Nauplios hat geschrieben : ↑ Mi 27. Mär 2024, 10:19
Du hast die Rhetorik erwähnt. Ja, das ist ein wichtiger Zusammenhang, der eigentlich erst mit Platon für das philosophische Denken augenfällig wird: die Bedingtheit des Dargestellten durch die Mittel der Darstellung. Man exemplifiziert das häufig anhand der städtisch geprägten Kultur der griechischen Antike und dem Gedanken der Polis. Der Rhetor muß sein Publikum unter den Bedingungen von Öffentlichkeit von seinem Anliegen überzeugen; dafür ist er auf sprachliche Überzeugungs- und Zustimmungsstrategien angewiesen usw. Rhetorik als Lehre von der wirkungsvollen Gestaltung öffentlicher Rede.
Als ich vor Jahren die Dialoge von Platon las, war die beissende Ablehnung und die Abschätzigkeit auffällig, mit der Schüler Platos und Aristoteles' der Rheotik begegneten. Sie wurde in diesen Kreisen wohl eher als Kunst zur Überredung oder Methode des wohlklingenden Referats gewertet , wobei der Vorwurf relativ offen im Raum stand, dass sie eher Blendwerk als Handwerk sei. Der Rhetor stand (und steht in Form des Politikers heute vielleicht mehr denn je) im Verdacht, Wahrheitssuche nur zu simulieren, ohne sich wirklich um sie zu bemühen. Sie ist aber mehr als nur eine Form des Rechthabenwollens.
Ich fand immer schon, dass wir der Rhetorik Unrecht tun, wenn wir sie als sprachliche Scharlatanerie abtun und sie auf die blosse Form des Anpruchs nach Wohlklang reduzieren. Sie leistet mehr, u.a.. das Unsagbare irgendwie sagbar oder das Unsichtbare sichtbar zu machen durch Gleichnisse, Metaphern, Hyperbeln usw. Ohne Rhetrorik würden wir das feine Geflecht der Wirklichkeit doch kaum mit der erforderlichen Zartheit und Vorsicht beschreiben können, wie wir es tun, wenn wir es in gehaltvolle (Sprach-)Bilder übersetzen. Sie kann ein Mittel zur Verdeutlichung des Vagen sein, das uns mit Bezug auf Wahrheit begleitet. Denn wir verstehen die Wahrheit nicht bloss als Bestätigung einer Hyoothese der From nach, sonderrn wir suchen doch auch Wahrhetrsinhalte, die nicht immer eindeutig einer binären Logik von wahr oder falsch folgen können, gerade was gesellschaftliche oder rmenschliche Belange betrifft. Das Thema könnte ein wohltuendes Kontrastprogramm sein zu all den Fragestellungen, die wir gerne um jeden Preis für die eine oder andere Seite glauben entscheiden zu müssem. Sozusagen als Anleitung zum Gleichgewicht zwischen Anspruch und Möglichkeit nach Wahrheit?