Der Materialismus/Physikalismus

Aspekte metaphysischer Systementwürfe und der Ontologie als einer Grunddisziplin der theoretischen Philosophie können hier diskutiert werden.
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Quk
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Di 23. Jul 2024, 19:40

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 19:36
Quk hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 18:42
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 18:16
Ich denke, der Begriff Ontologie hat eine Reihe von Bedeutungen, hier sind zwei, die mir zentral erscheinen: erstens steht die Frage im Zentrum, was "existieren" heißt. Zweitens stellt sich damit die Frage, was existiert.
Es existiert ein Regenschauer über Ulm.

So spricht kein Mensch und so denkt kein Mensch. Es geht ein Regenschauer über Ulm nieder. Schon „Es gibt einen Regenschauer über Ulm“ ist nur schwer verdaulich und vielleicht im Kontext einer bestimmten Sprechsituation noch denkbar.
Meine Güte. Nochmal: Es geht nicht um Stil.




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Jörn Budesheim
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Di 23. Jul 2024, 19:45

Indem du ihm eine Existenz zubilligst, hast du eine ontologische Position eingenommen. Vielleicht kannst du deine Position mal ganz unlyrisch in einfachen deutschen Sätzen beschreiben, vielleicht versteh ich es dann. Dabei ist nicht Stil gefragt, sondern Verständlichkeit. Einfach sagen, was du meinst und nicht kompliziert drumherum reden.




Lucian Wing

Di 23. Jul 2024, 19:46

Quk hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 19:40
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 19:36
Quk hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 18:42


Es existiert ein Regenschauer über Ulm.

So spricht kein Mensch und so denkt kein Mensch. Es geht ein Regenschauer über Ulm nieder. Schon „Es gibt einen Regenschauer über Ulm“ ist nur schwer verdaulich und vielleicht im Kontext einer bestimmten Sprechsituation noch denkbar.
Meine Güte. Nochmal: Es geht nicht um Stil.
Auch nochmal: Ich rede nicht über Stil. Aber unsinnige Sätze beweisen nichts, sie lassen deinen Gedanken, deinen Punkt ins Leere laufen. Wer sich den kleinen Zehen an der Kante der Badtür anstößt und ihn sich bricht, wird nicht behaupten „Es existiert das Anstoßen und Brechen“ - das ist ein unsinniger Satz wie der des existierenden Regenschauers auch.




Lucian Wing

Di 23. Jul 2024, 19:54

Noch einmal anders ausgedrückt: Es existiert kein Regenschauer. Das Wort steht für einen plötzlich eintretenden Vorgang (Regnen) von zeitlich begrenzter, eher kurzer Dauer.




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Quk
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Di 23. Jul 2024, 19:59

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 19:45
Indem du ihm eine Existenz zubilligst, hast du eine ontologische Position eingenommen. Vielleicht kannst du deine Position mal ganz unlyrisch in einfachen deutschen Sätzen beschreiben, vielleicht versteh ich es dann. Dabei ist nicht Stil gefragt, sondern Verständlichkeit. Einfach sagen, was du meinst und nicht kompliziert drumherum reden.
Ganz unlyrisch, mit Beispielen in sachlicher Prosa:

Ich billige dem Museum nicht im ontologischen Sinn eine Existenz zu, sondern eine Architektur, ein Licht, ein Staunen, eine Langeweile ...

Die zuständigen Schulfächer für diese Qualitäten sind nicht die Ontologie, sondern: Architektur, Elektrotechnik, Fotografie, Malerei, Psychologie, Verwaltungswissenschaft ...




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Quk
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Di 23. Jul 2024, 20:01

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 19:54
Noch einmal anders ausgedrückt: Es existiert kein Regenschauer. Das Wort steht für einen plötzlich eintretenden Vorgang (Regnen) von zeitlich begrenzter, eher kurzer Dauer.
Einen Regenschauer bezeichne ich als ein wasserlassendes Wesen, das nicht länger als einige Minuten lebt.




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Consul
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Di 23. Jul 2024, 21:50

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 21. Jul 2024, 16:26
Consul hat geschrieben :
So 21. Jul 2024, 15:56
…Materialismus aber keineswegs zu einer inhaltslosen Position macht.
Meines Erachtens schon. Der Materialismus legt sich darauf fest, dass es ein Fundament des Seins gibt. Diese Position hat eine Reihe von glasklaren Nachteilen: Sie ist unbeweisbar, weil es eine metaphysische Position ist. Man weiß nicht, was dieses angebliche Fundament ist. Und es gibt keine Evidenz dafür, dass sich alles auf dieses Fundament reduzieren lässt, denn abgekoppelte Emergenz ist eine starke Option, die auch Naturwissenschaftler vertreten. Die Existenz von abstrakten Entitäten, wie Zahlen und Tatsachen, muss schlichtweg geleugnet werden. Das harte Problem der Materie und das harte Problem des Bewusstseins sind ungelöst und sieht nicht so aus, als sei irgendetwas in Sichtweite. Und in ethischer Hinsicht ist Nihilismus die unausweichliche Konsequenz.
Es wird also ohne jede Beweismöglichkeit behauptet, dass die unendlich vielen Bereiche, die es offensichtlich gibt, sich auf einen einzigen Bereich reduzieren lassen, von dem man nicht mal weiß, worin er bestehen soll.
* "Und in ethischer Hinsicht ist Nihilismus die unausweichliche Konsequenz." – NEIN!!! Denn Materialisten können wie alle anderen nach "dem Guten, Schönen und Wahren" streben, ohne dazu irgendwelche Entitäten anerkennen zu müssen, die mit der materialistischen Weltanschauung unvereinbar sind.

* Die Physiker wissen nicht alles, aber schon sehr viel über den grundlegenden physikalischen Bereich von MERZ—der Materie-Energie-Raum-Zeit-Welt, die dem Physikalismus nach die ganze Welt, die gesamte Wirklichkeit bildet.

* Alle Physikalisten sind der Meinung, dass die physikalische Ebene in Bezug auf die/im Verhältnis zu den anderen Ebenen (der Chemie, Biologie, Psychologie und Soziologie) ontologisch fundamental ist.

Das ergibt sich für reduktive Physikalisten allein daraus, dass ihnen zufolge die "höheren", transphysikalischen Ebenen oder Schichten (der Chemie, Biologie, Psychologie und Soziologie) gar keine ontologisch abgegrenzten Existenzebenen sind, sondern lediglich semiologisch abgegrenzte Repräsentationsebenen, d.h. transphysikalische Begriffs-, Beschreibungs- und Erklärungsebenen.

Für den reduktiven Physikalismus gibt es nämlich nur eine einzige Seinsebene/-schicht, nämlich die physikalische, sodass alle chemischen, biologischen, psychologischen und soziologischen Systeme ontologisch auf derselben physikalischen Seinsebene existieren. Sie sind folglich nicht ontologisch emergent, sondern vollständig ontologisch reduzibel.

Reduktive Physikalisten glauben, dass alle chemischen, biologischen, psychologischen oder soziologischen Systeme aus nichts weiter als physikalischen Elementen bestehen und somit gänzlich mereologisch reduzibel sind. Sie müssen jedoch keine mereologischen Fundamentalisten bezüglich des physikalischen Bereichs sein, weil sie annehmen können, dass die Materie "atomless gunk" (David Lewis) ist, d.h. dass sie unendlich teilbar ist und keine mereologischen Atome aufweist, also keine nulldimensionalen oder dreidimensionalen Elemente, die selbst nicht aus noch kleineren Elementen aufgebaut sind. In diesem Fall gäbe es keine mereologisch fundamentalen, d.h. teillosen Elementarteilchen. Der Physikalismus schließt den mereologischen Abwärtsinfinitismus innerhalb des physikalischen Bereichs nicht notwendigerweise aus. (Ob er wahr ist, ist eine andere Frage.)

(Fußnote: Die sogenannten Atome der Physik sind keine Atome im wörtlichen mereologischen Sinn, da sie bekanntlich aus kleineren Elementarteilchen bestehen.)

* Der (ontologisch) emergentive Materialismus ist eine (die schwächste) Art von Materialismus; aber ich halte den ontologischen Emergentismus allgemein nicht nur für keine "starke Option", sondern für überhaupt keine in sich stimmige Alternative.

Genau genommen ist zwischen einem Substanz-Emergentismus und einem Attributs-Emergentismus zu unterscheiden:

– Der Substanz-Emergentismus ist auch für den emergentiven Materialismus grundsätzlich inakzeptabel. (Es sei denn, man betrachtet die elementarphysikalische Teilchenerzeugung als einen Fall von Substanz-Emergenz.)

– Der Attributs-Emergentismus ist in meinem Augen schlichtweg ontologisch inkohärent, weil nicht einzusehen ist, wie zwei oder mehr räumlich getrennte Dinge kollektiv Träger einer mereologisch einfachen (unzusammengesetzten, ungegliederten, ungeteilten) "emergenten" Eigenschaft sein könnten. Denn in einer solchen Gruppe oder Menge räumlich verteilter Dinge gibt es nichts, woran eine solche Eigenschaft "adhärieren" oder worin sie "inhärieren" könnte. (Ich kann dies näher erläutern, aber das lasse ich in diesem Beitrag.)

* Immerhin gibt es eine Neurowissenschaft des Bewusstseins, die an der Lösung des Bewusstseinsrätsels arbeitet, obgleich sie nur langsam vorankommt—was aber nicht wundernimmt angesichts dessen, dass das menschliche Gehirn das komplexeste materielle Objekt im bekannten Universum ist, und dass es sehr hohe technologische Hürden bei den computergestützten Bildgebungsverfahren zur genauen mikroskopischen Untersuchung der Struktur und Funktion des Gehirns gibt.



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Jörn Budesheim
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Di 23. Jul 2024, 22:03

Consul hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 21:50
NEIN!!! Denn Materialisten können wie alle anderen nach "dem Guten, Schönen und Wahren" streben, ohne dazu irgendwelche Entitäten anerkennen zu müssen, die mit der materialistischen Weltanschauung unvereinbar sind.
Du kannst nicht das Gute, das Wahre und das Schöne anstreben, drei Dinge, die nicht materiell sind und gleichzeitig Materialist bleiben, das ist widersinnig. Ich finde da müsstest du noch mehr investieren als drei Rufzeichen.




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Consul
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Di 23. Jul 2024, 22:38

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 08:17
Consul hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 01:53
Wenn "x für y spricht", dann bedeutet dies, dass x ein guter, rechtfertigender Grund für y ist. In meinen Augen bedeutet dies wiederum, dass x für mich/uns ein guter, rechtfertigender Grund ist (etwas zu tun oder zu lassen). Falls du erwiderst, dass es etwas anderes bedeute, nämlich, dass x objektiv oder an sich ein guter, rechtfertigender Grund sei (etwas zu tun oder zu lassen), dann weiß ich nicht, was das sein soll—ein normativer Grund an sich.
Wenn "x für y spricht", dann bedeutet dies, dass x objektiv für mich/uns ein Grund für y ist, also etwas zu tun, zu lassen oder zu denken. Wenn Hans allergisch gegen A ist, dann gibt ihm das objektiv einen Grund, die Banane, die A enthält, nicht zu essen. Es gibt ihm einen Grund und es gibt ihm objektiv einen Grund sind synonym. Wäre der Grund nicht objektiv, wäre es eben kein Grund.
Es geht bei normativen Gründen um die Bewertung einer Tatsache als eines guten, rechtfertigenden oder schlechten, nicht rechtfertigenden Grundes, etwas zu tun oder zu lassen. Die betreffende Tatsache ist objektiv, aber ihre Bewertung ist es nicht. Denn die Frage, ob eine Tatsache ein guter oder schlechter Grund für/gegen etwas ist, ist nicht objektiv entscheidbar, weil es hier um Werturteile geht, die auf subjektiven Faktoren beruhen (Präferenzen, Interessen, etc.).

Die einen sagen, die Tatsache, dass XY ein Kind vergewaltigt und ermordet hat, ist ein guter Grund, ihn hinzurichten. Die anderen sagen, dass dies kein guter Grund ist, ihn hinzurichten. Aus der betreffenden Tatsache kann man nicht auf objektive logische Weise ableiten, ob sie ein guter oder ein schlechter Grund für eine Hinrichtung ist. Keine Tatsache ist an/in sich ein guter oder schlechter Grund, etwas zu tun oder zu lassen.

Wenn ein Getränk ein tödliches Gift enthält, dann ist das für die meisten ein guter Grund, es nicht zu trinken, weil sie nicht sterben wollen. Für einen Lebensmüden kann es aber ein guter Grund sein, es zu trinken. Von einem objektiven, subjektunabhängigen Gutsein eines Grundes kann also keine Rede sein.



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Consul
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Di 23. Jul 2024, 23:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 18:16
Ich denke, der Begriff Ontologie hat eine Reihe von Bedeutungen, hier sind zwei, die mir zentral erscheinen: erstens steht die Frage im Zentrum, was "existieren" heißt. Zweitens stellt sich damit die Frage, was existiert.
Vor diesem Grund zwei Fragen: was verstehst du unter Ontologie? Und vor allem, was ist eine "tiefergehende Ontologie"?
Im engeren Sinn ist die Ontologie (als analytische O. [D. C. Williams] oder formale O. [E. Husserl]) Kategoriologie, d.i. Kategorienlehre, wobei Kategorien die höchsten/obersten Arten von Seiendem sind. – So drücken es kategoriale Realisten à la Aristoteles aus, die von Kategorien des Seins/der Wirklichkeit sprechen, wohingegen kategoriale Konzeptualisten à la Kant von Kategorien des Denkens sprechen. Kantianische Kategorien sind Begriffe von Entitäten, wohingegen aristotelische Kategorien Arten (Mengen/Klassen) von Entitäten sind.

Sprachkritische Ontologen bezweifeln oder bestreiten, dass es eine 1:1-Entsprechung zwischen grammatikalischen Kategorien und ontologischen Kategorien gibt. Sie denken, dass man die ontologische Struktur der Wirklichkeit nicht einfach an der grammatikalischen Struktur unserer Sprache(n) ablesen kann. Beispielsweise folgt aus der Existenz der Sprachkategorie Prädikat nicht automatisch die entsprechende Existenz der Seinskategorie Eigenschaft (Merkmal, Qualität, Attribut).
"Ontology offers a systematic account of categories of being or reality."

(Heil, John. What is Metaphysics? Cambridge: Polity Press, 2021. p. 5)
——————
"Ontology is concerned above all with the categorial structure of reality – the division of reality into fundamental types of entity and their ontological relations with one another."

(Lowe, E. J. Forms of Thought: A Study in Philosophical Logic. Cambridge: Cambridge University Press, 2013. p. 51)
——————
"Ontology is the most general science or study of Being, Existence, or Reality. An informal use of the term signifies what, in general terms, a philosopher considers the world to contain. Thus it is said that Descartes proposed a dualist ontology, or that there were no gods in d’Holbach’s ontology. But in its more formal meaning, ontology is the aspect of metaphysics aiming to characterize Reality by identifying all its essential categories and setting forth the relations among them."

(Campbell, Keith. "Ontology." In Encyclopedia of Philosophy, Vol. 7, 2nd ed., edited by Donald M. Borchert, 21-27. Detroit: Thomson Gale/Macmillan Reference USA, 2006. pp. 21-2)
——————
"The principal task of ontology is the provision of a Kategorienlehre. As long as analytic philosophy was beholden to the forms of predicate logic and its semantic partner set theory, the notion of category and the theory of categories languished. The assumption, whether implicit (in most cases) or explicit (in the case of Wittgenstein), of a thoroughgoing harmony or categorial and structural match between the forms of language and the forms of objects, left no room for consideration whether a system of classification of objects, including in its most general levels a system of categories, was anything other than something one could read off logical semantics, or in the case of ordinary-language philosophy, the meaning and use of vernacular expressions. Along with a select handful of others, including John Anderson, Roderick Chisholm, David Armstrong, and Reinhardt Grossmann, Jonathan recognized that in the absence of a methodological handrail from logic and linguistics, ontology needed to be more specific and deliberate about its selection, articulation, and justification of categories."

(Simons, Peter. "Lowe, the Primacy of Metaphysics, and the Basis." In Ontology, Modality, and Mind: Themes from the Metaphysics of E. J. Lowe, edited by Alexander Carruth, Sophie Gibb, and John Heil, 37-47. Oxford: Oxford University Press, 2018. p. 39)



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Consul
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Di 23. Jul 2024, 23:39

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 22:03
Consul hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 21:50
NEIN!!! Denn Materialisten können wie alle anderen nach "dem Guten, Schönen und Wahren" streben, ohne dazu irgendwelche Entitäten anerkennen zu müssen, die mit der materialistischen Weltanschauung unvereinbar sind.
Du kannst nicht das Gute, das Wahre und das Schöne anstreben, drei Dinge, die nicht materiell sind und gleichzeitig Materialist bleiben, das ist widersinnig. Ich finde da müsstest du noch mehr investieren als drei Rufzeichen.
Das Gute, das Wahre und das Schöne sind nicht wirklich "drei Dinge". Die sprachliche Form sollte dich hier nicht zu einer irrigen Reifizierung verleiten!



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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jul 2024, 07:05

Consul hat geschrieben :
Di 23. Jul 2024, 23:39
Das Gute, das Wahre und das Schöne sind nicht wirklich "drei Dinge". Die sprachliche Form sollte dich hier nicht zu einer irrigen Reifizierung verleiten!
Aber die Antwort, wie das passen soll, fehlt, oder?




Wolfgang Endemann
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Mi 24. Jul 2024, 10:48

@ Consul, @ Jörn Budesheim
Ich verstehe nicht, worüber Ihr streitet.

Der Regenschauer ist wie das Wahre ein Gedankending.
Unter Regenschauer versteht man den Gegenbegriff zu Dauerregen (schöne Wortverdrehung). Unter dem Wahren den Gegenbegriff zu dem Unwahren. Und das Wahre wird zwar von manchen für das objektiv Wahre als dem einzig Wahren reserviert, die Mehrheit dürfte aber zwischen objektiven und subjektiven Wahrheiten unterscheiden.
Diese Gedankendinge beziehen sich einmal auf ein bestimmtes raumzeitliches Sein, das andere Mal auf das Sein (des Seins, das Wiesein), das eine Mal auf ein jenseits des Bewußtseins, das andere Mal auf den Unterschied von Urbild und Abbild im Bewußtsein.
Mit Sicherheit gibt es keine 1:1-Entsprechung zwischen grammatikalischen Kategorien und ontologischen Kategorien, andrerseits muß sich Sprache um eine Entsprechung bemühen, wo sie Realität abzubilden versucht, sie muß sich bewußt sein, daß sie abbildet und kein absolutes Wissen besitzt. Also ist es ein Glücksfall, wenn eine isomorphe Abbildung zustandekommt.
Da aber absolut gesehen der/das Abbildende selbst Teil der Abbildung ist, kann es prinzipiell keine 1:1-Abbildung geben, und es gilt nicht nur, daß die Abbildung nie vollständig ist, sondern auch, daß das Abgebildete immer Realität widerspiegelt, wir können also weder ganz falsch noch ganz richtig denken. Es gibt auch die Umkehrabbildung, unser Denken ist immer eine Spiegelung der Realität.




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Jörn Budesheim
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Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 10:48
das Wahre [ist] ein Gedankending.
Damit könnte Consul sich vielleicht einverstanden erklären. Ich halte es für absurd, denn das führt direkt in eine Form des Psychologismus.




Wolfgang Endemann
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Mi 24. Jul 2024, 11:10

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 10:55
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 10:48
das Wahre [ist] ein Gedankending.
Damit könnte Consul sich vielleicht einverstanden erklären. Ich halte es für absurd, denn das führt direkt in eine Form des Psychologismus.
Du meinst, es gibt keine Psychologie, keine Psychologik, nur Logik? Du bist Antipsychologe? Psychologie ist der moderne Zweifel an allem, die zeitgeistige Geisteskrankheit des Nihilismus? Die letzte moderne Kränkung des Menschengeschlechts durch die verschiedenen Relativitätstheorien, die allem Glauben, aller Sicherheit den Boden unter den Füßen weggezogen hat?
Ich vermute, daß Du keineswegs allgemein der Relativität widersprechen willst. Was aber stört Dich an der psychologischen Relativierung?




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jul 2024, 11:21

Ich hab nicht von Psychologie gesprochen, sondern von Psychologismus. Ein Beispiel dafür wäre, die Logik, also die Gesetze des Wahrseins mithilfe der empirischen Psychologie zu untersuchen.




Wolfgang Endemann
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Mi 24. Jul 2024, 12:14

Du meinst, die Psychologie hat bei der Frage, ob und wie wir wahr denken können, kein Mitspracherecht? Es spielt keine Rolle, wie wir psychisch strukturiert sind?
Wenn Du nur meinst, die Psychologie ist nicht die einzige Instanz, die dazu etwas beizutragen hat, sind wir uns ja einig. Solchen Psychologismus, einen psychologischen Reduktionismus lehne ich genauso ab wie den physikalischen. Aber gerade das zwingt dazu, die psychologischen Relativierungen anzuerkennen. Relativierungen sind keine Nichtungen.




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Mi 24. Jul 2024, 12:29

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 24. Jul 2024, 12:14
Psychologie
Ich rede nicht von Psychologie! Ich rede von Psychologismus. Die Psychologie hat ihr Recht als Wissenschaft wie andere Wissenschaften auch.

Wann das Wahre aber generell ein Gedankending wäre, da böte es sich an, das Wahre generell mit empirisch/psychologischen Methoden zu untersuchen. Man schaut dann einfach in den Kopf, um herauszufinden, ob etwas wahr ist. Aber das ist nicht in allen Fällen der richtige Ort.




Wolfgang Endemann
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Mi 24. Jul 2024, 13:01

Das Wahre ist ein Gedankending (das als solches in der Welt ist), das sich auf das Reale oder auf das Denken selbst beziehen kann. Soweit vom Inhalt des Gedankendings abstrahiert wird, fällt es ins Ressort von Psychologie, den naturwissenschaftlichen Theorien über die Denkvorgänge, das Nervensystem, die Physiologie und alles, was damit zusammenhängt, sowie von Erkenntnistheorie, und selbstverständlich auch Philosophie. Soweit es um den Inhalt geht, kommen alle Ressorts in Betracht, die mit diesem Inhalt in Beziehung stehen.




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Jörn Budesheim
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Mi 24. Jul 2024, 13:06

"Gedankending" Was ist das? Ein Gedanke?




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