Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Do 7. Dez 2017, 06:12
Es geht Gabriel um die Bilder, die sich der menschliche Geist von sich selbst macht: "Dieser Geist hat keine Realität, die von diesen Selbstbildern so unabhängig wäre, dass man einfach diese unabhängige Realität des Geistes mit seinem Selbstbildung vergleichen könnte. Er existiert nur so, dass er sich Selbstbilder macht. Er wird damit immer auch zu dem, wozu er sich macht. Genau deswegen hat er eine Geschichte, die Geistesgeschichte."
An diesem Punkt stimmt ich exakt mit Gabriel überein.
Mit dem etwas merkwürdigen Unterschied, dass ich das "Weltbild" nenne und Gebriel alle Weltbilder für gefährlich hält und gerne abschaffen würde.
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Do 7. Dez 2017, 06:12
Es geht in diesen beiden kurzen Ausschnitten, die ich zu Beginn gepostet habe - Film und Text - genau um das, was Gabriel gleich zu Beginn auch klar und deutlich sagt, nämlich um die gegenwärtige Fehldeutung der Menschheit durch sich selbst.
Nur kann es die, nach Gabriel, eigentlich nicht geben, denn Fehldeutung setzt ja eine richtige Referenzdeutung voraus und genau die soll es ja nicht geben.
Das ist es auch was ich die ganze Zeit bei Gabriel nicht kapiere. In dem erwähnten podcast geht es ja darum, dass Gabriel jemand ist, der klar das Wort "falsch" wieder in die Philosophie einführen will. Im Sinne von: Nicht drum herum reden, sondern klar benennen, wenn etwas falsch ist.
Das geht aber auch nur, bei dem Rückgriff auf "richtige" Lesarten, die ich gerade in der Rede von den Sinnfeldern nicht finde, oder eben auf logischen Fehler, Inkonsistenzen. Nun zeichnet sich der Biologismus aber oft nicht durch Inkonsistenzen, sondern eine Engführung der Interpretation aus, deren eigentliches Problem ist, dass sie für menschenverachtende Sichtweisen missbraucht werden kann. Aber konsistent ist das.
Das ist auch gerade das Problem, mit den auswendig gelernten Floskeln. Eine lautet, dass die Religion ein primitives System sei, aus dem die Wissenschaft uns befreit hat. Damit bin ich groß geworden, als Atheist, der Religion für nicht ein mal mehr der Rede wert empfand. Als privates Hobby, okay, aber ansonsten. Nun, um es kurz zu machen. Auch an die Wissenschaft wird mitunter geglaubt, wie an eine religiöse Offenbarung und kaschiert dabei - weil ja alles so vernünftig, empirisch und beweisbar ist - den quasireligiösen Kern der Geschichte, plus die treibenden Affekte von jeder Menge wüster Aggression.
Da geht es dann wirklich darum, ob jemand aus einem wissenschaftlichen Bewusstsein heraus agiert oder als gläubiger Mensch, der seinen Glauben (von dem er nichts weiß und den er leugnet) auf die Wissenschaft projiziert. Dann hat Dawkins eben die Papstrolle inne (inzwischen nimmt ihn niemand mehr für voll, vor 10 Jahren sah das anders aus) und er und Dennett werden als Letztautoritäten zitiert.
Die Botschaft für uns ist, dass es religiöses Denken auch im Namen der Wissenschaft gibt und das beste System, was diese Stränge subsumiert finde ich nach wie vor bei Wilber, der diese Differenz zwischen Selbstbild und Weltbild beschreibt. Der Fehler, den Dawkins-Jünger machen, ist, dass sie meinen, wer sich mit Wissenschaftsterminologie schmückt, sei automatisch vor jeder Art religiöser Denkweise gefeit.