Das Grundprinzip ist das Kooperationsprinzip: Es verlangt von kooperativen Gesprächspartnern, so zu reden, wie es angesichts des Gesprächsverlaufs und des Gesprächszweckes angemessen ist. Dieses allgemeine Prinzip wird durch eine Vielfalt von Konversationsmaximen erläutert. Grice hat die Maximen analog zu Kants Kategorien in vier Gruppen aufgeteilt, die er wie Kant mit den Begriffen Quantität, Qualität, Relation und Modalität bezeichnet.
Quantität: Versuche deinen Beitrag informativ adäquat zu machen. a) Mache deinen Beitrag so informativ wie nötig. b) Mache deinen Beitrag nicht informativer als nötig.
Qualität: Versuche deinen Beitrag so zu machen, dass er wahr ist. a) Sage nichts, was du für falsch hältst. b) Sage nichts, wofür dir angemessene Gründe fehlen.
Relation: Sei relevant.
Modalität: Sei klar. a) Vermeide Dunkelheit des Ausdrucks. b) Vermeide Mehrdeutigkeit. c) Vermeide unnötige Weitschweifigkeit. d) Halte die Reihenfolge (der Ereignisse beim Bericht) ein...
Neu gegenüber dem, was ich heute morgen recherchiert habe, ist im Prinzip nur der Teil der "fettgedruckt" ist: "Um erfolgreich zu kommunizieren, d.h. in diesem Fall, um zu erreichen, dass der Hörer genau die Überzeugung erfasst, die der Sprecher ihm mitteilen möchte, muss der Sprecher sich an eine Reihe von Gesprächsprinzipien halten. Das Grundprinzip ist das Kooperationsprinzip." Ich habe stattdessen von den" Bedingungen der Möglichkeit" gesprochen, das ist natürlich nicht dasselbe, aber geht vielleicht in eine ähnliche Richtung.
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Gut, das ist deine Meinung. Meine Einschätzung ist genau umgekehrt. Das sind pi mal Daumen die Maximen, an die wir uns (in kommunikativen Erfolgsfällen) ohnehin halten.AufDerSonne hat geschrieben : ↑Do 14. Mär 2024, 19:02Für den Alltag halte ich sie nicht für geeignet, denn sie sind kaum einzuhalten und werden auch nicht eingehalten in der Realität.
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Wieso sollte der Hörer die Überzeugung erfassen, die der Sprecher mitteilen möchte? Vielleicht verstehe ich das falsch, aber in einer guten Kommunikation versuche ich neutral zu sein und nicht meine Zuhörer von etwas zu überzeugen. Das sind zwei ganz verschiedene Arten der Kommunikation mit verschiedenen Absichten.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 14. Mär 2024, 19:06"Um erfolgreich zu kommunizieren, d.h. in diesem Fall, um zu erreichen, dass der Hörer genau die Überzeugung erfasst, die der Sprecher ihm mitteilen möchte, muss der Sprecher sich an eine Reihe von Gesprächsprinzipien halten. Das Grundprinzip ist das Kooperationsprinzip."
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Ich bin halt nicht verbindlich beim Reden. Und ich habe Menschen, die versuchen verbindlich zu sein beim Reden, auch nicht so gerne.
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