Was sind Begriffe - was ist Begriffs-Realismus?

Hier geht es einerseits um die Erörterung logischer Grundstrukturen in der Philosophie und andererseits um Sprachanalyse als philosophische Methode, Theorien der Referenz und Bedeutung, Sprechakttheorien u.ä.
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Jörn Budesheim
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Di 30. Apr 2024, 17:35

Consul hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 09:40
Für mich als Materialisten...
Dann bist du im Forum sicher in guter Gesellschaft. Das scheint hier im Moment die Mehrheitsposition zu sein, wenn ich mich nicht irre.

Aber ich selbst bin viel zu diesseitig und bodenständig, um an Materialismus zu glauben :) Gedanken sind für mich nichts Materielles, sie haben keine Ausdehnung, kein Gewicht oder dergleichen, sie haben vielmehr einen Inhalt, sie beziehen sich in der Regel auf etwas und können wahr oder falsch sein, oder lustig, poetisch oder ernst und was auch immer.




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Quk
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Di 30. Apr 2024, 20:13

Consul hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 09:40
Dass es unbewusste mentale Repräsentationen in Gestalt von Symbolen einer unbewussten "Sprache des Denkens" ("language of thought") gibt, bezweifle ich.
Dass Symbole nicht nur symbolisieren, sondern auch selbst "irgendetwas" sein müssen, das denke auch ich. Dennoch dienen sie als gedanklichen Hinweis. Ein weißes Kreuz auf rotem Hintergrund beispielsweise besteht aus realen Farben und Formen, dennoch ist dieses Symbol nicht die Schweiz per se, sondern nur ihre Abstraktion, oder?




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Quk
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Di 30. Apr 2024, 20:32

Wie nennt man in der Philosophie Leute, die alle Sachen nicht in geistige und materielle aufteilen, sondern sich eine größere Vielzahl vorstellen, vielleicht sogar jede Sache für sich bereits als eigene Kategorie vorstellen, womit sich die Kategorisierung überhaupt erübrigte, da die Unterscheidung der Sachen somit in den verschiedenen Sachen selbst bereits vorliegt? Zu diesen Leuten würde ich mich zählen.

Bekanntlich ist es schwer, die Mathematik klar als Erfindung oder klar als Entdeckung zu bezeichnen. Das halte ich schon als Anzeichen dafür, dass Sachen nicht klar teilbar sind. Meine Denkweise ist Geschmeidigkeit; es ist das Gegenteil von Kastensystemen. Die meisten unserer Probleme, seien es gesellschaftliche, physikalische, biologische, existenzielle etc, liegen meines Erachtens in dem konventionellen Zwang, Sachen zu verkasten, anstatt die Gemeinsamkeiten der Sachen zu verschmieren. In der Quantenphysik etwa ist diese geschmeidige Denkweise schönerweise eingezogen und hat damit einiges aufgehellt. Ich denke, das ist der bessere Weg.




Burkart
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Mi 1. Mai 2024, 00:29

Hallo Quk (u.a.),
gerade bei Begriffen ist es ein großes Problem, was sie für uns beeinhalten und was nicht oder auch nur indirekt, vielleicht sogar auch nur "ein bisschen" o.ä.
Insofern ist es ein großes Problem, ob bzw. inwiefern man etwas als (eher) rein geistig oder materiell ansieht. Letztlich denkt jeder Mensch darüber etwas anders (denkt in unterschiedlichlichen "geschmeidigen" Richtungen), was es z.T. schwierig macht; nicht zufällig gilt für mich: "Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.", hier bezogen auf die Welt der Begriffe.
Trotzdem oder gerade deshalb ist die Frage, ob man sich hinreichend auf die Kernbedeutung von Begriffen einigen kann.

Nehmen wir dein Beispiel der Mathematik. Was soll sie im Kern sein, was eher nicht? Kann man sich darauf irgendwie einigen, mit welchem Hintergrund ggf.?
Üblich gilt sie als Formalwissenschaft und weiter (aus Wikipieda): "heute wird sie üblicherweise als eine Wissenschaft beschrieben, die durch logische Definitionen selbstgeschaffene abstrakte Strukturen mittels der Logik auf ihre Eigenschaften und Muster untersucht."
Insofern sollte "Mathematik" möglichst wie mit jedem Begriff so klar wie irgend möglich sein, was man genau gemeint ist (und es notfalls, ggf. im Nachhinein, sonst klarstellen). ( (M)Ein Anhaltspunkt ist notfalls die klare Unterscheidung zwischen Menschen- bzw. Leben-unabhängigen Dingen (a la Physik) und menschlichen u.ä. (a la Geist) und ggf. spezifischen (menschlichen) Modellen, hier der Mathematik.)



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Consul
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Mi 1. Mai 2024, 01:17

Quk hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 20:13
Dass Symbole nicht nur symbolisieren, sondern auch selbst "irgendetwas" sein müssen, das denke auch ich. Dennoch dienen sie als gedanklichen Hinweis. Ein weißes Kreuz auf rotem Hintergrund beispielsweise besteht aus realen Farben und Formen, dennoch ist dieses Symbol nicht die Schweiz per se, sondern nur ihre Abstraktion, oder?
Es besteht eine Unterscheidung zwischen der Zeichengestalt als dem Bezeichnenden, dem Zeicheninhalt als der Bedeutung (oder dem Sinn) und dem Zeichengegenstand als dem Bezeichneten. Zeichengestalten haben selbstverständlich Eigenschaften, die sie unabhängig von ihrer Funktion als Zeichen besitzen.

Fußnote:
Die Wörter "Zeichen" und "Symbol" werden sehr oft synonym verwendet; aber der Semiotiker & Philosoph Charles Sanders Peirce (1839-1914) hat das nicht getan, weil er zwischen drei Hauptarten von Zeichen unterscheidet:

1. icons (iconic signs): Bildzeichen, bei denen eine Ähnlichkeit zwischen dem Bezeichnenden und dem Bezeichneten besteht—wie bei einer Fotografie.

2. indexes (indexical signs): Zeichen, bei denen einen ursächliche (physische) Verbindung zwischen dem Bezeichnenden und dem Bezeichneten besteht—wie bei einem Wetterhahn auf einem Dach, wo eine kausale Korrelation zwischen der Windrichtung und der Stellung des (die Windrichtung anzeigenden) Wetterhahnes besteht. Auch Krankheitssymptome zählen zu den Indizes (indexikalischen Zeichen).

3. symbols (symbolic signs): Zeichen, bei denen die Beziehung zwischen dem Bezeichnenden und dem Bezeichneten durch eine semantische Konvention hergestellt wird—wie bei den Wörtern natürlicher Sprachen. Hier besteht also keine Ähnlichkeit oder ursächliche Verbindung zwischen der Zeichengestalt und dem Zeichengegenstand.



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Consul
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Mi 1. Mai 2024, 02:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 17:35
Aber ich selbst bin viel zu diesseitig und bodenständig, um an Materialismus zu glauben :) Gedanken sind für mich nichts Materielles, sie haben keine Ausdehnung, kein Gewicht oder dergleichen, sie haben vielmehr einen Inhalt, sie beziehen sich in der Regel auf etwas und können wahr oder falsch sein, oder lustig, poetisch oder ernst und was auch immer.
Nichtpsychologische Gedanken (im Sinne Freges als propositions oder "Sätze an sich" [Bolzano]) existieren angeblich in Freges Drittem Reich, Poppers Welt 3 oder Platons Ideenhimmel. Wenn es ein solch abstrakt-immaterielles Paralleluniversum gäbe, dann wären seine Bewohner nicht mit den Sinnen wahrnehmbar, sondern nur mit dem "Auge des Geistes", einer übersinnlichen Vernunft- oder Verstandesanschauung (rationale/intellektuale Intuition).

Diese angebliche Erkenntniskraft, vermöge deren wir eine übersinnliche geistige Verbindung zu Platons Ideenhimmel herstellen können, ist für mich eine Zauberkraft, an die ich nicht glauben kann. Um in perzeptiven und kognitiven Kontakt mit einer außerraumzeitlichen und nichtstofflichen Nebenwelt treten zu können, die zudem in keinerlei ursächlicher Verbindung zu unserer raumzeitlichen Welt steht (1, wäre in der Tat Magie vonnöten.

(1: Abstrakte Entitäten haben weder aktive noch passive Kräfte, d.h. sie bewirken, beeinflussen selbst nichts und können auch nicht von anderen Dingen beeinflusst werden.)
"Uns allen nämlich wohnt ein geheimes, wunderbares Vermögen bei, uns aus dem Wechsel der Zeit in unser Innerstes, von allem, was von außenher hinzukam, entkleidetes Selbst zurückzuziehen und da unter der Form der Unwandelbarkeit das Ewige in uns anzuschauen. Diese Anschauung ist die innerste, eigenste Erfahrung, von welcher allein alles abhängt, was wir von einer übersinnlichen Welt wissen und glauben."

(Schelling von, Friedrich Wilhelm Joseph. Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kriticismus. 1795. In Sämmtliche Werke, Bd. 1, 283-341. Stuttgart: Cotta, 1856. S. 318)
Allein die Auffassung von Gedanken als abstrakten verdinglichten Satzbedeutungen oder von Begriffen als abstrakten verdinglichten Hauptwortbedeutungen, erscheint mir unverständlich.
"Propositions are also commonly treated as the meanings or, to use the more standard terminology, the semantic contents of sentences, and so are commonly taken to be central to semantics and the philosophy of language."

Propositions: https://plato.stanford.edu/entries/propositions/
Wenn Gedanken Satzbedeutungen sind, dann haben sie keine Inhalte, weil sie selbst Inhalte sind. In der englischen Fachliteratur bezieht sich "representational content" allerdings oft auf den Zeichengegenstand und nicht die Zeichenbedeutung. Ein Beispiel:
"‘Content’ is a useful shorthand for the objects, properties and conditions that a representation refers to or is about. So, the content of one of my thoughts about dinner is: each person needs 150g of pasta."

(Shea, Nicholas. Representation in Cognitive Science. Oxford: Oxford University Press, 2018. p. 6)



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Consul
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Mi 1. Mai 2024, 03:26

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 02:21
Allein die Auffassung von Gedanken als abstrakten verdinglichten Satzbedeutungen oder von Begriffen als abstrakten verdinglichten Hauptwortbedeutungen, erscheint mir unverständlich.
"An alternative conception of concepts takes concepts to be abstract objects of one type or another. The idea behind this view is that concepts are the meanings (or “contents”) of words and phrases as opposed to mental objects or mental states. This type of view has most prominently been associated with the view that concepts are Fregean senses."

Concepts: https://plato.stanford.edu/entries/concepts/
Wenn es Aussagen (fregesche Gedanken) und die Begriffe (fregesche Begriffswortsinne), woraus sie bestehen, wirklich gibt, dann existieren sie in Freges Drittem Reich entweder als unerschaffene Abstrakta oder als erschaffene Abstrakta (abstrakte Artefakte).
Im ersten Fall existieren sie zeitlos und völlig unabhängig vom Entstehen und Bestehen natürlicher Sprachen, was höchst unglaubhaft ist; denn wie könnte es Wort- oder Satzbedeutungen ohne entsprechende Wörter oder Sätze geben? (1
Im zweiten Fall stellt sich die Frage, wie konkrete Entitäten wie denkende und sprechende Lebewesen auf natürliche Weise abstrakte Entitäten erschaffen oder erzeugen können.

(1: Wörter und Sätze als abstrakte Worttypen und Satztypen existieren ebenfalls in Freges Drittem Reich, sodass sich erneut die Frage stellt, ob sie erschaffen oder unerschaffen sind—und falls sie erschaffen wurden, wie?)



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Jörn Budesheim
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Mi 1. Mai 2024, 08:00

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 02:21
Nichtpsychologische Gedanken (im Sinne Freges als propositions oder "Sätze an sich" [Bolzano]) existieren angeblich in Freges Drittem Reich, Poppers Welt 3 oder Platons Ideenhimmel. Wenn es ein solch abstrakt-immaterielles Paralleluniversum gäbe, dann wären seine Bewohner nicht mit den Sinnen wahrnehmbar, sondern nur mit dem "Auge des Geistes", einer übersinnlichen Vernunft- oder Verstandesanschauung (rationale/intellektuale Intuition).
Ich habe solche Diskussionen schon oft geführt, und fast immer kommt irgendwann der Hinweis auf den Ideenhimmel. Eine Art Kampfbegriff, den die Antirealisten anscheinend brauchen. Aber für mich ist das ein Pappkamerad. Die Methode funktioniert immer so, dass man dem anderen Begriffe unterjubelt, die man dann gegen ihn verwenden will, unabhängig davon, was wirklich gesagt wurde. Abstrakte Entitäten sind aber nicht in einem Himmel, was ich auch nicht geschrieben habe, sondern "nirgendwo", weil sie keine Dinge in Raum und Zeit sind. Der Materialist betrachtet die abstrakten Dinge eben wie die einzigen Dinge, die seine eigene Ontologie zuläßt, nämlich raumzeitliche Dinge, und fragt sich, wo sie sind oder wie sie erschaffen werden etc. Aber diese Frage stellt sich nur dem Materialisten, aufgrund seiner eingeschränkten Ontologie, die in der Regel nicht einmal begründet wird.

All diese Argumente setzen den Materialismus stets bereits als wahr und erwiesen voraus. Dass der Materialist abstrakte Entitäten nicht in seine Ontologie integrieren kann, ist aber kein Argument gegen abstrakte Entitäten, sondern ein Argument gegen die Materialismus.

Dann kommt der Hinweis auf den Ideenhimmel und so weiter. Stattdessen könnte sich der Materialist genauso fragen, ob seine eigene Ontologie mächtig genug ist.

Hierzu eine Bemerkung aus der Philosophie der Mathematik. In der Philosophie der Mathematik z.B. ist der Realismus eine sehr verbreitete Position. In einem Buch über die Philosophie der Mathematik von Jörg Neunhäuserer heißt es:

"In einer Befragung von 931 Philosophen durch PhilPapers ist der Platonismus in Bezug auf abstrakte Gegenstände die am häufigsten vertretene Position, und unter Mathematikern scheint der Platonismus noch wesentlich verbreiteter zu sein als unter Philosophen."

Was damit gemeint sein könnte, kann man den folgenden Zeilen entnehmen:

"[Ich, Jörg Neunhäuserer bin] Anhänger eines platonischen Realismus in der Ontologie der Mathematik, eines Rationalismus in der Erkenntnistheorie der Mathematik und einer wissenschaftstheoretischen Abgrenzung der Mathematik von den anderen Wissenschaften. Das heißt, dass [ich der Überzeugung bin], dass die Gegenstände der Mathematik unabhängig von mentalen Vorgängen und jenseits der physikalischen Raum-Zeit existieren, dass wir mathematische Erkenntnisse durch unmittelbare rationale Einsicht und logische Deduktion gewinnen und dass die Mathematik durch ihre methodische Praxis klar von allen anderen Wissenschaften unterschieden ist. Diese Position ist nicht originell, eher konservativ und in der Philosophie der Mathematik umstritten. Vielleicht ist [meine] Perspektive typisch für einen Mathematiker, der sich mit der Philosophie der Mathematik beschäftigt."

Mit anderen Worten: Zahlen sind gemäß dieser weit verbreiteten Position nicht im Kopf also nichts Psychologisches. Das denkt auch der deutsche Mathematiker Peter Scholze, der vor einiger Zeit mit der Fields-Medaille ausgezeichnet wurde: "Ich denke tatsächlich, dass die Zahlen unabhängig von uns sind."

Mathematische Erkenntnisse werden durch unmittelbare rationale Einsicht und logische Deduktion gewonnen, schreibt Neunhäuserer, das hat meines Erachtens nichts mysteriöses, es sei denn man ist Materialist.

Einer der entscheidenden Punkte ist hier die Frage der Geltung, für die der Materialist natürlich kein Platz haben kann, weil Geltung nichts Materielles ist. Gemäß Bettina Fröhlich vertritt der Physiker Roger Penrose (*1931) in seinem Werk "The Road to Reality" die These, dass es von großem Vorteil sei, in Anknüpfung an Platon mathematischen Strukturen eine eigene Realität zuzuschreiben. Durch die Annahme der »Objektivität der mathematischen Wahrheit« erhalte man einen »Maßstab, der weder von unseren individuellen Meinungen noch von unserer besonderen Kultur abhängt«.




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Quk
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Mi 1. Mai 2024, 16:37

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 01:17
Quk hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 20:13
Dass Symbole nicht nur symbolisieren, sondern auch selbst "irgendetwas" sein müssen, das denke auch ich. Dennoch dienen sie als gedanklichen Hinweis. Ein weißes Kreuz auf rotem Hintergrund beispielsweise besteht aus realen Farben und Formen, dennoch ist dieses Symbol nicht die Schweiz per se, sondern nur ihre Abstraktion, oder?
Es besteht eine Unterscheidung zwischen der Zeichengestalt als dem Bezeichnenden, dem Zeicheninhalt als der Bedeutung (oder dem Sinn) und dem Zeichengegenstand als dem Bezeichneten. Zeichengestalten haben selbstverständlich Eigenschaften, die sie unabhängig von ihrer Funktion als Zeichen besitzen.
Danke für die Bestätigung meiner rhetorisch fragend verpackten Behauptung, dass die Schweizer Fahne nicht die Schweiz selbst ist. Nun bleibt dennoch die Frage offen, wie Du Deinen im folgenden Zitat geäußerten Zweifel begründest:

Quk hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 20:13
Consul hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 09:40
Dass es unbewusste mentale Repräsentationen in Gestalt von Symbolen einer unbewussten "Sprache des Denkens" ("language of thought") gibt, bezweifle ich.
Dass Symbole nicht nur symbolisieren, sondern auch selbst "irgendetwas" sein müssen, das denke auch ich. Dennoch dienen sie als gedanklichen Hinweis. Ein weißes Kreuz auf rotem Hintergrund beispielsweise besteht aus realen Farben und Formen, dennoch ist dieses Symbol nicht die Schweiz per se, sondern nur ihre Abstraktion, oder?
In Deinem Satz kommen mehrere Begriffe vor, so dass mir nicht klar ist, welchen dieser Begriffe Dein Zweifel fokussiert:
unbewusst
mental
Repräsentationen
in Gestalt
Symbole
"Sprache des Denkens"


Was genau bezweifelst Du? Das würde ich gerne lernen.




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Consul
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Mi 1. Mai 2024, 21:41

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 08:00
Ich habe solche Diskussionen schon oft geführt, und fast immer kommt irgendwann der Hinweis auf den Ideenhimmel. Eine Art Kampfbegriff, den die Antirealisten anscheinend brauchen. Aber für mich ist das ein Pappkamerad. Die Methode funktioniert immer so, dass man dem anderen Begriffe unterjubelt, die man dann gegen ihn verwenden will, unabhängig davon, was wirklich gesagt wurde. Abstrakte Entitäten sind aber nicht in einem Himmel, was ich auch nicht geschrieben habe, sondern "nirgendwo", weil sie keine Dinge in Raum und Zeit sind.
Ja. Mir ist schon klar, dass die Rede von einem "Himmel" metaphorisch ist, und dass übernatürliche Welten von Abstrakta keine räumlichen sind. Abstrakta sind unausgedehnt und unverortet.

Fußnote:
David Lewis hat behauptet, abstrakte Mengen lokalisierter Dinge seien selbst lokalisiert. Wenn es sich um Mengen von mehr als zwei Dingen handelt, dann wären diese jedoch wie immanente Universalien auf mysteriöse Weise multilokalisiert.
"Sets are supposed to be abstract. But a set of located things does seem to have a location, though perhaps a divided location: it is where its members are. Thus, my unit set is right here, exactly where I am; the set of you and me is partly here where I am, partly yonder where you are; and so on."

(Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986. p. 83)
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 08:00
…Dann kommt der Hinweis auf den Ideenhimmel und so weiter. Stattdessen könnte sich der Materialist genauso fragen, ob seine eigene Ontologie mächtig genug ist.
Ich habe mir diese Frage gestellt, und meine Antwort lautet: Ja!
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 08:00
Hierzu eine Bemerkung aus der Philosophie der Mathematik. In der Philosophie der Mathematik z.B. ist der Realismus eine sehr verbreitete Position. In einem Buch über die Philosophie der Mathematik von Jörg Neunhäuserer heißt es:

"In einer Befragung von 931 Philosophen durch PhilPapers ist der Platonismus in Bezug auf abstrakte Gegenstände die am häufigsten vertretene Position, und unter Mathematikern scheint der Platonismus noch wesentlich verbreiteter zu sein als unter Philosophen."
In der PhilPapers-Umfrage unter Philosophen, die ich kenne, sind die Platonisten mit 38% in der Minderheit: https://survey2020.philpeople.org/survey/results/4818
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 08:00
Was damit gemeint sein könnte, kann man den folgenden Zeilen entnehmen:

Mit anderen Worten: Zahlen sind gemäß dieser weit verbreiteten Position nicht im Kopf also nichts Psychologisches. Das denkt auch der deutsche Mathematiker Peter Scholze, der vor einiger Zeit mit der Fields-Medaille ausgezeichnet wurde: "Ich denke tatsächlich, dass die Zahlen unabhängig von uns sind."
Auch Gödel, einer der drei größten Logiker aller Zeiten (neben Aristoteles und Frege), war logisch-mathematischer Platonist. Wenngleich Genies wie Gödel und Scholze daran glauben, denke ich nichtsdestotrotz, dass der mathematische Platonismus im Besonderen und der ontologische Platonismus im Allgemeinen falsch ist.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 08:00
Mathematische Erkenntnisse werden durch unmittelbare rationale Einsicht und logische Deduktion gewonnen, schreibt Neunhäuserer, das hat meines Erachtens nichts mysteriöses, es sei denn man ist Materialist.
Die Mathematik funktioniert in der Praxis auch dann wunderbar, wenn der mathematische Platonismus falsch ist und stattdessen der mathematische Fiktionalismus oder der mathematische Formalismus wahr ist. Die platonistische Epistemologie der Mathematik ist mysteriös und erinnert an mystische Gottesschau.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 08:00
Einer der entscheidenden Punkte ist hier die Frage der Geltung, für die der Materialist natürlich kein Platz haben kann, weil Geltung nichts Materielles ist. Gemäß Bettina Fröhlich vertritt der Physiker Roger Penrose (*1931) in seinem Werk "The Road to Reality" die These, dass es von großem Vorteil sei, in Anknüpfung an Platon mathematischen Strukturen eine eigene Realität zuzuschreiben. Durch die Annahme der »Objektivität der mathematischen Wahrheit« erhalte man einen »Maßstab, der weder von unseren individuellen Meinungen noch von unserer besonderen Kultur abhängt«.
Analog argumentieren Theologen, die sich in Sachen ethische Objektivität auf die Autorität eines transzendenten Gottes berufen.
Im Gegensatz zur Wahrheit ist Geltung eine Sache der sozialen Anerkennung, Abmachung oder Vereinbarung, womit Materialisten keine Probleme haben.



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Mi 1. Mai 2024, 21:49

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 21:41
In der PhilPapers-Umfrage unter Philosophen, die ich kenne, sind die Platonisten mit 38% in der Minderheit: https://survey2020.philpeople.org/survey/results/4818
Ich habe gerade bemerkt, dass von den 38% nicht alle überzeugte Platonisten sind, denn da steht:

"Accept or lean towards: Platonism = 38.38%"

Wenn man "accept" und "lean towards" trennt, dann sieht es so aus:

"Accept: Platonism = 15.68%
Lean towards: Platonism = 22.70%"



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Jörn Budesheim
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Mi 1. Mai 2024, 21:53

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 21:41
die Autorität eines transzendenten Gottes
Genau das Gegenteil ist der Fall. Mit Gott lässt sich keine Ethik begründen. Das scheitert an einem altbekannten Argument: Sind ethische Normen richtig, weil Gott sie gegeben hat? Oder hat Gott sie gegeben, weil sie richtig sind? Im ersten Fall ist Gott einfach ein Tyrann, und im zweiten Fall braucht man ihn nicht, weil die ethischen Normen auch ohne Gott gültig sind.

Mit Gott, wie vorher mit dem Himmel, kommen die Materialisten immer, und das auch noch bei einer der entscheidenden Fragen, nämlich der Geltung. Der Grund ist, dass sie selbst eine Religion sind und fordern, dass man keinen Gott neben ihrer Religion haben darf.




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Mi 1. Mai 2024, 23:52

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 21:53
Mit Gott, wie vorher mit dem Himmel, kommen die Materialisten immer, und das auch noch bei einer der entscheidenden Fragen, nämlich der Geltung. Der Grund ist, dass sie selbst eine Religion sind und fordern, dass man keinen Gott neben ihrer Religion haben darf.
Ich gehöre keiner Religion an, auch keiner "Religion des Materialismus".
Du darfst natürlich Nichtmaterialist sein, aber dürfen heißt nicht sollen.



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Do 2. Mai 2024, 00:02

Quk hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 16:37
…Nun bleibt dennoch die Frage offen, wie Du Deinen im folgenden Zitat geäußerten Zweifel begründest:
Quk hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 20:13
Consul hat geschrieben :
Di 30. Apr 2024, 09:40
Dass es unbewusste mentale Repräsentationen in Gestalt von Symbolen einer unbewussten "Sprache des Denkens" ("language of thought") gibt, bezweifle ich.
In Deinem Satz kommen mehrere Begriffe vor, so dass mir nicht klar ist, welchen dieser Begriffe Dein Zweifel fokussiert:
unbewusst
mental
Repräsentationen
in Gestalt
Symbole
"Sprache des Denkens"


Was genau bezweifelst Du? Das würde ich gerne lernen.
Das habe ich doch ziemlich klar ausgedrückt. Kurzum: Ich bezweifle die Existenz unbewusster geistiger Zeichen und Zeichenvorgänge, die nicht mit unbewussten nervlichen Informationsvorgängen identisch sind. Das heißt, wenn die unbewusste Sprache des Geistes ("Psychosprache") nicht dasselbe ist wie die unbewusste Sprache des Gehirns ("Neurosprache"), dann glaube ich nicht an ihre Existenz.



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Do 2. Mai 2024, 07:21

Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 23:52
Ich gehöre keiner Religion an, auch keiner "Religion des Materialismus".
Ich auch nicht, das hab ich weiter oben schon erläutert. Ich akzeptiere, nur die Vielfalt der Wirklichkeit.




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Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 21:41
In der PhilPapers-Umfrage unter Philosophen, die ich kenne, sind die Platonisten mit 38% in der Minderheit: https://survey2020.philpeople.org/survey/results/4818
Meine Quelle ist: Jörg Neunhäuserer, Einführung in die Philosophie der Mathematik, 2. Aufl. 2021, Seite 35

"Eine große Mehrheit der Mathematiker ist davon überzeugt, dass die Gegenstände, mit denen sie sich beschäftigen, unabhängig von mentaler Aktivität existieren und abstrakt sind. ... Wir gehen davon aus, dass eine Umfrage unter Mathematikern in akademischer Forschung und Lehre aufzeigen würde, dass [diese Behauptung] tatsächlich wahr ist. Unsere Gründe für diese Überzeugung sind vielfältig. Erstens ist in der Literatur oftmals zu lesen, dass der Platonismus die Standardposition der Mathematiker sei, und eine nicht repräsentative Umfrage unter Mathematikern in unserem Bekanntenkreis bestätigt dies. In einer Befragung von 931 Philosophen durch PhilPapers ist der Platonismus in Bezug auf abstrakte Gegenstände die am häufigsten vertretene Position, und unter Mathematikern scheint der Platonismus noch wesentlich verbreiteter zu sein als unter Philosophen. Zuletzt möchten wir noch darauf hinweisen, dass Paul Erdös (1913-1996), einer der einflussreichsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts, platonische Ansichten vertrat."

Philosophische Fragen kann man natürlich nicht durch Umfragen entscheiden. Das behauptet Neunhäuserer auch nicht. Nichtsdestotrotz haben sie einen gewissen Wert. Sie zeigen, dass die fragliche Position für Experten eine gewisse Plausibilität zu haben scheint. Damit sind Versuche, bei der Position handele es sich bloß um Hokuspokus (Ideenhimmel/Gottgläubigkeit) infrage gestellt. Ich finde, solche Umfragen zeigen, dass der Platonismus eine Postion ist, die ernsthaft diskutiert werden sollte und nicht so:
Jörn Budesheim hat geschrieben : Einer der entscheidenden Punkte ist hier die Frage der Geltung, für die der Materialist natürlich kein Platz haben kann, weil Geltung nichts Materielles ist. Gemäß Bettina Fröhlich vertritt der Physiker Roger Penrose (*1931) in seinem Werk "The Road to Reality" die These, dass es von großem Vorteil sei, in Anknüpfung an Platon mathematischen Strukturen eine eigene Realität zuzuschreiben. Durch die Annahme der »Objektivität der mathematischen Wahrheit« erhalte man einen »Maßstab, der weder von unseren individuellen Meinungen noch von unserer besonderen Kultur abhängt«.
Consul hat geschrieben : Analog argumentieren Theologen, die sich in Sachen ethische Objektivität auf die Autorität eines transzendenten Gottes berufen.
Im Gegensatz zur Wahrheit ist Geltung eine Sache der sozialen Anerkennung, Abmachung oder Vereinbarung, womit Materialisten keine Probleme haben.
Wie kann es also eigentlich wahre Aussagen in der Mathematik geben, wenn die Gegenstände der Mathematik gar nicht existieren? Wahrheit und Geltung können natürlich keine "Sache der sozialen Anerkennung, Abmachung oder Vereinbarung" (oder Umfragen) sein. Hier sticht meines Erachtens das gleiche Argument, was gegen die Begründung der Ethik durch Gott sticht. Wurde X vereinbart, weil X wahr ist? Oder ist X wahr, weil es vereinbart wurde. Im ersten Fall kann man Vereinbarung ersatzlos streichen. Im zweiten Fall könnte man schließlich vereinbaren, was einem gerade passt.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Mai 2024, 08:13
Consul hat geschrieben :
Mi 1. Mai 2024, 21:41
In der PhilPapers-Umfrage unter Philosophen, die ich kenne, sind die Platonisten mit 38% in der Minderheit: https://survey2020.philpeople.org/survey/results/4818
Meine Quelle ist: Jörg Neunhäuserer, Einführung in die Philosophie der Mathematik, 2. Aufl. 2021, Seite 35

"Eine große Mehrheit der Mathematiker ist davon überzeugt, dass die Gegenstände, mit denen sie sich beschäftigen, unabhängig von mentaler Aktivität existieren und abstrakt sind. ... Wir gehen davon aus, dass eine Umfrage unter Mathematikern in akademischer Forschung und Lehre aufzeigen würde, dass [diese Behauptung] tatsächlich wahr ist. Unsere Gründe für diese Überzeugung sind vielfältig. Erstens ist in der Literatur oftmals zu lesen, dass der Platonismus die Standardposition der Mathematiker sei, und eine nicht repräsentative Umfrage unter Mathematikern in unserem Bekanntenkreis bestätigt dies. In einer Befragung von 931 Philosophen durch PhilPapers ist der Platonismus in Bezug auf abstrakte Gegenstände die am häufigsten vertretene Position, und unter Mathematikern scheint der Platonismus noch wesentlich verbreiteter zu sein als unter Philosophen. Zuletzt möchten wir noch darauf hinweisen, dass Paul Erdös (1913-1996), einer der einflussreichsten Mathematiker des 20. Jahrhunderts, platonische Ansichten vertrat."
Neunhäuserer bezieht sich nicht auf die von mir erwähnte Umfrage von 2020, sondern auf die Vorgängerumfrage von 2009:

https://philpapers.org/surveys/

Zitat daraus:
Abstract objects: Platonism or nominalism?
Accept or lean toward: Platonism 366 / 931 (39.3%)
Accept or lean toward: nominalism 351 / 931 (37.7%)
Other 214 / 931 (23.0%)
———
Abstract objects: Platonism or nominalism?
Lean toward: nominalism 210 / 931 (22.6%)
Accept: Platonism 184 / 931 (19.8%)
Lean toward: Platonism 182 / 931 (19.5%)
Accept: nominalism 141 / 931 (15.1%)
Im Vergleich mit der Anzahl der überzeugten Nominalisten oder zum Nominalismus Neigenden ist die Anzahl der überzeugten Platonisten oder zum Platonismus Neigenden zwar etwas größer, aber im Vergleich mit allen Befragten sind die überzeugten Platonisten plus die zum Platonismus Neigenden mit 39,3% in der Minderheit, zumal nur 19,8% aller Befragten überzeugte Platonisten sind.
Neunhäuserers Aussage suggeriert dagegen fälschlicherweise, dass >50% aller befragten Philosophen überzeugte Platonisten sind.



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Consul
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Fr 3. Mai 2024, 06:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Mai 2024, 08:13
Wie kann es also eigentlich wahre Aussagen in der Mathematik geben, wenn die Gegenstände der Mathematik gar nicht existieren?
Das wäre ein Thema für einen eigenen Diskussionsstrang. Wenn es wahre mathematische Aussagen gibt, dann werden sie jedenfalls nicht von aus abstrakten mathematischen Objekten bestehenden Fakten wahr gemacht.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 2. Mai 2024, 08:13
Wahrheit und Geltung können natürlich keine "Sache der sozialen Anerkennung, Abmachung oder Vereinbarung" (oder Umfragen) sein. Hier sticht meines Erachtens das gleiche Argument, was gegen die Begründung der Ethik durch Gott sticht. Wurde X vereinbart, weil X wahr ist? Oder ist X wahr, weil es vereinbart wurde. Im ersten Fall kann man Vereinbarung ersatzlos streichen. Im zweiten Fall könnte man schließlich vereinbaren, was einem gerade passt.
Wahrheit ist nicht dasselbe wie Geltung/Gültigkeit. Ich vertrete keine Konventions-, Kontrakts- oder Konsenstheorie der Wahrheit.



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Quk
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Fr 3. Mai 2024, 08:48

Mal eine Frage aus dem praktischen Leben:

In der Psychosomatik heißt es, dass geistige Zustände Einfluss haben können auf körperliche Zustände; das heißt, die Psyche kann sowohl körperliche Krankheiten als auch körperliche Heilungsprozesse beschleunigen oder bremsen. Was halten Materialisten von solchen Thesen?

Glauben Materialisten, dass auch in solchen empirisch überprüfbaren (nichtphilosophischen) Fachgebieten nur der Körper den Geist beeinflussen kann und nicht umgekehrt?

Mit der umkehrten Richtung bechäftigt sich die Somatopsychologie; sie untersucht den Einfluss des Körpers auf die Psyche. Diese Richtung ist, wenn überhaupt, wohl wieder die einzige, die Materialisten zulassen, schätze ich.

Ich frage mich, wozu es überhaupt Geist gibt, wenn das Ganze immer nur eine Einbahnstraße sei, wodurch der Körper zum Geist spreche, aber nie umgekehrt der Geist zum Körper. Die Evolution hat den Geist wohl völlig umsonst ins Leben gemischt.




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Consul
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Fr 3. Mai 2024, 09:12

Quk hat geschrieben :
Fr 3. Mai 2024, 08:48
Mal eine Frage aus dem praktischen Leben:
In der Psychosomatik heißt es, dass geistige Zustände Einfluss haben können auf körperliche Zustände; das heißt, die Psyche kann sowohl körperliche Krankheiten als auch körperliche Heilungsprozesse beschleunigen oder bremsen. Was halten Materialisten von solchen Thesen?
Glauben Materialisten, dass auch in solchen empirisch überprüfbaren (nichtphilosophischen) Fachgebieten nur der Körper den Geist beeinflussen kann und nicht umgekehrt?
Aus der Sicht des reduktiven Materialismus ist Psychosomatik eigentlich Neurosomatik, d.h. es geht um Wechselwirkungen zwischen dem Nervensystem (insbesondere dem zentralen) und dem Rest des Körpers.



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