Lichtgeschwindigkeit

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HeinrichUnverzagt
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So 5. Jan 2025, 02:33

[Mod] Das ist eine Auskopplung aus dem Faden "Einen Satz verstehen, heißt, wissen was der Fall ist, wenn er wahr ist"
Timberlake hat geschrieben :
So 29. Dez 2024, 03:00
Um auch dieser Stelle meine Präferenz für Beispiele zu belegen!

Nehmen wir beispielsweise den Satz: Nichts ist schneller als die Lichtgeschwindigkeit

Wenn es bei Wittgenstein heißt: "Einen Satz verstehen, heißt, wissen, was der Fall ist, wenn er wahr ist."

… und wir davon ausgehen, dass dieser Satz wahr ist, dann verstehen wir diesen Satz, wenn wir wissen, dass genau das der Fall ist. Wenn wir nicht wissen, dass "Nichts schneller ist, als die Lichtgeschwindigkeit" der Fall ist und es gab sicherlich eine Zeit, wo genau das zutraf, dann verstehen wir den Satz nicht, obgleich er wahr ist. Wahr wurde er allerdings erst, als man durch eine Messung feststellte, dass das der Fall war. Somit ich einmal denke, dass Wittgenstein uns damit sagen wollte, dass zum Verstehen eines Satzes das Wissen, was der Fall ist, buchstäblich vor der Wahrheit steht. Wie übrigens dergleichen auch vor den Begriffen stehen sollte. Um dazu auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen. Hat sich doch erst mit einer Messung, das nichts schneller ist , der Begriff der Lichtgeschwindigkeit auf diese Weise etabliert. Nach Frege eine Art des Gegebenseins der Lichtgeschwindigkeit.
  • "Eine Verschiedenheit kann nur dadurch zustande kommen, daß der Unterschied des Zeichens einem Unterschiede in der Art des Gegebenseins des Bezeichneten entspricht"
    Gottlob Frege ..Über Sinn und Bedeutung
Beispielsweise im Unterschied in der Art des Gegebenseins einer Geschwindigkeitsangabe in Meter pro Sekunde. Nach einer Messung von 299 792 458 Meter pro Sekunde, wussten wir, dass das der Fall für die Lichtgeschwindigkeit war. Das Merkwürdige war allerdings , sie blieb gleich. Ganz egal, ob man sich auf das Licht zu oder weg bewegt. Obgleich das der Fall und somit der Satz wahr war, konnte das niemand verstehen. Widersprach doch das .. aufgemerkt @ Wolfgang Endemann! ... der mathematischen Logik. Indem er diese mathematische Logik auch auf den Raum und die Zeit anwandte , die somit nicht mehr absolut, sondern "relativ" war, gelang das Verstehen , dieser merkwürdigen "Art des Gegebenseins" , der Lichtgeschwindigkeit , erst Einstein.

Wir hätten es als hier somit drei unterschiedliche Arten des Gegebenseins dessen zu tun , was der Bezeichnung der Lichtgeschwindigkeit entspricht.
Was mir so auffällt: Wahrheit an sich bedingt gewisse Anforderungen. Dass nichts schneller ist als das Licht, ist nur eine Theorie. Quasi eine Gewissheit, jedoch hat Gewissheit nichts mit Wahrheit zu tun. Raum und Zeit zu verquicken ist meines Erachtens sowieso unzulässig. Hat schon William Sidis erkannt. Einsteins Relativitätstheorie ist übrigens auch nur eine Theorie, Allein schon, dass er Vergangenheit und Zukunft eine gewisse "Gleichzeitigkeit" zugesteht, zeugt m. E. von einer falschen Vorstellung von Zeit. Ich behaupte (als Vermutung), dass es keine Vergangenheit gibt.
Obendrein entspringen alle angeführten Berechnungen nebst postulierter Logik, lediglich menschlichen Konzepten. Wie können wir, mit unserer beschränkten Sicht/Denke, universelle Gesetzmäßigkeiten als "Wahr" darstellen, die doch nur aufgrund irdischer Vergleiche ersonnen wurden? Mir kommen ob aller mathematischen Berechnungen und Formelwerke Zweifel, dass wir mit ihrer Hilfe das beobachtbare Universum erklären können, Wahrheit einfordern dürfen. Da helfen uns auch keine semiologischen Klimmzüge, versagt unsere ganze Wissenschaftstheorie.




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Quk
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So 5. Jan 2025, 12:47

HeinrichUnverzagt hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 02:33
Dass nichts schneller ist als das Licht, ist nur eine Theorie. Quasi eine Gewissheit, jedoch hat Gewissheit nichts mit Wahrheit zu tun. Raum und Zeit zu verquicken ist meines Erachtens sowieso unzulässig. Hat schon William Sidis erkannt. Einsteins Relativitätstheorie ist übrigens auch nur eine Theorie, Allein schon, dass er Vergangenheit und Zukunft eine gewisse "Gleichzeitigkeit" zugesteht, zeugt m. E. von einer falschen Vorstellung von Zeit. Ich behaupte (als Vermutung), dass es keine Vergangenheit gibt.
Ja, die Relativitätstheorie ist eine Theorie. Deshalb heißt sie Relativitätstheorie und nicht Relativitätsdogma. In der Wissenschaft geht es um Theorien, nicht um Dogmen. Wogegen argumentierst Du? Argumentierst Du gegen einen vermeintlichen Dogmatismus in der Wissenschaft? Ein Dogmatiker ist kein Wissenschaftler. -- Du erachtest das Raumzeitmodell als unzulässig. Argumente gegen das Raumzeitmodell sind in der Wissenschaft und in der Philosophie immer willkommen, aber ich denke, Du musst das genau begründen und erläutern. Die Relativitätstheorie ist sehr robust. Was genau wird bei den alltäglichen empirischen Belegen und in den Formeln falsch gemacht, Deines Erachtens?

Übrigens erlaubt die Relativitätstheorie durchaus Geschwindigkeiten schneller als das Licht. Theoretisch könnte es Wesen geben, die schneller sind als das Licht und sogar unendlich schnell sein könnten. Nur: Sie können niemals so langsam werden wie das Licht. Denn bei Lichtgeschwindigkeit wäre ihre Masse unendlich groß, und das ist theoretisch unmöglich. Wir hier können uns nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, und die Anderen können sich nicht auf Lichtgeschwindigkeit bremsen. Das ist eine Barriere, die nicht überschritten werden kann, weder von oben noch von unten. Das heißt nicht, dass es kein Oben geben kann.

Vergangenheit ist ein Abschnitt der Zeit, würde ich sagen. Wenn es, wie Du behauptest, keine Vergangenheit gibt, dann gibt es auch keine Zeit. Zeit ist eine Dimension. Ich denke, Du kannst diese Dimension statt "Zeit" auch "Perlenkette" nennen oder "Tunneltiefe" oder sonstwie. Die Zeit verstehen, heißt, wissen was eine Größe ist. Es gibt auch Größen namens Breite, Länge, Tiefe. In diesen Dimensionen gibt es ebenfalls Abschnitte. Sind diese Größen Deines Erachtens ebenfalls unzulässig? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum unzulässig nur in der Zeit und nicht im Raum?

Du sagst, Einstein würde der Vergangenheit und der Zukunft eine gewisse "Gleichzeitigkeit" zugestehen. Das tut Einstein eben nicht. Im Gegenteil.

Verwechselst Du Einstein mit Newton?




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Jörn Budesheim
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So 5. Jan 2025, 13:33

Quk hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 12:47
Übrigens erlaubt die Relativitätstheorie durchaus Geschwindigkeiten schneller als das Licht. Theoretisch könnte es Wesen geben, die schneller sind als das Licht und sogar unendlich schnell sein könnten. Nur: Sie können niemals so langsam werden wie das Licht. Denn bei Lichtgeschwindigkeit wäre ihre Masse unendlich groß, und das ist theoretisch unmöglich. Wir hier können uns nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, und die Anderen können sich nicht auf Lichtgeschwindigkeit bremsen. Das ist eine Barriere, die nicht überschritten werden kann, weder von oben noch von unten. Das heißt nicht, dass es kein Oben geben kann.
Was hältst du von diesem kleinen Abwandlungen deines Textes: "Übrigens schließt die Relativitätstheorie die Existenz von Teilchen, die sich immer schneller als das Licht bewegen (Tachyonen), nicht aus. Theoretisch könnte es solche Teilchen geben. Sie könnten niemals so langsam werden wie das Licht. Denn bei Lichtgeschwindigkeit wäre ihre Masse unendlich groß, und das ist theoretisch unmöglich. Wir hier können uns nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen (wir sind Tardyonen), und solche Teilchen (Tachyonen) könnten sich nicht auf Lichtgeschwindigkeit abbremsen. Dies ist eine Grenze, die von keiner Seite erreicht werden kann. Das heißt nicht, dass es keine höheren Geschwindigkeiten geben könnte."




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Quk
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So 5. Jan 2025, 13:52

Ja, die Begriffe "Tachyonen" und "Tardyonen" kann man wohl auch verwenden.




Wolfgang Endemann
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So 5. Jan 2025, 15:17

@ Jörn, @ Quk
Ja, wenn Ihr imaginäre Größen für real haltet. Ich kenne allerdings keine Physik, die das tut.




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Quk
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So 5. Jan 2025, 15:34

Was bedeutet "real"?




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Quk
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So 5. Jan 2025, 17:23

Eine Größe ist eine Größe. Wo habe ich das Wort "real" verwendet?




Wolfgang Endemann
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So 5. Jan 2025, 17:53

Dann etwas ausführlicher: "Übrigens erlaubt die Relativitätstheorie durchaus Geschwindigkeiten schneller als das Licht." Du hast zwar nicht geschrieben, daß solche Geschwindigkeiten real sind, aber: nicht die Relativitätstheorie erlaubt größere Geschwindigkeiten, sondern der mathematische Formalismus. "Das heißt nicht, dass es kein Oben geben kann." Nein, ein Oben kann es nur geben, wenn imaginäre Größen real wären, es sie also gäbe.




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Quk
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So 5. Jan 2025, 18:26

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 17:53
Dann etwas ausführlicher: "Übrigens erlaubt die Relativitätstheorie durchaus Geschwindigkeiten schneller als das Licht." Du hast zwar nicht geschrieben, daß solche Geschwindigkeiten real sind, aber: nicht die Relativitätstheorie erlaubt größere Geschwindigkeiten, sondern der mathematische Formalismus. "Das heißt nicht, dass es kein Oben geben kann." Nein, ein Oben kann es nur geben, wenn imaginäre Größen real wären, es sie also gäbe.
Verstehe Deinen Einwand nicht.

Die Relativitätstheorie ist doch ein mathematischer Formalismus.

Wenn das Huhn Berta ein Ei legt, kann ich doch wohl erzählen, das Huhn habe es gelegt, und ebenso kann ich erzählen, Berta habe es gelegt. Jetzt kommst Du und sagst ausschließend, nicht das Huhn habe es gelegt, sondern Berta.

Zu dem Ausdruck "es gibt": Ich benutze diesen Ausdruck für all dasjenige, über das ich sprechen kann. Ich kann zum Beispiel über die Zahl pi sprechen. In meinem Text gibt es die Zahl pi. Wie sonst soll ich das ausdrücken? Gibt es bessere Synonyme für "es gibt"? "Vorhanden sein" vielleicht. Pi ist vorhanden. Oder "brauchbar"? In dieser Berechnung ist pi "brauchbar"? Lesbar? Schreibbar? Symbolisierbar? Sein? Seiend? -- Wie auch immer. Falls der Ausdruck "es gibt" philosophisch nicht sagbar ist, dann betrachte meine Erläuterung bezüglich der Relativitätstheorie als einen Text in Alltagssprache. Für Nichtphysiker und Nichtmathematiker.




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Consul
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So 5. Jan 2025, 19:02

Quk hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 18:26
Zu dem Ausdruck "es gibt": Ich benutze diesen Ausdruck für all dasjenige, über das ich sprechen kann. Ich kann zum Beispiel über die Zahl pi sprechen. In meinem Text gibt es die Zahl pi. Wie sonst soll ich das ausdrücken? Gibt es bessere Synonyme für "es gibt"? "Vorhanden sein" vielleicht. Pi ist vorhanden. Oder "brauchbar"? In dieser Berechnung ist pi "brauchbar"? Lesbar? Schreibbar? Symbolisierbar? Sein? Seiend? -- Wie auch immer. Falls der Ausdruck "es gibt" philosophisch nicht sagbar ist, dann betrachte meine Erläuterung bezüglich der Relativitätstheorie als einen Text in Alltagssprache. Für Nichtphysiker und Nichtmathematiker.
Unter einer "Es gibt"-Aussage kann man entweder eine ernsthafte Existenzbehauptung mit entsprechender ontologischer Festlegung verstehen oder eine ontologisch unverbindliche, rein intentionale Setzung von etwas als Denkgegenstand (Gesprächsgegenstand)—als gemeintes/gedachtes/vorgestelltes Etwas, das nichts Seiendes sein muss.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Wolfgang Endemann
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So 5. Jan 2025, 23:26

Quk hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 18:26


Verstehe Deinen Einwand nicht.

Die Relativitätstheorie ist doch ein mathematischer Formalismus.

Nein. Die Mathematik ist ein Formalismus. Die RT ist eine naturwissenschaftliche, inhaltliche Theorie, die sich der Mathematik bedient. Das ist etwas ganz anderes, das wird gut beschrieben im tractatus. Viele mathematische Objekte lassen sich als (reale) Sachverhalte interpretieren bzw können zugeordnet werden. Viele aber nicht. Insbesondere die Imaginärteile komplexer Zahlen werden zum mathemaischen Operieren benötigt, müssen aber in den interpretierbaren Ergebnissen ignoriert werden. Es gibt natürlich die Mathematik, die auf diese uninterpretierbaren Teile der Mathematik verzichtet, so die intuitionistische, konstruktivistische Mathematik. Aber damit wäre zu wenig beweisbar und formulierbar, darum hat sich dieser Antiidealismus/Realismus nicht durchgesetzt. Umgekehrt versucht man, mit hidden parameters eine als unvollständig empfundene Physik zu einer deterministischen zu vervollkommnen.

Zum "es gibt", dem Existenzquantor. Es gibt ja die neckische Frage: Warum ist/gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Darauf gibt die Mathematik nicht nur keine Antwort, sondern der Ausdruck Ǝx (es gibt x) ist ein sinnloser Ausdruck, sinnvoll sind Ausdrücke ƎxE(x) (es gibt Dinge x mit der Eigenschaft E), dabei muß der Geltungsbereich der Variablen x festgelegt sein.Ein Beispiel (ich verwende hier, weil es das auf dem Kopf stehende A in meinem Zeichensatz nicht gibt, die an die Mengenlehre angelehnten Symbole für den Existenz- V und den Allquantor Ʌ):
Ʌx,yVz(x:y=z)
Dieser Satz macht nur Sinn, wenn ich den Geltungsbereich der Variablen bestimmt habe. Er ist für natürliche Zahlen falsch, für rationale Zahlen richtig mit der Einschränkung y≠0. Begrenze ich nicht den Geltungsbereich, führt das auf die Russellsche Antinomie. Die Frage, gibt es natürliche, gibt es komplexe Zahlen, ist falsch gestellt. Beide Zahltypen lassen sich axiomatisch definieren, es gibt sie als mathematische Gedankenobjekte. Vektorräume, lineare Algebren gibt es angenähert allemal in der Realität, dh diese mathematischen Objekte lassen sich real interpretieren, es ist allerdings sehr fraglich, ob es sie in der mathematischen Reinheit gibt. Wohl kaum. Und wenn es einen reinen Kreis nicht wirklich gibt (das freilich wissen wir nicht), dann gibt es auch nicht (eine reale Interpretation von) π.




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Consul
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So 5. Jan 2025, 23:51

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 23:26
Zum "es gibt", dem Existenzquantor.
Ich befürworte die logische Entkopplung von Quantifikation ("Einiges ist F"/"Einige Fs sind Gs") und Existenzpostulation ("Es gibt/existiert einiges, das F ist" / "Es gibt/existieren Fs, die Gs sind") durch die Einführung eines ontologisch neutralen Partialquantors "Px" und eines Existenzprädikats "E!" in die Prädikatenlogik.
Der ontologisch nichtneutrale Existenzquantor der klassischen Prädikatenlogik kann dann wie folgt definiert werden:
ExFx :<-> Px(Fx & E!x) ["Für einige (mindestens ein) x gilt: x ist F und x existiert."]
Der ontologisch unverbindliche Partialquantor kann auch als Intentionalquantor "Ix" aufgefasst werden: "Einige intentionale Gegenstände sind…"



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Quk
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Mo 6. Jan 2025, 00:36

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 23:26
Die Mathematik ist ein Formalismus. Die RT ist eine naturwissenschaftliche, inhaltliche Theorie, die sich der Mathematik bedient. Das ist etwas ganz anderes, das wird gut beschrieben im tractatus.
Wenn wir einmal den tractatus als biblische Letzt-Instanz kurz zur Seite legen mögen.

Du schreibst "inhaltliche Theorie". Was ist eine inhaltliche Theorie im Gegensatz zu einer nichtinhaltlichen Theorie? Ich kenne nur Theorien mit Inhalt. Meinst Du damit ausschließlich empirischen Inhalt?

Als Einstein die RT erstellte, war diese noch nicht empirisch unterstützt. Erst Jahre später konnte man bei einer Sonnenfinsternis die von Einstein vorausgesagte Raumkrümmung empirisch beobachten (gekrümmte Lichtstrahlen von Sternen nahe der Sonnenscheibe). Wenn Du mit dem Wörtern "naturwissenschaftlich und inhaltlich" ausschließlich die Empirie meinst und nicht auch die Mathematik, dann ist Dein zitierter Satz meiner Auffassung nach nicht akkurat. Und wenn Du damit doch auch die Mathematik meinst, dann kommt mir das sonderbar haarspalterisch vor, zu unterscheiden einerseits zwischen "die Theorie bedient sich der Mathematik" und andererseits "die Theorie enthält mathematische Beschreibungen". Welche Erkenntis bringt diese sprachstilistische Unterscheidung?




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Jörn Budesheim
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Mo 6. Jan 2025, 08:09

Die Gleichungen der Relativitätstheorie "erlauben" auch sog. Tachyonen, deren Existenz jedoch im Allgemeinen in Zweifel gezogen wird. Wenn sie jedoch existieren, könnten wir Nachrichten in die Vergangenheit schicken und die vor uns Geborenen auf die Folgen ihrer Fehler aufmerksam machen ... was möglicherweise zur Folge hätte, dass wir gar nicht existierten, um die Nachricht zu schicken. Es würde mich wundern, wenn es keine Science Fiction dazu gäbe :-)

Nachtrag: Die entsprechende Science Fiction gibt es natürlich: https://www.wissenschaft.de/allgemein/t ... als-licht/




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Quk
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Mo 6. Jan 2025, 10:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 08:09
Wenn sie jedoch existieren, könnten wir Nachrichten in die Vergangenheit schicken ...
So weit ich das verstehe, sind solche Nachrichtentransporte theoretisch unmöglich, weil der Transport bei seiner Beschleunigung auf Überlichtgeschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit erreichen müsste. Dafür ist unendlich viel Energie notwendig. Und beim Erreichen der Lichtgeschwindigkeit hätte der Nachrichtenkörper eine unendlich große Masse. Wir können also keinen Kontakt aufnehmen. Man müsste die Nachricht masselos machen. Vielleicht gibt es eine "geistige" Möglichkeit. Aber dann liegt sowieso eine ganz andere Problematik vor.




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Jörn Budesheim
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Mo 6. Jan 2025, 10:47

Ja, kann gut sein, physikalisch gesehen, aber mit Q an Bord ist es wohl kein Problem :-)




Wolfgang Endemann
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Mo 6. Jan 2025, 13:07

Consul hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 23:51
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 23:26
Zum "es gibt", dem Existenzquantor.
Ich befürworte die logische Entkopplung von Quantifikation ("Einiges ist F"/"Einige Fs sind Gs") und Existenzpostulation ("Es gibt/existiert einiges, das F ist" / "Es gibt/existieren Fs, die Gs sind") durch die Einführung eines ontologisch neutralen Partialquantors "Px" und eines Existenzprädikats "E!" in die Prädikatenlogik.
Das verstehe ich nicht. Es gibt ja schon den Quantor Ǝ!xE(x) (es gibt genau ein x mit der Eigenschaft E) in der normalen Prädikatelogik. Du möchtest anscheinend in der formalen Aussage ƎxE(x) die formale Variable zu einer real interpretierbaren machen, Dein E!x soll nicht heißen, es gibt genau ein x mit E(x), sondern ƎxE(x) soll beschränkt werden auf ƎxE(x)˄Ɛ(x), wobei Ɛ die Eigenschaft ist, mindestens in einem x real interpretierbar zu sein.

Das kann man natürlich machen. Aber der Sinn der Modellierung durch die Mathematik ist ja gerade die Entlastung, daß ich keine reale Interpretierbarkeit unterstelle, dadurch formal konsistent schließen kann, und die Interpretierbarkeit sich einschränkt auf die Interpretierbarkeit der wenigen paradigmatischen Axiome, die in möglichst genauen experimentellen Versuchen hinreichend getestet sind. Ich kann also nicht den Sinn erkennen in der Überladung des Formalismus mit inhaltlichen Bedingungen.

Ich weiß nicht, ob Dir diese Verschärfung des Kalküls der Prädikatelogik soeben eingefallen ist, oder ob es einen Versuch gegeben hat, eine solche Logik zu entwickeln. In letzterem Fall wäre es durchaus interessant, wie weit man damit kommt.




Wolfgang Endemann
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Mo 6. Jan 2025, 13:14

Quk hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 00:36

Wenn wir einmal den tractatus als biblische Letzt-Instanz kurz zur Seite legen mögen.
Naja, wir diskutieren hier einen, vielleicht den wichtigsten Satz des jungen W. Da ist das nicht haarspalterisch, und es gibt keinen Grund, W. hier herauszunehmen. Pardon, Du hast natürlich recht, dies ist ja ein ausgelagerter Thread, in dem es um "c" geht. Wir werden trotzdem nicht am logischen Positivismus vorbeikommen, denn die Mathematik ist keine Alltagssprache, sondern eine Kunstsprache, die sich dadurch auszeichnet, daß sie keine Aussagen über die Realität macht.

Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen. Man kann natürlich einen anderen Wahrheitsbegriff haben. Darum nennen manche die mathematischen Sätze nicht wahr, sondern tautologisch. Das wäre nun allerdings wirklich haarspalterisch, wenn man sich darüber streiten würde. Fachsprachlich nennt man nämlich die Aussagenlogik, eventuell auch noch die elementare Arithmetik tautologisch, trivial, evident. Schon für den Satz des Pythagoras gilt das nicht mehr, er kann und muß bewiesen werden.

Ist der Satz des Pythagoras absolut wahr? Ja und nein. Er ist wahr, wenn man die analytische, lineare Geometrie voraussetzt. Sonst ist er falsch. Gilt er in der Wirklichkeit? Ja und nein. Unsere Raumzeit ist gekrümmt, also gilt er nicht. Aber im Mesomaßstab, in unserem euklidschen Tangentialraum verschwindet die Abweichung von der Linearität, in der Größenordnung unserer Lebenswelt gilt er. Das ist der Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit. Letztere gilt streng, ist aber eine hypothetische Wahrheit, also eine, die unter Voraussetzungen ihre absolute Gültigkeit bekommt. Die physische Realität ist jedoch kontingent. Sie ist, wie sie ist. Der physikalische Raum wird mit einer Geometrie richtig erfaßt, wenn er denn überhaupt, in groß und klein, eine einheitliche Struktur besitzt. Es könnte sein, daß wir für die Beschreibung von Makro-, eventuell auch Meso-, und Mikroebene verschiedene mathematische Theorien brauchen.

Formal sind alle mathematischen Theorien wahr. Inhaltlich wahr sind diejenigen mathematischen Theorien, die sich inhaltlich, als Realität interpretieren lassen, deren Gültigkeit empirisch feststellbar ist.

Zurück zum Anwendungsfall "c". Der erste Frage ist: ist c eine Konstante. Das ist selbst schon eine Frage, wie man die Zeit normiert, ob man sie normieren kann. Die Frage ist mit guten Gründen dezisionistisch entschieden, wenn wir das Licht zum Maßstab machen. Die Frage ist, wie Du in Deinen Überlegungen ja schon angesprochen hast, eng verknüpft mit der Kausalität, die der Zeit eine eindeutige Richtung gibt. Und letztere ist gebunden an "Lokalität". In der Regel beschreibt die Mathematik reversible Vorgänge, eine Operation ist durch die inverse Operation reversibel, ich kann die Zeitvariable t vor- und zurücklaufen lassen, in einem deterministischen Zusammenhang kann ich auf die Vergangenheit wie auf die Zukunft schließen. Der berühmte zweite Hauptsatz der Thermodynamik macht diese Reversibilität in der Realität zunichte. Ich kann kein Ding von a nach b bewegen, ohne Energie zu verbrauchen, die gewinne ich nicht zurück, wenn ich das Ding auf a zurückbewege, sondern ich muß noch einmal Energie in den Prozeß stecken. Das gilt schon für den ersten Bewegungsprozeß: ich muß beschleunigen und muß abbremsen. Es kann zwar Energie zurückgewonnen werden, aber niemals vollständig. Mathematisch ist die Zeit in der Regel umkehrbar, physikalisch nicht. Aber selbstverständlich kann es reversible Prozesse geben. Ob oder ob nicht, ist eine empirische Frage. Und selbstverständlich gibt es auch eine mathematische Beschreibung irreversibler struktureller Dynamiken.

So wie es eine nichtlineare Algebra gibt, gibt es nichtkommutative Algebren, in denen nicht gilt: Aus a®b folgt b®a. Schon die Inversion der Multiplikation ist nicht uneingeschränkt möglich (durch 0 darf nicht geteilt werden, es gilt nicht (a·0):0=a).




Wolfgang Endemann
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Mo 6. Jan 2025, 13:49

Kleine, jedoch nicht unbeträchtliche Korrektur in #86935.
Es muß heißen Ǝx(E(x)˄Ɛ(x)) statt ƎxE(x)˄Ɛ(x), ohne die Klammer wären das getrennte Eigenschaften, da der Quantor stärker bindet als die Konjunktion.




Timberlake
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Mo 6. Jan 2025, 14:32

Quk hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 12:47

Übrigens erlaubt die Relativitätstheorie durchaus Geschwindigkeiten schneller als das Licht. Theoretisch könnte es Wesen geben, die schneller sind als das Licht und sogar unendlich schnell sein könnten. Nur: Sie können niemals so langsam werden wie das Licht. Denn bei Lichtgeschwindigkeit wäre ihre Masse unendlich groß, und das ist theoretisch unmöglich. Wir hier können uns nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, und die Anderen können sich nicht auf Lichtgeschwindigkeit bremsen. Das ist eine Barriere, die nicht überschritten werden kann, weder von oben noch von unten. Das heißt nicht, dass es kein Oben geben kann.

Interessant, bliebe eigentlich "nur" noch zu klären, wie denn die Wesen es bewerkstelligen, auf diese Geschwindigkeit beschleunigen. Unter Einschluss der Lichtgeschwindigkeit jedenfalls nicht.



ds.mpg.de hat geschrieben :
Warum ist es unmöglich, mit Lichtgeschwindigkeit zu reisen?

Es stellt sich die Frage, ob es prinzipiell möglich ist, dass wir ebenfalls mit Lichtgeschwindigkeit reisen. Wir wissen, dass sich alle masselosen Teilchen und elektromagnetische Strahlung mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Für Objekte mit Masse, egal ob Elementarteilchen oder Jumbojet, ist dies allerdings nicht möglich. Nach der speziellen Relativitätstheorie ist die Masse eines Objektes abhängig von seiner Geschwindigkeit. Sie wird größer, je schneller sich das Objekt bewegt. Unsere Alltagserfahrung lehrt uns aber, dass je schwerer ein Objekt ist, desto mehr Energie aufgewendet werden muss, um es zu beschleunigen.

Nehmen wir an, wir hätten unser Flugzeug auf 75 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Dann entspricht seine bewegte Masse bereits dem 1,5-fachen seiner Masse in Ruhe. Bewegt es sich mit 99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit, so ist es schon das 7-fache. Je mehr wir uns der Lichtgeschwindigkeit nähern, desto dramatischer wird der Anstieg und damit verbunden der Energiebedarf für eine weitere Beschleunigung. Im Grenzfall der Lichtgeschwindigkeit wird die bewegte Masse formal unendlich. Es wird entsprechend unendlich viel Energie benötigt, diese Geschwindigkeit zu erreichen. In diesem Sinne ist es unmöglich, ein Objekt mit Masse auf exakt Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen.
Hieße doch das eine formal unendlich große Maße , darüber hinaus zu beschleunigen. Gleichwohl, wenn man denn diese Geschwindigkeit, wie auch immer, einmal erreicht hat, tatsächlich nicht auf Lichtgeschwindigkeit bremsen kann. Würde doch in diesem Moment die Masse dieser Wesen formal unendlich ansteigen. Die dann von daher noch weiter bremsen zu wollen, wäre in etwa so unsinnig , wie das man eine formal unendliche Masse weiter beschleunigen könne.

Übrigens in dem Moment ,. wo man die Lichtgesschindigkeit erreicht, würde , wie bei einem schwarzen Loch , wo die Masse auf einen unendlich kleinen Punkt konzentriert ist, die Zeit stehen bleiben. Wäre man also in einem Zug, mit nur einem einzigen Schritt nach vorne von der Lichtgeschwindigkeit entfernt , so müsste derjenige , der mit zwei Schritten die Lichtgeschwindigkeit überschreitet nicht nur bloß formal eine unendlich Große Massen beschleunigen, sondern zugleich ( man möge mich da gerne korrigieren) einen Zeitpunkt überschreiten , bei dem formal die Zeit stehen geblieben ist .
HeinrichUnverzagt hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 02:33
Wie können wir, mit unserer beschränkten Sicht/Denke, universelle Gesetzmäßigkeiten als "Wahr" darstellen, die doch nur aufgrund irdischer Vergleiche ersonnen wurden? Mir kommen ob aller mathematischen Berechnungen und Formelwerke Zweifel, dass wir mit ihrer Hilfe das beobachtbare Universum erklären können, Wahrheit einfordern dürfen. Da helfen uns auch keine semiologischen Klimmzüge, versagt unsere ganze Wissenschaftstheorie.
Als solches halte ich zumindest die Zweifel an diesen mathematischen Berechnungen und Formelwerken für unbegründet. Gleichwohl unsere irdische Sicht/Denke damit zweifelohne überfordert ist.
mpg.de hat geschrieben :
Wie viele Dimensionen hat die Welt?

Von zehn nach vier Dimensionen?

Allerdings hat diese Vereinheitlichung ihren Preis. Es stellt sich heraus, dass Strings nicht in einer beliebigen Raum-Zeit schwingen können. Eine besonders auffallende Einschränkung, die sich aus den Gesetzen der Quantentheorie ergibt, ist, dass der Kosmos nicht nur die üblichen drei, sondern neun oder sogar zehn Raumdimensionen aufweisen muss. In einer Welt mit einer Zeit- und zehn Raumdimensionen würde die Stringtheorie zu einem vollständigen Modell ohne freie Parameter führen, das als M-Theorie bekannt, aber noch weitgehend unverstanden ist. Hierbei steht ‚M’ für Matrix, Membran, magic oder mystery, je nachdem welchen Aspekt man hervorheben möchte.
Wie übrigens auch eine Sicht/Denke, die formal mit über 10 Dimensionen rechnet. Weil wir die Lichtgeschwindigkeit in den vier irdischen Dimensionen "wahr" nehmen, möglicherweise löst sich dessen "undenkbare" Wahrheiten "formal" gleichfalls unter Bezugnahme weiterer Dimensionen auf.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 6. Jan 2025, 15:04, insgesamt 6-mal geändert.




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