Wo ist der 'Ort' der Zahlen?
Nur zwei kurze Fragen, Herr Endemann:
1. "Als Gedankendinge haben sie [Zahlen] einen Ort", schreiben Sie. Wo ist dieser 'Ort'?
2. "Repräsentieren sie [Zahlen] Realdinge, haben sie einen realen Ort": Wo ist dieser 'Ort'?
Bitte nur antworten, wenn es gerade passt...ich will mich nicht störend in die laufende Diskussion einmischen.
1. "Als Gedankendinge haben sie [Zahlen] einen Ort", schreiben Sie. Wo ist dieser 'Ort'?
2. "Repräsentieren sie [Zahlen] Realdinge, haben sie einen realen Ort": Wo ist dieser 'Ort'?
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Keine Scheu, Fragen zu stellen, selbst wenn die Frage naiv erscheint, kann eine Beantwortung erhellend sein, ob ich eine solche geben kann, ist eine andere Frage.
Der, jeder Mensch ist ein komplexes physikalisches Objekt, ein System mit/aus relativ autonom arbeitenden Subsystemen, zB dem ZNS und darin besonders bemerkenswert der Cortex, in dem die kognitiven Prozesse stattfinden. Die physiologischen Phänomene lassen sich naturwissenschaftlich erforschen.
Der Gedanke ist ein Komplex aus einem physiologischen Sachverhalt und einer assoziierten Bedeutung, letztere kann sich auf ein Realobjekt beziehen, aber auch auf eine Vorstellung, einen gedachten Sachverhalt oder ein nur gedachtes Ding, in diesem Fall hat die Bedeutung keinen extensionalen Bezug.
Eine Zahl ist ein reines Gedankending, keine res extensa. Aber dieses Ding ist ein Komplex, wie vorher beschrieben. Die gedachte Zahl hat ein materielles Substrat, den physiologischen Sachverhalt, der nachweisbar ist, wenn an diese Zahl gedacht wird. Das ist der Ort.
Repräsentiert die Zahl 2 eine bipolare Struktur in der Realwelt, verweist sie auf diese verortete Struktur. Bipolarität ist freilich wesentlich mehr als nur Zweizahligkeit, also die Zusammenfassung von zwei Objekten oder Sachverhalten zu einer Mengeneinheit, die wieder separiert werden kann. Eine bestimmte Zahl drückt diese bestimmte Zahlhaftigkeit aus, die man in mathematischen Zahlausdrücken finden kann, aber auch in der Eigenschaft der Zahlhaftigkeit, einer Ordinalität oder Kardinalität in Naturobjekten oder Objektmengen.
Danke vielmals für die Antwort, Herr Endemann. Ich muss jetzt erstmal darüber nachdenken, ob ich Ihre Darlegungen verstehen kann - aber ich werde es so gut es geht versuchen.
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ich denke , du brauchst dir eigentlich nur Wolfgang Endemanns These zu merken .. ich zitiere .. "Eine Zahl ist ein reines Gedankending ... "
Wohlgemerkt jedoch letzendlich vermittelt als ein reines Gedankending , das nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnis a priori enthält.
Denn "empirisch" sind da keine fünf Finger. Setz doch ein Gleichheitszeichen , bei der Summe derer, ein Gleiches voraus . Was ganz sicher nicht der Fall ist.
Wenn du dir Wolfgang Endemanns These .. "Eine Zahl ist ein reines Gedankending .. gemerkt hast , so brauchst du dir zur Bestätigung und zum besseren Verständnis dessen , dazu eigenlich nur die beiden letzten Sätze vergenwärtigen. Zumindest gehe ich einmal davon aus.
- "Zuvörderst muß bemerkt werden: daß eigentliche mathematische Sätze jederzeit Urteile a priori und nicht empirisch sein, weil sie Notwendigkeit bei sich führen, welche aus Erfahrung nicht abgenommen werden kann. Will man aber dieses nicht einräumen, wohlan, so schränke ich meinen Satz auf die reine Mathematik ein, deren Begriff es schon mit sich bringt, daß sie nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnis a priori enthalte."
Kant ... Kritik der reinen Vernunft
- "Man sollte anfänglich zwar denken daß der Satz 7+5=12 ein bloß analytischer Satz sei, der aus dem Begriffe einer Summe von Sieben und Fünf nach dem Satze des Widerspruches erfolge. Allein, wenn man es näher betrachtet, so findet man, daß der Begriff der Summe von 7 und 5 nichts weiter enthalte, als die Vereinigung beider Zahlen in eine einzige, wodurch ganz und gar nicht gedacht wird, welches diese einzige Zahl sei, die beide zusammenfaßt. Der Begriff von Zwölf ist keinesweges dadurch schon gedacht, daß ich mir bloß jene Vereinigung von Sieben und Fünf denke, und, ich mag meinen Begriff von einer solchen möglichen Summe noch so lange zergliedern, so werde ich doch darin die Zwölf nicht antreffen. Man muß über diese Begriffe hinausgehen, indem man die Anschauung zu Hülfe nimmt, die einem von beiden korrespondiert, etwa seine fünf Finger, oder (wie Segner in seiner Arithmetik) fünf Punkte, und so nach und nach die Einheiten der in der Anschauung gegebenen Fünf zu dem Begriffe der Sieben hinzutut. Denn ich nehme zuerst die Zahl 7, und, indem ich für den Begriff der 5 die Finger meiner Hand als Anschauung zu Hülfe nehme, so tue ich die Einheiten, die ich vorher zusammennahm, um die Zahl 5 auszumachen, nun an jenem meinem Bilde nach und nach zur Zahl 7, und sehe so die Zahl 12 entspringen. Daß 7 zu 5 hinzugetan werden sollten, habe ich zwar in dem Begriff einer Summe = 7+5 gedacht, aber nicht, daß diese Summe der Zahl 12 gleich sei. Der arithmetische Satz ist also[56] jederzeit synthetisch; welches man desto deutlicher inne wird, wenn man etwas größere Zahlen nimmt, da es denn klar einleuchtet, daß, wir möchten unsere Begriffe drehen und wenden, wie wir wollen, wir, ohne die Anschauung zu Hülfe zu nehmen, vermittelst der bloßen Zergliederung unserer Begriffe die Summe niemals finden könnten."
Kant ... Kritik der reinen Vernunft
Wohlgemerkt jedoch letzendlich vermittelt als ein reines Gedankending , das nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnis a priori enthält.
Denn "empirisch" sind da keine fünf Finger. Setz doch ein Gleichheitszeichen , bei der Summe derer, ein Gleiches voraus . Was ganz sicher nicht der Fall ist.
Wenn du dir Wolfgang Endemanns These .. "Eine Zahl ist ein reines Gedankending .. gemerkt hast , so brauchst du dir zur Bestätigung und zum besseren Verständnis dessen , dazu eigenlich nur die beiden letzten Sätze vergenwärtigen. Zumindest gehe ich einmal davon aus.
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Kant hat das Fundament unseres modernen Denkens gelegt; aber er hat es selbst noch nicht richtig verstanden. Dafür ist das Zitat ein unbestreitbarar Beleg. Kant versteht nicht das Zahlensystem, den Unterschied von Ordinalität und Kardinalität von Zahlen und die Konstruktion der Zahlzeichen. Daher glaubt er, er müsse etwas hinzufügen, er müsse auf Erfahrung zurückgreifen.
Der Ort hier ist dann der Ort eines individuellen Denkens an die Zahl; die eigentlche Zahl als etwas Abstraktes hat für mich keinen realen Ort.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 17. Aug 2024, 22:02Eine Zahl ist ein reines Gedankending, keine res extensa. Aber dieses Ding ist ein Komplex, wie vorher beschrieben. Die gedachte Zahl hat ein materielles Substrat, den physiologischen Sachverhalt, der nachweisbar ist, wenn an diese Zahl gedacht wird. Das ist der Ort.
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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Na nu .. dann sind wohl deshalb auf einmal Zahlen etwa doch nicht reines Gedankending ?Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑So 18. Aug 2024, 17:41Kant hat das Fundament unseres modernen Denkens gelegt; aber er hat es selbst noch nicht richtig verstanden. Dafür ist das Zitat ein unbestreitbarar Beleg. Kant versteht nicht das Zahlensystem, den Unterschied von Ordinalität und Kardinalität von Zahlen und die Konstruktion der Zahlzeichen. Daher glaubt er, er müsse etwas hinzufügen, er müsse auf Erfahrung zurückgreifen.
Wenn gleich mir allerdings dieser Unterschied von Ordinalität und Kardinalität und diese Konstruktion der Zahlzeichen gleichfalls .. selbst! ... als ein reines Gedankending bzw. wie sich Kant zu den Zahlen ausdrückte , als eine reine Erkenntnis a priori erscheint .
Wie dem auch sei ..
. dann kannst du uns doch sicherlich an Hand dieses Unterschiedes bzw. dieser Konstruktion erklären , warum die fünf Finger der Hand , dann doch völlig gleich sind. So das die damit vermittelte Zahl 5 nun mehr somit empirisch und keine reine Erkenntnis a priori mehr ist.Timberlake hat geschrieben : ↑So 18. Aug 2024, 16:44Wie kommen wir denn als ABC Schützen die Zahlen vermittelt ? Wenn nicht eben durch die Anschauung ! Beispielsweise bei der Zahl 5 , der Anschauung , der Finger meiner Hand ! So möge sich an dieser Stelle ein jeder Fragen , ob denn Zahlen , geschweige denn dessen Zergliederung in Summen , ohne Anschauungen überhaupt vermittelbar wären.
Wohlgemerkt jedoch letzendlich vermittelt als ein reines Gedankending , das nicht empirische, sondern bloß reine Erkenntnis a priori enthält.
Denn "empirisch" sind da keine fünf Finger. Setz doch ein Gleichheitszeichen , bei der Summe derer, ein Gleiches voraus . Was ganz sicher nicht der Fall ist.
Ich denke mal , darauf wäre nicht nur ich gespannt.
Übrigens ..
fügst du hier mit diesem .. "materiellen Substrat, den physiologischen Sachverhalt, der nachweisbar ist" .. nicht auch etwas hinzu und greifst du deshalb nicht auch auf dessen Erfahrung zurück ? Allerdings im Gegensatz zu Kant bzw. zu meiner Interpretation von Kant lässt du völlig offen , von welcher Beschaffenheit dieses Substrat ist. Die wäre demach empirisch und würde als solches diesen Ort , wo diese Zahl als reine Erkenntnis a priori nicht empirisch gedacht wird , zu einem Ort der Synthese machen ...Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 17. Aug 2024, 22:02. Die gedachte Zahl hat ein materielles Substrat, den physiologischen Sachverhalt, der nachweisbar ist, wenn an diese Zahl gedacht wird. Das ist der Ort.
- "Mathematische Urteile sind insgesamt synthetisch. Dieser Satz scheint den Bemerkungen der Zergliederer der menschlichen Vernunft bisher entgangen, ja allen ihren Vermutungen gerade entgegengesetzt zu sein, ob er gleich unwidersprechlich gewiß und in der Folge sehr wichtig ist."
Kant .. Kritik der reinen Vernunft
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Keineswegs. Dann erkläre ich es einmal auf meine Weise. Ob das die beste Weise ist, weiß ich nicht, ich kann es mir ja gar nicht anders vorstellen, und habe daher Schwierigkeiten, mich in ein anderes Denken hineinzuversetzen.Timberlake hat geschrieben : ↑Mo 19. Aug 2024, 01:36
. dann kannst du uns doch sicherlich an Hand dieses Unterschiedes bzw. dieser Konstruktion erklären , warum die fünf Finger der Hand , dann doch völlig gleich sind. So das die damit vermittelte Zahl 5 nun mehr somit empirisch und keine reine Erkenntnis a priori mehr ist.
Natürlich sind viele geneigt, sich abstrakte mathematische Dinge (abstrakt im doppelten Sinn: als mathematische und als in der Mathematik noch einmal abstrahiertere Dinge) vorzustellen, und dann nehmen wir die konkreten Vorstellungen zuhilfe, exemplarisch die zehn Finger, um die zehn Ziffern zu konkretisieren. Aber das ist ja streng genommen falsch. Die zehn Finger sind nicht zehn einzelne Finger, sie sind nicht gleich, sie sind also tatsächlich eine sehr falsche Vorstellung/Konkretisierung.
Ordinal könnte ich jedem Finger einen Kleinbuchstaben zuordnen, a bis j, diese 10 Objekte kann ich beliebig anordnen, es ist immer die unverzweigte Aufzählung von 10 Objekten, je zwei unterschiedliche können bijektiv aufeinander abgebildet werden. Kardinalität ist nicht gegeben, weil unsere 10 Finger paarweise verschieden sind. Mathematisch behandelt man die Zahlen also algebraisch oder arithmetisch, legen wir die arithmetische Sicht zugrunde, verschmelzen beide Strukturtypen. Das sind dann die 10 Zahlen, auf die die unendliche Menge der natürlichen Zahlen im modulo-10-System abgebildet wird.Es gibt keinen Grund, die 10 so auszuzeichnen, das kann man mit jeder natürlichen Zahl machen, der Computer nimmt die 2, ganz praktisch ist auch die 16. Es dürften aber in unserer Mathematik die 10 Finger gewesen sein, die die Wahl auf 10 Ziffern fallen ließ.
Wenn wir, daß wir die 10-Finger-Anschauung zuhilfe nehmen, liegt daran, daß wir zu wirklich abstrakten Vorstellungen zu blöd sind. Aber wir sind ja sehr lernfähige Tiere, daher können wir das abstrakte Denken lernen. Dann machen wir uns von den falsche Konkretisierungen frei.
Die natürlichen Zahlen sind das System von Objekten, die sich rekursiv bilden lassen durch ein Grundelement 1, richtiger I, und die Nachfolgeoperation N, mit deren Hilfe man die gesamte Menge der natürlichen Zahlen erzeugen kann. Diesen Elementen gebe ich Zahlnamen, also:
I ≡ 1, N(I) ≡ II ≡ 2, N(II) ≡ NN(I) ≡ III ≡ 3, N(III) ≡ NNN(I) ≡ IIII ≡ 4, N(IIII) ≡ IIIII ≡ 5 usw.
Damit ich die Zahlnamen unbeschränkt bilden kann, muß ich ein rekursives Verfahren entwickeln, und das liefert mir die oben schon erwähnte Modulo-Menge. Dazu muß ich etwa den neun erstdefinierten Zahlnamen eine zehnte, die ich später das Nullelement nenne, hinzufügen, die Null, 0, dann kann ich den Nachfolger N(IIIIIIIII) ≡ N(9) mit einer Zweiziffernzahl bezeichnen (1,0), kurz 10, N(10)≡11, usw. Will ich mit riesigen Zahlen umgehen, könnte ich auch das Potenzsystem nehmen, 10003 ≡ (1,0,3) ≡ 1·100·100 + 0·10·10 + 3·1.
Dann lassen sich ohne jegliche Zuhilfenahme von Anschauung das Assoziativgesetz, das Kommutativgesetz und die Linearität (((x+y)+z)-(x+y) = (x+z)-x = z) beweisen. Die Erkenntnis 7+5=12 ist die Trivialität, daß der fünfte Nachfolger von 7 die Zweiziffernzahl 12 genannt wird.
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In dem du jedem Finger einen Kleinbuchstaben von a bis j zuordnest , sind die Finger noch unterscheidbar. Eine Unterscheidbarkeit , die du . in dem du von 10 Objekte sprichst, aufgehoben hast. Als solches hast du einen Wechsel von einer Qualität , der Unterscheidbarkeit durch Buchstaben , zu einer völlig anderen Qualtität , der Nichtmehrunterscheidbarkeit durch 10 Objekte vollzogen.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 19. Aug 2024, 10:41
Ordinal könnte ich jedem Finger einen Kleinbuchstaben zuordnen, a bis j, diese 10 Objekte kann ich
Im Unterschied zu den Buchstaben , ist 10 ist eine Zahl !
Eine Zahl , die es dir ermöglicht mit den "10" Fingern an der Hand zu rechnen. Etwas ,was ich mit den Buchstaben ausschließen würde. Zumindest in der, von dir hier beschriebenen Form . Dazu nur mal zum Vergleich ...
- Variablen
Eine Variable ist ein Platzhalter für eine unbekannte oder unbestimmte ... Zahl! .. Meistens werden Variablen .. mit Buchstaben! ... wie beispielsweise a, b, c oder x, y, z oder Symbolen beschrieben.
Zwei verschiedene Qualitäten verschmelzen zu wollen ist in etwa so unmöglich , wie das man den Aggregazustand Flüssig des Wasser mit den Aggregatzustand Fest für Eis verschmelzen würde. Gleichwohl sich von daher, also diesem Beispiel , sicherlich ein Art Kompromiss zwischen den "Aggregazustand" Buchstabe und den "Aggregazustand" Zahl anbieten würde ..Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 19. Aug 2024, 10:41Kardinalität ist nicht gegeben, weil unsere 10 Finger paarweise verschieden sind. Mathematisch behandelt man die Zahlen also algebraisch oder arithmetisch, legen wir die arithmetische Sicht zugrunde, verschmelzen beide Strukturtypen.
.. und zwar in dem wir uns dabei auf die Erfahrung oder besser auf die Anschauung der Finger beziehen. In etwa so , wie wir das bei den Aggregatzuständen flüssig und fest , bei dem Wasser tun. und um auch dazu und zwar zur Einordnung der Anschauung Kant zu Wort kommen zu lassenWolfgang Endemann hat geschrieben : ↑So 18. Aug 2024, 17:41Kant hat das Fundament unseres modernen Denkens gelegt; aber er hat es selbst noch nicht richtig verstanden. Dafür ist das Zitat ein unbestreitbarar Beleg. Kant versteht nicht das Zahlensystem, den Unterschied von Ordinalität und Kardinalität von Zahlen und die Konstruktion der Zahlzeichen. Daher glaubt er, er müsse etwas hinzufügen, er müsse auf Erfahrung zurückgreifen.
- "Unsre Erkenntnis entspringt aus zwei Grundquellen des Gemüts, deren die erste ist, die Vorstellungen zu empfangen (die Rezeptivität der Eindrücke), die zweite das Vermögen, durch diese Vorstellungen einen Gegenstand zu erkennen (Spontaneität der Begriffe); durch die erstere wird uns ein Gegenstand gegeben, durch die zweite wird dieser im Verhältnis auf jene Vorstellung (als bloße Bestimmung des Gemüts) gedacht. Anschauung und Begriffe machen also die Elemente aller unsrer Erkenntnis aus, so daß weder Begriffe, ohne ihnen auf einige Art korrespondierende Anschauung, noch Anschauung ohne Begriffe, ein Erkenntnis abgeben können"
Kant Kritik .. der reinen Vernunft
Übrigens
Du darfst dir bei dieser Gelegenheit Zahlen gerne als das Eis des Wasser bzw. als den Begriff einer Vorstellung "vorstellen" .
.. vielleicht kanns du dir ja nun mehr "anderes" vorstellen.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 19. Aug 2024, 10:41
Dann erkläre ich es einmal auf meine Weise. Ob das die beste Weise ist, weiß ich nicht, ich kann es mir ja gar nicht anders vorstellen, und habe daher Schwierigkeiten, mich in ein anderes Denken hineinzuversetzen.
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Die Mathematik interessiert sich nicht für strukturlos Individuelles.Timberlake hat geschrieben : ↑Di 20. Aug 2024, 15:18
!n dem du jedem Finger einen Kleinbuchstaben von a bis j zuordnest , sind die Finger noch unterscheidbar.
"Weil Platzhalter einer Zahl darstellend , in Form einer Variable , kannst man mit Buchstaben rechnen"
Das stimmt nicht ganz. In der Mathematik unterscheidet man Konstanten, gebundene und ungebundene Variablen. Meist werden Konstanten mit den ersten Buchstaben des Alphabets a, b, usw bezeichnet - die Lichtgeschwindigkeit wird zB c genannt, die Variablen dagegen mit den Endbuchstaben des Alphabets u, v, w, x, y, z.
Wenn V der Existenz-, Ʌ der Allquantor ist, kann ich eine Formel schreiben:
x<y˄Ʌy((y<n)→Ʌx((x≤y˅x=m)→E(x,y)˄F(2x,y,n))˅Vx(x>m˄E(x,x)))
Diese Formel habe ich ohne Sinn aufgeschrieben, aber syntaktisch korrekt. Die Eigenschaften oder Prädikate E und F sind überall die gleichen, m und n sind Konstanten, die auch überall gleich sind. Das erste x und das erste y sind freie Variable, die überall, wo sie ungebunden auftreten, gleich sind, beim zweiten Auftreten sind sie gebunden, stehen also unter dem Einflußbereich der Quantoren V oder Ʌ und müssen in diesen Grenzen, die durch die Klammern ( und ) festgelegt sind, festgehalten werden. Das zweite y ist also eine festgehaltene Variable bis zum Schluß, das zweite x dagegen gilt bis zum Existenzquantor, dieses dritte x ist dann bis zum Schluß fest. Diese zwei y und drei x sind die gleichen Zeichen für ganz verschiedene Variablen.
"Zwei verschiedene Qualitäten verschmelzen zu wollen ist in etwa so unmöglich"
In Deinem Beispiel stimmt das, aber da handelt es sich um komplementäre Eigenschaften. In der Regel hat man es mit unabhängigen Eigenschaften zu tun, zB Schwere, Haltbarkeit, Farbe, usw. Die Mathematik ist die allgemeine Strukturwissenschaft, die strukturellen Beziehungen, die die Zahlen aufweisen, sind ein Spezialgebiet. Algebra und Arithmetik stehen sich nicht fremd gegenüber, sondern man kann die Arithmetik als ein Spezialfall der Algebra sehen, mit spezifischen Zahlobjekten, Zahlkörpern.
Unsere Anschauungsformen definieren unser naives Denken, sind natürlich in gewisser Weise Grundlage des Denkens. Aber wir müssen uns, wenn wir richtig denken wollen, auch von diesen Grundlagen lösen können. Es geht nicht darum, alles Denken auf naives Denken zurückzuführen, sondern das Denken in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit zu bringen, und da, wo wir frei denken können, kreativ und zu unserem Wohle mit ihm umzugehen.
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Bei den Fragen, "Was ist Philosophie?" und "Was ist Kunst?" verhält es sich für manche Philosophen und Künstlerinnen womöglich nicht viel besser. Ode ist "Zahl" ein Grundbegriff unseres Denkens (wie vielleicht Wahrheit), der sich nicht durch andere definieren lässt? Wie die Antwort(en), die Beutelspacher immerhin verspricht, weiß ich leider nicht, hab das Buch bisher nicht gelesen :-)Albrecht Beutelspacher, Zahlen hat geschrieben : «Was ist eigentlich eine Zahl?» Es gibt kaum etwas, womit man einen Mathematiker so leicht in Verlegenheit bringen kann, wie mit dieser simplen Frage. Man denkt: Wenn die Mathematiker etwas wissen müssen, dann zumindest, was eine Zahl ist. Denn sie beschäftigen sich doch die ganze Zeit mit Zahlen!
Aber jede Mathematikerin und jeder Mathematiker wird bei dieser Frage zunächst leicht verlegen werden, dann so etwas murmeln wie «Das ist nicht so einfach, wie Sie denken» und eigentlich am liebsten die Antwort verweigern. Nach einiger Zeit wird sie bzw. er aber zugeben müssen, keine wirkliche Antwort zu wissen.
Skandalös: Die einfachste Frage an die Mathematik bleibt ohne Antwort!
Das liegt daran, dass diese Frage keine Antwort hat. Jedenfalls keine einfache. Und auch nicht nur eine ...
Albrecht Beutelspacher war bis 2018 Professor für Mathematik an der Universität Gießen.
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Damit sind wir bei dem alten, unbeantworteten Problem: Wie lässt sich die Annahme, dass Zahlen als "Gedankendinge" ihren "Ort" im Gehirn haben, mit der Tatsache vereinbaren, dass mathematische Erkenntnisse unabhängig von individuellen Denkprozessen universell gültig sind? Wie lässt sich also das Spannungsverhältnis zwischen der angeblichen subjektiven Verankerung von Zahlen in neuronalen Strukturen und ihrer objektiven Gültigkeit in der Mathematik erklären?
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Eine rhetorische Feststellung und Antwort. Das verstehe ich gut, Beutelspacher wollte ein populärwissenschaftliches Buch über Zahlen schreiben und das ist mehr als verdienstvoll. Da liegt es nahe, das Thema mit ein paar Scheinparadoxien aufzupeppen. Aber das hat das Thema gar nicht nötig. Die (An)Zahlhaftigkeit ist eine der häufigsten Eigenschaften, "zwei Finger der linken Hand waren vom Nagelpilz befallen", "die Zornesröte stieg ihm ins Gesucht", "die Frucht der kultivierten Pflanze ist oval, die der Wildpflanze rund und giftig", "er wurde immer schneller". Während nur die erste Aussage explizit von einer Anzahl spricht, steckt in der 2. und 4. Aussage ein "mehr von", und "oval" ist eine geschlossene Kurve, der man einen inneren Punkt zuordnen kann, bei dem sich die Unterschiede der Entfernungen zu den Ovalpunkten zu einem Wert mitteln. Ist das Oval eine Ellipse, ist es allerdings sinnvoller, von zwei Mittelpunkten auszugehen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 22. Aug 2024, 07:26
Skandalös: Die einfachste Frage an die Mathematik bleibt ohne Antwort!
Einzigartige Dinge sind in der Realen Welt äußerst selten. Die nichteinzigartigen Dinge sind Vielheiten oder Vergleichbarkeiten. Die Mathematik idealisiert diese Gegebenheiten in der Anzähligkeit und der Quantifizierung der Objekte bzw Objekteigenschaften. Dann ist die Welt angewandte Mathematik. "Da laufen die drei Brüder von Uschi" - Bruderzahl und quantifizierte Bewegung. Da iat es ein bißchen naiv, zu sagen, man wüßte nicht, was Zahlen und Quantitäten sind.
Freilich war nicht zu erwarten, daß man bei dieser Abstraktion auf Zahlen auf ein unfaßbar komplexes Wissensgebiet stoßen würde, dessen Gesetzmäßigkeiten sich auf alles übertragen ließen, was korrekt abstrahiert wurde. Und auch die Verunsicherung der Mathematiker ist verständlich, denn es wurde von allem material-qualitativen abstrahiert, um zur Zahl zu kommen; was ist das rein Mathematische in der Welt, es ist ja außerhalb der Welt, eine Form ohne Inhalt. Formal müssen die Dinge der Welt den Regeln der Mathematik folgen, sonst gäbe es keine Ordnung, alles könnte genauso gut anders sein, die Welt wäre nicht verstehbar. Die Erfolge der Mathematik zeigen bislang, daß wir richtig abstrahiert haben, und daß wir formal denken können.
Ot, da es hier um Zahlen geht, aber wo Du es schon angesprochen hast: ja, das ist ähnlich der Philosophie und der Kunst, auch sie bedürfen der Abstraktion von Alltagserfahrung und unmittelbarer Zweckbestimmung. Die Zahlhaftigkeit ist eine dominante Alltagserfahrung, aber sie führt erst über eine allen Menschen mögliche, aber von vielen ungeliebte und darum verweigerte Abstraktion zur Mathematik. Das ist schade, denn die, die diesen Schritt ausprobieren, werden reichlich belohnt.
In dem man Zahlen als "Gedankendinge im Gehirn" verwirft und nur als abstrakte Dinge begreift. Buchstaben als andere abstrakte Dinge wird man auch nicht im Gehirn suchen, oder?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Do 22. Aug 2024, 07:54Damit sind wir bei dem alten, unbeantworteten Problem: Wie lässt sich die Annahme, dass Zahlen als "Gedankendinge" ihren "Ort" im Gehirn haben, mit der Tatsache vereinbaren, dass mathematische Erkenntnisse unabhängig von individuellen Denkprozessen universell gültig sind? Wie lässt sich also das Spannungsverhältnis zwischen der angeblichen subjektiven Verankerung von Zahlen in neuronalen Strukturen und ihrer objektiven Gültigkeit in der Mathematik erklären?
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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.. und ich denke , das mit "guten" Grund. Lässt sich doch strukturloses und Individuelles nur schwer mit Zahlen und in Folge dessen mit Mathematik abbilden. Wenn hier also die Frage gestellt wird , was sind Zahlen, dann weiß man zumindest nun mehr , was sie nicht sind und zwar Abbilder von Strukturlosem und Individuellem. Gleichwohl ich diese Zuordnung der Kleinbuchstaben von a bis j , für die zehn Finger , weder als strukturlos noch als Individuell bezeichnen würde.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Di 20. Aug 2024, 17:55Die Mathematik interessiert sich nicht für strukturlos Individuelles.Timberlake hat geschrieben : ↑Di 20. Aug 2024, 15:18
!n dem du jedem Finger einen Kleinbuchstaben von a bis j zuordnest , sind die Finger noch unterscheidbar.
Wenn es denn darum geht , das Denken in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit zu bringen, so scheint offenbar unser "zahlenmäßiges" Denken schon an dieser durchaus strukturierten und als solches verallgemeinernden Wirklichkeit zu scheitern.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Di 20. Aug 2024, 17:55
Unsere Anschauungsformen definieren unser naives Denken, sind natürlich in gewisser Weise Grundlage des Denkens. Aber wir müssen uns, wenn wir richtig denken wollen, auch von diesen Grundlagen lösen können. Es geht nicht darum, alles Denken auf naives Denken zurückzuführen, sondern das Denken in Übereinstimmung mit der Wirklichkeit zu bringen, und da, wo wir frei denken können, kreativ und zu unserem Wohle mit ihm umzugehen.
Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 22. Aug 2024, 18:30Die (An)Zahlhaftigkeit ist eine der häufigsten Eigenschaften, "zwei Finger der linken Hand waren vom Nagelpilz befallen",
Einer Wirklichkeit, in der anstatt zwei Finger einer linken Hand , z.B. Finger c und e , der linken Hand , vom Nagelpilz befallen sind.
Übrigens f für Finger würde sich als Platzhalter für eine Zahl und somit für eine Variable anbieten, mit der man rechnen kann. Das ginge mit c und e , für die Finger der linken Hand , ganz sicher nicht.
.. in dem Finger c und e , der linken Hand sehr viel Wirklicher sind , als die zahlenhaftigen zwei Finger einer linken Hand , so würde sich mir da an deiner Stelle schon die Frage stellen , ob mit dieser Belohnung nicht auch zugleich ein Verlust von Wirklichkeit einhergeht.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Do 22. Aug 2024, 18:30
Ot, da es hier um Zahlen geht, aber wo Du es schon angesprochen hast: ja, das ist ähnlich der Philosophie und der Kunst, auch sie bedürfen der Abstraktion von Alltagserfahrung und unmittelbarer Zweckbestimmung. Die Zahlhaftigkeit ist eine dominante Alltagserfahrung, aber sie führt erst über eine allen Menschen mögliche, aber von vielen ungeliebte und darum verweigerte Abstraktion zur Mathematik. Das ist schade, denn die, die diesen Schritt ausprobieren, werden reichlich belohnt.
Zahlen (1, 2, 3, ..., und all die lustigen Zwischenwerte, samt ihrer schrägen Verwandten) haben den gemeinsamen Charakter, dass sie über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmbar sind.
Auf Basis dieses Charakters kann für eine Zahl auch ein Platzhalter eingesetzt und mit dem Platzhalter ein grösseres/allgemeineres Spektrum abgedeckt werden.
Das Geheimnis im Verhältnis zwischen Zahl und Platzhalter ist, dass der grundlegende Charakter einer Bestimmung nicht verändert wird.
Im Grunde könnte man für einen Platzhalter auch "Cola-Dose" einsetzen wollen.
Das macht aber keinen Sinn, weil dieses Ersetzen nicht den mathematischen "Verhaltensregeln" entspricht.
"Cola-Dose" ist nichts, das über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmbar ist.
Mathematik ist ein Werkzeugkasten aus bestimmten Reaktionen und man darf sich "dort" nur auf Basis dieser Reaktionen "bewegen".
Zahlen können auf unterschiedliche Weise über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmt werden bzw. sie stehen für unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln".
Eine konkrete Zahl ist sozusagen der "Ort" (das Ergebnis), den man in der Planung über konkrete mathematische "Verhaltensregeln" erreichen kann.
(Das ist auch der Grund, weshalb Zahl und Formel so wunderbar harmonieren: es ist schlicht dasselbe Prinzip, derselbe Charakter)
Der Unterscheidung von Zahlentypen (Ganze Zahlen, natürliche Zahlen, rationale Zahlen usw. usf.) liegt zugrunde, dass es um unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln" zur Bestimmung geht.
"Man bewegt sich planend auf unterschiedliche Weise bzw. in unterschiedlicher Umgebung".
Die mathematischen "Verhaltensregeln" liegen auch der Darstellung einer Zahl zugrunde.
Eine Zahl ist sozusagen auch in ihrer Darstellung der Vorgang einer "Bestimmung".
Hat man die "Verhaltensregeln" des Dezimalsystems verinnerlicht, dann kann man dennoch beim Hexadezimalsystem ins Stocken kommen, weil es ungewohnte Abläufe sind.
Geht man über zu römischen Zahlen, dann beginnt vermutlich jeder mit "Schicht im Schacht" und der Grund hierfür liegt in den sehr ungewohnten mathematischen "Verhaltensregeln" zur Bestimmung der Zahl.
Auf die Frage, was ist eine Zahl, kann man also ganz einfach antworten: es ist der Vorgang einer mathematischen Bestimmung.
Da der Mensch aus allem ein Objekt machen kann, ist dies auch für Vorgänge, für Verhaltensweisen durchführbar.
Eine Zahl ist nicht mehr Objekt/Existenz, als "das Lange-Haare-Haben" oder "das Dumm-In-Der-Gegend-Herumstehen".
Dass hier aus der Philosophie heraus natürlich wieder mit der Ontologie-Kanone gefeuert werden muss, "erstaunt uns nicht wirklich"
Auf Basis dieses Charakters kann für eine Zahl auch ein Platzhalter eingesetzt und mit dem Platzhalter ein grösseres/allgemeineres Spektrum abgedeckt werden.
Das Geheimnis im Verhältnis zwischen Zahl und Platzhalter ist, dass der grundlegende Charakter einer Bestimmung nicht verändert wird.
Im Grunde könnte man für einen Platzhalter auch "Cola-Dose" einsetzen wollen.
Das macht aber keinen Sinn, weil dieses Ersetzen nicht den mathematischen "Verhaltensregeln" entspricht.
"Cola-Dose" ist nichts, das über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmbar ist.
Mathematik ist ein Werkzeugkasten aus bestimmten Reaktionen und man darf sich "dort" nur auf Basis dieser Reaktionen "bewegen".
Zahlen können auf unterschiedliche Weise über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmt werden bzw. sie stehen für unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln".
Eine konkrete Zahl ist sozusagen der "Ort" (das Ergebnis), den man in der Planung über konkrete mathematische "Verhaltensregeln" erreichen kann.
(Das ist auch der Grund, weshalb Zahl und Formel so wunderbar harmonieren: es ist schlicht dasselbe Prinzip, derselbe Charakter)
Der Unterscheidung von Zahlentypen (Ganze Zahlen, natürliche Zahlen, rationale Zahlen usw. usf.) liegt zugrunde, dass es um unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln" zur Bestimmung geht.
"Man bewegt sich planend auf unterschiedliche Weise bzw. in unterschiedlicher Umgebung".
Die mathematischen "Verhaltensregeln" liegen auch der Darstellung einer Zahl zugrunde.
Eine Zahl ist sozusagen auch in ihrer Darstellung der Vorgang einer "Bestimmung".
Hat man die "Verhaltensregeln" des Dezimalsystems verinnerlicht, dann kann man dennoch beim Hexadezimalsystem ins Stocken kommen, weil es ungewohnte Abläufe sind.
Geht man über zu römischen Zahlen, dann beginnt vermutlich jeder mit "Schicht im Schacht" und der Grund hierfür liegt in den sehr ungewohnten mathematischen "Verhaltensregeln" zur Bestimmung der Zahl.
Auf die Frage, was ist eine Zahl, kann man also ganz einfach antworten: es ist der Vorgang einer mathematischen Bestimmung.
Da der Mensch aus allem ein Objekt machen kann, ist dies auch für Vorgänge, für Verhaltensweisen durchführbar.
Eine Zahl ist nicht mehr Objekt/Existenz, als "das Lange-Haare-Haben" oder "das Dumm-In-Der-Gegend-Herumstehen".
Dass hier aus der Philosophie heraus natürlich wieder mit der Ontologie-Kanone gefeuert werden muss, "erstaunt uns nicht wirklich"
- Jörn Budesheim
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@Wolfgang Endemann
Erstmal danke für deinen Text. Dennoch: Dein Text beginnt mit einem ad personam gegen Beutelspacher, das erstens nichts zur Sache beiträgt und zweitens auch an den Fakten vorbeigeht. Nirgendwo in Beutelspachers Text finden sich 'rhetorische Feststellungen' oder 'Scheinparadoxien'. Stattdessen geht es darum, dass man mit der Frage «Was ist eigentlich eine Zahl?» selbst Mathematiker leicht in Verlegenheit bringen kann. Die Frage scheint es also in sich zu haben. Und das hervorzuheben, ist völlig angemessen. Dass das Buch populärwissenschaftlich ist, ändert daran nichts.
Zurück zum Inhalt: In Bezug auf deine Argumentation halte ich es für wichtig, zu unterscheiden: Zwar benutzen wir Zahlen, um zu zählen, aber Zahlen als abstrakte Entitäten sind nicht dasselbe wie der konkrete Akt des Zählens, der uns eine Anzahl beschert. Die Tatsache, dass wir einige Zahlen als Werkzeuge im Alltag verwenden können, sagt noch nichts über den "Ort" der Zahlen aus. Die drei Äpfel liegen dort, das heißt aber nicht, dass die 3 dort liegt. Und wo ist die siebentausendfünfhunderteinundneunzigste Stelle von Pi? In der Schale neben dem dritten Apfel von rechts? Sicher nicht. Ebenso wenig ist sie in deinem oder sonst einem Kopf. Denn welche Zahl wir an der fraglichen Stelle von Pi finden, finden wir nicht durch Untersuchungen irgendwelcher Köpfe, zum Beispiel mithilfe einer MRT.
Damit sind wir bei dem alten, unbeantworteten Problem: Wie lässt sich die Annahme, dass Zahlen als "Gedankendinge" ihren "Ort" im Gehirn haben, mit der Tatsache vereinbaren, dass mathematische Erkenntnisse unabhängig von individuellen Denkprozessen universell gültig sind? Wie lässt sich also das Spannungsverhältnis zwischen der angeblichen subjektiven Verankerung von Zahlen in neuronalen Strukturen und ihrer objektiven Gültigkeit in der Mathematik erklären?
Kurz: Zählen mag ein Vorgang sein, der uns einen ersten Zugang zu Zahlen über Anzahlen eröffnet, aber die eigentliche Bedeutung von Zahlen geht weit darüber hinaus. Das kann selbst ich als Laie sagen.
Erstmal danke für deinen Text. Dennoch: Dein Text beginnt mit einem ad personam gegen Beutelspacher, das erstens nichts zur Sache beiträgt und zweitens auch an den Fakten vorbeigeht. Nirgendwo in Beutelspachers Text finden sich 'rhetorische Feststellungen' oder 'Scheinparadoxien'. Stattdessen geht es darum, dass man mit der Frage «Was ist eigentlich eine Zahl?» selbst Mathematiker leicht in Verlegenheit bringen kann. Die Frage scheint es also in sich zu haben. Und das hervorzuheben, ist völlig angemessen. Dass das Buch populärwissenschaftlich ist, ändert daran nichts.
Zurück zum Inhalt: In Bezug auf deine Argumentation halte ich es für wichtig, zu unterscheiden: Zwar benutzen wir Zahlen, um zu zählen, aber Zahlen als abstrakte Entitäten sind nicht dasselbe wie der konkrete Akt des Zählens, der uns eine Anzahl beschert. Die Tatsache, dass wir einige Zahlen als Werkzeuge im Alltag verwenden können, sagt noch nichts über den "Ort" der Zahlen aus. Die drei Äpfel liegen dort, das heißt aber nicht, dass die 3 dort liegt. Und wo ist die siebentausendfünfhunderteinundneunzigste Stelle von Pi? In der Schale neben dem dritten Apfel von rechts? Sicher nicht. Ebenso wenig ist sie in deinem oder sonst einem Kopf. Denn welche Zahl wir an der fraglichen Stelle von Pi finden, finden wir nicht durch Untersuchungen irgendwelcher Köpfe, zum Beispiel mithilfe einer MRT.
Damit sind wir bei dem alten, unbeantworteten Problem: Wie lässt sich die Annahme, dass Zahlen als "Gedankendinge" ihren "Ort" im Gehirn haben, mit der Tatsache vereinbaren, dass mathematische Erkenntnisse unabhängig von individuellen Denkprozessen universell gültig sind? Wie lässt sich also das Spannungsverhältnis zwischen der angeblichen subjektiven Verankerung von Zahlen in neuronalen Strukturen und ihrer objektiven Gültigkeit in der Mathematik erklären?
Kurz: Zählen mag ein Vorgang sein, der uns einen ersten Zugang zu Zahlen über Anzahlen eröffnet, aber die eigentliche Bedeutung von Zahlen geht weit darüber hinaus. Das kann selbst ich als Laie sagen.
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Ich bin Materialist (und Idealist, aber das steht auf einem anderen Blatt), also gibt es für mich nichts, was nicht in der sinnlichen Welt existiert oder an solch existierendes Materielles gebunden ist. Gedankendinge existieren unmittelbar als physiologische Tatbestände im ZNS, Gehirn von Menschen, rudimantär auch von Tieren, aber der Gedanke ist nicht der physiologische Tatbestand, sondern die Vorstellung, die daran gebunden ist und keinen Ort in der realen Welt hat. Der Gedanke ist etwas abstraktes, aber er unterscheidet sich von anderen Gedanken eben dadurch, daß jeder Gedanken einen eigenen materiellen Träger hat. Die Vorstellungen können sich auf sinnliche Dinge, Dingmengen, Dingkomplexe beziehen oder abstraktiv daraus gewonnen werden, aber auch als abstrakte autonom in der Gedankenwelt gebildet werden. Der Gedanke kann die Vorstellung eines Buchstabens sein. Aber an einen Buchstaben als Statthalter für einen Namen zu denken ist etwas anderes als an einen Buchstaben als eine Variable zu denken, und das ist etwas anderes als an einen Buchstaben als einen Zahlnamen zu denken. Alle diese Vorstellungen sind an unterschiedliche Orte ihrer physiologischen Repräsentanz gebunden, insofern haben sie alle ihren bestimmten Ort im Gehirn. Aber die Gedanken sind selbst ortlos.
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Das stimmt, aber ich sagte ja, die Mathematik interessiert sich nicht für die konkreten Finger, sondern für die Möglichkeit einer Zuordnung, für das Abbilden. Also dafür, ein wohlbestimmtes Element einer Urbildmenge einem wohlbestimmten Element der Abbildmenge zuzuordnen, egal ob Finger, Güllewagen eines landwirtschaftlichen Betriebs oder Zahl der Follower. Es geht um die eineindeutige Abbildung von Objektmenge in die geordnete Zahlmenge der natürlichen Zahlen.Timberlake hat geschrieben : ↑Fr 23. Aug 2024, 01:18Wenn hier also die Frage gestellt wird , was sind Zahlen, dann weiß man zumindest nun mehr , was sie nicht sind und zwar Abbilder von Strukturlosem und Individuellem.
Das ist nicht strukturlos, die Anzahl ist die Struktur, aber es ist auch nicht individuell, denn aus mathematischer Sicht existiert kein Unterschied zu allen Objektmengen mit der gleichen Anzahl.
"so scheint offenbar unser "zahlenmäßiges" Denken schon an dieser durchaus strukturierten und als solches verallgemeinernden Wirklichkeit zu scheitern."
Das würde ich so nicht sagen. Eine Anzahlfeststellung kann in der Wirklichkeit, für das Wirklichkeitsverständnis irrelevant sein. Aber sie wird in der Regel vorgenommen, weil sie eine große Bedeutung hat. ZB in meiner ersten Aussage liefert mir die Zahl der betroffenen Finger die Grundlage, abzuschätzen, für wie lange die verschriebene Medizin reicht.
"Übrigens f für Finger würde sich als Platzhalter für eine Zahl und somit für eine Variable anbieten, mit der man rechnen kann. Das ginge mit c und e , für die Finger der linken Hand , ganz sicher nicht." ? Diese Aussage verstehe ich nicht.
Ich glaube, Du verwechselst hier die individuelle Benennung durch einen Buchstaben mit der mathematischen Benennung einer Konstanten, Es ist völlig egal, welchen Buchstaben wir welchem Finger zuordnen, und es könnten die Buchstaben p, d, f, m, o, i, a, g, r, c sein. 2 bedeutet also nur 2, keine bestimmten zwei.
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@ Körper
Das war wohl als Replik auf Timberlake gedacht, und ich habe ja ähnlich geantwortet.
Dennoch finde ich die Aussagen <Mathematik ist ein Werkzeugkasten aus bestimmten Reaktionen und man darf sich "dort" nur auf Basis dieser Reaktionen "bewegen".> und <Zahlen können auf unterschiedliche Weise über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmt werden bzw. sie stehen für unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln".> unzureichend, das wesentliche unterschlagend. Denn es ist selbstverständlich nicht so, daß Mathematiker beliebige Regeln, und nicht einmal beliebige konsistente Regeln aufstellen, sondern nur solche, die in eine Konzeption des formalen wahrheitserhaltenden Schließens passen. Es ist dieses abstrakte System der Wahrheit, das immer weiter ausgebaut wird. Strukturerkenntnisse über diese Welt kann es geben, wenn sich die Welt mit der Mathematik erfassen läßt.
"Der Unterscheidung von Zahlentypen (Ganze Zahlen, natürliche Zahlen, rationale Zahlen usw. usf.) liegt zugrunde, dass es um unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln" zur Bestimmung geht."
Das ist mir unverständlich. Aber ich sage es mich wiederholend mal mit eigenen Worten, oder wie es in einem guten Mathematikunterricht in der Schule gelernt wird, vielleicht ist ja das gleiche gemeint. Die natürlichen Zahlen geben die Vielheit einer Einheit an. Mit diesen Zahlen können wir keine kontinuierlichen Größen bezeichnen. Wenn wir kontinuierlich mehr oder weniger ausdrücken wollen, müssen wir Zwischenzahlen zwischen den natürlichen bestimmen können. Die natürlichen Zahlen können wir durch Multiplikation vergrößern, durch Division können wir sie verkleinern, teilen. Da uns unendlich viele natürliche Zahlen zur Verfügung stehen, können wir etwa die 1 beliebig verkleinern, in n Teile der Größe 1/n. Mit den n Zahlen m≤n haben wie den Einerschritt von 0 auf 1 in n gleiche Teile geteilt, und auch alle Schritte von einer natürlichen Zahl k zu k+1, denn k+m/n überträgt diese Teilung. Verallgemeinert heißt das, wir können mit den Zahlen m/n, jetzt mit unbeschränktem m und n, in beliebiger Dichte alle Zwischenräume erfassen, also Kontinuität. Die rationalen Zahlen, die aus natürlichen Zahlen gebildet werden, erschließen das Kontinuierliche. Nicht mehr intuitiv, aber mathematisch sehr einfach und elegant läßt sich zeigen daß man noch viel sinnvoller von einer viel größeren Zahlenmenge des Kontinuums ausgehen kann.
Das "natürliche Zahlen bilden" ist der Vorgang einer mathematischen Bestimmung. Aber daß diese Abstraktion etwas anderes ist als "das Dumm-in-der-Gegend-Herumstehen", diese womöglich sehr treffende, gar nicht dumme Feststellung in der Realwelt, sollte doch bemerkt werden.
Das war wohl als Replik auf Timberlake gedacht, und ich habe ja ähnlich geantwortet.
Dennoch finde ich die Aussagen <Mathematik ist ein Werkzeugkasten aus bestimmten Reaktionen und man darf sich "dort" nur auf Basis dieser Reaktionen "bewegen".> und <Zahlen können auf unterschiedliche Weise über mathematische "Verhaltensregeln" bestimmt werden bzw. sie stehen für unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln".> unzureichend, das wesentliche unterschlagend. Denn es ist selbstverständlich nicht so, daß Mathematiker beliebige Regeln, und nicht einmal beliebige konsistente Regeln aufstellen, sondern nur solche, die in eine Konzeption des formalen wahrheitserhaltenden Schließens passen. Es ist dieses abstrakte System der Wahrheit, das immer weiter ausgebaut wird. Strukturerkenntnisse über diese Welt kann es geben, wenn sich die Welt mit der Mathematik erfassen läßt.
"Der Unterscheidung von Zahlentypen (Ganze Zahlen, natürliche Zahlen, rationale Zahlen usw. usf.) liegt zugrunde, dass es um unterschiedliche mathematische "Verhaltensregeln" zur Bestimmung geht."
Das ist mir unverständlich. Aber ich sage es mich wiederholend mal mit eigenen Worten, oder wie es in einem guten Mathematikunterricht in der Schule gelernt wird, vielleicht ist ja das gleiche gemeint. Die natürlichen Zahlen geben die Vielheit einer Einheit an. Mit diesen Zahlen können wir keine kontinuierlichen Größen bezeichnen. Wenn wir kontinuierlich mehr oder weniger ausdrücken wollen, müssen wir Zwischenzahlen zwischen den natürlichen bestimmen können. Die natürlichen Zahlen können wir durch Multiplikation vergrößern, durch Division können wir sie verkleinern, teilen. Da uns unendlich viele natürliche Zahlen zur Verfügung stehen, können wir etwa die 1 beliebig verkleinern, in n Teile der Größe 1/n. Mit den n Zahlen m≤n haben wie den Einerschritt von 0 auf 1 in n gleiche Teile geteilt, und auch alle Schritte von einer natürlichen Zahl k zu k+1, denn k+m/n überträgt diese Teilung. Verallgemeinert heißt das, wir können mit den Zahlen m/n, jetzt mit unbeschränktem m und n, in beliebiger Dichte alle Zwischenräume erfassen, also Kontinuität. Die rationalen Zahlen, die aus natürlichen Zahlen gebildet werden, erschließen das Kontinuierliche. Nicht mehr intuitiv, aber mathematisch sehr einfach und elegant läßt sich zeigen daß man noch viel sinnvoller von einer viel größeren Zahlenmenge des Kontinuums ausgehen kann.
Das "natürliche Zahlen bilden" ist der Vorgang einer mathematischen Bestimmung. Aber daß diese Abstraktion etwas anderes ist als "das Dumm-in-der-Gegend-Herumstehen", diese womöglich sehr treffende, gar nicht dumme Feststellung in der Realwelt, sollte doch bemerkt werden.