Panpsychismus

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Consul
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So 7. Jul 2024, 02:01

Timberlake hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:43
Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:17
Ich habe verstanden, was Chalmers unter "Panprotopsychismus" versteht; aber ich bin damit nicht einverstanden, weil ich den Panprotopsychismus für eine irreführende Mogelpackung halte. Die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften sind ja nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften, sodass von einer Version des Panpsychismus keine Rede sein kann. Der Panprotopsychismus ist keine "schwache" Art von Panpsychismus, sondern gar keine!
Wo war denn in meinen Beiträgen zum Panpsychismus, " schwacher" Art , von nichtpsychischen Eigenschaften die Rede?
Wenn du unter "einer schwächeren Version des Panpsychismus" nicht den Panprotopsychismus verstehst, was dann?
"[P]rotophenomenal properties are special properties that are not phenomenal…"
———
"Protophänomenale Eigenschaften sind besondere Eigenschaften, die nicht phänomenal sind."
[© meine Übers.]

(Chalmers, David J. "Panpsychism and Panprotopsychism." In Panpsychism: Contemporary Perspectives, edited by Godehard Brüntrup and Ludwig Jaskolla, 19-47. New York: Oxford University Press, 2017. p. 31)
Wenn es nichtphänomenale psychische Eigenschaften gibt, dann könnte man protophänomenale Eigenschaften zu den psychischen Eigenschaften zählen; aber soweit ich sehen kann, tut Chalmers dies nicht. Protophänomenale Eigenschaften sind für ihn als nichtphänomenale Eigenschaften auch nichtpsychische (nichtmentale) Eigenschaften.
Timberlake hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:43
philosophie-wissenschaft-kontroversen.de hat geschrieben :
David Chalmers über Intrinsisches – Lexikon der Argumente

Def Pan(proto)psychismus: These: Diese intrinsische Natur der Dinge und Eigenschaften ist mental. Bsp Was wir gleichsam von außen als Ladung –1 kennen, entpuppt sich von innen als Schmerz.
. mentales ist doch wohl noch psychische Eigenschaft?
Ja, "mental" = "psychisch"; aber protophänomenale Eigenschaften gelten weder als phänomenale noch als sonstige mentale/psychische Eigenschaften.

Sogenannte "Russell'sche Pan(proto)psychisten" behaupten, dass physikalische Grundeigenschaften wie elektrische Ladung rein dispositioneller Natur sind, und dass deren kategorische Basen in (proto)phänomenalen oder (proto)psychischen Grundeigenschaften bestehen. Das setzt allerdings eine bestimmte ontologische Auffassung des Verhältnisses von dispositionellen und kategorischen Eigenschaften voraus, die näher diskutiert werden müsste.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

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Consul
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So 7. Jul 2024, 02:17

LEKTÜRETIPP: Es gibt ein englischsprachiges Buch von Hedda Hassel Mørch mit dem Titel Non-physicalist Theories of Consciousness, das auf einer offiziellen Verlagsseite (eine begrenzte Zeit lang) online gelesen und auch kostenlos heruntergeladen werden kann: https://www.cambridge.org/core/elements ... 80C7E15DDB



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Jörn Budesheim
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So 7. Jul 2024, 08:58

Off Topic: wie kommt es eigentlich, dass du anscheinend einen gewissen Faible für englischsprachige Bücher hast?




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So 7. Jul 2024, 20:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 08:58
Off Topic: wie kommt es eigentlich, dass du anscheinend einen gewissen Faible für englischsprachige Bücher hast?
Mein Vater ist Englischlehrer (a. D.), ich habe selbst Englisch studiert, und die guten und wichtigen Bücher (oder Aufsätze) in der zeitgenössischen Philosophie erscheinen fast alle auf Englisch und werden leider nur selten ins Deutsche übersetzt. Nehmen wir David Chalmers' Buch The Conscious Mind (1996) als Beispiel, das längst als moderner Klassiker der Philosophie des Geistes gilt. Es gibt unglaublicherweise immer noch keine deutsche Übersetzung davon.



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Jörn Budesheim
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So 7. Jul 2024, 20:45

Spannend. Aber dafür würde mein Englisch nicht reichen :(




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Consul
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So 7. Jul 2024, 21:05

Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 20:42
Nehmen wir David Chalmers' Buch The Conscious Mind (1996) als Beispiel, das längst als moderner Klassiker der Philosophie des Geistes gilt. Es gibt unglaublicherweise immer noch keine deutsche Übersetzung davon.
Immerhin ist sein letztes Buch Reality+: Virtual Worlds and the Problems of Philosophy (2022) nun auch auf Deutsch erhältlich.



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Körper
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Mo 8. Jul 2024, 09:43

Consul hat geschrieben :
Sa 6. Jul 2024, 22:46
Dass du deine Bewusstseinsvorgänge introspektiv nicht als Nervenvorgänge wahrnimmst und nicht mit neurologischen Begriffen beschreibst, bedeutet nicht, dass sie keine Nervenvorgänge sind.
Sorry, ich sehe keine Chance für eine ontologische Identitätsbehauptung.
(wie gesagt, ich gebe insgesamt der ontologischen Erfassung keine Chance)

Dass der Mensch in seinem Nervensystem aktiv ist, wenn er sich als "bewusst" versteht, ist hingegen kein Problem.
Dass man also die Grundlagen-Kategorie "Reaktion" im Nervensystem verortet, ist erlaubt und vernünftig.
Also wenn man nach Reaktion sucht, dann findet man sie ganz leicht.

Es gibt hier aber eine Serie von Fragen:
  • Was geschieht bei dieser Reaktion, also welche Art von Reaktion ist es?
  • Weshalb kommt es zu dieser Reaktion (wieso evolutionär und wieso im aktuellen Menschen z.B. beim Aufwachen)?
  • Wie läuft die Reaktion ab?
Die ontologische Identitätsbehauptung enthält das altbekannte Problem des Dualismus: Das, was es (also das Nervensystem und die dortigen Vorgänge) sein soll ("konkret bewusste Phänomen-Erleben"), ist nirgendwo das, was vorliegt und abläuft.
Vor diesem Hintergrund wird man keine der obigen Fragen in den Griff bekommen.

Auch die Detail-Fragestellung nach "bewusst" und "unbewusst" bricht der ontologischen Identitätsbehauptung das Kreuz, denn wenn die Nervenvorgänge die "bewussten Erfahrungen" sind, wieso sind sie es dann anteilsweise doch wieder nicht.
Insbesondere im Schlaf gibt es enorme (gehirn-weite) Aktivitätsphasen, die jedoch "unbewusst" ablaufen.
Das müsste dann schon eine wahrlich lustige Identitätsexistenz sein, die quasi in einer unendlichen Mannigfaltigkeit "bewusstes Erleben für eine ganz Welt" aber auch eine Mannigfaltigkeit für "unbewusste" Aktivität bereithält.
Die Identitätsvorstellung führt dann in einen unsinnig beliebigen Theateransatz.

Genauso kommt man bei der ontologischen Identitätsbehauptung durch das "Bindungsproblem" in schwieriges Fahrwasser, denn wenn man "das Bewusstsein als einheitlich Ganzes erlebt", wieso liegen dann die Nervenvorgänge verstreut vor?
Woher kommt die Einheit, die gar nicht vorliegt?
Wieder das Problem von oben: wie kann es etwas sein, das es explizit nicht ist?

Letztlich stellt die "Weshalb"-Frage eine regelrechte Wand dar, und die Philosophen zeigen ja beindruckend, dass sie keinen Millimeter weiterkommen und sich reihenweise fragen "Wozu braucht man das Bewusstsein überhaupt?".
Die für uns Menschen "grösste Existenzsensation" hängt damit komplett unmotiviert in der Luft herum - das ist nicht gut.
Gesteht man dem "bewussten Erleben" hingegen die Motivation zu, dass es genau das ist, was zu den Wahrnehmungsaufgabenstellungen von "Körper in Umwelt" passt, dann kommt das Problem einer zielgerichteten Zusatz-Existenz ins Spiel - also das Nervensystem/Nervenvorgänge "weiss" ganz genau, wie es "die Existenz-Lösung" sein/werden kann – uff.

Wie gesagt, ich gebe insgesamt der ontologischen Erfassung keine Chance.




Körper
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Mo 8. Jul 2024, 09:53

Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 20:42
...und die guten und wichtigen Bücher (oder Aufsätze) in der zeitgenössischen Philosophie erscheinen fast alle auf Englisch...
Vorsicht, gerade für den englisch sprachigen Raum beobachte ich immer wieder, dass bereits in der Einleitung mit "Bewusstsein existiert" falsch abgebogen wird. Da kann ich mir dann den Rest sparen.

Falls du einen guten Text zu "Bewusstsein existiert" vorliegen hast, dann stell ihn hier gerne vor - ich lass mich überraschen.




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Jörn Budesheim
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Mo 8. Jul 2024, 10:13

Warum ist die Rede vom Nervensystem keine ontologische Identitätsbehauptung?




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Jörn Budesheim
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Mo 8. Jul 2024, 10:58

Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 09:53
mit "Bewusstsein existiert" falsch abgebogen
Hast du nie rot gesehen?




Körper
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Mo 8. Jul 2024, 13:23

Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 20:42
Nehmen wir David Chalmers' Buch The Conscious Mind (1996) als Beispiel, das längst als moderner Klassiker der Philosophie des Geistes gilt.
Weil es mir gerade über den Weg gelaufen ist und zu meinem letzten Beitrag passt:
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Conscious_Mind

Summary - Thesis

(2) consciousness is a fundamental fact of nature;
Leider nein.

Bereits über diese Minizusammenfassung von Wiki kann ich den Text als "nicht sonderlich brauchbar" einstufen.
In dieser Art gibt es viele englische Texte - schon ganz am Anfang merkt man, dass die Reise mal wieder in Richtung Sackgasse gehen soll - naja.




Timberlake
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Di 9. Jul 2024, 00:26

Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 02:01
Timberlake hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:43
Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:17
Ich habe verstanden, was Chalmers unter "Panprotopsychismus" versteht; aber ich bin damit nicht einverstanden, weil ich den Panprotopsychismus für eine irreführende Mogelpackung halte. Die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften sind ja nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften, sodass von einer Version des Panpsychismus keine Rede sein kann. Der Panprotopsychismus ist keine "schwache" Art von Panpsychismus, sondern gar keine!
Wo war denn in meinen Beiträgen zum Panpsychismus, " schwacher" Art , von nichtpsychischen Eigenschaften die Rede?
Wenn du unter "einer schwächeren Version des Panpsychismus" nicht den Panprotopsychismus verstehst, was dann?

Eine Frage, mit einer Gegenfrage zu beantworten, dass sieht mir doch schon sehr .. mit Verlaub .. nach dem Drücken vor einer Antwort aus. Zumal die Gegenfrage mir so ganz und gar nicht konform zu meiner Frage erscheint. Aber bitte schön, ich verstehe unter einer schwächeren Version des Panpsychismus den Panprotopsychismus.
Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 02:01

Timberlake hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:43
philosophie-wissenschaft-kontroversen.de hat geschrieben :
David Chalmers über Intrinsisches – Lexikon der Argumente

Def Pan(proto)psychismus: These: Diese intrinsische Natur der Dinge und Eigenschaften ist mental. Bsp Was wir gleichsam von außen als Ladung –1 kennen, entpuppt sich von innen als Schmerz.
. mentales ist doch wohl noch psychische Eigenschaft?
Ja, "mental" = "psychisch"; aber protophänomenale Eigenschaften gelten weder als phänomenale noch als sonstige mentale/psychische Eigenschaften.

Protophänomenale Eigenschaften sagen zunächst einmal aus, dass Eigenschaften protophänomenal sind. Daraus lässt als solches weder auf mentale/psychische Eigenschaften, noch auf das schließen , was du Chalmers unterstellst und zwar das er unter Protophänomenale Eigenschaften .. ich zitiere ... nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften verstanden wissen will. Doch lassen wir Chalmers dazu höchst persönlich zu Wort kommen , zumindest gehe ich einmal davon aus ..
philosophie-wissenschaft-kontroversen.de hat geschrieben :
David Chalmers über Panpsychismus – Lexikon der Argumente
Panpsychismus/Chalmers: Der Grund, warum ich meine These nicht als Panpsychismus bezeichne, ist, dass irreführenderweise suggeriert wird, dass protophänomenale Erlebnisse irgendwie grundlegend wären und komplexe Erlebnisse aus ihnen zusammengesetzt wären, was ich eben nicht glaube. Ich nenne meine These des naturalistischen Dualismus jedoch eine Variante des Panpsychismus.
Er nennt seine These des naturalistischen Dualismus jedoch eine Variante des Panpsychismus. Somit wir schon einmal ausschließen können , dass die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften nach seiner Meinung nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften sind bzw. annehmen können , dass sie nichtphänomenale, psychische Eigenschaften sind.
Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 02:01

Sogenannte "Russell'sche Pan(proto)psychisten" behaupten, dass physikalische Grundeigenschaften wie elektrische Ladung rein dispositioneller Natur sind, und dass deren kategorische Basen in (proto)phänomenalen oder (proto)psychischen Grundeigenschaften bestehen. Das setzt allerdings eine bestimmte ontologische Auffassung des Verhältnisses von dispositionellen und kategorischen Eigenschaften voraus, die näher diskutiert werden müsste.
Wie gesagt , "das" kann man gerne näher als .. bloße logische Möglichkeit (Consul) .. diskutieren , nur wird man wohl kaum dergleichen .. jenseits dessen! .. auch in der Praxis bzw. im Experiment nachweisen können.




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Consul
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Di 9. Jul 2024, 02:40

Timberlake hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 00:26
Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 02:01
Ja, "mental" = "psychisch"; aber protophänomenale Eigenschaften gelten weder als phänomenale noch als sonstige mentale/psychische Eigenschaften.
Protophänomenale Eigenschaften sagen zunächst einmal aus, dass Eigenschaften protophänomenal sind. Daraus lässt als solches weder auf mentale/psychische Eigenschaften, noch auf das schließen , was du Chalmers unterstellst und zwar das er unter Protophänomenale Eigenschaften .. ich zitiere ... nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften verstanden wissen will. Doch lassen wir Chalmers dazu höchst persönlich zu Wort kommen , zumindest gehe ich einmal davon aus ..
philosophie-wissenschaft-kontroversen.de hat geschrieben : David Chalmers über Panpsychismus – Lexikon der Argumente
Panpsychismus/Chalmers: Der Grund, warum ich meine These nicht als Panpsychismus bezeichne, ist, dass irreführenderweise suggeriert wird, dass protophänomenale Erlebnisse irgendwie grundlegend wären und komplexe Erlebnisse aus ihnen zusammengesetzt wären, was ich eben nicht glaube. Ich nenne meine These des naturalistischen Dualismus jedoch eine Variante des Panpsychismus.
Er nennt seine These des naturalistischen Dualismus jedoch eine Variante des Panpsychismus. Somit wir schon einmal ausschließen können , dass die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften nach seiner Meinung nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften sind bzw. annehmen können , dass sie nichtphänomenale, psychische Eigenschaften sind.
Das scheinen keine Originalzitate von Chalmers zu sein. In jenem Lexikon steht z.B.: "Protophänomenal: so können wir die „Erlebnisse“ eines Thermostats nennen." – Nein, Chalmers schreibt nicht, dass wir das können, weil protophänomenale Eigenschaften als nichtphänomenale Eigenschaften nicht subjektiv erlebt werden.
"[P]rotophenomenal properties are special properties that are not phenomenal (there is nothing it is like to have a single protophenomenal property)…"
———
"Protophänomenale Eigenschaften sind besondere Eigenschaften, die nicht phänomenal sind (das Haben einer einzelnen protophänomenalen Eigenschaft geht mit keinem subjektiven Eindruck einher)…"
[© meine Übers.]

(Chalmers, David J. "Panpsychism and Panprotopsychism." In Panpsychism: Contemporary Perspectives, edited by Godehard Brüntrup and Ludwig Jaskolla, 19-47. New York: Oxford University Press, 2017. p. 31)
Hier ist ein Zitat einer bekannten Panpsychistin, das meine Aussage bestätigt, dass protophänomenale Eigenschaften nicht nur nichtphänomenale, sondern auch nichtmentale/nichtpsychische Eigenschaften sind—woraus folgt, dass sie entweder besondere physische Eigenschaften oder neutrale Eigenschaften sind, die weder physischer noch psychischer Natur sind.
"[P]ure panprotopsychism differs from subjective idealism in addition, of course, by positing non-mental protophenomenal properties."
———
"Der reine Panprotopsychismus unterscheidet sich vom subjektiven Idealismus natürlich zusätzlich dadurch, dass er nichtmentale protophänomenale Eigenschaften postuliert."
[© meine Übers.]

(Mørch, Hedda Hassel. Non-physicalist Theories of Consciousness. Cambridge: Cambridge University Press, 2023. p. 58)



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Di 9. Jul 2024, 03:19

Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 13:23
Weil es mir gerade über den Weg gelaufen ist und zu meinem letzten Beitrag passt:
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Conscious_Mind

Summary - Thesis

(2) consciousness is a fundamental fact of nature;
Leider nein.
Bereits über diese Minizusammenfassung von Wiki kann ich den Text als "nicht sonderlich brauchbar" einstufen.
In dieser Art gibt es viele englische Texte - schon ganz am Anfang merkt man, dass die Reise mal wieder in Richtung Sackgasse gehen soll - naja.
Chalmers' naturalistischer (Eigenschafts-)Dualismus kann sowohl emergentistisch als auch panpsychistisch ausgelegt werden; und eine fundamentale natürliche Eigenschaft ist entweder "relativ fundamental" qua nichtreduzibel & emergent oder "absolut fundamental" qua nichtreduzibel & nichtemergent.



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Di 9. Jul 2024, 23:50

Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 09:43
Die ontologische Identitätsbehauptung enthält das altbekannte Problem des Dualismus: Das, was es (also das Nervensystem und die dortigen Vorgänge) sein soll ("konkret bewusste Phänomen-Erleben"), ist nirgendwo das, was vorliegt und abläuft.
Vor diesem Hintergrund wird man keine der obigen Fragen in den Griff bekommen.

Auch die Detail-Fragestellung nach "bewusst" und "unbewusst" bricht der ontologischen Identitätsbehauptung das Kreuz, denn wenn die Nervenvorgänge die "bewussten Erfahrungen" sind, wieso sind sie es dann anteilsweise doch wieder nicht.
Insbesondere im Schlaf gibt es enorme (gehirn-weite) Aktivitätsphasen, die jedoch "unbewusst" ablaufen.
Das müsste dann schon eine wahrlich lustige Identitätsexistenz sein, die quasi in einer unendlichen Mannigfaltigkeit "bewusstes Erleben für eine ganz Welt" aber auch eine Mannigfaltigkeit für "unbewusste" Aktivität bereithält.
Alle Bewusstseinsvorgänge sind Nervenvorgänge (ohne irreduzible "Qualia"); aber nicht alle Nervenvorgänge sind Bewusstseinsvorgänge, sodass es spezielle (funktionelle und strukturelle) Unterschiede zwischen bewussten und unbewussten Nervenvorgängen (dynamischen Nervennetzwerken) geben muss. (Für Näheres musst du dich an die Neurowissenschaftler wenden!)
Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 09:43
Die Identitätsvorstellung führt dann in einen unsinnig beliebigen Theateransatz.
Was meinst du mit "Theateransatz"?
Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 09:43
Genauso kommt man bei der ontologischen Identitätsbehauptung durch das "Bindungsproblem" in schwieriges Fahrwasser, denn wenn man "das Bewusstsein als einheitlich Ganzes erlebt", wieso liegen dann die Nervenvorgänge verstreut vor?
Woher kommt die Einheit, die gar nicht vorliegt?
Wieder das Problem von oben: wie kann es etwas sein, das es explizit nicht ist?
Einzelne Nervenvorgänge verbinden und vereinigen sich zu höchst komplexen dynamischen Netzwerken, die imstande sind, eine integrative Synthese neuronaler Informationen herzustellen, die der phänomenalen Einheit des Bewusstseins zugrunde liegt. (Für Näheres musst du dich an die Neurowissenschaftler wenden!)

Beispiel: Die in Fachkreisen allseits bekannte, von Bernard Baars entwickelte Global Workspace Theory gibt eine Antwort auf die folgende Frage:
"Global Workspace Theory (GWT) began with this question: "How does a serial, integrated and very limited stream of consciousness emerge from a nervous system that is mostly unconscious, distributed, parallel and of enormous capacity?""
———
"Die Theorie des globalen Arbeitsraums (GAT) begann mit dieser Frage: "Wie geht ein serieller, integrierter und sehr limitierter Bewusstseinsstrom aus einem Nervensystem hervor, das größtenteils unbewusst, dezentralisiert (verteilt), parallel und von enormer Kapazität ist."
[© meine Übers.]

Quelle: https://www.frontiersin.org/journals/ps ... 49868/full
Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 09:43
Letztlich stellt die "Weshalb"-Frage eine regelrechte Wand dar, und die Philosophen zeigen ja beindruckend, dass sie keinen Millimeter weiterkommen und sich reihenweise fragen "Wozu braucht man das Bewusstsein überhaupt?".
Bewusstsein bringt im evolutionsbiologischen Zusammenhang des Lebens und Überlebens von Tieren gewisse Vorteile, insbesondere in Sachen Anpassung an neue Situationen:

Consciousness > The functional question: Why does consciousness exist?

* "flexiblere und differenziertere/raffiniertere Verhaltenskontrolle" ("increased flexibility and sophistication of control")

* "verbesserte Fähigkeit zur sozialen Koordination" ("enhanced capacity for social coordination")

* "einheitlichere und dichter integrierte Repräsentation der Realität" ("more unified and densely integrated representation of reality")

* "umfassenderer (globalerer) Informationszugang" ("more global informational access")

* "erhöhte Wahl- oder Willensfreiheit" ("increased freedom of choice or free will")

* "intrinsisch motivierende Zustände" ("intrinsically motivating states")
Körper hat geschrieben :
Mo 8. Jul 2024, 09:43
Wie gesagt, ich gebe insgesamt der ontologischen Erfassung keine Chance.
Was meinst du mit "ontologische Erfassung"?



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Körper
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Mi 10. Jul 2024, 15:04

Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Alle Bewusstseinsvorgänge sind Nervenvorgänge (ohne irreduzible "Qualia");
Nein, das geht zu weit - so kann man das nicht ausdrücken.

Man darf nicht die "1. Person-Perspektive" in eine Existenzverknüpfung zur "3. Person-Perspektive" stellen.
Das erreicht nirgendwo Tatsachenstatus.

Man kann aber durchaus sagen: wenn ein Mensch aus seiner Sicht "bewusst ist" (einschliesslich "Qualia"), dann ist er in seinem Nervensystem aktiv.
Du merkst, dass dies vorsichtig formuliert ist, denn hinter "aus seiner Sicht" kann sich vieles verbergen, insbesondere auch die Nicht-Existenz von Bewusstsein.
Es ist wichtig, dass dieser Freiheitsgrad offen gehalten wird.
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Was meinst du mit "ontologische Erfassung"?
"Bewusstsein existiert"
"Qualia existieren"
"Phänomenal-Existenz"

Man versucht die (menschliche) Wahrnehmung (Sinneswahrnehmung, Denken, Bewusstsein usw. usf.) als Existenz in der Welt einzuordnen.
("Zustand" ist hierzu die optimale Denkfalle)

Man kann das so herunterbrechen:
Es soll einen Zeitpunkt X geben, an dem "Bewusstsein existiert", "Farbe bzw. das Farberleben existiert".

Wie gesagt, für mich ist das die totale Sackgasse (egal, welche Phänomen-Existenzbehauptung man heranzieht)
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Für Näheres musst du dich an die Neurowissenschaftler wenden!
Nein, das bringt aktuell nichts, denn es gibt dort keinerlei Erkenntnisse zu unserer Thematik.

Eine Neuron-Nervenzelle verwaltet Impulsaktivität. Sie tastet ihre Umgebung ab, schleust diese Abtastungen durch eine Baumstruktur und gibt hauptsächlich eine einzelne Aktivität weiter.
Die Zelle wird dann vermutlich noch durch den aktuellen biochemischen Haushalt, in dem sie arbeitet, beeinflusst, aber im Grunde war es das dann auch.
Das Arbeits-Thema einer Nervenzelle ist nirgendwo "Existenzzugang/-erzeugung" sondern ganz eindeutig "Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt".

Auf Basis des Nervensystems funktioniert es so:
Ein Akteur nimmt XYZ wahr, wenn er die (für seine Situation relevanten) Zusammenhänge zu XYZ in seinen (Nerven-)Reaktionen berücksichtigt.

Würde es im Wahrnehmungsvorgang des Akteurs zum Zugang oder zur Erzeugung eines Miniaturwunderlandes kommen, dann würde es ihm nichts bringen, und zwar gar nichts. Es wäre lediglich eine Problemverlagerung, denn dann müsste er die Zusammenhänge aus dem Wunderland berücksichtigen (Zeitverschwendung).

Der Rahmen lautet "Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt" - damit muss die (menschliche) Wahrnehmung erklärt werden - Reinheitsgebot!

Eine "ontologische Erfassung" à la "der obige Rahmen ist mir zu schwierig, ich sage einfach, dass es vorhanden ist, Peng", ist eine Bankrotterklärung.
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Einzelne Nervenvorgänge verbinden und vereinigen sich zu höchst komplexen dynamischen Netzwerken, die imstande sind, eine integrative Synthese neuronaler Informationen herzustellen, die der phänomenalen Einheit des Bewusstseins zugrunde liegt. (Für Näheres musst du dich an die Neurowissenschaftler wenden!)
Eine Nervenzelle führt "Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt" durch.
"höchst komplexe dynamische Netzwerke" sind dann "höchst komplexe dynamische Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt" - mehr nicht.

Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist eine Gerade.
Man kann aber auch einen höchst komplexen und dynamischen Umweg über jedes Atom im Universum nehmen (egal wie verstrickt und verknotet), es wird immer nur eine Verbindung zwischen zwei Punkten sein.

Du solltest nicht auf den Taschenspielertrick einer Verlagerung ins Undurchsichtige auf den Leim gehen.
Aus Komplexität entsteht keine Funktion, sondern es ist umgekehrt: mit einer Funktion kann man eine höchst komplexe dynamische Anwendung erreichen.

D.h. innerhalb von "Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt" musst du die entscheidende Funktion für die (menschliche) Wahrnehmung suchen.
In dieser Funktion muss, wenn man sie auf "Körper in Umwelt" (also "auf den Menschen) anwendet, letztlich der "Zwang zu Bewusstsein" (und auch der "Zwang für Unbewusstsein") enthalten sein.

Stell es dir so vor:
die Nervenzellen machen etwas (im Rahmen "Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt"), durch das ein "philosophischer Zombie" nicht realisiert werden kann.
"Bewusstsein" ist kein Unfall/Zufall, sondern mit der gesuchten Nervenzell-Funktion geht es nicht anders (auch wenn es nicht um eine Bewusstseins-Existenz geht).
Auf der einen Seite geht es um eine unbewusste Detail-Muskel-Steuerung (über Einzelimpulse) auf der anderen Seite um "die 1. Person-Perspektive".
Beides muss mit der gesuchten Funktion innerhalb von "Abtastung und Reaktion im biochemischen Haushalt" prinzipiell erreicht werden. Evolutionär verankerte Wachstumsformen, wie z.B. das Kleinhirn oder der Thalamus sind unterstützend, verändern aber nicht das Basisprinzip.




Timberlake
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Wohnort: Shangrila 2.0

Mi 10. Jul 2024, 21:31

Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 02:40
Nein, Chalmers schreibt nicht, dass wir das können, weil protophänomenale Eigenschaften als nichtphänomenale Eigenschaften nicht subjektiv erlebt werden.
"[P]rotophenomenal properties are special properties that are not phenomenal (there is nothing it is like to have a single protophenomenal property)…"
———
"Protophänomenale Eigenschaften sind besondere Eigenschaften, die nicht phänomenal sind (das Haben einer einzelnen protophänomenalen Eigenschaft geht mit keinem subjektiven Eindruck einher)…"
[© meine Übers.]

(Chalmers, David J. "Panpsychism and Panprotopsychism." In Panpsychism: Contemporary Perspectives, edited by Godehard Brüntrup and Ludwig Jaskolla, 19-47. New York: Oxford University Press, 2017. p. 31)
Keinem subjektiven Eindruck?

Subjektives kann sowohl " nichtphänomenal, nichtpsychischer " , wie auch "nichtphänomenal, psychischer" Natur sein. Zumindest gehe ich einmal davon aus. Somit das Haben einer einzelnen protophänomenalen Eigenschaft , die mit keinem "subjektiven" Eindruck einhergeht, rein gar nichts darüber aussagt , ob diese Eigenschaft dem "psychischen" oder dem "nichtpsychischen" zu zuordnen ist. Insofern von dir , der offenbar , im Gegensatz zu mir , Zugriff auf Chalmers "Panpsychism and Panprotopsychism." hat , bezüglich deiner Annahme , dass dessen Panprotopsychismus gar keine Art von Panpsychismus ist , schon ein wenig mehr kommen sollte ...
Consul hat geschrieben :
So 7. Jul 2024, 00:17

Ich habe verstanden, was Chalmers unter "Panprotopsychismus" versteht; aber ich bin damit nicht einverstanden, weil ich den Panprotopsychismus für eine irreführende Mogelpackung halte. Die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften sind ja nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften, sodass von einer Version des Panpsychismus keine Rede sein kann. Der Panprotopsychismus ist keine "schwache" Art von Panpsychismus, sondern gar keine!
.. wohlgemerkt eine irreführende Mogelpackung , weil angeblich die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften ja nichtphänomenale, nichtpsychische Eigenschaften sind. Was sind sie aber dann ? Wären die sogenannten "protophänomenalen" Eigenschaften deshalb etwa nichtphänomenale, physische Eigenschaften ?
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 02:40


Hier ist ein Zitat einer bekannten Panpsychistin, das meine Aussage bestätigt, dass protophänomenale Eigenschaften nicht nur nichtphänomenale, sondern auch nichtmentale/nichtpsychische Eigenschaften sind—woraus folgt, dass sie entweder besondere physische Eigenschaften oder neutrale Eigenschaften sind, die weder physischer noch psychischer Natur sind.
"[P]ure panprotopsychism differs from subjective idealism in addition, of course, by positing non-mental protophenomenal properties."
———
"Der reine Panprotopsychismus unterscheidet sich vom subjektiven Idealismus natürlich zusätzlich dadurch, dass er nichtmentale protophänomenale Eigenschaften postuliert."
[© meine Übers.]

(Mørch, Hedda Hassel. Non-physicalist Theories of Consciousness. Cambridge: Cambridge University Press, 2023. p. 58)
Das der reine Panprotopsychismus sich vom Panpsychismus unterscheiden würde und nicht etwa vom subjektiven Idealismus stand und steht hier zur Diskussion. Wie dem auch sei, kannst du denn mit einem Zitat dienen, wonach der reine Panprotopsychismus nichtmentale protophänomenale Eigenschaften postuliert ?
Zuletzt geändert von Timberlake am Mi 10. Jul 2024, 22:21, insgesamt 2-mal geändert.




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Consul
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Registriert: Mo 29. Apr 2024, 00:13

Mi 10. Jul 2024, 22:08

Körper hat geschrieben :
Mi 10. Jul 2024, 15:04
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Alle Bewusstseinsvorgänge sind Nervenvorgänge (ohne irreduzible "Qualia");
Nein, das geht zu weit - so kann man das nicht ausdrücken.
Man darf nicht die "1. Person-Perspektive" in eine Existenzverknüpfung zur "3. Person-Perspektive" stellen.
Das erreicht nirgendwo Tatsachenstatus.
Wenn Bewusstseinsvorgänge reine Nervenvorgänge sind (im Sinne des reduktiven Materialismus), dann sind sie sowohl erstpersönlich als auch drittpersönlich wahrnehmbar, d.h. introspektiv & extrospektiv, wenngleich sie aus der erstpersönlichen Perspektive nicht als objektive Nervenvorgänge wahrgenommen werden und aus der drittpersönlichen Perspektive nicht als subjektive Bewusstseinsvorgänge. Dieser Umstand ist aber leicht erklärbar, denn man kann natürlich nur diejenigen bewussten Nervenvorgänge als Bewusstseinsvorgänge wahrnehmen, die im eigenen Geist/Gehirn stattfinden. Wenn ich bewusste Nervenvorgänge in deinem Gehirn von außen beobachte, dann erfahre ich sie nicht wie du als Bewusstseinsvorgänge, sondern eben als Nervenvorgänge. Dieser bloße Perspektivendualismus impliziert jedoch keinen ontologischen Ereignis- oder Eigenschaftsdualismus!

Wenn du ein roten Bus siehst, und dein bewusstes Sehen eines roten Busses ein Nervenvorgang in deinem Gehirn ist, dann ist mein bewusstes Sehen desjenigen Nervenvorgangs in deinem Gehirn, der dein bewusstes Sehen eines roten Busses ist, eine qualitativ ganz unterschiedliche visuelle Erfahrung, die in meinem Gehirn stattfindet. Daraus, dass sich mein Sehen deines Sehens des roten Busses von deinem Sehen des roten Busses unterscheidet, folgt jedoch nicht, dass der von mir äußerlich gesehene Nervenvorgang in deinem Gehirn nicht mit deinem subjektiv erlebten Sehen des roten Busses identisch ist.

Bild

Quelle: Heil, John. Philosophy of Mind: A Contemporary Introduction. 4th ed. New York: Routledge, 2020. p. 81
Körper hat geschrieben :
Mi 10. Jul 2024, 15:04
Man kann aber durchaus sagen: wenn ein Mensch aus seiner Sicht "bewusst ist" (einschliesslich "Qualia"), dann ist er in seinem Nervensystem aktiv.
Du merkst, dass dies vorsichtig formuliert ist, denn hinter "aus seiner Sicht" kann sich vieles verbergen, insbesondere auch die Nicht-Existenz von Bewusstsein.
Es ist wichtig, dass dieser Freiheitsgrad offen gehalten wird.
Die Existenz des (phänomenalen) Bewusstseins steht für mich unbezweifelbar fest.
Körper hat geschrieben :
Mi 10. Jul 2024, 15:04
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Was meinst du mit "ontologische Erfassung"?
"Bewusstsein existiert"
"Qualia existieren"
"Phänomenal-Existenz"

Man versucht die (menschliche) Wahrnehmung (Sinneswahrnehmung, Denken, Bewusstsein usw. usf.) als Existenz in der Welt einzuordnen.
("Zustand" ist hierzu die optimale Denkfalle)

Man kann das so herunterbrechen:
Es soll einen Zeitpunkt X geben, an dem "Bewusstsein existiert", "Farbe bzw. das Farberleben existiert".

Wie gesagt, für mich ist das die totale Sackgasse (egal, welche Phänomen-Existenzbehauptung man heranzieht)
Es wäre hilfreich, wenn du deinen ontologischen Standpunkt hinsichtlich des Geist-Körper-/Leib-Seele-Problems klar benenntest—falls du überhaupt einen hast.
Körper hat geschrieben :
Mi 10. Jul 2024, 15:04
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Für Näheres musst du dich an die Neurowissenschaftler wenden!
Nein, das bringt aktuell nichts, denn es gibt dort keinerlei Erkenntnisse zu unserer Thematik.
O doch!



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Timberlake
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Mi 10. Jul 2024, 22:11

Consul hat geschrieben :
Mi 10. Jul 2024, 22:08

Körper hat geschrieben :
Mi 10. Jul 2024, 15:04
Consul hat geschrieben :
Di 9. Jul 2024, 23:50
Was meinst du mit "ontologische Erfassung"?
"Bewusstsein existiert"
"Qualia existieren"
"Phänomenal-Existenz"

Man versucht die (menschliche) Wahrnehmung (Sinneswahrnehmung, Denken, Bewusstsein usw. usf.) als Existenz in der Welt einzuordnen.
("Zustand" ist hierzu die optimale Denkfalle)

Man kann das so herunterbrechen:
Es soll einen Zeitpunkt X geben, an dem "Bewusstsein existiert", "Farbe bzw. das Farberleben existiert".

Wie gesagt, für mich ist das die totale Sackgasse (egal, welche Phänomen-Existenzbehauptung man heranzieht)
Es wäre hilfreich, wenn du deinen ontologischen Standpunkt hinsichtlich des Geist-Körper-/Leib-Seele-Problems klar benenntest—falls du überhaupt einen hast.



.. touché




Timberlake
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Mi 10. Jul 2024, 22:35

Beim Recherchieren .. Aufgemerkt @ Körper .. zum Thema dieses Threads :!: ... bin ich übrigens eben gerade auf folgende "Pilosophische Schnitzel" gestoßen ...
oxnzeam.de hat geschrieben :
Spekulatives zum „Bewusstsein“

sowie ein Gespräch mit David Chalmers in „Sternstunde Philosophie“ und ein wenig Theorie-Futter



Eigenschaftsdualismus

Die Diagnose des schwierigen Problems des Bewusstseins hat Chalmers zu einer Position geführt, die Eigenschaftsdualismus genannt wird. Eine solche Position lehnt den Materialismus ab, unterscheidet sich jedoch auch stark vom klassischen Dualismus. Der klassische Dualismus war von zwei Substanzen ausgegangen „“ Materie und Geist -, während der Eigenschaftsdualist nur eine Substanz anerkennt, nämlich die Materie. Der Eigenschaftsdualist ist jedoch darauf festgelegt, dass nicht alle Eigenschaften physische Eigenschaften sind. Konkret heißt dies bei Chalmers: Der Mensch hat neben den physischen Eigenschaften (etwa Masse oder Form) auch eine Art von nichtphysischen Eigenschaften (nämlich Erlebnisgehalte oder Qualia).

Der Weg vom schwierigen Problem des Bewusstseins zur These des Eigenschaftsdualismus ist recht steinig und liegt auf einem hohen theoretischen Niveau. Die Grundidee lässt sich dennoch verständlich machen: Chalmers geht davon aus, dass der Materialismus auf reduktive Erklärungen festgelegt ist. Dies bedeutet, dass der Erlebnisgehalt im Prinzip auf die grundlegenden physischen Eigenschaften reduzierbar sein muss „“ wenn der Materialismus wahr ist. Eine solche Reduktion setzt nach Chalmers jedoch ein Moment der Notwendigkeit voraus, das die grundlegenden physischen Eigenschaften und die höherstufigen Eigenschaften miteinander verbindet. Diese Notwendigkeit ist aber im Fall des Erlebnisgehalts nicht gegeben. Demzufolge ist es – im philosophischen Gedankenexperiment – a priori möglich, dass es Zombies gibt. Zombies stellen hierbei eine exakte (!) materielle Kopie eines gewöhnlichen Menschen dar, nur mit dem signifikanten Unterschied, dass sie kein (!) Bewusstsein haben. Da die Existenz eines Zombies a priori möglich ist, ist die angesprochene Notwendigkeit, welche der Materialismus voraussetzt, nicht zwingend. Also ist der Materialismus falsch. Dieses Argument kann man nur dann wirklich verstehen, wenn klar ist, was mit „Notwendigkeit“ gemeint ist. Genau dies versucht Chalmers zu erklären und – anknüpfend an Saul Aaron Kripke – durch die sog. Zweidimensionale Semantik auf eine fundierte Basis zu stellen.




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